Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
XV. Band.
1863.
Mit einundzwanzig Tafeln.
Berlin, 1863.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
Behren - Strasse No. 7.
.334
Inhalt.
Seite
Verhandlungen der Gesellschaft ... I. 233. 455. 647
Briefliche Mittheilungen
des Herrn Ferd. Roemer 17
des Herrn Zimmermann 247
des Herrn Eck 463
der Herren Gutberlet, v. Konen*, Künth und U. Schlönbach 652
Aufsätze
A. Scacchi. Ueber die Polyedrie der Krystallfiächen. (Sulla
poliedra delle facce dei cristalli.) (Hierzu Tafel I — III.) 19
A. v. Strombeck. Ueber die Kreide am Zeltberg bei Lüneburg.
(Hierzu Tafel IV.) . . . 97
A. Oppel. Ueber das Vorkommen von jurassischen Posidono-
myen-Gesteinen in den Alpen. (Hierzu Tafel V — VII.) . 1S8
W. Sartorics von Waltersbacsen. Einige Bemerkungen über
die Zusammensetzung der krystallinischen Gesteine . . 21S
Ottmar Hahn, Geognostische Beschreibung des Distriktes der
Lindner Mark und ihrer nächsten Umgebung bei Giessen,
mit besonderer Rücksicht auf das Vorkommen der Mangan-
erze, sowie unter Aufzählung und Charakteristik sämmt-
licher mit denselden auftretenden Mineralien 249
v. Seckendorff. Zur Frage, ob Hebung oder Senkung bei dem
Entwicklungsgänge, unserer Erde vorwaltend thätig ge-
wesen sei 281
R. Drescher. Ueber die Kreide -Bildungen der Gegend von
Löwenberg. (Hierzu Tafel VIII. und IX.) 291
R. Mitscherlich. Die vulkanischen Gesteine des Roderberges
in chemischer und geognostischer Beziehung. (Hierzu
Tafel X.) 367
— Ueber eine Vesuvian-Schlacke 375
E. Kluge. Ueber einige neue Forschungen auf dem Gebiete
des Vulkanismus 377
H. Eck. Vorläufige Notiz über die Auffindung der Letten-
kohlenformation in Oberschlesien und über die Stellung
des Mikultschützer Kalks ( Virgloriakalks) im Muschelkalk 403
Traltschold. Das Urmeer Russlands 411
IV
Seite
Behm. Die Tertiärformation von Stettin. (Zweiter Artikel.)
(Hierzu Tafel XI.) * 430
U. Schlönbacu. Ueber den Eisenstein des mittleren Lias im
nordwestlichen Deutschland, mit Berücksichtigung der älte-
ren und jüngeren Lias- Schichten. (Hierzu Tafel XII.
und XIII.) 465
Ferd, Roemer. Ueber eine marine Conchylien-Fauna im pro-
duktiven Steinkohlengebirge Oberschlesiens. (Hierzu Ta-
fel XIV— XVI.) 567
— Notiz über ein Vorkommen von Scheelit (Tungstein) im
Riesengebirge 607
A. v. Könen. Ueber die Oligocän-Tertiärschichten der Magde-
burger Gegend 611
Th. Kjerulf. Erläuterungen zur Uebersichtskarte der Glacial-
Formation am Christiania-Fjord. (Hierzu Tafel XVII.) 619
G. Berendt. Die Diluvial-Ablagerungen in der Mark Bran-
denburg 640
A. v. Strombeck. Ueber Pettastes clathratus Cott 643
R. Richter. Aus dem thüringischen Schiefergebirge. (Hierzu
Tafel XVIII. und XIX.) 659
M. Websky. Ueber die Streifung der Seitenflächen des Adu-
lars. (Hierzu Tafel XX.) 677
Ferd. Roemer. Weitere Beobachtungen über die Verbreitung
und die Gliederung des Keupers in Oberschlesien . . . 694
— Die Altersbestimmung des schwarzen Marmors von Demb-
nik im Gebiete von Krakau 708
A. Kunth. Ueber die Kreidemulde bei Lähn in Niederschle-
sien. (Hierzu Tafel XXI.) 714
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
1. Heft (November, iDecember 1862, Januar 1863).
A. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der November - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 5. November 1862.
I Vorsitzender: Herr Mitscherlich.
Das Protokoll der August -Sitzung wurde verlesen und ge-
nehmigt.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Dr. med. Glückselig in Elbogen,
vorgeschlagen durch die Herren Mitscherlich,
G. Rose, Roth.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke:
Geological Survey of Canada. Montreal 1862 — Geology
of Canada 1862. Catalogue de la JSouvelle G alles du Sud.
Exposition internationale. Londres 1862. Von der Kgl. Com-
mission für die Londoner Industrie- und Kunst- Ausstellung mit
einer Zuschrift d. d. Berlin 15. October 1862.
Burmeister. Bericht über einen in Buenos Ayres gebohr-
ten artesischen Brunnen. (La Tribuna Nr. 2592). Vom Mi-
nisterium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten mit einer
Zuschrift d. d. Berlin 17. October 1862.
Tageblatt der 37. Versammlung deutscher Naturforscher und
Aerzte in Carlsbad. 1862. Von den Geschäftsführern der Ver-
sammlung, den Herren Löschner und von Hochberger.
Bericht über die zweite allgemeine Versammlung von Berg-
und Hüttenmännern zu "Wien 1861. Wien 1862. Vom Comite.
W. Rhees. Manual of public libraries, institutions and
Zeits. d. d.geoI.Ges. XV 1. 1
2
Societies in the United States and British Provinces of North- j
America. Philadelphia. 1859.
Report on the Geological Survey of the State of Wis-
consin. Vol. I. 1862. Vom Staate Wisconsin.
J. D. Gbaham. Annual reptort for the year 1858 on
the improvements of the , harbours of Lahes M ichigan , St.
Clair, Erie% Ontario and Champlain. Washington. 1859.
Colorado Exploring Expedition 1857 — 58. Washington
1861. Von Herrn J. S. Newberry in Cleveland, Ohio.
Report on the Mississippi River. Philadelphia. Is61.
Vom Secretary of War in Washington.
Bischof. Die anorganische Formationsgruppe mit einigen
Beziehungen auf die Alpen und den Harz. Quedlinburg. 1862.
F. von Richthofen. Die Kalkalpen von Vorarlberg in
Nordtyrol. II. Abth. Sep.
K. von Fritsch. Ueber die Mitwirkung elektrischer Ströme
bei der Bildung einiger Mineralien. Göttingen 1862.
H. de Saussure. Description dun volcan eteint du
Mexique reste inconnu jusqu'ä ce jour. — Geologie pratique
de la Louisiane. Sep.
A. Perrey. Les tremblements de terre en 1858 et 1859
Sep.-Abdr.
Delesse. Recherches sur Veau dans Vinterieur de la
terre. — Carte agronomique des environs de Paris. — Cartes
geologique et hydrologique de la ville de Paris. — Revue de
Geologie pour Vannee 1861 par Delesse et Lauget. Sep.
H. B. Geinitz. Ueber Thierfährten und Crustaceen-Reste
in der unteren Dyas.
J. Marco u. The Taconic and lower silurian rocks of
Vermont and Canada. Sep. i
A. Oppeu. Die Arten der Gattung Glyphaea und Pseudo-
glyphaea. — Ueber das Alter der Hierlatz - Schichten. — Die
Arten der Gattungen Eryma, Pseudastacus, Magila und Etallonia. I
— Ueber Brachiopoden des unteren Lias. Sep.
Ludwig Zejszner. 0 Mijocenicznych Gipsach i marglach. I
Warszawa 1862.
B. v. Cotta. Der Pfundrersberg bei Clausen in Tyrol. I
Berg- und Hüttenm. Zeitung. 1862. Nr. 44.
3
B. Im Austausch:
Memoirs of the Geological Survey of India. I. Calcutta
1861.
Proceedings of the American philosophical Society. VII.
330 — 421.
Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. XII. 3.
Wien 1862.
Archiv für Landeskunde in Mecklenburg. XII. 7. 8.
Notizblatt des Vereins für Erdkunde. 1862. 3 — 8.
Sitzungsberichte der k.k. Akademie d. Wissenschaften. Math.
Naturw. Classe. Abth. 1. XLIV. 4. 5. XLV. 1. Abth. 2.
XLIV. 5. XLV. 1. 2. 3. Wien.
Sitzungsbericht der kön. bayerischen Akademie der Wissen-
schaften in München. 1862. I. 1. 2. 3 und Abhandl. IX. 2.
von Siebold. Parthenogenesis. v. Ltebig: Redein der öffent-
lichen Sitzung am 28. Novbr. 1861 V. Martius : Zum Gedächt-
niss an P. Biot. Verzeichniss der Mitglieder. 1862.
Vierter Jahresbericht des Naturhistorischen Vereins in Passau
für 1860.
Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt.
J862. 8. 9. 10.
Neues Lausitzisches Magazin. 39. 1. 2. 40. 1.
Verhandlungen des Vereins für Naturkunde zu Presburg.
1859, 60, 61. Bd. IV u. V.
Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubündens.
VII. Chur 1862.
Abhandlungen der schlesischen Gesellschaft für vaterländische
Cultur. Abth. f. Naturw. u. Medizin. 1861. 3. 1862. 1. Philos.
hist. Abth. 1862. 1. 2 und 39. Jahresbericht für 1861.
Annales des mines [6], I. 3.
Memoires de l'Academie imperiale des sciences , arts et
helles lettres de Dijon. [<2] IX. 1861.
Atti della Societa italiana di scienze naturali. III. 5.
Milano 1862.
Memoires de la Societe des sciences naturelles de Stras-
bourg. V. 2. 3.
Memoires de V Äcademie Imperiale des sciences de St.
Petersbourg [7] IV. 1—9. und Bulletin IV. 3 — 6.
1*
4
Journal of the Royal Dublin Society. Nr. 24. 25.
Proceedings of the Dublin University Zoological a?id bo-
tanical Associatio?i. 1. 3. IL 1.
Memoirs of the literary and philosophical Society of
Manchester. [3] I. u. Proceedings I. p. 253 — 360, //.
Quarter ly Journal of the Geological Society Nr. 70 u. 71.
und Address delivered at the anniversary meeting on the
21. of Felruary 1862 by T. H. Hüxley. London 1862.
American Journal of science and arts. Nr. 100 — 101.
The Canadian naturalist and geologist. VII. 3. 4.
The Natural history review. VI. 4. VII. 1 — 4.
Journal of the Academy of natural sciences of Phila-
delphia V. 1. und Proceedings 1861. p. 97— 556. 1862.
Nr. 1 — 4.
Fourth Report of the Geological Survey of Kentucky
Frankfort 1861.
Smithsonian Report 1860. Washington 1861.
Der Vorsitzende Hess sodann Herrn Roth Bericht abstatten
über die Verhandlungen bei der allgemeinen Versammlung in
Carlsbad.
Derselbe bemerkte, dass mit der heutigen Sitzung ein neues
Geschäftsjahr beginne und forderte unter Abstattung eines Dan-
kes von Seiten des Vorstandes für das demselben von der Ge-
sellschaft geschenkte Vertrauen zur Neuwahl des Vorstandes auf.
Auf Vorschlag eines Mitgliedes erwählte die Gesellschaft durch
Acclamation den früheren Vorstand wieder. Stimmzettel von
auswärts waren nicht eingegangen.
Herr Mitscheblich erklärte, dass er es, nachdem er zwei
Jahre den Vorsitz geführt habe, für zweckmässig halte, den Vor-
sitz niederzulegen und schlug als Vorsitzenden Herrn G. Rose
vor, welchen Vorschlag die Gesellschaft genehmigte. Herr
G. Rose nahm ihn mit dem Wunsche an, dass Herr Mitscher-
JjICH als stellvertretender Vorsitzender einträte, wozu letzterer
sich bereit erklärte.
Herr H. Rose legte der Gesellschaft eine salzartige Masse
vor von der Form eines grossen Vogeleies, das Herr G. Rose
durch Herrn Bohchardt, Königl. Bau-Inspektor in Swinemünde,
von einem SchifFscapitain erhalten, der es von den Cinchas-Inseln
(Guano-Inseln) mitgebracht hatte, wo es im Guano, 40 Fuss
unter der Oberfläche des Bodens gefunden worden war. Das
5
Ei hat ein Gewicht von einem halben Pfunde, ist beinahe 3 Zoll
lang und ij Zoll hoch. Die salzartige Masse, aus welcher es
besteht, ist krystallinisch und weiss, an einigen Stellen bräunlich.
Die Masse besteht aus 70j Proc. schwefelsaurem Kali, und aus
26 j Proc. schwefelsaurem Ammoniak, mit kleinen Mengen von
Salmiak und von Kochsalz und "einer Spur von organischer
Materie. Auf welche Weise diese sonderbare Pseudomorphose
sich gebildet hat, ist schwer zu erörtern. Es haben sich an der
Oberfläche Ueberbleibsel der Schale erhalten, die aber nicht aus
kohlensaurer Kalkerde besteht, sondern sich grösstenteils in
phosphorsaure Kalkerde verwandelt hat.
Herr G. Pose legte der Gesellschaft eine etwa fussgrosse
Glimmerplatte von Canada vor, die Herr Vogel in London er-
halten, und an der letzterer einen ausgezeichneten Asterismus
beobachtet hatte. Sieht man durch dieselbe die Flamme eines
Lichtes, so gewahrt man einen grossen sechsstrahligen Stern,
dessen Mittelpunkt die Lichtflamme ist, und zwischen dessen
Strahlen noch sechs kleinere und schwächere sichtbar sind. Der
Glimmer von Canada ist nicht vollkommen durchsichtig ; schon
bei der Beobachtung mit der Lupe, wenn man die Glimmerplatte
gegen das Licht hält, sieht man eine Menge äusserst feiner pris-
matischer Krystalle. Deutlich erscheinen dieselben indessen erst
unter dem Mikroskop , wo man nun auch die Form erkennen
und sich überzeugen kann, dass die Krystalle sehr wahrscheinlich
Cyanit sind. Dieselben haben alle eine ganz bestimmte Lage,
sie liegen meistentheils parallel den Seiten eines gleichseitigen
Dreiecks, schneiden sich also unter Winkeln von 60 und 120 Grad,
nur eine geringere Menge macht mit diesen Winkel von 150 Grad.
Daraus ergiebt sich eben der Grund des Asterismus ; derselbe ist
eine blosse Gittererscheinung , die Strahlen des Sterns stehen
rechtwinklig auf den Axen der prismatischen Krystalle, die sich
unter Winkeln von 120 Grad schneiden, und da" auch Krystalle
vorkommen, die mit den erstem Winkel von 150 Grad machen,
so finden sich in dem Stern auch kleinere Strahlen, die den
Winkel von 60 Grad der grösseren Strahlen halbiren. Da in
dem Meteoreisen , wie Herr G. Rose früher gezeigt hatte,
auch durch die ganze Masse feine Krystalle eingemengt sind,
die nach drei untereinander rechtwinkligen Richtungen paral-
lel den Kanten des Hexaeders liegen , so war zu vermuthen,
dass auch das Meteoreisen einen Asterismus zeigen würde
6
wie der Glimmer von Canada, mit dem Unterschiede, dass der
Strahlen nur vier wären, und diese Winkel von 90° miteinan-
der bildeten, was sich nun auch bei dem Versuche vollkommen
bestätigte. Da das Meteoreisen undurchsichtig ist, die kleinen
eingemengten Krystalle aber in verdünnter Salpetersäure unlös-
lich sind, auf einer polirten und mit dieser Säure geätzten Schnitt-
fläche also etwas hervortreten, so wurde von einer solchen Schnitt-
fläche ein Hausenblasenabdruck gemacht, der die vermuthete Er-
scheinung vortrefflich zeigte. Es ist daher wahrscheinlich , dass
der Asterismus, wo er sich zeigt, überall sich auf ähnliche Weise
wird erklären lassen, und dass er überall durch kleine mikro-
skopische Krystalle hervorgebracht wird, die in grosser Menge in
einem andern grösseren Krystalle, durch dessen Structur ihre
Lage bestimmt wird, regelmässig eingewachsen sind.
Herr Vogel berichtete im Anschluss an die Mittheilung
des Herrn G. Rose über ein einfaches Verfahren mikroskopische
Bilder photographisch aufzunehmen.
„Jeder Naturforscher weiss, wie mühsam und zeitraubend
das Zeichnen der im Mikroskop beobachteten, vergrösserten An-
sichten verschiedener Objecte ist, und wie sehr solche Kopie oft
vom Original abweicht. Diese Umstände haben schon seit län-
gerer Zeit Männer wie Bertsch in Paris, Highley in London,
Fierlaender, Gerlach u. A. veranlasst, die Photographie zur
Aufnahme mikroskopischer Ansichten zu verwenden , und es ist
diesen auch gelungen, treffliche Photographieen der Art anzufer-
tigen. Das Verfahren, dessen sich diese Herren zur Herstellung
dieser Ansichten bedienen, ist jedoch nur zum Theil bekannt ge-
worden. Bertsch und Highley benutzen dazu eine Art Sonnen-
mikroskop, bei dem der Bildschirm mit einer photographischen
Platte vertauscht werden kann. Der Preis dieser Apparate, die
ich auf der Industrieausstellung in London kennen gelernt habe
beträgt circa 500 Thaler. So Treffliches diese Apparate auch lei-
sten, so haben sie doch den Uebelstand, dass sie zur Beobachtung
selbst nicht gut verwandt werden können. Man ist genöthigt,
diese in einem gewöhnlichen Mikroskop anzustellen, und dann
das Object in den erwähnten Apparat zu transportiren, wobei es
oft schwer hält, die im Mikroskop gesehene Stelle des Objects
wieder zu finden, und davon ein Bild zu entwerfen, das dem
ursprünglich gesehenen gleicht. Ich versuchte deshalb die im
Mikroskop beobachteten Ansichten direct aufzunehmen.
7
Zu dem Zwecke kombinirte ich ein ScHiEK'sches Mikroskop
einfach so mit einer photographischen Kamera mit einem simplen
achromatischen Objectiv*) von circa A\" Brennweite, dass die op-
tischen Axen beider Instrumente zusammenfielen und das Ob-
jectiv der Kamera das Ocular des Mikroskops fast berührte, zog
die Visirscheibe der Kamera so weit aus , dass sie ungefähr 8j"
von dem Objectiv entfernt war und warf auf das Object mit Hülfe
des Hohlspiegels am Mikroskop direktes Sonnenlicht. Ich sah
darauf auf der Visirscheibe ein deutliches Bild des Objectes, des-
sen scharfe Einstellung mit Hülfe des am Mikroskop befindlichen
Triebes leicht bewerkstelligt wurde. Jetzt versuchte ich das Bild
zu photographiren. Als erstes Object wandte ich den seines aus-
gezeichneten Asterismus wegen merkwürdigen Glimmer von South
Burgess an, den ich aus England mitgebracht habe.**) Der Ver-
snch glückte vollständig. .Ich erhielt nach 25 Sekunden Expo-
sition ein deutliches 500fach vergrößertes Bild der in dem Glim-
mer sich findenden mikroskopischen Krystalle, dessen genauere
Betrachtung mich auf die Vermuthung brachte, dass diese Kry-
stalle Cyanit seien; eine Ansicht, der Herr Professor G. Rose
beistimmte. Diese Methode, mikroskopische Ansichten photogra-
phisch aufzunehmen, ist so einfach, dass sie jeder Photograph
leicht ausführen kann; sie lässt sich ferner bei jedem beliebigen
Mikroskop, das lichtstark genug ist, anwenden und erlaubt nicht
nur Ansichten aufzunehmen, die den mit dem Auge im Mikroskop
beobachteten an Grösse gleichkommen, sondern auch solche, die
ihnen an Grösse nachstehen oder sie übertreffen.
Die so erhaltene Platte kann direct zur Herstellung vieler
Abzüge verwendet und der Lithograph dadurch entbehrlich ge-
macht werden. Die erhaltenen Bilder erlauben eine scharfe Mes-
sung der Vergrösserung, indem man ihre Grösse einfach mit
der Grösse des Objects, die sich mit dem Mikrometer leicht be-
stimmen lässt, vergleicht, ferner eine ziemlich genaue Messung
der Krystallwinkel durch einfaches Anlegen eines Trans-
porteurs.
Es ist wahrscheinlich, dass diese einfache Methode Mikro-
photographieen herzustellen schon von andern Männern benutzt
*) Einer sogenannten Landschaftslinse.
**J Herr Professor G. Rose hat diesen Glimmer näher beschrieben.
S. d. Heft. S. 5.
8
worden ist. Keiner scheint aber sein Verfahren publicirt zu ha-
ben (es ist mir wenigstens bis jetzt noch nicht möglich gewesen,
specielle Angaben darüber zu finden) und deshalb veröffentliche
ich hiermit meine Erfahrungen über diesen Gegenstand im Inter-
esse der Naturwissenschaft.
Den Herren Naturforschern in Berlin empfehle ich zur Aus-
führung dieser Photographieen den eben so intelligenten als
praktisch tüchtigen Photographen Herrn Günther, Werderschen
Markt No. 6.
Weitere Mittheilung über Verbesserung dieser Methode, An-
wendung derselben auf undurchsichtige Körper , Benutzung von
elektrischem oder DRüMMOND'schem Licht statt des Sonnenlichts
etc. etc. behalte ich mir vor."
Herr Roth besprach die Abhandlung des Herrn Sartorius
von Waltershausen, welche den Titel führt: „Ueber die Be-
rechnung der quantitativen mineralogischen Zusammensetzung der
krystallinischen Gesteine, vornehmlich der Laven."
Herr von Alberts berichtete über ein neues Vorkommen
von Kohlenkalk - Petrefakten in Oberschlesien auf der Grube Ca-
roline bei Hohenlohehütte.
Herr von Bennigsen -Förder erörterte die Entstehung
zweier noch in Fortbildung begriffenen Kalkformationen der ge-
genwärtigen Epoche: die Entstehung eines Wiesenkalklagers bei
Neustadt in West-Preussen und die Bildungsweise der bekannten
Carlsbader Sprudelschale. Das Kalklager bei Neustadt ist das
ausgedehnteste unter den bis jetzt bekannten des vaterländischen
Schwemmlandes, denn es erstreckt sich vom gräflich Keyser-
LiNGK'schen Schloss-Parke , der zum grossen Theil darauf ange-
legt ist, bis zur j Meile entfernten herrschaftlichen Ziegelei mit
geringer Unterbrechung und in einer Mächtigkeit von zuweilen
7 Fuss; die Breite beträgt gegen ~ Meile. Es verdankt seine
Entstehung den das anmuthige Thal , worin der Kalk abgelagert
ist, begrenzenden ansehnlichen Abhängen des aus Thon- und
Lehmmergel und Lehm bestehenden Plateaus, welches sich viele
Meilen weit durch diesen Theil der Provinz erstreckt, und auch
an anderen Punkten, z. B. bei Wispau, solche Kalkbildung be-
günstigt. Die Quellen und Sickerwasser aus diesen weit verbrei-
teten kalkig-thonigen Schichten gelangen, reich mit kohlensaurem
Kalk beladen, auf dem ziemlich wagerechten Thalboden in Be-
rührung mit vegetabilischen Gebilden, und umgeben diese bald
9
mit Kalkkrusten, an denen dann der Absatz neuer Kalksubstan-
zen fortdauert. Bei der Bildung der Carlsbader Sprudelscbale
zeigt sich die Intensität der Adhäsionskraft der Kalksubstanz
noch einflussreicher auf die Entstehung dieses sehr merkwürdigen
Gebildes, welches zum Theil unter dem Tepl- Flusse, der auf
eine Strecke von einigen hundert Schritten über die Sprudel-
schale hinweg fliesst , dadurch entsteht , dass die Energie dieser
Adhäsionskraft grösser und erfolgreicher ist als die der fortfüh-
renden Kraft des Wassers; selbst die Kraft des von der Tiefe
gegen die Oberfläche heftig aufwallenden Sprudels in der Tepl
reicht nicht hin, um ein öfteres Schliessen oder Zuwachsen der
Sprudelöffnung durch Ansatz der Kalksubstanzen zu verhindern ;
auch ist die Adhäsion dieser Substanzen so gross , dass sich so-
gar um Gasbläschen , welche sich einige Zeit im Sprudel erhal-
ten, eine Kalkrinde bilden soll. Die hierbei mitwirkende hohe
Temperatur der Therme wird längst durch die wahrscheinlich
sehr bedeutende Tiefe der Dislocationsspalte im Granit erklärt;
dagegen scheint nach des Redners Ansicht der reiche Kalkge-
halt des Sprudels nur von den Tagewässern herzurühren, die
seinen Wasserbedarf liefern ; der Vorgang bei Bildung des Kes-
selsteins in Dampf- und Kochkesseln erläutert den Ursprung des
Kalkreichthums des vielleicht seit Jahrtausenden bestehenden
Sprudels. Nachdem Redner noch das Vorkommen eines nor-
dischen Geröllhügels (as) östlich bei Polchau am Abhänge des
Thalrandes der Rheda zwischen Neustadt und Putzig in West-
Preussen erwähnt hatte, hob er schliesslich als wahrscheinlich
hervor, dass in der Weise des grossen Wiesenkalklagers bei Neu-
stadt auch manche der muschelführenden tertiären Kalklager nur
an einzelnen beschränkten Oertlichkeiten ihre erste Entstehung
erhalten haben werden ; Thäler und Bodenvertiefungen in kalk-
führenden oder Kalkformationen gaben wohl auch in der Ter-
tiär-Epoche zu solchen Kalktuff- und Kalksinter- Bildungen Ver-
anlassung.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. o. ,
Mi rscHERLicH. Beyrich. Roth.
10
2. Protokoll der December - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 3. December 1862.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der November-Sitzung wurde verlesen und ge-
nehmigt.
Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen:
A. An Geschenken :
Carlsbad, Marienbad, Franzensbad und ihre Umgebung vom
naturhistorischen und medizinisch -geschichtlichen Standpunkte.
Prag und Carlsbad 1862. Von den Geschäftsführern der 37.
Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte Herren Dr.
Löschner und Ritter von Hochberger.
Th. Hiortdahl og M. Irgens. Geologiske undersögelser
i Bergens Omegn. Christiania 1862. — M. Sars: Beskrivelse
over Lophogaster typicus. Christiania 1862. — F. C. Schü-
beler: Die Culturpflanzen Norwegens. Christiania 1862. Von
der Königl. Norwegischen Universität in Christiania.
Th. Kjerulf und T. Dahll : Ueber die Geologie des süd-
lichen Norwegens ; über den Erzdistrikt Kongsbergs ; om jernert-
sernes forekomst vet Arendal, JSaes og Krageroe. Christiania
1861. Von den Verfassern.
Th. Kjerulf: Geologische Karten von Ringeriget und Ha-
deland. Christiania 1862.
T. Dahll: Ueber die Geologie Tellemarkens. Christia-
nia 1860.
B. Im Austausch :
Erster Jahresbericht des Vereins von Freunden der Erdkunde
zu Leipzig 1861.
Württembergische Naturwissenschaftliche Jahreshefte. XVIII.
1. 2. 3.
Correspondenzblatt des zoologisch -mineralogischen Vereins
in Regensburg. 1862, No. 10 u. 11.
Verhandlungen der kaiserlichen Gesellschaft für die gesammte
Mineralogie zu St. Petersburg. 1862 und E. von Berg: Re-
pertorium der Literatur über die Mineralogie, Geologie, Palaeon-
tologie, Berg- und Hüttenkunde Russlands bis zum Schluss des
XVIII. Jahrhunderts. St. Petersburg 1862.
11
Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. XXI. 4.
Dritter Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde.
Offenbach 1862.
47. Jahresb. u. Kleine Schriften IX. der naturforschenden
Gesellschaft in Emden. 1862.
Schriften der Königl. physikalisch-ökonomischen Gesellschaft
zu Königsberg. III. 1. 1862.
Zehnter Jahresbericht über die Wirksamkeit des Werner-
Vereins für 1860. Brünn 1861.
Neue Denkschriften der allgemeinen Schweizerischen Ge-
sellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Band XIX.
Zürich 1862.
Compte rendu de la 45. session de la Soc. suisse des
sciences naturelles rdunie a Lausanne les 20., 21. et 22. aoüt
1861.
Bulletin de la Societe Vaudoise des sciences naturelles,
Tom. f IL Bulletin No. 49.
Annales de la Societe d? Agriculture duPny. XII 1859.
Herr G. Rose trug eine von Herrn B. v. Cotta eingesendete
Inhaltsübersicht des von ihm herausgegebenen Buches: Die Erz-
lagerstätten Europa's, vor.*)
Herr Rammelsberg berichtete über den Inhalt der Abhand-
lung von Scacchi, welche den Titel führt: Sulla poliedria delle
facce dei cristalli. Torino 1862. Ferner hielt derselbe einen
Vortrag über die Bildung und chemische Zusammensetzung der
Alaunsteine und des Löwigites, nach denen die Ansichten des
Herrn von Richthofen über die Entstehung derselben als irrig
zu bezeichnen sind.
Herr Roth legte die von den Herren Palmieri und Guis-
cardi in Neapel ihm mitgetheilten Schriften: Annali del reale
Osservatorio Meteorologico Vesuviano. Anno secondo 1862
und lntorno all' incendio del Vesuvio cominciato il dt 8. De-
cembre 1861 relazione vor und berichtete über ihren Inhalt.
Besonders ist hervorzuheben , dass die bei diesem kurzen Aus-
bruche um 1,12 iMeter gehobene Küste bei Torre del Greco bis
zum 31. März 1862 eine allmälige Senkung, im Ganzen um
0,241 Meter, gezeigt hatte, sowie dass Deville, Leblanc und
Fouque in den 20 Meter weit von der Küste im Meer bei Torre del
*) S. Bd. XIV. S. 686.
12
Greco aufgefangenen Gasen neben Schwefelwasserstoff, Kohlensäure
und Sumpfgas (C2 H4) Wasserstoff nachgewiesen haben. Da die
Kreidekalke bei Sorrent so reichlich bituminös sind, darf man wohl
den Kohlenwasserstoff bei Torre aus ihnen, den freien Wasser-
stoff ohne Zweifel, wie Bunsen experimentell nachgewiesen, aus
dem durch hohe Temperatur zersetzten Schwefelwasserstoff ab-
leiten. Ueber die Quelle des Kohlenwasserstoffs, der neben
Schwefelwasserstoff, Wasserstoff und Kohlensäure in den Gasen
der Borsäure -Fumarolen in Toscana vorkommt, wagte Redner
keine Ansicht auszusprechen.
Herr Söchting gab den Inhalt einer Abhandlung über
paragenetische Verhältnisse des Glimmers, namentlich über dessen
pseudomorphe Natur, indem er sich besonders gegen die von
Herrn Delesse in dieser Hinsicht ausgesprochenen Ansichten
erklärte. Ferner legte derselbe einen neuen Granit aus dem
Ockerthale im Harze vor, in welchem der Einschluss des Kalk-
spathes noch deutlicher als bei früher vorgelegten Proben sich
als ein dem Gestein selbst angehöriger und nicht als von Infil-
tration herrührend erwies.
Herr von Seebach sprach über die Zusammensetzung und
Fauna des norddeutschen Jura besonders mit Rücksicht auf den
englischen Oolith.
Herr G. Rose legte als neue Erwerbung des Kön. minera-
logischen Museums einen schönen neuen Krystall von Hornblei-
erz von Matlock, Derbyshire, vor und verglich den Krystall (ein
grades quadratisches Prisma) mit den Krystallen von Hornbleierz,
die in früherer Zeit bei Tarnowitz vorgekommen sind, wo sie
zwar grösstentheils mit Beibehaltung der Form eine Umwand-
lung in Weissbleierz zeigen, während das mineralogische Museum
jedoch einen von Herrn Krug von Nidda geschenkten, grossen,
noch grösstentheils unverändert gebliebenen Krystall besitzt.
Derselbe wurde ebenfalls vorgezeigt.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. o.
G. Rose. Beyrich. Roth.
13
3. Protokoll der Januar -Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 7. Januar 1863.
Vorsitzender Herr G. Rose.
Das Protokoll der December- Sitzung wurde verlesen und
angenommen.
Als neue Mitglieder sind eingetreten:
Herr Hauptmann Gauey in Weimar,
vorgeschlagen durch die Herren v. Seebac h, G. Herbst,
G. Rose.
Herr Bergexpektant von Könen in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren Beyrich, Ewald,
Roth.
Herr Stud. phil. U. Schloenbach jun. aus Salzgitter,
vorgeschlagen durch die Herren Beyrich, Ewald,
Roth.
Herr Stud. phil. Kunth aus Bunzlau,
vorgeschlagen durch die Herren Beyrich , Eck,
v. Seebach.
Herr Stud. phil. Schiller aus Breslau,
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, Eck und
Beyrich.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
Im Austausche:
Smithsonian Miscellaneous Collections. Bd. 1 — 4. Re-
sults of Meteorogical Observations made under the direction
of the United States Patent Office and the Smithsonian Insti-
tution from 1854 to 1859. Vol. I. Washington 1861.
Geology of Vermont. Vol. I u. II. Claremont. 1861.
Canadian Naturalist and Geologist. VII. 5.
American Journal of science and arts. XXXIV; 102.
Societe des sciences naturelles du Grand Ducke de Luxem-
bourg. Tom. V. 1857— 1862.
Naturkundige Verhandlingen van de Hollandsche Maat-
schappij der Wetenschappen te Haarlem. Zestiende Deel.
Hartem 1862.
14
Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 4. it.
18. November, 2. December 1862.
Archiv für wissenschaftliche Kunde für Russland. Bd. 22.
Heft I.
Herr von Seebach legte ein vollständiges Exemplar von
Encrinurus multisegmentatus Porte, vor und sprach über dessen
Beziehungen. Derselbe sprach unter Vorlegung einer Abbildung
über das neu entdeckte gefiederte Fossil von Solenhofen, welches
derselbe im Brittischen Museum zu sehen Gelegenheit hatte. Nur
Rippen und Schwanz sprechen dafür, dass es ein Reptil sei.
Sämmtliche Knochen, die sonst noch erhalten sind, lassen einen
Vogel erwarten, wie auch Prof. Owen erkannte. Als Name
muss die Bezeichnung Archaeopteryx lithographica H. v. Meyer
beibehalten werden und nü-ht Gryphosaurus A. Wagn. noch
Gryphornis Owen.
Herr von Könen berichtete über die Gang Verhältnisse der
Grube »Hülfe Gottes« bei Dillenburg. Selten wohl trifft man
so eigenthümliche und dabei doch so einfache Gangverhältnisse, als
auf der Nickelerzgrube »Hülfe Gottes« bei Dillenburg im Nassaui-
schen. Dieselbe baute früher nur auf verschiedenen, vorzüglich
Kupferkies fuhrenden Gängen, fuhr aber im Jahre 1841 durch
Zufall mit einem Stollnorte den jetzt noch allein im Betriebe be-
findlichen Nickelerzgang an, welcher ein Einfallen von etwa
85 Grad hatte. Man trieb demnächst streichende Oerter im Gange
nach beiden Seiten, fand aber, dass derselbe nur auf einer Länge
von ohngefähr 1 1 Lachter erzführend war, indem auf jeder Seite
eineKluft mit 30 resp. 60 Grad Einfallen durchsetzte, hinter welcher
der Gang zwar noch vorhanden war, aber gänzlich taub, und
mit Schalstein als Hangendes und Liegendes, während zwischen
den beiden Klüften Grünstein das Nebengestein des Ganges
bildete. Da nun die streichende Länge der Einführung des Ganges
nach der Teufe zu hiernach zunehmen musste, so teufte man
ein Gesenk ab, mit welchem man etwa 8 Lachter unter der
Stollnsohle, wo man die stärker fallende Kluft anfuhr, noch eine
dritte Kluft auffand, welche von jener ausgehend mit ca. 70 Grad
nach der entgegengesetzten Richtung einfiel. Unter derselben
war der Gang taub, von Schalstein begleitet; über ihr war er
aber edel und hatte Grünstein zum Nebengestein. Bei weiteren
Ausrichtungsarbeiten fand man dann darüber noch eine vierte,
von derselben wie die dritte, ausgehende Kluft, welche mit
15
ca. 50 Grad nach derselben Richtung wie die letztere einfiel,
über welcher der Gang dann wieder taub war, und Schalstein
zum Hangenden und Liegenden hatte, so dass das edele Mittel
sich hier in zwei Theile theilte, welche, nach der Teufe zu an
Länge zunehmend , von hier an divergirend in der Gangebene
einfielen. Bis zur Teufe von 21 Lachter unter der Stollnsohle,
die man bis jetzt mit den Bauen erreicht hat, bleibt ebenfalls die
Erzführung des Ganges stets an den Grünstein gebunden. In
c b a
A. Stölln,
a, erste, b. zweite, c. dritte Verwerfung.
der Zeichnung bedeuten die schraffirten Stellen, dass der Gang
dort unhaltig und von Schalstein begleitet ist.
Der Gang verhält sich im Einfallen, welches sich nur nach
und nach bis auf etwa 70 Grad verschwächt, ziemlich regel-
mässig; aber im Streichen setzen drei mit ca. 75 Grad ziemlich
parallel fallende, 8 und 9 Lachter von einander entfernte Ver-
werfungsklüfte durch , welche den Gang je - bis 1 Lachter ins
Liegende werfen.
Die Gangmasse der edelen Mittel ist vollkommen derb, und
besteht fast nur aus Kupferkies, Haarkies und Schwefelkies;
Durchschnittsanalysen haben folgende Zusammensetzung der Erze,
welche übrigens nicht einmal ein Handscheiden erfordern , ergeben :
Nickel 3, Kupfer 14,5, Eisen 31,5, Schwefel 41, Erden U).
Nur in der Nähe der Verwerfungsklüfte finden sich mitunter
kleine Drusen, welche dann mit einzelnen Nadeln, aber auch
ganzen Büscheln von Haarkies, und mit schönen Kupferkiesdril-
16
lingen besetzt sind, auf denen gewöhnlich noch kleine, meist
linsenförmige, Krystalle von Kalkspath und Mesitinspath sitzen;
als grösste Seltenheit finden sich in den Drusen auch noch Kry-
stalle von Bleiglanz und rother Blende, obgleich in der Gang-
masse sonst keine Spur von diesen beiden Mineralien zu bemer-
ken ist.
Die Gangmächtigkeit variirt sehr, und erreicht nur #n einer
Stelle die Grösse von 12 Fuss, während sie an einer anderen
bis auf einige Zolle herabsinkt, im Allgemeinen scheint sie aber
nach der Teufe zu abzunehmen.
Herr Rammelsberg gab Mittheilung über einige von ihm
analysirte Phonolithe aus der Rhön und aus Böhmen.
Herr Beyrich sprach über das Auftreten rothen quarzfüh-
renden Porphyrs westlich von Ilfeld am Harz. Gleich dem Me-
laphyr und Porphyrit, deren lagerartiges Verhalten bei Ilfeld
zuerst durch Naumann klar auseinandergesetzt wurde, bildet
auch der Porphyr im Hangenden des Porphyrits ein Lager, wel-
ches bei Werna beginnt und sich über Sülzenhayn forterstreckt.
Das Gestein ist erfüllt von wohlausgebildeten Quarzkrystallen
und stellt sich petrographisch dem Porphyr des Auerberges bei
Stollberg zur Seite. Die Quarzkrystalle, selten auch Feldspath-
krystalle, lassen sich in Menge in dem Grande auflesen, den
das zersetzte Gestein zurücklässt. Das Verhalten, dass ein kry-
stallreicher quarzführender Porphyr als das jüngste Eruptivgestein
im Rothliegenden eingelagert auftritt, steht in Einklang mit frü-
heren analogen Beobachtungen an der Südseite des Riesengebirges
bei Liebenau und in der Waldenburger Gebirgsmulde. Diese
Analogie macht, es auch wahrscheinlich, dass die Eruptivgesteine
an der Südseite des Harzes in derselben Zeit hervortraten und
derjenigen Stufe des Rothliegenden angehören, welche auf der
geologischen Karte von Niederschlesien als die zweite Stufe der
Formation, als das untere thonige Rothliegende unterschieden
wurde.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. o.
G. Rose. Beyrich. Roth.
17
B. Briefliche Mittheiluiig.
Herr Ferd. Roemer an die Redaction der Zeitschrift der
deutschen geologischen Gesellschaft.
Breslau, 19. Januar 1S63.
Band XIV. dieser Zeitschrift enthält S. 541 — 543 ein
Schreiben des Herrn G. von Helmersen, in welchem derselbe
gegen die Richtigkeit einiger von mir in Betreff des Zustandes
der paläontologischen Sammlungen des Kaiserlichen Berginstituts
in St. Petersburg gemachten Aeusserungen Einspruch erhebt.
Die fraglichen Aeusserungen sind in dem in dieser Zeitschrift
(Band XIV. S. 178 — 233) gedruckten kurzen Bericht über
meine russische Reise im Sommer 1861 enthalten. Der betref-
fende Passus des Berichtes lautet: »Die geognostischen und pa-
läontologischen Suiten umfassen die Ausbeute zahlreicher wissen-
schaftlicher Reisen und Expeditionen zum Theil in entlegene
Theile des russischen Reiches. Leider sind diese werthvollen
Suiten nicht in einer Weise angeordnet und aufbewahrt, wie sie
es bei ihrer Wichtigkeit verdienen. Wir fanden vielfach die
Etiquetten fehlend und vertauscht, oder selbst die Stücke einer
Suite unter diejenigen einer anderen gemengt. An vielen Stellen
war es deutlich erkennbar, dass wiederholt ganz unkundigen und
rohen Händen die Anordnung oder das Umlegen der Stücke an-
vertraut gewesen war. Nicht nur sind bei so mangelhafter Ord-
nung die fraglichen Sammlungen ungeeignet zuverlässige Beleh-
rung zu gewähren , sondern zum Theil haben sie durch Ver-
wechselung oder völlige Vernichtung der Fundortsangaben für
immer ihren Werth verloren.«
Herr G. von Helmersen wendet nun hiergegen ein, dass
mir der Haupttheil der paläontologischen Sammlungen gar nicht
gezeigt worden sei und dass ich nur diejenigen Suiten gesehen habe
»welche demnächst zum Unterrichte der Zöglinge dienen und die zum
Theil bei den Repetitionen sogar in ihre Hände gegeben werden.«
Hierauf habe ich nun meinerseits Folgendes zu erwidern:
Die von mir besichtigten Sammlungen des Kaiserlichen Berg-
instituts, auf welche sich das erwähnte und auch jetzt von uns
vollständig aufrecht erhaltene Urtheil bezieht , waren allerdings
ausgedehnte paläontologisch geognostische Suiten aus verschiedenen
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 1 . 2
18
Theilen des russischen Reiches. Ich habe namentlich fast sämmt-
liche Suiten dieser Art, welche in dem mit dem Bildnisse des
Herzogs von Leuchtenberg gezierten grossen Saale und in einem
anstossenden Saale aufbewahrt werden, durchgesehen. Sehr gern
glaube ich zwar, dass ausser den von mir durchgesehenen Suiten
noch zahlreiche andere in dem Institute vorhanden sind, und dass
diese sich in einem besser geordneten Zustande befinden. Un-
möglich kann ich dagegen glauben, dass die mir gezeigten Suiten
als Lehrsammlungen für die Zöglinge des Instituts benutzt worden
sind, da sie ohne den Arten beigefügte Benennungen und auch
nach ihrer ganzen Zusammensetzung für diesen Zweck durchaus
ungeeignet sein würden. Es konnte mir übrigens auch nicht
wohl etwas Anderes als solche von wissenschaftlichen Expedi-
tionen herrührende Suiten gezeigt werden, da ich nur solche zu
sehen den Wunsch aussprach und der mich führende Bergofficier
Herr Möller wenn auch vielleicht mit dem Inhalte des Museums
nicht vollständig vertraut, doch als ein aus dem Institute hervor-
gegangener Beamter, als Begleiter Pander's auf mehrfachen ge-
ognostischen Reisen in den Ural und als Verfasser paläontologisch-
geognostischer Abhandlungen , gewiss eine Lehrsammlung für
Anfänger von solchen nur für specielle Fachkenner interessanten
Suiten, wie ich sie suchte, zu unterscheiden gewusst hat.
Die vorstehende Erklärung ist hier lediglich zu dem Zwecke,
um mich gegen den möglichen Verdacht unbedachtsamen oder
böswilligen Tadels zu vertheidigen, gegeben worden. Ich habe
die Bemerkungen meines Berichtes, welche zu der Reklamation
Veranlassung gegeben haben , nach völlig unbefangener Wahr-
nehmung lediglich im Interesse der Sache selbst gemacht. Am
fernsten hat mir jedenfalls die Absicht gelegen, dem persönlich von
mir verehrten Herrn G. von Helmersen durch dieselben nahe zu
treten. Mit aufrichtigem Vergnügen erfahre ich aus seinem Schrei-
ben, dass seit meiner Anwesenheit in St. Petersburg und schon
lange vor dem Erscheinen meines Berichtes die sämmtlichen
Sammlungen von russischen Petrefakten in dem Institute voll-
ständig neu geordnet und aufgestellt worden sind. Für mich
ist dadurch der Wunsch, der mich allein zu der Veröffentlichung
der fraglichen Bemerkungen veranlasste, in erfreulichster Art
und in kürzester Zeit erfüllt worden.
19
C. Aufsätze.
1. Ueber die Polyedrie der Kiystaliflächen.
( Sulla poliedrta deile facce den' crista1h\)
Von Herrn k. Scacchi in Neapel.
Aus den Memorie della Reale Aecademia delle Seiende dt
Torino Serie II. T. XXI. 1862, übersetzt von Herrn
C. Rammelsberg in Berlin.
Hierzu Tafel I. IT. III.
Der constante Werth der Kantenwinkel und das einfache
Verhältniss der Axenlangen bei den Flächen des nämlichen
Krystalls sind zwei Thatsachen. welche von den Naturforschern
bisher als das Aeqnivalent zweier Fundamentalgesetze der Kri-
stallographie betrachtet wurden. Jedoch mussten sich alle im
Gebrauch des Reflexionsgoniometers geübten Krystallographen
längst überzeugen , wie es auch mir oftmals begegnet ist, dass
spiegelnde Krystaliflächen oft zwei oder mehrere Bilder geben,
welche bisweilen äusserst wenig von einander abstehen. Schon
diese Beobachtung zeigt offenbar, dass eine gewisse Fläche zwei
oder mehrere verschiedene Lagen haben könne, und dass das
Gesetz der Constanz der Kantenwinkel in der That Ausnahmen
habe, welche man kennen und ihrem Werthe nach bestimmen
muss. So viel ich weiss, hat sich bisher niemand mit diesem
Gegenstand beschäftigt, und wenn man die Abweichungen bei
Winkelmessungen in Betracht zog, hat man sie als Mängel der
Krystalle angesehen, entsprungen aus Ursachen, die ihrer Bildung
fremd waren.
Wenn sich z. B. auf den Würfelflächen des Flusspaths
vier Flächen ft, n" (Fig. 1) finden, die eine Pyramide
bilden, und die Neigungen derselben unter sich veränderlich und
bisweilen einige Grade kleiner als 180 Grad sind, so finde ich
nur zwei Erklärungen für diese Erscheinung : Entweder wider-
sprechen die Flächen n als anomal den krystallographischen Ge-
2*
20
setzen, oder jede Fläche des Würfels am Flusspath kann in
ihrer Lage nach den vier Richtungen, welche die n andeuten,
variiren. Dieser zweiten Annahme würde ich unbedenklich den
Vorzug geben, wenn sie im Einklang wäre mit dem geometrischen
Begriff, den wir uns von den Krystallformen machen oder mit
der eleganten Theorie der Decrescenzen der Moleküle bei der
Bildung der Krystalle. Wir wollen also sagen, dass die nämliche
Fläche an den Krystallen verschiedene Lagen haben, und sich
folglich in verschiedener Lage mehrfach wiederholen könne, welche
innerhalb gewisser Grenzen variirt, und aus bis jetzt unbekann-
ten Gründen weiter oder enger werden kann. Diese Erscheinung
werde ich mit dem Namen Polyedrie bezeichnen, welcher ein-
fach die beobachtete Thatsache ausdrückt.
Ich werde den Inhalt vorliegender Abhandlung in drei Ab-
schnitte theilen; in dem ersten werde ich die auffälligere Erschei-
nung von Flächen beschreiben, welche ihrer Lage nach in der
Richtung zweier oder mehrer Zonen variiren können; in dem
zweiten werden die Variationen in Betracht gezogen, welche im
Sinne einer einzelnen Zone vorkommen, und der dritte Abschnitt
ist bestimmt zu zeigen, dass die gekrümmten Flächen und andere
Eigentümlichkeiten an Krystallen ebenfalls zu den Erscheinun-
gen der Polyedrie gehören.
Bei der Untersuchung und Zusammenstellung der Thatsachen
bin ich vielleicht allzusehr ins Einzelne eingegangen, weil ich
fürchtete, dass scheinbar Unbedeutendes doch von grösserem Ge-
wicht sein könnte.
Oft bin ich bei der Messung sehr stumpfer Neigungen
zweier Flächen auf grosse Schwierigkeiten gestossen, das von der
einen Fläche reflektirte Bild des Gegenstandes zu sehen, weil es
in dem ziemlich starken Lichtfelde des von der benachbarten
glänzenderen und grösseren Fläche reflektirten Bildes liegt. Um
diesem Uebel zu begegnen, habe ich als Object für das Bild ein
Metallplättchen von etwa 8 Millim. Breite benutzt, welches zwei
eben so breite Spalten neben sich hatte. Auch habe ich mitunter
die anstossende störende Fläche mit Streifchen befeuchteten Fliess-
papiers bedeckt.
Die mitgetheilten Messungen sind die unmittelbar vom Go-
niometer erhaltenen, die Abweichung in der Lage ausdrückenden
Grössen. So heisst also z. B. n n == 2° 30', dass die Ver-
schiedenheit in der Lage oder die Abweichung von n und n =
21
2° 30' ist. Will man als den Neigungswinkel von n : n\ so
hat man 180° -2° 30' = 177° 30'.
In den Zeichnungen sind einspringende Winkel durch punk-
tirte Linien unterschieden.
I. Polyedrie in der Richtung zweier oder melirer
Konen.
Flusspath.
Auf den Flächen des Würfels am Flusspath Fig. 1. sieht man
oft vier dreiseitige Facetten oder eine sehr stumpfe vierseitige Pyra-
mide und besonders kommen sie an den Zwillingen vor, wäh-
rend sie an einfachen Krystallen selten und minder deutlich
sind. Die Messungen an den bessern Krystallen gaben folgende
Werthe.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
nn =4°57'm 5° 40'm 4° 13' 3° 37' 1° 18' 1° 45' 1« 21' 1° 19'
«»'" = 5 16m 5 53 m 4 4 3 42 1 34m 1 43 1 17 1 7
ri n = 5 37m 6 37 3 46 2 28 1 22 1 49 1 17 1 8
n'V" = 5 17 5 50m6»0m3 36 3 28 1 29 0 46 1 9 1 5
nn" =8 8m 8 52m7 32m 5 40 5 17 2 31m 2 38 1 49 1 49
$'»'''= 7 28m 8 42 6 14 5 34 2 57m 2 36 1 48 1 49
1, 2. 3 sind Krystalle einer Druse von Northumberland ;
4. 5. 6 verschiedene Krystalle von Allenheads in Northumber-
land; 7.' 8. 9 von einer Krystallgruppe von Derbyshire.
An letzteren Krystallen finden sich sehr kleine Flächen eines
Achtundvierzigflächners, der meines Wissens noch nicht beobach-
tet worden ist. Sein Zeichen ist a : j a : 2 a = a : J- a : ~ a
= \ a : j a : \ a, und es sind bei ihm die Neigungen der
Flächen in den
gebrochenen Oktaederkanten = 118° 22'
gebrochenen Würfelkanten = 134 50
Granatoederkanten = 159 10
Die Veränderlichkeit der Neigung der Flächen n gegen
einander zeigt uns deutlich ihre veränderliche Lage, die den kry-
stallographischen Gesetzen nicht gehorcht, so dass es mir natür-
licher scheint, die vier Flächen n als einer und derselben Wür-
felfläche angehörend zu betrachten, deren Lage veränderlich ist.
22
Aus jenen Messungen können wir uns zugleich eine richtige
Vorstellung von den Richtungen und den Grenzen machen, in
welchen beim Flusspath die Verrückung der Würfelflächen aus
ihrer normalen Stellung stattfindet.
Als sehr bemerkenswerth hebe ich zuvörderst die wunder-
bare Beziehung zwischen der Polyedrie der Flächen zweier zu
einem Zwilling verbundenen Krystalle hervor. Es entsprechen
die Spitzen der Pyramiden w, n genau den Punkten, in welchen
die Kanten eo, ed des zweiten Krystalls den ersten treffen.
(Fig. 2. 3).
Bisweilen fehlt eine der Flächen und zwar gewöhnlich
n, an deren Stelle dann n wiederholt ist (Fig. 4), oder die
Fläche n dehnt sich dafür aus (Fig. 5), oder endlich anstatt n
erscheint die Fläche des Würfels in ihrer normalen Lage. In
der Zwillingsgruppe (Fig. 6) ist der Fall verwirklicht, dass sich
die beiden Kanten eo und ed des zweiten Krystalls in einer und
derselben Fläche des ersten finden und die Flächen so liegen
und mit einspringenden Winkeln sich so wiederholen, als wenn
jede der Kanten eo, eo' dazu beigetragen hätte, eine besondere
Pyramide zu bilden. Man sieht dies am besten ein, wenn man
die ähnlich gelegenen Flächen mit gleich-accentuirten Buchstaben
bezeichnet. Jedoch bemerkt man, dass die Pyramide , deren
Scheitel der Kante ed entspricht, vollständig ist, während an
der, welche der Kante eo entspricht, eine Fläche fehlt. Wenn
der zweite Krystall über den ersten hervorragt, (Fig. 4. 5), so
ist n die fehlende Fläche anstatt n.
Ein neuer Beweis des Zusammenhanges zwischen der Zwil-
lingsbildung und der Polyedrie beim Flusspath ist, dass bei den
nämlichen Zwillingskrystallen diejenigen Flächen des Würfels,
auf denen sich die Kante des anderen Krystalls nicht eingewach-
sen findet, ganz eben sind. Dennoch bemerkt man bei einfachen
Krystallen bisweilen eine Andeutung der Flächen n als Pyramide,
aber nie so deutlich wie bei den Zwillingen. Yfahrscheinlich
steht ihr Vorhandensein in Beziehung zu einem anderen beim
Flusspath ziemlich häufigen Umstände.
Beim Flusspath sind die Würfelflächen oft gestreift parallel
den Kanten, und auf solchen Flächen bemerkt man die Polyedrie
leicht. Indem die Streifung an Krystallen aus der vielfachen
Wiederholung paralleler Kanten zweier Flächen entsteht, ist es
mir bei aufmerksamer Betrachtung jener stumpfen Pyramiden am
23
Fiusspatk als zweifellos erschienen, dass sie aus dem Wechsel
der Lage der Würfelflächen in ihrer normalen Stellung und in
verschiedenen abnormen Stellungen entstanden sind.
Meistenteils gewahrt man deutlich, dass die Streifen etwas
gekrümmt sind, mit der concaven Seite nach dem Scheitel der
Pyramide, und oft da, wo sie den Kanten des Würfels sich
nähern, unter einem stumpfen Winkel gebogen, wie man es bei
n (Fig. 1) sieht, während nach dem Scheitel hin der Winkel
allmälig verschwindet, und eine blosse Curve bleibt. An den
Krystallen aus Derbyshire, deren Messung unter Nr. 7, 8, 9
mitgetheilt wurde, und an welchen die Würfelkanten durch sehr
kleine Flächen eines Achtundvierzigflächners zugespitzt sind, sind
die beiden, äussersten kleinen Linien der Streifung genau parallel
i 'den Kanten zwischen dem Würfel und diesem Achtundvierzig-
flächner, was auf eine Art Mitwirkung zweier anderer sekundärer
Richtungen von Verrückung für jede der Zonen schliessen lässt,
welche den Hauptcharakter der Polyedrie des Flusspaths be-
stimmen. (Vgl. Analcim).
Die leichte Biegung der Streifen ist vereinigt mit einer gewissen
Convexität der Flächen n und obgleich dieselbe nur sehr gering
•ist, so glaube ich doch bemerkt zu haben, dass sie um so grösser
sei, jemehr die Pyramiden hervortreten. Sie hat zur Folge, dass
die reflektirten Bilder weder einfach noch scharf in ihren Um-
rissen sind. Der bei den Messungen benutzte und oben erwähnte
Metallstreifen erschien oft wie in Fig. 7 u. 9 ; die Lage zweier
rhomboidalen Spectra der Bilder, die von zwei in einer Pyra-
midenkante zusammenstossenden Flächen reflektirt werden, ist
immer dieselbe, wie die Figur sie zeigt, so dass die Seiten einen
einspringenden Winkel bilden, der nach dem Scheitel der Pyra-
mide gerichtet ist. Was aber die genaue Messung der Kanten-
winkel der letzteren am meisten hindert, ist, dass die reflektirten
Bilder nach der Stellung des Auges des Beobachters variiren.
Je nachdem man es mehr links oder rechts wendet, erscheinen
neue Bilder des Metallplättchens da, wo vorher deren keine waren,
während die früheren theilweise verschwinden, und das rhomboi-
dale Feld dieser Bilder sich ausdehnt oder zusammenzieht. Oft
sieht man zwischen zwei Bildern zweier Pyramidenflächen hin-
durch das klare Bild a der Würfelfläche in ihrer normalen oder
einer derselben wenigstens sehr nahen Stellung, welches, wie
sich erwarten lässt, den früheren nicht genau parallel, und auch
24
von beiden Bildern nicht gleichweit entfernt ist. Fig. 7 stellt
die Bilder der Pyramide dar, welche dem Krystall Fig. 9 ange-
hören (Messungen No. 3) und Fig. 8 bezieht sich auf den Kry-
stall No. 6.
Die Krystalle No. 4 und 5 , gleichwie andere , haben mir
besondere Erscheinungen dargeboten , welche in Fig. 10 darge-
stellt sind. Die Bilder n, n sind gewöhnlich nicht so einfach,
wie sie in der Figur erscheinen, jedoch ziemlich schmal, und von
ihren Rändern strahlen zwei Lichtwellen aus, welche allmälig
verschwinden. Während ferner das ganze Feld, welches von den
Ausstrahlungen gebildet wird, die von den entgegengesetzten
Rändern des nämlichen Bildes ausgehen, noch seine rhomboidale
Form behält, so gestalten sich die Rhomboide, welche zu zwei
Bildern gehören, so, wie in den vorhergehenden Fällen, dass sie
mit ihren Seiten einen einspringenden Winkel, entsprechend dem
Scheitel der Pyramide bilden. Die Oberfläche der Krystalle, an
denen ich diese Erscheinung der reflektirten Bilder bemerkt habe,
ist anscheinend eben, bei geringer Vergrösserung jedoch von
sehr kleinen und kurzen unterbrochenen Streifen bedeckt, gleich-
wie etwas gekrümmt, mit der concaven Seite gegen den Scheitel
der Pyramide.
Ich wollte diese Eigenthümlichkeiten der reflektirten Bilder
beschreiben , weil sie uns zeigen , dass die Flächen n nicht so
einfach und aus einer Ebene gebildet sind, wie sie es scheinen,
sondern aus vielen sehr kleinen Ebenen bestehen , welche sich
mit geringen Divergenzen in der Richtung derselben Zone halten,
deren Aequator, senkrecht zur Würfelfläche, auf welcher sich die
Pyramide erhebt, durch zwei Krystallaxen hindurchgeht, und zwar
mit noch geringeren Abweichungen gegen die Pole der näm-
lichen Zone.
Aus eben diesen Eigenthümlichkeiten erklärt sich auch die
Schwierigkeit genauer Messungen der Flächen n. Inder S. 21 mit-
getheilten Tafel bezeichnet m, dass die Zahl ein Mittel sei. Um
zu beweisen, welchen Werth solche Messungen haben, und an-
dere in dieser Tafel nicht erklärte Elemente kennen zu lernen,
will ich die Einzelnheiten der Messungen No. 1, 2 und 3 an-
geben. Sie wurden an einer Zwillingsgruppe angestellt , welche
in dem Zweifachen der natürlichen Grösse in den Figuren 11
und 9 dargestellt ist. Jede Pyramide ist mit verschiedenen Buch-
staben bezeichnet, und in der ersten Linie der nachfolgenden
25
Tafel das Mittel zwischen dem Winkel, bei welchem als Visir
die Bilder neben den oberen" Rändern der zwei Lichtfelder, und
demjenigen, bei dem die den unteren Rändern nächsten Bilder
desselben Lichtfeldes gewählt wurden, angegeben. In der zweiten
und dritten Linie stehen die Messungen dieser selben Winkel,
und auf den beiden letzten Linien die Winkel, welche gefunden
wurden, indem man als Visir die Bilder nahm, die den Rändern
eines jeden der beiden Lichtfelder zunächst liegen. Die Lücken
der Tafeln rühren davon her, dass eine der Flächen w, r, s mir
nur e i n reflektirtes Bild in gewissen Richtungen gab, nach denen
die Winkelmessungen genommen wurden.
nn nn nn nn nn nn
4° 57' 5° 16'm 5° 37'm 5° 17' 8° 8'm 7° 28'm
5 28 4 56 7 74 7 16
5 4 6 18 8 22 7 40
0 47 0 32 1 17
0 23 1 22 l 10 1 40
r r r r
5° 40'm 5° 53',
5 36 6 7
5 52 5 39
0 16 0 28
0 16
r'r" r"r"'
6° 37' 5° 50',
5 32
6 8
0 ' 36
tt t tu
r r rr
8° 527m 8° 42',
8 26 9 2
9 18 8 22
1 30
0 52 0 50
6° 0'm 7° 32',
5 40 8 5
6 20 6 59
0 17 1 43
0 40 0 37
Bleiglanz.
Auf den Würfelflächen habe ich blos einige sehr stumpfe
vierseitige Pyramiden mit veränderlichen Winkeln beobachtet,
welche in einer anderen Weise wie beim Flusspath auftreten,
wie aus Fig. 12 hervorgeht, wo die Flächen n, n' in denselben
26
Zonen mit denen des Würfels und des Oktaeders o liegen , wäh-
rend die Flächen n beim Flusspath (Fig. 1) den Zonen des
Würfels und Granatoeders angehören. Also haben die Würfel-
flächen beim Flusspath wie beim Bleiglanz die Richtungen ihrer
Polyedrie nach zwei Zonen , deren Ebenen die Winkel, die von
den Spaltungsflächen gebildet werden , in gleiche Theile theilen.
Ueberdies ist die Polyedrie des Bleiglanzes dadurch ausgezeich-
net, dass die Basen der Pyramiden die Würfelflächen nicht ganz
decken, sondern auf allen Seiten einen freien Raum a, a lassen,
mit dessen Ebene die Flächen n einspringende Winkel bilden.
Unter sehr vielen Proben aus verschiedenen Gegenden habe
ich selten Gelegenheit gehabt, die Pyramiden der Würfelflächen
mit vollkommener Endigung zu beobachten, und dann mit deut-
lichen Unterschieden bei Krystallen aus verschiedenen Gruben.
Ich will hier theilweise das mittheilen, was sich auf drei Haupt-
arten von Polyedrie beim Bleiglanz bezieht. Die erste fand ich
an kleinen glänzenden Krystallen von Eyam in Derbyshire
(Fig. 12), welche auf Flusspathkrystallen sitzen, und deren
Oberfläche aufs schönste irisirt. Gewöhnlich bemerkt man längs
der Pyramidenkanten eine leichte Depression wie eine Furche,
welche eine Fläche von der anstossenden trennt, und der Scheitel
trägt einzelne ganz kleine Hervorragungen, welche bisweilen als
die isolirten Ecken jeder der dreiseitigen Flächen erscheinen. Man
könnte sagen, dass jede Pyramide sich geöffnet habe, indem ihre
Flächen vom Scheitel nach unten hin sich getrennt hätten. Die
Fläche tf, a rings um die Basis der Pyramide, welche die Wür-
felfläche in normaler Lage zu sein scheint , ist bei genauer Be-
trachtung in andere kleinere Flächen getheilt, in Richtungen, die
den Kanten der einspringenden Winkel a an parallel gehen.
Die Bilder, welche die Flächen n gleichwie die a geben, sind
gut abgegrenzt, obwohl sie bei der Kleinheit jener oft sehr schwach
sind, und wiederholen sich wegen der Theilung derselben in sehr
kurzen Abständen. Von drei Pyramiden, die von drei Krystallen
gewählt wurden , habe ich folgende Werthe erhalten , wobei zu
erinnern ist, dass die Winkel »ö, na einspringende sind.
27
1.
n?i" = 6° 43'
Wn" =6 39
n ri =5
n ri' 4
n n = o
n"n'" = 5
2.
7° 46'
6 49
3.*)
3
38
9
12
5
12
2
59
10°
9
6
Ol
6
6
4
16
45m
42m
32m
41™
n a
a ~
1. 2.
2° 8' 2° 41'
3 2
3 17
2 37 3 11
3 2
2 7
2 26
Von der zweiten Art von Polyedrie, welche ich an grösse-
ren Krystallen vom Pacherstollen bei Schemnitz in Ungarn ge-
funden habe, sind die Einzelnheiten in Fig. 13 dargestellt. Hier
ist der Scheitel der Pyramide durch die Fläche A stark abge-
stumpft, welche, wenn sie auch der normalen Lage der Würfel-
fläche nicht genau entspricht, doch derselben sehr nahe kommt.
Zwei Pyramiden des nämlichen Krystalls gaben
1.
n a
n A
^ 5°
6
6
= 5
52'
21
36
' 8
2.
6° 22'
5 11
n a
ri A
5°
6
4
5
54'
27
42
12
5°
6
3
3
4
5
4'
8
12
56
32
6
Die Flächen n geben im Allgemeinen zwei Bilder, welche
nicht mehr als einen halben Grad von einander entfernt sind ; die
vorstehenden Zahlen beziehen sich , der Kürze halber, blos auf
das eine glänzendere Bild, woraus folgt, dass die verschiedenen
Winkelwerthe dieser Tafel, welche die Verschiedenheit der Lage
der n gegen a und A angeben, blos auf die verschiedenen se-
kundären Flächen bezogen werden dürfen , aus welchen die a
oder A sich zusammensetzen. Aus den mitgetheilten Zahlen er-
kennt man, dass die Winkel, welche n oder ri mit irgend einer
sekundären Fläche von A bildet, immer grösser sind als die ein-
springenden Winkel, welche dieselben n mit den « bilden. Hier-
*) An diesem Krystall waren die Flächen a so klein, dass sie kein
Bild gaben. Die Flächen n gaben mehrere Bilder , so dass die Winkel
die Mittel der abweichenden Messungen sind.
28
aus folgt, dass die Flächen, welche A und a bilden, in ihrer
Verlängerung sich mit einspringenden Winkeln ausserhalb des
Krystalles treffen würden.
Bei der dritten Art, Fig. 14, sind der Scheitel und die
Kanten der Pyramide durch rauhe Flächen m abgestumpft,
und die Flächen w, n' etwas convex. Ich habe diese Art von
Polyedrie an mehreren Abänderungen beobachtet, aber wegen
Mangel an Glanz nicht messen können. Indess erschienen mir
die Pyramiden n merklich stumpfer als die der ersten Art, in
welche diese letzte unmerklich übergeht.
In manchen Fällen sind die Würfelflächen etwas convex, und
es erscheinen auf ihnen gewisse Anschwellungen mit einem her-
vorragenden Punkte in der Mitte. Ich bin geneigt, sie für gleich-
werthig jenen vierseitigen Pyramiden zu halten, die durch Con-
vexität der Flächen jede Spur von Kanten eingebüsst haben.
An Bleiglan zkrystallen findet man noch andere Erscheinun-
gen von Polyedrie , wie z. B. die der Granatoederflächen in der
Richtung der kürzeren Diagonalen.
Analcim.
Die Krystalle von den Cyklopeninseln geben uns eins der
schönsten Beispiele von Polyedrie. Vorzüglich an denen, welche
die Spalten eines erdigen Gesteins von hellgrauer Farbe beklei-
den, fand ich oft auf den Würfelflächen eine sehr stumpfe acht-
seitige Pyramide Fig. 15, mit solcher Regelmässigkeit und
Symmetrie, dass man sie nur schärfer und glänzender wünschen
möchte. Fast immer ist der Scheitel dieser Pyramide durch eine
ganz kleine Fläche abgestumpft, welche selbst bisweilen, doch
minder deutlich, in vier Dreiecke getheilt ist, d. h. eine noch
stumpfere vierseitige Pyramide bildet. Schon Levy*) hat eine
solche beobachtet und abgebildet, welche er auf den Flächen des
Würfels bei diesem Analcim unbestimmt Hess, und die wahrschein-
lich die eben erwähnte ist , obwohl er der kurzen Kanten n n"
und der Abstumpfung des Scheitels nicht gedenkt. Die grössten
Krystalle, welche ich kenne, haben nicht mehr als 1,5 Millim.
Länge in den Würfelkanten , und bei der Kleinheit und Menge
der Flächen war ihre Messung ziemlich schwer, mit Ausnahme
*) Description d'une collection de mineraux formee par H. Heuland.
Londres 1837. Taf. 45.
29
des Falls, dass der Scheitel der Pyramide, die sich über den
Würfelflächen erhebt, eiuige Flächen n trägt, die grösser als die
übrigen sind. Unter diesen Verhältnissen habe ich an drei
Pyramiden gefunden :
Da die Flächen n gut spiegeln, so können diese Messungen
als ziemlich genau gelten. Und obwohl beide Winkel ziemlich
veränderlich sind , so ist doch für jede Pyramide ein constan-
tes Verhältniss beider sichtbar. Dies geht wenigstens aus der
Messung von drei Krystallen hervor, bei denen, obwohl der Win-
kel n n grösser ist, sich dieselbe Bedingung für den Winkel n n'
bestätigt findet.
Nächst dieser vollkommensten und am meisten charakteristi-
schen Polyedrie am Analcim will ich einiger anderen Erschei-
nungen gedenken, um so mehr, als man gerade selten nur eine
einzige Pyramide auf der Würfelfläche findet , sondern deren oft
zwei oder mehrere neben einander ohne bestimmte Anordnung.
Fig. 16, genau nach dem Original gezeichnet, stellt ein derartiges
Beispiel dar, und hiernach kann man leicht den Uebergang von
glänzenden und bestimmten Pyramidenformen zu den Fällen sich
denken, wo die Pyramiden wenig kenntlich sind, eine Fläche mit
der anderen mehr oder weniger zusammenfällt, und wo sie end-
lich, wenn die Spuren der Kanten verschwinden, wie einfache
Höcker aussehen. Unter den seltneren Abänderungen vom glei-
chen Fundorte gedenke ich einer, welche blos vierseitige Pyra-
miden zeigt, deren oberer Theil* vom unteren verschieden ist, da
sie oben etwas mehr zusammengedrückt sind als unten. Auch
an dem Analcim vom M. Somma, an dem gewöhnlich die Würfel-
flächen am grössten sind , habe ich bisweilen als Anzeichen von
Polyedrie gewisse sehr kleine vierseitige Pyramiden bemerkt, fast
wie in Fig. 16 liegend, worauf Hr. Prof. Guiscardi mich zu-
erst aufmerksam machte, dem ich eine Gruppe solcher Kry stalle
verdanke.
In Fig. 15 sind ausser den Flächen n auch die des Leuci-
toeders angegeben, auf welchen sich eine ähnliche Erscheinung
wie auf den Würfelflächen, jedoch minder deutlich , wahrnehmen
lässt. Während sie ein wenig gekrümmt sind, zeigen sie in der
I. n n
2.
3.
/ = 1° 51'
1 40
1 22 u. 1° 20'
nn = 0° 43' n. 0° 39'
0 34
0 31
30
Mitte einen kleinen ebenen Raum , der von drei Curven um-
schlossen ist, die gleichsam eine Ellipse bilden, und in der Rich-
tung durch den Mittelpunkt einer jeden Fläche und die drei Ecken
tritt ihre Convexität etwas mehr hervor, die Spuren der drei
zugerundeten Kanten gleichsam andeutend.
Schwefelsaures Manganoxydul-Kali
(2 K + Mn) + 4 S + 3 aq.
Die glänzenden zweigliedrigen Krystalle dieser neuen künst-
lichen Verbindung zeigen die Erscheinung der Polyedrie mit
solcher Schärfe, dass sie schon seit 1855 meine Aufmerksamkeit
erregten und mich überzeugten , die veränderliche Lage der
Flächen sei keine Unvollkommenheit , sondern eine natürliche
Eigenschaft der Krystalle. Sie gestatteten mir zum ersten Male,
die bei vielfachen Winkelmessungen an vielen anderen natür- \
liehen und künstlichen Verbindungen gefundenen merklichen
Differenzen bei derselben Art von Flächen unter einem allge-
meinen Gesichtspunkt zu betrachten^ welchen Differenzen ich, ob-
wohl unbefriedigt, genau Rechnung zu tragen nie versäumt hatte.
Deshalb erklärte ich in meiner Abhandlung über die verschie- ■
denen Doppelsulfate von Manganoxydul und Kali*) bei Gelegen-
heit des hier in Rede stehenden seine Erscheinungen der Polye-
drie durch das Prinzip der Veränderlichkeit der Flächenlage der
Krystalle.
Die gewöhnliche Form des Salzes stellt Fig. 1? dar; allein
sehr oft ist sie nach AB mehr verlängert als nach B C. Es
zeigt sehr vollkommene Spaltbarkeit nach der Fläche 72, und
Polyedrie auf B, e und n. Die Fläche ist die glänzendste
von allen , und hat mir nur selten Andeutungen von veränder-
ter Lage gezeigt; u2 giebt deren deutlichere, doch immer weni-
ger als u. Die Fläche C ist gestreift parallel der Kante Cu,
und giebt meistens nur ein einziges Bild; A ist oft etwas ge-
krümmt.
Auch bei den glattesten Krystallen pflegt B in vier Flächen
n getheilt zu sein, die eine sehr stumpfe Pyramide bilden. Oft
fehlt eine derselben, oder einige sind äusserst klein im Vergleich l
zu den übrigen. Daher kommt es, dass zuweilen eine einzige
Fläche n den Anschein hat, als sei sie B in deren normaler
*) In der Zeitschrift il Giambattista Vico, fasc. 6. Juni 1857.
31 „
Lage. Nichts destoweniger bin ich geneigt zu glauben , dass B
niemals oder sehr selten sich in dieser krystallographisch noth-
wcndigen normalen Lage befinde, "weil ich jedesmal, wenn ich
eine einzelne Fläche an den entgegengesetzten Enden des Kri-
stalls fand, nnd ich mich durch Messung von ihrem Parallelis-
mus überzeugen wollte, sie mehr oder minder geneigt fand. Nicht
selten ist der Fall, dass jede der Flächen ?i sich mehrere Male
wiederholt, und so die Zahl der nicht immer deutlich ausgepräg-
ten Pyramiden vermehrt. Während man aus der folgenden Ta-
fel die Veränderlichkeit der von den Flächen n gebildeten Win-
kel bei verschiedenen Krystallen erkennt, ergiebt sich offenbar
die constante Differenz der Neigungen n n und riri" an der
nämlichen Pyramide, insofern der erste Winkel immer stumpfer
ist als der zweite, oder mit anderen Worten : die Verrückungen
von B im Sinne der Zone AB sind immer merklich kleiner als
die nach BC. Fast stets habe ich die entsprechenden Ab-
weichungen an den vier Endkantenwinkeln einer und derselben
Pyramide nahe gleich gefunden , daher auch in der Tafel nur
einer derselben mitgetheilt ist, und zwar entweder der allein ge-
messene, oder das Mittel der Messungen, falls sich mehrere be-
quem messen liessen.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
n n" — 0°19' 0"33' 0"33' 0'J42' 0°47' 0°48' 0°4S' 0"53'
rin" ±= 0°56' 1 71 1 46 1 29 2 G 1 47 2 4 2 45
nri = 0 2S 0 51 0 51 0 45 0 49 1 1 0 50 1 19 1 25
Ich habe die Umstände zu ermitteln versucht, welche die
mehr oder minder grosse Erhebung der Pyramiden hervor brin-
gen, und glaube bemerkt zu haben, dass sie um so stärker her-
vortreten, je schneller die Krystalle sich vergrössern. Ein Ein-
fluss anderer in der krystallisirenden Flüssigkeit aufgelösten Stoffe
lässt sich nicht erkennen. Auch weiss man, dass das neutrale
Doppelsalz (KS -f Mn S) -j- 4 aq, aufgelöst in Wasser, wel-
ches ein wenig Schwefelsäure enthält, in eine eingliedrige Form
übergeht, ohne dass sich die Zusammensetzung ändert. Wenn
man die Menge der Säure vorsichtig vermehrt , erhält man die
zweigliedrigen Formen des in Rede stehenden Salzes, und wenn
die Säure im Uebermaass vorhanden ist, so bilden sich einglie-
drige Krystalle des Salzes (K -|" 2 Mn) + 4 S -f- 5 aq. Dar-
aus folgt, dass in dem Maasse, als die Vergrösserung der zwei-
32
gliedrigen Krystalle fortschreitet, sich das Verhältniss der übri-
gen aufgelösten Bestandtheile allmälig ändert, und dass, sobald
diese sich den Bedingungen für die Entstehung der eingliedrigen
Krystalle nähern , von neuem der Einfluss sich geltend macht,
der aus dem Gegensatz der Affinitäten entspringt, die einerseits
dahin streben , den Zusammensetzungstypus der zweigliedrigen
und andererseits den der eingliederigen Krystalle hervorzubringen.
Aehnlich verhält es sich im Anfang der Krystallisation , wenn
die Säure in nicht grösserer Menge, als um das zweigliedrige
Salz zu bilden, vorhanden ist; auch dann ist die Tendenz vor-
handen, zwei Verbindungen zu bilden , die zweigliedrige und die
zwei- und eingliedrige. So bilden sich in der That gleichzeitig
die eine und die andere , sodann hört die Vergrösserung der
zweiten auf, und so wie die Vergrösserung der ersten fortschrei-
tet, lösen sich die eingliedrigen Krystalle gänzlich auf. Schon
hiernach ist es nicht leicht sich zu überzeugen, ob die Anwe-
senheit fremder Stoffe einen Einfluss auf die Lagen der Flächen
n habe. Oft traten bei grösserer Menge Säure die Pyramiden
mehr hervor ; zu anderer Zeit fand das Gegentheil statt, und viel-
leicht beruhte der Unterschied blos auf dem schnelleren oder
langsameren Krystallisiren , da die Säure beide entgegengesetzte
Wirkungen haben kann, je nachdem die Umgebung trocken oder
feucht ist.
Die nachfolgenden Versuche wurden in den Monaten Juli
und August 1857 angestellt. Am 24. Juli erhielt ich aus einer
Auflösung, die etwas mehr Säure enthielt, als zur Bildung der
zweigliederigen Krystalle erforderlich war, einige derselben, die
sich isolirt langsam vergrösserfc hatten, und an denen die Pyra-
mide n sehr niedrig oder überhaupt nicht vorhanden war. An
einem Krystall fand ich in der Zone der stärksten Abweichung
n'n" = 0° 37', an einem zweiten = 0° 41' und n ri = 0° 20'.
Ich erwärmte die Flüssigkeit gelinde, um zu verhindern, dass die
in ihr verursachte Bewegung neue kleine Krystalle hervorriefe,
und um durch die Abkühlung die Vergrösserung der schon ge-
bildeten schneller zu erlangen. Während sie noch warm war,
brachte ich die beiden gemessenen und noch einige andere Kry-
stalle ohne Pyramiden hinein. Sehr bald verkleinerten sich die
eingelegten Krystalle, und nach Verlauf von 20 Stunden fand ich
sie sehr vergrössert und mit deutlichen Pyramiden. Der Kry-
stall, welcher mir Tages zuvor rin"r = 0° 37' gegeben hatte,
33
gab nun 1° 2'. Drei andere 1 Krystalle, vorher ohne Pyramiden,
lieferten nri" = 1° 2', 1 0 3', 1 0 30'. Wiederum in die Flüssig-
keit gebracht, waren sie am nächsten Tage sehr wenig vergrös-
sert, und nach drei Tagen, an denen die Luft feucht war, ohne
weitere Vergrösserung. Als nun die vier Krystalle, die am
25. Juli gemessen waren, am 29. untersucht wurden, zeigten sie
keine Spur von Pyramiden, gleichwie fünf andere isolirte und
schon früher entstandene. Als ich an demselben Tage die-
Flüssigkeit etwas erwärmte, um sie zu concentriren, und dann
die 9 zuvor herausgenommenen Krystalle wieder hineinbrachte,
verkleinerten sie sich anscheinend zuerst, waren aber nach 15
Stunden sämmtlich grösser und^ zeigten Pyramiden. An einem
fand sich ri ri" — 1 0 54', an einem anderen nri — 0° 57'.
Nach abermaligem Erwärmen, Eintragen derselben Krystalle und
nach Ablauf von zwei Tagen fanden sich dieselben wesentlich
grösser, äusserst glänzend, die Pyramiden stumpfer als zuvor, in-
dem derselbe Krystall, an welchem ri ri" = 1 0 54' gefunden
war, am f. August nur 0° 32' gab, und der, woran nri = 0°
57' war, nurO0 16' lieferte. Die übrigen sieben Krystalle gaben:
riri" = 0° 29', 0° 29', 0° 29', 0° 31', 0° 32', 0° 56' und nri
bei einem = 0° 13'. Die Flächen n und ri' fielen so nahe in
eine Ebene, dass sich ihre Abweichung bei den meisten nicht
bestimmen liess, und blos an einem Krystall, an welchem riri"
= 0° 29' war, fand ich nri' = 0° 6'.
Die Flächen e und u scheinen beim ersten Anblick in der
Richtung einer einzigen Zone abzuweichen, jene nach A B, diese
nach BC. Allein bei genauer Prüfung bemerkt man, dass sie,
obwohl sie starke Abweichungen im Sinne einer Zone erleiden,
auch in einer darauf rechtwinkligen Richtung eine geringe Dislo-
kation erfahren haben.
Die Flächen e sind in mehrfacher Art veränderlich, weil,
wenn A fehlt, die vorderen und hinteren zusammenstossen, ohne
andere als unbedeutende Anzeichen von Polyedrie nach der Zone
A B zu geben; es findet dies gewöhnlich bei den langsam ver-
grösserten Krystallen statt, welche mit einem B auf dem Boden
des Gefässes aufgewachsen sind. Wenn sie aber schneller sich
vergrössert haben, und besonders, wenn sie mit u aufgewachsen
sind, habe ich an A und e solche Veränderungen beobachtet,
dass es mir oft unmöglich war, mich zu versichern, wie die eine
in vielfacher Wiederholung die andere traf, weil die Tiefe der
Zeits.d. d.geol. Ges. XV. 1. 3
34
einspringenden Winkel mir weder ein genaues Sehen noch die
Anwendung des Goniometers erlaubte. Indessen habe ich zu
ihrer Darstellung drei Beispiele gewählt, die weder ganz einfach,
noch allzu complicirt sind. Die Fig. 18 u. 19 stellen die ent-
gegengesetzten Enden eines Krystalls dar. In 18 ist die Fläche
A in drei Theile getheilt, oder wenn man will, dreimal wieder-
holt: A, Ä, A". Der etwas convexe Theil A trifft e links und
e rechts mit ausspringenden Winkeln; Ä trifft das von rechts
nach links übertragene e und das im umgekehrten Sinn verän-
derte e mit einspringenden Winkeln; An ist leicht gekrümmt
gleich A. In Fig, 19 ist A in zwei Theile getheilt, in deren
Mitte die beiden Flächen £, e erscheinen, welche sich unter einem
einspringenden Winkel schneiden, indem die linke rechts liegt und
umgekehrt. In Fig. 20 ist A fast eben/ liegt in der Mitte,
und trifft mit einspringenden Winkeln das linke e, welches sich
rechts wiederholt, und das rechte e, welches links wiederholt ist.
Bei diesem Krystall, wie beim vorigen, liegen die Flächen A, e,
e nicht genau in einer Zone, was auf eine gewisse Abweichung
nach einer solchen hindeutet, die von ß, e verschieden ist.
Der rechts von A sich wiederholende Theil von e bildet mit e
in seiner gewöhnlichen Lage*) einen sehr stumpfen ausspringen-
den Winkel (von 4° 55') und ebenso ist der Theil von e\ wel-
cher links von A sich wiederholt, aus der Richtung des rechts
liegenden e um 4° 41' abgelenkt. An dem Krystall, Fig. 21,
der mit einer Fläche B aufgewachsen war, sieht man ein e in
vier Theile getheilt, von denen zwei £, e eben, glänzend, fast in
einer Ebene liegen, während die beiden anderen, e\ e", etwas
convex, rauh, mit beiden ersteren sehr stumpfe Winkel bilden.
Die oft ziemlich tief einspringenden Winkel der e können keines-
falls als das Resultat von Zwillingsbildungen angesehen werden,
weil, abgesehen davon, dass eine Verwachsung nach B keinen
Unterschied zwischen den Zwillingen und einfachen Krystallen
bedingen würde, mehrfacher Beobachtung zufolge bei stärkerem
Anwachsen der Krystalle, die wohl ausgesprochene einspringende
Winkel hatten, diese verschwanden oder da erschienen, wo sie
den früheren nicht entsprachen, und weil bei der Vergrösserung
von Krystallen ohne einspringende Winkel solche allmälig her-
vortraten.
*) Wenn man sie bis zu ihrem Durchschnitt verlängert denkt.
35
Die Polyedrie der Flächen u ist gewöhnlich stärker und
minder veränderlich als die der e. In verschiedenen Fällen habe
ich zwei bis drei recht gut unterschiedene und genau parallele
Bilder von ihnen erhalten. Einmal fand ich bei dreien die Ab-
stände — 0° 53' und 2° 43'; bei zwei Bildern erhielt ich 0° 16',
0° 21', 0° 24', 0° 31', 0° 36', 1° 32', 1° 51', 2° 22', 2° 42',
3° 32', 4° 41'. Wenn man das langsame Wachsen einer Fläche
u verfolgt, so sieht man sie wohl ziemlich vervielfältigt, sowohl
durch die einspringenden Winkel, welche die kleinen Flächen
bilden, in welche sie sich zertheilt, als auch dadurch, dass einige
derselben aus der Zone B, C, u divergiren, sich nach rechts
und links neigend. Alles dies begreift man leicht, wenn man
die Fig. 22 u. 23 vergleicht, und darauf achtet, dass die punk-
tirten Linien einspringende Winkel andeuten. An dem Krystall
der Fig.22 fand ich uu' == 2° 4', uu" = 4° 13', uu" = 4°41",
uu" = 6° 9'; und an dem Krystall Fig. 23 uu = 0° 51',
uu" = 2° 21', uu" — 2° 42'. Wie aus der Figur erhellt, sind
die Flächen u bei beiden, und die Fläche u" in Fig. 22 jede
in zwei Theile getheilt, die nach entgegengesetzten Richtungen
sich neigen, aus der Zone Z?, C, u divergirend, und geben in 22
eine hervorspringende und eine zweite einspringende Pyramide,
während sie in 23 blos die erste geben. Indessen ist ihre Di-
vergenz aus der Zone B, C, u so schwach, dass die von dem
links geneigten Theil reflektirten Bilder nur sehr wenig von denen
des rechts geneigten abweichen.
Saurer weinsteinsaurer Strontian. (Zweigliedrig.)
SrO + 2C8H501' +HO.*)
Durch die Verbindung der Weinsteinsäure mit Strontian
entstehen mehrere saure Salze , die sich leicht durch ihre
zweigliedrigen , zwei- und eingliedrigen und eingliedrigen For-
men unterscheiden lassen. Keines derselben habe ich jedoch in
chemischen Werken angeführt gefunden. Die zwei- und einglie-
drigen Krystalle zeigen Polyedrie nach einer Zone, und werden
im zweiten Abschnitt besprochen werden. Die zweigliedrige
Verbindung (Fig. 24) lässt Polyedrie auf der Fläche B erkennen,
auf welcher zwei Flächen n, n unter einem sehr stumpfen Win-
kel in einer Kante zusammenstossen , welche schief von rechts
*) Berechnet 15,12 pCt., gef. 15,3 pCt. Wasser.
3*
36
nach links herabgeht. Am hinteren Theile des Krystalls befin-
den sieh zwei ebensolche Flächen, deren Kante in der Richtung
der punktirten Linie liegt. Diese Erscheinung liess sich erwar-
ten , da die Tartrate bekanntlich ihre Eigentümlichkeiten in
hemiedrischen Flächen haben. Das Bemerkenswerthe des vor-
liegenden Falls besteht nun darin, dass die Polyedrie der Flächen
B unabänderlich dem Gesetz der eigenthümlichen Hemiedrie der
Tartrate folgt, indem stets, wie die Zeichnung andeutet, eine
Fläche n oben links und die andere unten rechts liegt.
Gewöhnlich fehlt es den Flächen dieses Salzes an Glanz,
und deshalb sind genaue Messungen sehr schwer. An 7 der
besten Krystalle fand ich nri = 1° 56', 2° 26', 2° 36', 2° 36',
2° 38', 2° 47', 3° 29'. Um einen genauen Begriff von den Lagen
zu erhalten, welche die nämlichen Flächen annehmen können,
wäre es nöthig gewesen, ihre Neigung gegen andere Flächen,
insbesondere gegen Ä zu messen ; ich würde dies gethan haben,
wenn die Flächen gleich den e und nicht gewöhnlich jede
in zwei oder mehre Flächen getheilt wären, welche viele mehr
oder minder glänzende Bilder geben, die, wenn man irgend eines
wählen wollte, Resultate ohne besonderen Werth geben würden.
Einer der beiden Krystalle, an denen nnr = 2° 36' war, bot
den seltenen Fall, dass A nur ein einziges Bild gab, und an ihm
war An = 90° 19', An' = 89° 30'.
Harmotom und ähnliche Mineralien.
Der Harmotom verdient eine ausführlichere Betrachtung,
weil ihm eine ausgezeichnete Polyedrie niemals fehlt, weil die
Verrückung der Flächen sehr stark, und je nach der Art der-
selben verschieden ist. Zuvörderst werde ich jedoch auf sein
Krystallsystem näher eingehen, eine etwas schwierige Frage,
wobei ich von den gewöhnlichen Anschauungen wesentlich . ab-
weichende hervorheben muss.
Haüy*) nahm an, der Harmotom krystallisire viergliedrig,
in Quadratoktaedern (Fig. 25 bis 27), an denen ss' = 121° 58'.
Da nur zwei von den Endkanten durch die Flächen r abgestumpft
sind, sah er darin eine Ausnahme von dem Symmetriegesetz der
Krystalle. Von der kreuzförmigen Abänderung sagt er blos, dass
zwei breite Krystalle sich rechtwinklig durchwachsen, so dass
*) Tratte I. Edit. III. 191. (1801.; //. Edit. III. 142. (1822.)
;
37
ihre Axen zusammenfallen. In der zweiten Auflage seines Wer-
kes, worin er seine Ansichten über die einfachen Harmotomkry-
stalle mit den Flächen r weiter entwickelt, sagt er: „Cette Va-
riete (der scheinbar einfachen Krystalle) est composee comme la
prccedente de deux cristaux dodecaedres, mais qui paraissent
se penetrer de maniere, que Vun ne forme qiüune legere sail-
lie au-dessus de Vautre. De plus , ce dernier a deux des
aretes de son sommet remplacees par des facettes qui manquent
sur les deux autres, ce qui offre une exception au moins appa-
rente a la loi de symetrie. Je dis apparente, parceque Von
peut supposer, que les molecules, destines a produire un second
crystal dans le mime espace, ou s'est forme le premier, ont
infiue comme par une force perturbatrice sur V attraction des
molecules de celui-ci, de maniere a rendre nulle une loi de
decroissement, qui sans cela aurait eu lieu. Vaffinite riayant
pas joue ici de toute sa liberte, ria pas non plus produit com-
pleteme?it son effet."
Ich weiss nicht, wer zuerst die Meinung ausgesprochen hat.
dass der Harmotom zweigliedrig krystallisire*), indess ist dies die
einstimmig angenommene Meinung der Mineralogen, und von der
kreuzförmigen Abänderung nimmt man an, dass sie aus der Ver-
wachsung von vier, nicht von zwei Krystallen entstehe, und
dass die Zwillingsflächen denen eines rhombischen Prismas von
91° 46' entsprechen.
Die sicherste Entscheidung für das Krystallsystem des Har-
motoms würde aus genauen Winkelraessungen hervorgehen, ist
aber nicht möglich, weil sämmtliche Flächen mehre Bilder reflek-
tiren. Andere Beweise Hessen sich aus der Symmetrie oder aus
gewissen Zufälligkeiten einzelner Theile des Krystalls entnehmen,
und in dieser Hinsicht verdienen zwei Umstände besondere Be-
achtung. Einen finden wir an den Flächen r (Fig. 27), welche
blos zwei abwechselnde Kanten des Oktaeders s abstumpfen, und
in der Streifung des letzteren, welche lediglich der Kante mit r
parallel geht. Den anderen Umstand finden wir an den zwil-
lingsartig erscheinenden (Fig. 25, 26), und zwar in der Art,
wie die Fläche s des einen Krystalls mit /' des anderen zu-
sammenstösst. Was zunächst das Vorkommen von r betrifft, so
ist es nach den bisherigen Ansichten in der Krystallographie
*) [Phillips und Naumann. R.]
38
klar, dass man durch sie auf das zweigliedrige System für den
Harmotom geführt wird. Und wie scharfsinnig auch Hauy's
Erklärung ist, so scheint sie mir doch nicht so gewichtig, um
einem solchen Schluss gegenüber bestehen zu können. Hinsicht-
lich des Zusammenstossens der Flächen s und /' bei den gekreuz-
ten Krystallen müssen wir bemerken, dass, wenn sie ganz eben
wären und Quadratoktaedern angehörten, sie genau in eine Ebene
fallen müssten ; wenn sie aber ßhombenoktäeder wären, entweder
einen ausspringenden oder einen einspringenden Winkel bilden
würden. Einen ausspringenden, wenn z. B. am Krystall B
(Fig. 26) die horizontale Axe, welche die Richtung aB hat, und
welche wir b nennen wollen, kleiner wäre als die andere Hori-
zontalaxe (c); und ebenso an den anderen drei Krystallen B\
B'\ B'". Ein einspringender Winkel würde im Gegentheil ent-
stehen, wenn die erste Axe grösser als die zweite wäre. Wenn
man die Art des Zusammenstossens der Flächen s und s" genauer
untersucht, so bemerkt man, dass sie, wegen Polyedrie nicht voll-
kommen eben, nach unten zu einen ausspringenden, nach oben,
d. h. nach d#r Endecke hin, einen einspringenden Winkel bilden.
Diese beiden entgegengesetzten Erscheinungen lassen vermuthen,
dass die normale Lage beider Flächen in der Mitte zwischen den
zwei entgegengesetzten Richtungen der Polyedrie zu suchen sei,
und dass, wenn letztere nicht stattfände, die Flächen s und s"
sich in einer Ebene treffen, die Krystalle viergliedrig sein würden*).
Wir werden sogleich sehen, wie sich dieser Schluss mit der eigen-
thümlichen Symmetrie zweigliedriger Krystalle, die sich durch
die Gegenwart der Flächen r ausspricht, in Einklang bringen lässt.
Die neueren Mineralogen betrachten, wie schon gesagt, die
kreuzförmigen Krystalle als eine Verwachsung von vier Indivi-
duen, deren Zwillingsflächen die Seitenflächen eines rhombischen
Prismas von 91° 46' wären. Diese Ansicht scheint mir den
Thatsachen zu widersprechen. Wäre der Krystall B (Fig. 26)
in dieser Weise mit B" verwachsen, so müsste die Projektion von
aB und aB" keinen rechten, sondern einen Winkel von 88° 14'
*) Wenn man den Harmotom zweigliedrig nimmt, und die vertikale
Axe mit a, die horizontale in der Richtung aB mit b, und die dritte
auf jener senkrechte mit c bezeichnet, so würde der ausspringende Win-
kel ss" beweisen, dass b kleiner als c ist, der einspringende hingegen
das Umgekehrte. Zum mindesten dürfen wir also sagen: wir wissen
nicht, ob b grösser oder kleiner ist als' c.
39
geben. Dasselbe würde bei dem Verwachsen von Bf und B'f
hinsichtlich des Winkels B' ah" stattfinden, und die beiden Pro-
jektionen a B, a Br könnten nicht in eine gerade Linie fallen,
sondern würden unter 176° 28' zusammenstossen, eine Abwei-
chung, die sich doch wohl schon beim blossen Anblick würde
wahrnehmen lassen, was aber durchaus nicht der Fall ist. Wäre
der vierte Krystall B"r in derselben Art mit B' verwachsen, so
würde die Neigung der Projektionen aB und aB'" — 94° 38
sein, so sehr abweichend von 90° und von dem anliegenden
Winkel von 88° 14', dass man dies an den Krystallen leicht
sehen könnte.
Man könnte viel naturgemässer annehmen, dass die beiden
Krystalle B und B" nach einer Fläche des erwähnten hypothe-
tischen Prismas verwachsen wären, und sich ausgedehnt und
durchdrungen hätten, der erste in B\ der zweite in B" ' . So
würden die Schwierigkeiten zum grossen Theil fortfallen, welche
die Hypothese von vier Individuen mit sich führt, da es nicht
leicht ist, beim blossen Ansehen der Krystalle den Unterschied
zwischen dem Winkel BaB" = 88° 14' und Baß'" = 91° 46'
zu sehen. In diesem Fall würden die Neigungen der Flächen
B : B" und B"' : B' = 91° 46', die B : J3" und B' : B" =
88° 46' sein. Gewiss ist es nicht leicht, diese Frage durch Be-
obachtung zu lösen, da alle diese Flächen mehre Bilder geben,
die oft auf der nämlichen Fläche um mehr als 2 Grad differiren.
Doch glaube ich, man kann diesem Uebelstande annähernd be-
gegnen, indem man die Differenz der Winkel des nächsten und
des fernsten Bildes halbirt, und sie dem kleineren Winkel hin-
zurechnet. Dies würde genügen, die Wirkungen der Polyedrie
der Flächen B zu neutralisiren, und würde vollkommen genau
sein, wenn die Abweichungen jeder Fläche genau gleich im
einen wie im entgegengesetzten Sinne wären. An fünf spiegeln-
den Krystallen von Andreasberg erhielt ich nach einer solchen
Eliminirung:
1. 2. 3. 4. 5.
B : B'" = 90° 30' 91° 22' 90° 29' 90° 54' 90° 39'
B : B" = 88 57 90 21 88 40 88 59 90 1
B ': B' = 91 14 89 19 89 51 90 1 89 53
Ä": B' = 89 23 89 32 91 11 90 11 89 45
40
Man bemerkt zunächst, dass die gefundenen Winkel sämmt-
lich grösser als 88° 14' und kleiner als 91° 46' sind, und ferner,
dass an demselben Krystall, während die Winkel grösser und
kleiner als 90 Grad sind, jene nicht mit diesen abwechseln, wie
es bei der angenommenen Zwillingsbildung sein müsste. Daraus
folgt, dass, wenn nicht alle Winkel rechte sind, dies lediglich
von der veränderlichen Polyedrie der Flächen B herrührt. Mit-
hin steht die Annahme der Zwillingsbildung unter der Hypo-
these, der Harmotom sei zweigliedrig, mit den Thatsachen im
Widerspruch.
Nach dem Angeführten, scheint mir, muss man an dem
Harmotom die physikalischen und die geometrischen Eigenschaften
unterscheiden, die einen getrennt von den anderen, und jene nicht
ganz und gar abhängig von diesen. Was die geometrischen be-
trifft, so nehme ich für jetzt an, dass die Krystalle viergliedrig
sind, und dass die auf den parallelen Flächen B und B' senk-
rechte Axe gleich sei dec anderen, die senkrecht steht auf ß und
der gegenüberliegenden parallelen Fläche (Fig. 27). Indessen
sind die physikalischen Eigenschaften von B und ß verschieden,
weil die Polyedrie beider merklich verschieden ist. Dieser Fall
scheint mir nicht wesentlich verschieden von dem beim Boracit
bekannten , wo von den acht Ecken des Würfels , oder , was
dasselbe ist, von den acht Flächen des Oktaeders vier in physi-
kalischer Hinsicht verschieden sind von den übrigen , obwohl
alle in geometrischer Beziehung gleich sind. Die Krystalle eines
Körpers können uns bisweilen einzelne geometrisch gleiche Theile
mit physikalischer Verschiedenheit zeigen, während in anderen
Fällen geometrische Gleichkeit mit physikalischer Aehnlichkeit
verbunden ist. So haben am salpetersauren Baryt je nach der
Art wie die Krystalle sich bilden, alle 8 Oktaederflächen zu-
weilen gleiche physikalische Beschaffenheit, zuweilen die ab-
wechselnden eine ungleiche. Am Phillipsit von M. Somma und
von ~ Acireale (Fig. 28), welcher in vieler Hinsicht dem
Harmotom nahe steht, ist keine sichtliche Verschiedenheit zwi-
schen B und B" vorhanden , er zeigt die Symmetrie des vier-
gliedrigen Systems; es sind keine Zwillinge, weil ohne irgend
welche Verschiedenheit zwischen B und ß (Fig. 27) keine Har-
motom-ähnliche Verwachsung stattfinden kann. Dies reicht hin,
um meine Ansicht über den Harmotom zu erklären; ähnliche
41
Fälle werden wir weiterhin beim schwefelsauren Kali und sauren
traubensauren Natron wiederfinden.
Hier müssen aber noch zwei Fragen ihre Erledigung finden.
Zunächst bleibt zu untersuchen, ob die Endkantenwinkel des
Quadratoktaeders vom Harmotom ss* (Fig. 25) genau = 120 Grad
sind, in welchem Fall auch sB = 120 Grad wäre, und die For-
men der Fig. 25 und 28 geometrisch dem Granatoeder gleich,
und nur physikalisch davon verschieden wären. Fürs zweite
müsste man wissen, ob Harmotom, Phillipsit, Gismondin u. s. w.
Varietäten oder verschiedene Species sind.
Hinsichtlich der ersten Frage, die nicht leicht zu beant-
worten, und für die Entwicklung unserer Aufgabe nicht wesent-
lich ist, begnügen wir uns ohne in weitere Discussionen einzu-
gehen damit, im Verlauf dieses Artikels einige Thatsachen zu
ihrer Aufklärung beizubringen. Da man, was die zweite Frage
betrifft , die krystallographische Aehnlichkeit der genannten
Mineralien nicht läugnen kaDn, wollen wir die Polyedrie der ein-
zelnen prüfen, in der Erwartung, dass künftige Analysen reiner
Krystalle die Beziehungen aufklären werden, die zwischen ihrer
Zusammensetzung und ihren krystallographischen Eigentümlich-
keiten bestehen.
Gehen wir nun zu den Erscheinungen der Polyedrie am
Harmotom über, so müssen wir zwei Formen der Krystalle unter-
scheiden. Die eine häufigere ist die kreuzförmige (Fig. 25 u. 26),
welche nahezu identische Charaktere zeigt (Andreasberg, Ober-
stein, Kongsberg) ; die andere (Fig. 27) ist die anscheinend
zweigliedrige (Strontian). An der ersten treten die Flächen B,
ß und s auf, und an der Spitze der Pyramide oft, doch meist
sehr klein, die Flächen r. Die Flächen B sind gestreift parallel
den Kanten s B, s" B'\ und in vier Flächen rc, », ri\ n" ge-
theilt, die unter sich eine mehr oder minder hervortretende Py-
ramide bilden. Nicht selten bemerkt man statt einer zwei oder
mehrere Pyramiden, welche in ihren Endkanten stets genau die-
selbe Richtung haben. Die Flächen ß sind rauh oder schwach
gestreift in horizontaler Richtung und einigermaassen polyedrisch
im Sinne der Zone, deren Ebene durch die Hauptaxe senkrecht
auf ß steht. Die Flächen s sind gleich den B nach den Kanten
sB gestreift, und ihre Polyedrie folgt, wie die davon abhängige
Streifung lehrt, den beiden entgegengesetzten Richtungen der
Zonen, deren Ebenen senkrecht auf den Kanten s B stehen. In-
42
dem also die beiden Flächen j, /' aus ihrer normalen Lage in
zwei entgegengesetzte Richtungen der nämlichen Zone heraus-
treten, bilden sie bei ihrem Zusammentreffen einerseits einen sehr
stumpfen ausspringenden, andererseits nach der Spitze hin einen
einspringenden Winkel. Man bemerke, dass jede Fläche s, da
wo sie an B und ß stösst„ nur in der Zone s und ff polyedrisch
wird, gleichsam als ob B und ß, obwohl geometrisch gleich, jede
die Art und Weise einer Kraft andeuteten, die ganz verschieden
von der anderen wäre.
Unter den Krystallen von Strontian verdienen zwei Sub-
varietäten unterschieden zu werden, die eine in grossen wenig
durchscheinenden Krystallen, die mit der Basis oder wenigstens
mit einem Theil nahe der Basis aufgewachsen sind, und deren
Form Figur 27 darstellt. Hier ist die obere Fläche in drei
Theile r, r\ r" getheilt, aus deren Mitte ein kleiner Krystall
x sich erhebt, der genau die Lage hat, wie B" in Bezug auf
BBr in den Fig. 25 und 26. An etwa zwanzig mir vorliegen-
den Krystallen finde ich diese Erscheinung, wenn auch oft x im
Verhältniss zum Krystall kleiner ist als nach der Zeichnung.
Dies reicht hin, um einzusehen, dass hier wesentlich dieselben
Bedingungen wie bei den kreuzförmigen Krystallen herrschen.
Die Fläche r fand ich, wenn eine Beobachtung möglich war,
nach unten zu ziemlich breit, ohne irgend welche Theilung, und
frei von der Hervorragung x. Die zweite Sabvarietät in kleinen
durchscheinenden Krystallen (Morvenit Thomson), die mit einer
Fläche B oder zunächst einer solchen aufgewachsen sind, zeigt
niemals die Hervorragung x, während auch bei ihr die r mehr
oder minder deutlich in drei Theile getheilt sind. Ich habe mich
bemüht, den Grund der Verschiedenheit dieser beiden Arten zu
erfahren, die neben einander vorkommen, und da ich den er-
wähnten Unterschied an dem Theile fand, mit welchem die Kry-
stalle aufgewachsen sind, so neige ich mich zu der Vermuthung,
dass die Verschiedenheit gerade auf der verschiedenen Art der
Anheftung bei ihrer Entstehung beruht, je nachdem dieselben
zunächst dem Endpunkt der Axe a oder dem einer Axe b er-
folgte. Ich könnte noch manche Beobachtungen zu Gunsten
dieser Ansicht beifügen, wenn ich nicht glaubte, dass sie noch
mehr Untersuchungen erforderte. Inzwischen scheint die Bemer-
kung von Interesse, dass ich noch keinen Krystall gefunden habe,
der mit einer Fläche ß aufgewachsen wäre.
43
An den Krystallen des Morvenits sind die Flächen B in
vier Facetten n getheilt, wie bei den kreuzförmigen von Andreas-
berg. In der folgenden Tafel finden sich unter Nr. 1 u. 2 die
Messungen zweier glänzender Krystalle, bei denen jede Facette
n nur ein Bild gab, während Nr. 3 einen der besseren Krystalle
von Andreasberg betrifft, wo die Facetten n mehrere Bilder re-
flektirten, deren Mittelwerth angeführt ist.
7171 7171 7171 7171 7171 71 71
Nr. 1. 2° 1' 1° 51' 1° 4' 1°36' iö 29' 1° 3'
- 2. 1 48 1 51' 0 53 1 4 1 10 0 58
- 3. 1 33 1 30 1 27 1 5 1 33 1 12
An den grossen Krystallen von Strontian fand ich immer,
dass auf jeder Fläche B viele Pyramiden nahezu in der Art wie
die auf den Würfelflächen des Analcims (Fig. 16) liegen. Alle
Pyramiden der nämlichen Fläche treten nicht gleich stark hervor.
Indem ich blos die deutlicheren Bilder auswählte, und deren
Abstände im Sinne von nn'" und Tin" für jede Fläche B und
ß' (Fig. 25) maass, fand ich an zwei der besseren Krystalle:
1.
71 71
7171'" B' n'n"
1°
12'
0° 46'
1°
2'
0° 57'
2
13
1 51
3 4
3
7
3 11
3 55
4
18
4 3
4 48
2.
nn B n'n"
nn
B nn
0°
35'
1° 27'
1°
3'
1° 28'
0
56
2 7
1
53
1 51
2
29
2 40
2
42
2 14
3
12
3 21
3
17
4
3
3 47
3
39
Was die Flächen ß betrifft, welche die Polyedrie nur in der
Richtung einer einzigen Zone zeigen, so geben sie viel grössere
Differenzen als B. Meist habe ich sehr viele Bilder von ver-
44
1° 15'
2° 38'
4
o 9>
6°
29'
7° 14' 8°
9'
1 K-
3 42
5 13
6
11
7
37
j ß -
1 22
2 19
4
29
6
27
7 56 9
8
2 2
1.
4 50
6
15
7
41
9 26 10
2.
35
/
/
/'
s
/ /
r
5° 29'
1°40'
3°31'
0°
21'
0°
37' 1° 3'
1°2'
6 31
2 13
4 22
1
35
0
56 1 53
2 6
8 1
5 31
9 12
1
35
1
20 2 42
6 38
9 28
8 58
9 54
9 56
10 27
5
3
3 39
7 27
821
schiedener Helligkeit erhalten, und die Entfernung der äussersten
derselben kommt öfter 10 Grad nahe. Ganz ebenso sind die
Variationen der Flächen und im Folgenden finden sich blos
die Messungen aus deutlicheren Bildern, die von ß und s der-
selben beiden Krystalle von Strontian erhalten wurden, deren
Abweichungen in B ich zuvor mittheilte.
s
0°46'
1 33
4 58
9 35
Auf den Flächen r ist die Theilung in drei Theile deut-
lich, aber zwei derselben, r und r', weichen in entgegengesetzten
Richtungen der nämlichen Zone ab, jeder Theil hat mir immer
viele Bilder gegeben, und die Entfernungen zwischen den äusser-
sten Bildern von r waren oft grösser als der Abstand des letzten
Bildes von r und des nächsten von r\ so dass ich es vorziehe,
keinen Unterschied zwischen ihnen zu machen. Bisweilen fehlt
sogar eine von ihnen ganz, während die Fläche durch eine schiefe
Linie in zwei Dreiecke getheilt erscheint. Auch die dritte Fa-
cette pflegt mehrere Bilder zu geben, jedoch weniger als die
beiden anderen, und wenn man sie unter massiger Vergrösserung
genau betrachtet, so sieht man sie von breiten Quer-Furchen,
mit einem der Länge nach concaven Boden ausgehöhlt. Durch
die Facette r" erkennt man eine andere Abweichung der Fläche,
welche die Kante s/: abstumpft, in der Richtung der Zone r" ß,
mit der Eigentümlichkeit, dass die Abweichung, wenn man von
der Kante ssr ausgeht, bisweilen blos im Sinne von ß, nicht aber
im entgegengesetzten stattfindet. Folgendes sind die Winkel
nach den deutlichsten Bildern von rr in der Richtung der Zone
f , r, /, und die von r" in der Richtung r" ß an zwei Krystallen
von Strontian :
45
f
1. r/=l°2', 8°19', 10°6', 13°1' ^=^lf, 2°32'
2. =0 27 =1 8, 4 Ii, 5° 0', 6°36'.
Ich läugne nicht, dass die Thatsachen, welche die Polyedrie
des Harmotoms bezeugen, schon längst die Aufmerksamkeit er-
regt haben, allein niemand hat meines Wissens die veränderliche
Lage oder die Polyedrie seiner Flächen geahnt. Bei Phillips*)
ist die Pyramide n (Fig. 25) abgebildet, und für nri und nri'
^derWinkel von 177° 28' angegeben. Auf der Kante r s sind nur
zwei Facetten gezeichnet, die x und x sein würden, und rx =
171° 4', rx = 151° 35', rs == 149° 32' angeführt. Man
sieht hieraus, dass sich x in einer der möglichen Lagen von r,
und x in einer der Lagen befindet, welche s einzunehmen pflegt.
Auch Descloizeaux**) erwähnt am Morvenit einer Pyramide
auf ß, woran nri = 178° 28'.
Die übrigen Mineralien, welche die Form des Harmotoms
haben, obwohl nicht immer dieselbe Art der Polyedrie, zeigen,
wie die verschiedene Zusammensetzung und die Verschiedenheit
ihrer Bildungsweise auf letztere einwirkt. In Betreff dieser
Mineralien sind die Ansichten getheilt, und die bisherigen Ana-
lysen ergeben Abweichungen vom Harmotom in der Art und den
Verhältnissen ihrer Bestandtheile. Die Namen Phillipsit, Gis-
mondin, Abracit, Zeagonit, Christianit werden zu ihrer Bezeich-
nung in verschiedenem Sinne benutzt, oder man nennt sie Kalk-
harmotom. Ich will indessen alle Erörterungen über die wesent-
lichen Unterschiede dieser Körper vermeiden, da ich bis jetzt
kein sicheres Urtheil über ihre Verschiedenheit habe, und nur
ihre Polyedrie untersuchen, mit Hinzufügung einiger bisher nicht
beschriebener, die ich ihrer Form gemäss unterscheiden werde.
Zuvörderst der Phillipsit, dessen gewöhnliche Form
Fig. 28 darstellt. Je nach dem Fundort habe ich an den Kry-
.stallen gewisse Unterschiede gefunden. Die von Annerode bei
Giessen sind sehr klein, die Flächen R sehr glänzend, ohne
Anschein von Polyedrie, während die s trübe sind, ohne dass
man eine Streifung wahrnehmen könnte. Die von Stempel bei
Marburg zeigen blos die Flächen B ziemlich glänzend, mit der
Theilung in vier Facetten n (Fig. 25), jedoch wenig deutlich.
*) An ehm. introd. to Min. IV. Ed. p. 44.
**) Ann. d. Mines IV. Ser. IX. 339.
46
Häufiger und bemerkenswert!) er sind die Verrückungen von B c
im Sinne der Zone, deren Ebene durch die Hauptaxe a senkrecht (
auf derselben Fläche ii steht. Die Wirkungen solcher Verrückung g
äussern sich in einer der gewöhnlichen entgegengesetzten Weise,
indem sie in der Mitte von B eine horizontale Vertiefung anstatt
einer Hervorragung zu Wege bringen. Dies rührt daher, dass i
von den beiden Enden des Krystalls andere Krystalle ausgehen, I
welche in seiner Mitte convergiren. Die Flächen s sind in zwei [
Theile geschieden, deren jeder durch die Richtung der Streifen j
und die Art der Polyedrie einer der entsprechenden Flächen /
beim Harmotom (Fig. 25) ähnlich ist. Somit weichen die Kry- t
stalle von Stempel nicht weiter von den kreuzförmigen des Har-
motoms ab als durch den Mangel der einspringenden Winkel i
der Flächen ß (Fig. 26). Indessen sind die beiden Theile der
rhombischen Facette s (Fig. 28) nicht immer scharf getheilt
nach der längeren Diagonale, und die Streifen des einen Theils
wiederholen sich zuweilen auf dem anderen. Oft habe ich die
Kanten Bs durch eine Fläche v abgestumpft gesehen, welche \
das Zeichen 221 hat, und bisweilen schwache Zeichen von Poly-
edrie nach der Zone Bs darbietet. Die Krystalle von Marburg
vereinigen sich oft zu halbkugeligen Gruppen mit strahliger i
Textur und von losem Zusammenhang, was mir eine Folge der
Art ihrer Polyedrie im Sinne der vertikalen Zone zu sein scheint. ,
Die wenigen Krystalle von Palagonia auf Sicilien, die ich
untersuchen konnte, zeigen B und s glänzend mit schwachen
Zeichen von Polyedrie, und bilden oft ähnliche Gruppen wie die
vorigen.
Am Phillipsit von M. Somma tragen die Flächen B ziem-
lich deutlich Polyedrie an sich, welche der Convergenz nach dem |
Mittelpunkt der Krystalle zum Grunde liegt, so dass oft die j
entgegengesetzten Enden sich ausbreiten, indem sie sich in klei-
nere Krystalle th eilen, wie ein einfacherer Fall in Fig. 29 zeigt, >
wo die Nebenkrystalle, indem sie von dem Hauptkrystall diver-
giren, aus der Vertikalzone heraustreten, in welcher zwei ent- ]
gegengesetzte Flächen B liegen, wie es der Fall sein würde,
wenn sie mit dem Hauptkrystall durch die Facetten n (Fig. 25) i
in Berührung ständen, die nun, anstatt Pyramiden auf B zu bil-
den, einspringende Winkel bilden würden. Diese Ausbreitung
und Theilung an den Enden der vesuvischen Phillipsitkrystalle j
geht bisweilen so weit, dass sie gleichsam als zwei Kügelchen
47
mit rauher Oberfläche erscheinen, oder, wenn der Krystall in dem
Gestein steckt, als halbkugelige Gruppen. Die Flächen s sind
gestreift wie beim Harmotom, meistens etwas convex in der Mitte,
und nie habe ich von ihnen deutliche Bilder erhalten können.
Der Phillipsit aus der Nähe Roms (Acqua acetosa) ist
dem vorigen ähnlich , mit dem geringen Unterschied , dass die
Divergenz der Nebenkrystalle einfacher und regelmässiger ist.
Er findet sich in Gesellschaft eines anderen später zu erwähnen-
den Minerals.
Nach dem Angeführten unterscheidet sich der Phillipsit vom
Harmotom vorzüglich durch zwei Charaktere. Es sind dies das
Fehlen des einspringenden Winkels der Flächen und deren
Polyedrie, die beim Harmotom den Unterschied von B und ß
hervorruft , und Facetten mit ausspringenden Winkeln zur Folge
hat, während sie beim Phillipsit solche mit einspringenden Win-
keln erzeugt, und für alle vier Seitenflächen des Prismas dieselbe
ist. Diese Unterschiede sind übrigens weder von grossem Be-
lang noch beständig; viele Mineralogen erwähnen des einsprin-
genden Winkels von ß beim Phillipsit, und ich habe ein Exem-
plar aus Nidda in Hessen vor mir , welches mir als Baryt-Har-
motom zukam, in kreuzförmigen Krystallen, zugleich aber von
divergirenden Nebenkrystallen an beiden Enden begleitet. Den
einzelnen Krystallen sind andere als halbkugelige Gruppen an-
gewachsen wie beim Phillipsit, und stecken nebst Chabasit in
kleinen Höhlungen eines Mandelsteins.
Die zweite Art von Kalkharmotom bilden lange, dünne, durch-
scheinende Prismen, von r und s begrenzt (Fig. 30 und 31),.
dergestalt, dass die r in der Mitte unter einspringenden Winkeln
nach den Diagonalen der Basis des Prismas , und unter aus-
springenden parallel den Seiten dieser Basis sich treffen. Ferner
bilden dieselben Flächen r zunächst den Prismenkanten unter
sich ausspringende Winkel in der Richtung der Diagonalen der
Basis , und mit s einspringende parallel den Seiten derselben.
Ich habe diese Abänderung unter den Produkten des M. Somma
und von Rocca di Papa bei Rom immer in ziemlich kleinen
Krystallen gesehen, welche selten 0,5 Millim. gross sind, und
deshalb die etwas verwickelte Art der Endkrystallisation schwer
erkennen lassen. Die Flächen r und s sind gestreift wie beim
Harmotom, und dies genügt zum Beweise, dass sie dieselbe Po-
lyedrie besitzen. Die Flächen ß habe ich , soweit deren Klein-
48
heit eine Beobachtung erlaubt, in drei Theile getheilt gefunden, al
zwei seitliche horizontal gestreifte, und einen mittleren breiteren, -
der wiederum in vertikaler Richtung in mehrere Facetten ge- ^
theilt ist, die nicht genau in einer Ebene liegen. Es scheint c
mithin, dass sie nach zwei Zonen polyedrisch sind; die seitlichen vS
nach einer vertikalen , und der mittlere nach einer horizon- si
talen Zone.
Die dritte Art wird von den meisten Mineralogen als Gis- sl
mondin bezeichnet, und von ihr habe ich viele Krystalle aus
der Umgegend von Rom (Capo di bove, Tre fontane) und einige f
von Homberg (?) in Schlesien untersucht. Gewöhnlich zeigt sie, 1
wenigstens scheint es so, blos die Flächen .?, die mithin ein
Quadratoktaeder bilden (Fig. 32) , und nicht gestreift zu sein
pflegen, wie sie es beim Harmotom sind. Von diesen Krystallen
sind mir zwei Unterarten vorgekommen ; die eine häufigere, be- £
sitzt regellos wellenförmige Flächen, aus deren Mitte andere
Krystalle in verschiedener Lagerung etwas hervortreten, so dass 6
sie stets von einer der Seitenecken b\ b" aus divergiren und l
nach der Mitte der Flächen / convergiren. Indem die Kry-
stalle mit einer Seitenecke aufgewachsen sind , bemerkt man zu- o
nächst den übrigen freien Seitenecken, besonders der jenen gegen- t
überliegenden, mehrfache divergirende Spitzen sowohl in der t
Richtung der Endkanten (z. B. an V) als auch in derjenigen der i
Seitenkanten (z. B. an b").
Noch eigenthümlicher ist die zweite Unterart, von der Fig. 33 n
blos eine Skizze ist , da ein derartiger Krystall sich nicht wohl I
genau wiedergeben lässt. Die Flächen S S' des Quadratoktae- I
ders sind tief und unterbrochen gestreift parallel ihren drei Kan- i
ten , weil sich auf ihnen viele kleine Krystalle in bestimmten s
Stellungen befinden, die oft über die Kanten hervorragen, und I
von den wie beim Phillipsit gestreiften Flächen s begrenzt sind.
In der Figur sind zwei, jedoch in unverhältnissmässiger Grösse ■
angedeutet. Dabei bemerkt man, dass die Fläche b des oberen
mit S des Quadratoktaeders zusammenfällt, s parallel S' ist, wäh-
rend s und j" zweien Flächen parallel sind, welche die vordere
und die rechte Seitenecke des Quadratoktaeders abstumpfen wür- ]
den, /" dagegen parallel S" ist. In ähnlicher Art verhält sich
der untere kleine Krystall. Wenn man sieht, wie beide aus dem
Oktaeder heraustreten, und sich vorstellt, dass der eine auf S,
der andere auf S' aufgewachsen ist, so begreift man leicht, wie
49
aus allen Endkanten solche Nebenkrystalle in ähnlicher Stellung
hervorragen, und „wie die Quadratoktaeder dieser Art von Gis-
mondin äusserlich wenigstens aus vielen kleinen Krystallen von
der Form der Fig. 28 bestehen , die so liegen , dass die vier
Seitenflächen B der einen den Flächen S' $" (Fig. 33) ent-
sprechen , gleichwie die vier Flächen B der anderen den *S, S"'
und deren Parallelen ; so dass die Axen a jener rechtwinklig
stehen auf den a dieser.
Die Facetten s der kleinen Krystalle zeigen Streifung und
Polyedrie wie der Phillipsit, die b sind ohne entschiedene Polye-
drie, und zuweilen scheint es, dass sie gleichen Charakter wie
s haben, gleichsam als wäre zwischen ihnen keine constante Ver-
schiedenheit.
Marionac*), welcher beim Gismondin die Winkel in den
Endkanten M 118° 30' und in den Seitenkanten = 92° 3' an-
nimmt, bemerkt, er habe jene von 117°— 122° und diese von
89° — 93 j° variirend gefunden. Ich habe an einem der besten
Krystalle von Capo di bove s/ = 119° 49' beobachtet.
Der Gismondin von Rom und von Homberg wird von klei-
nen halbkugeligen Aggregaten begleitet, welche auf den ersten
Blick ihm anzugehören scheinen. Bei genauer Betrachtung sieht
man aber dreikantige Ecken hervorragen, welche von zwei spitzen
und einem stumpfen ebenen Winkel umschlossen sind, wie bei
einem stumpfen Rhomboeder. Die Kantenwinkel waren nicht
messbar, erscheinen dem Auge jedoch als nahe 120° und 60°.
Noch andere ähnliche Aggregate begleiten den Gismondin von
Rom, jedoch sind sie grösser und von entschieden strahliger
Textur. Krystallspitzen ragen aus ihnen kaum hervor ; dieselben
sind rektangulär und polyedrisch, und entsprechen vielleicht den
Flächen r des Harmotoms und manchen Phillipsits.
Die vierte Art von Kalkharmotom erscheint (Fig. 34) gleich-
sam als ein Aggregat von Granatoedern mit dem Umriss des
Oktaeders, wenn sie nicht wirklich regulär ist. Sie kommt in
demselben Gestein wie der Phillipsit am M. Somma vor, aber
die Grösse der einzelnen Gruppen übersteigt selten 2 Millim. im
Durchmesser. Es ist nicht leicht , das Gesetz anzugeben , nach
welchem die einzelnen Krystalle dieser Abänderung verwachsen
sind, wenn man nicht annimmt, dass es in der That Granatoeder
*) Ann. Ckim. Phys. III. Ser. XIV. 41.
Zeits. d.d. geol.Ges. XV. 1.
4
50
sind ; ist doch die Form aller Mineralien der Harmotomgruppe
in geometrischer Hinsicht gleichsam das Granatoeder *), welches
zuweilen mit den physikalischen Eigenschaften , oder, wollen wir k
sagen, mit der Symmetrie des regulären Systems, ein andermal
mit derjenigen des viergliederigen oder des zweigliederigen auf-
tritt. Und wenn die Messungen zeigten , dass die Winkel der B
obenerwähnten kleinen rhomboedrischen Krystalle wirklich nahe
120° wären, so würde dies eine dritte Symmetrieform desselben l
Dodekaids, nämlich die rhomboedrische sein. Ich will für jetzt
auf diese Ansicht nicht weiter eingehen, da zu ihrer Begründung
bessere Beweise gehören, als die Auflösung verwickelter Ver-
wachsungen beim Harmotom und den ähnlichen Körpern. Was
die Polyedrie betrifft, so zeichnet sich die vierte Art dadurch L
aus, dass bei ihr die Differenz zwischen den Flächen s und ß
durch die verschiedene Art ihrer Streifung sich nicht findet; fer-
ner sind ihre kleinen rhombischen Facetten undeutlich gestreift,
bald in zwei Reihen wie s (Fig. 28) , bald mit vier Reihen wie
B, und meist sind die Streifen unterbrochen, so dass beide Rich-
tungen schliesslich zusammenstossen.
Die fünfte und letzte Art wird von einigen ziemlich selte-
nen Krystallen des M. Somma gebildet , von gleichem Vorkom-
men wie die vorhergehenden (Fig. 35 und 36). Ihre Form ist
ziemlich abweichend von allen anderen, da das Quadratoktaeder
s fehlt, während die Flächen A und o an ihr allein beobachtet
sind. Die Flächen v haben wir am Phillipsit von Marburg als
Abstumpfung der Kanten Bs gefunden. Indess nähern sich die
Krystalle im Ansehen dem Phillipsit, und der Hauptgrund, der
mich veranlasst, sie hierher zu rechnen, ist die Neigung Br, die
nahe = 125° wie beim Harmotom ist. Ich fand bei drei Mes-
sungen an verschiedenen Krystallen (nach Beseitigung der Wir-
kungen der Polyedrie) 125° i', 125° 32', 125° 56'. Diegröss-
ten Flächen r und B geben deutlich Zeichen von Verrückung,
obwohl man auf ihnen weder Streifen noch sonst etwas findet,
welches auf symmetrische Polyedrie hinweist. Aber in der Nähe
ihrer Combinationskanten erscheint in der Mitte gewöhnlich eine
leichte Vertiefung, so wie andere kleine Ungleichheiten der Ober-
fläche, die eine bestimmte Lage nicht erkennen lassen. Zwei
Parallele, B und 2?', in der Zone B, r, B' untersucht, ergaben
*) [Ein Dodekaid.]
51
verschiedene Bilder, deren entfernteste um 3° 23' und 3° 25'
divergirten , während in der Zone r, v, B die Divergenz der
reflektirten Bilder 4° 21' war. Für die Flächen r habe ich in
der Richtung der ersten Zone den Abstand der Bilder 1° 35'
und 2° 59' gefunden, im Sinne der zweiten 4° 52', und in der
Richtung r, r', v, o' 4° 37' und 3° 58'. In dieser letzteren di-
vergirten die Bilder von d um 1° 1'. Endlich waren in der
Zone o, /?, o' die äussersten von B reflektirten Bilder an vier
Flächen eines Krystalls 1° 3', 1° 18', 1° 26', 1° 44' vonein-
ander entfernt; an einem anderen Krystall waren diese Werthe
für drei Flächen B 2° 27', 2° 32', 3° 41', und an einem drit-
ten , bei dem die Depression auf den Flächen B ihrer ganzen
Länge nach vorhanden war, divergirten die äussersten der vielen
Bilder um 4° 2', 8° 34', 9° 21'. An den Flächen A und v
habe ich keine Polyedrie bemerkt.
Die etwas ausführliche Darstellung der Phänomene der Po-
lyedrie beim Harmotom und den ähnlichen Mineralien zeigt einer-
seits , wie jede Art von Flächen auch ihre besondere Art von
Abweichung hat, und andererseits, wie je nach den Umständen
bei der Bildung der Krystalle oder je nach der chemischen Zu-
sammensetzung nicht blos andere Flächen auftreten, sondern
auch die Charaktere der Polyedrie bei jeder Art derselben ver-
schieden sind.
C hab asit.
Die Rhomboederflächen r des Chabasits, obwohl sie fast
immer mehr als ein Bild geben, lassen für gewöhnlich das Ge-
setz ihrer Abweichung nicht klar erkennen. Oft sind sie parallel
den Endkanten gestreift, wobei die Streifen in der kürzeren Dia-
gonale zusammenstossen ; bei genauer Betrachtung rühren die-
selben von kleinen der Länge nach concaven Flächen her. Hier-
aus dürfte man schliessen, dass die Rhomboederflächen polyedrisch
in der Richtung ihrer beiden Zonen seien, und dass in jeder Zone
die Abweichung von der regelrechten Lage nur in einem Sinne
stattfindet , nämlich nach den Endkanten. So ist es mir wenig-
stens bei vielen Krystallen erschienen, allein wir werden sogleich
sehen , dass die gesammte Polyedrie dieser Flächen weit compli-
cirter ist. Um zu erfahren, wie gross die Verrückung in Bezug
auf die Endkanten sei, habe ich drei der besten Krystalle von
Aussig gewählt , und nenne p die erwähnten concaven Facetten:
4*
52
1.
2.
3.
r p
r p'
r jt> r p'
r p
rp'
1° .18'
1° 2'
1° 10' 1° 8'
1° 24'
1° 14'
2 16
1 36
2 12 2 3
2 19
2 56
9 47
3 33
4 15
3 44
11 51
6 17
6 36
4 2
7 14
Diese Entfernungen lassen glauben, dass mehrere Bilder von
besonderen Arten von Flächen reflektirt sind, oder wenigstens
reflektirt sein können, von Flächen, welche hinsichts des Ver-
hältnisses ihrer Parameter nicht merklich von dem gewöhnlichen
einfachen der Krystalle abweichen. In der That erfordern die
Zeichen 051, 061, 071, 081, 091, wenn wir sie den Facetten
p beilegen, die Werthe rp = 11° 5', 9° 18', 8° l', 7° 2', 6° 16'.
Wir werden in der Folge mehrfach Gelegenheit finden, hierauf
zurückzukommen.
An denselben Krystallen, an welchen keine andere Art der
Abweichung als die beschriebene bemerklich ist, zeigt der untere
Theil der Rhomboederflächen längs der kürzeren Diagonale eine
leichte Erhebung.
Seltener sieht man die Polyedrie der Rhomboederflächen voll- !
ständig und deutlich (Fig. 37). Abgesehen von den einsprin-
• genden Winkeln, die aus dem Wechsel von q und r hervorgehen,
begreift man leicht, dass die Facetten p, p, q, q auf der Rhom-
boederfläche eine sehr stumpfe Pyramide mit dem Winkel q q
bilden , der stumpfer ist als der gegenüberliegende p p. Dies
rührt daher, dass auf der Rhomboederfläche r, während sie nach
zwei Zonenrichtungen abweicht, die Abweichung gegen die End-
kanten hin stärker ist als gegen die Seitenkanten, und dieser
Unterschied entspricht dem zwischen den beiden Arten von Kan-
tenwinkeln. Die erste Abweichung hat zur Folge, dass die Fa-
cetten p, die sie hervorruft, concav sind. Und während die q
bei ihrem Abwechseln mit r alternirend ein- und ausspringende
Winkel bilden, scheint es, dass die p bei ihrem Wechsel mit r
da, wo sie einspringende Winkel bilden müssten , mit derselben
Fläche r zusammenfallen, so dass aus beiden eine kleine concave
Fläche entsteht. Zuweilen habe ich auf einem r viele kleine
Pyramiden gesehen, bei denen der Winkel q q' stets stumpfer als
pp' war (Fig. 38).
53
Bekanntlich sind die Krystalle gewöhnlich Zwillinge. In
der Regel fand ich keine bestimmte Beziehung zwischen ihrer
Polyedrie und der Art ihrer Verwachsung, nur in selteneren
Fällen tritt eine solche deutlich und zwar gerade so wie beim
Flusspath (s. diesen) hervor.
An den Chabasiten von Oberstein, den Färöern etc. pflegt
das erste stumpfere Rhomboeder vorzukommen, dessen Flächen
nach der herrschenden Zone gestreift, und, wie aus dieser Art
,|, von Streifung folgt, polyedrisch im Sinne einer Zone sind. Wir
i , werden im zweiten Theil dieser Abhandlung derartige Fälle wei-
ter untersuchen.
|D Dioptas.
Die Krystalle sind Combinationen eines Rhomboeders A und
des zweiten Prismas e , deren abwechselnde Combinationskanten
Jj selten durch verschiedene Arten hemiedrischer Flächen abge-
stumpft sind. Auf diese bezieht sich die Streifung der A
(Fig. 39), deren jede polyedrisch ist nach der Zone, deren Ebene
senkrecht auf der entsprechenden Kante steht, wobei es scheint,
dass die Abweichung lediglich gegen die Kanten Ae gerichtet
ist. Wenn man die Rhomboeder des Dioptas und Chabasits nach
der Art ihrer Polyedrie vergleicht, so ergiebt sich der Unter-
schied , dass bei letzterem die Abweichung grösser gegen die
Seitenkanten des Rhomboeders ist. In Beziehung hierauf finden
wir beim Chabasit die Abstumpfung der Endkanten (erstes
stumpferes Rhomboeder), beim Dioptas die der Seitenkanten
i (zweites Prisma). Obwohl die mir zugänglichen Krystalle des
letzteren keine hemiedrischen Flächen trugen, fand ich doch, dass
die Flächen A an den der Hemiedrie entsprechenden Kanten
convex erscheinen durch zahlreiche sehr kleine Facetten, die da-
selbst sich anhäufen. Die dort reflektirten Bilder vervielfachen
I sich derart, und entfernen sich von einander zum Theil so sehr,
dass man sie auf bestimmte Flächen von ziemlich einfachen
Werthen zurückführen könnte. Hier haben wir also das gleiche
wie hinsichtlich der p (Fig. 37). An einem Krystall waren die
Abstände der Bilder auf einem ^ 1° 8', 1° 28', 2° 47', 6° 58',
9° 31', 10° 2', 10° 38', 11° 51'; auf einem anderen ^4 in der-
selben Endecke:, 2° 17', 3° 2', 3° 51', 4° 47', 5° 56'. Nimmt
man AÄ = 95° 54' an, und berechnet die Winkel, welche die
Flächen 051", 061~, 07l, 08T, 091, OlOf, Olli erfordern, so hat
m
54
man: 11° 29', 9° 34', 8° 12', 7° 1', 6° 23', 5° 44', 5° 13'.
Aus einem Vergleich dieser und der gemessenen Winkel sieht
man recht deutlich, wie schwer es ist, in solchen Fällen zu ent-
scheiden , ob man es mit besonderen Flächen oder mit Polyedrie
einer benachbarten zu thun habe. Wenn also Kenngott am
Dioptas die Flächen 071 und Olli annimmt, so dürfte dies wahr-
scheinlich nichts weiter als Folge von Polyedrie sein.
Für uns genügt die Beobachtung, dass die Flächen A des
Dioptas ausnehmend polyedrisch sind und ihre Abweichungen in
so naher Beziehung zu seiner Hemiedrie stehen, dass sie gleiche
Ursachen zu haben scheinen.
Die Flächen welche ebenfalls polyedrisch und zwar wahr-
scheinlich in zwei Zonen sind, deren Ebenen senkrecht auf den
Kanten ee und Ae stehen, zeigen dies Verhältniss nicht deutlich
genug, um als Beispiele gewählt werden zu können.
Schwefelsaures Manganoxydul - Kali.
(K S + Mn S) + 2 aq.
Die Krystalle dieses Salzes bilden sich in neutralen Lösun-
gen bei 45 — 520 und gehören zum eingliedrigen System. Fig. 40
zeigt ihre gewöhnliche Form bei einfachen Individuen in einer
Ebene, senkrecht auf die Zone der Durchschnittsflächen. Sie be-
sitzen sehr gute Spaltbarkeit nach eine minder vollkommene
nach iV, welches parallel der Kante AN gestreift ist. Oft sind
es Zwillinge oder Drillinge, deren Zwillingsfläche AT, die Zwillings-
axe zugleich die Zonenaxe JV, Ä ist; seltener verwachsen sie
nach einer Fläche, welche die Kante oo2 abstumpfen würde,
während die Zwillingsaxe senkrecht steht (Fig. 41). Bei diesen
letzteren und den einfachen Krystallen zeigen die Flächen A
und N Polyedrie , die stärker hervortritt als bei den zuerst er-
wähnten Zwillingen. Die Fläche A theilt sich in drei Facetten
a\ d\ deren Lage aus Fig. 40 erhellt. Davon pflegt a" die
kleinste zu sein, und fehlt bei den Zwillingen (Fig. 41) ganz.
Selten habe ich ihre Abweichung von a und d messen können,
und am Krystall No. 1 d'd = 3° 11', a"a = 4° 5' gefunden.
Die Kante dd' ist nicht genau senkrecht auf dö , sondern bildet
rechts einen etwas spitzen Winkel. Die Kante a d ist weder dC
noch dem anderen do parallel, jedoch ist sie an einfachen Kry-
stallen (Fig. 40) der Richtung dö , und an den Zwillingen
(Fig. '41) der dC am nächsten. N zeigt dieselbe Art von Po-
3.
55
lyedrie wie A. Die Abweichungen beider ergeben sich aus fol-
gender Tafel, in welcher No. 1, 2, 9 einfache, die übrigen aber
Zwillingskrystalle wie Fig. 41 betreffen, weshalb durch s und d
das linke und rechte Individuum unterschieden sind. Die Nei-
gungen von a und n gegen B, C und Ö beziehen sich auf den
Theil der Krystalle, an welchem diese Flächen unter sehr stum-
pfen Winkeln zusammenstossen , und den die Figuren nicht im-
mer zeigen.
ad aC dC a B dB
1. 4° 43' 107° 35' 112° 16'
2. 5 19 106 37 413 20
j. 111 27 .107° 47'
d. 112 18 107 26
4. s. 2 11 108 47 110 58 104° 55' 105 31
5. s. 3 2 109 52 112 54
s. 1 26 109 38 111 4
d. 1 17 110 16 111 33
s. 2 55 109 46 112 41
- d. 3 15 108 6 111 21
a o . dö
1. 108° 45' 113° 34'
2. 108 27 113 29
*■!
4. s. 109 57 111 10
5. s. 111 58 114 14
110 30 112 8
s.
7.
d. 112 14 113 27
s.
d.
nB n'B nC . n'C
n n
5. s. 2° 36'
4. s. 2 28
8. d. 119° 0' 120° 20'
9. 4 48 117 35 124° 57' 116 2 120° 54
n o n' o
5. j. 127° 43' 130° 25'
4. s. 129 24 131 57
8. d.
9. 125 58 130 50
56
Um den Werth dieser Messungen besser würdigen zu kön-
nen, bedarf es einer Vergleichung derselben mit den entsprechen-
den Winkeln, theils direkt gefundenen an weniger polyedrischen
Exemplaren , die dann als Basis der Berechnung und zur Cor-
rektion der übrigen dienten, theils durch Rechnung corrigirten.
Die in solcher Art ausgewählten und für die normale Lage von
A und N (Fig. 40) angenommenen sind:
A:B = 106° 44' A : ö = 113° 23' NiC = 119° 0'
A: '&= 111 19 NiB' = 124 34 N i b' = 130 6
Wir müssen nun noch einen Umstand hervorheben, welcher
der Polyedrie dieses Salzes eine erhöhte Bedeutung verleiht. Die
Krystalle sind eingliedrig; wären die Neigungen AB und AC
gleich, so würden B und C gleich werthig , die Krystalle zwei-
und eingliedrig sein. Dass ihr System aber wirklich das ein-
gliedrige ist, wird durch viele andere Erscheinungen bestätigt,
unter denen, mit Hinweglassung der minder wichtigen , die Art
der Zwillingsbildung nach dem zweiten Gesetz (Fig. 41) her-
vorzuheben ist, wo die Flächen 6 des linken Individuums mit
den o des rechten einerseits einen einspringenden, andererseits
einen ausspringenden Winkel bilden, was ebenso von A und N
gilt. Eine weitere Bestätigung liegt in der erwähnten Art der
Polyedrie dieser beiden Flächen, die in keiner Beziehung zu
einem orthoaxen oder dem monoklinen System stehen würde.
Wenn man nun die Neigungen der verschiedenen Facetten be-
trachtet, welche durch Polyedrie von A entstanden sind, d. h.
a und a'g egen B und C, so wird man bei den einzelnen Kry-
stallen finden, dass die Neigungen gegen B von 104° 55' bis
107° 47' variiren, die gegen C von 106° 37' bis 113° 20'.
Dies will sagen, dass während bei normaler Lage der Flächen
(oder wenigstens einer Lage, die wir als solche betrachten zu
dürfen glauben) der Winkel AB kleiner ist als AC\ in den ver-
schiedenen durch Polyedrie entstehenden Lagen von A der Win-
kel AC kleiner als AB werden kann. Hieraus folgt, dass die
Polyedrie bei manchen Krystallen so weit gehen kann, dass ihr
System dadurch gleichsam verhüllt wird.
Alaun.
Die Oktaederflächen des Alauns und die Endfläche des
Turmalins sind polyedrisch in drei Zonen und in einem einzigen
57
Sinne jeder derselben ; hier wie bei den vorigen Beispielen findet
eine genaue Beziehung zwischen der Gestalt einer Fläche, der
Art wie sie von anderen Flächen umgrenzt ist, und der Art
fhrer Polyedrie statt.
Wenn das Oktaeder des Alauns polyedrisch ist, sind seine
Flächen nach Art des Pyramidenoktaeders in drei Facetten ge-
theilt, deren jede nach einer Richtung abweicht, deren Ebene
senkrecht auf die anstossende Kante steht, und im Sinne der
nämlichen Kante. Deshalb hat Guiscardi in seinen „Elemmti
di cristallografia 1851" den Alaun (mit einigem Zweifel) unter
den Substanzen aufgeführt, welche Pyramidenoktaeder zeigen.
Im Januar 1855 erhielt ich aus einer reinen vorsichtig concen-
trirten Auflösung viele grössere und isolirte Krystalle mit dieser
Dreitheilung der Flächen, und fand die Neigung je zweier Fa-
cetten 0° 23', 26', 27', 38', 43', 48'. Aus Auflösungen, die zu-
gleich andere Stoffe enthielten, gewann itfh selten derartige Kry-
stalle, obwohl ihre Flächen oft wellig, fast nie ganz eben, aber
stets undeutlich polyedrisch waren. In anderen Fällen lieferte
eine und dieselbe Flüssigkeit Oktaeder mit und ohne Pyramiden-
flächen, und diese auch wohl nur auf einzelnen Flächen.
Tu rm ali n.
Seine Krystalle behaupten eine vorzügliche Stelle unter den
Beispielen von Ablenkung in einer Zone, an den Prismenflächen
nämlich , wie wir in der Folge sehen werden. Hier handelt es
sich blos um die Endfläche, die bekanntlich am einen Ende glatt,
am anderen rauh ist. Die erstere habe ich polyedrisch gefun-
den, obgleich das Phänomen zu den seltneren gehört. Die Kan-
ten, welche die drei Facetten der Fläche unter sich bilden, ste-
hen senkrecht auf den Combinationskanten der Endfläche mit
dem dreiseitigen Prisma, und ihre Grösse habe ich = 1° 37',
1° 24', 1° 1' gefunden.
Schwefelsaures Kali.
Die Krystalle dieses Salzes sind vortrefflich geeignet für un-
sere Untersuchungen , da sie sehr glänzend sind und zum Theil
ganz besondere Eigentümlichkeit in Bezug auf Polyedrie zeigen.
Die Fig. 42 und 43 stellen die Krystalle in regelmässiger
Form dar, wiewohl sie in der Wirklichkeit nach der senkrechten
Axe mehr verlängert sind , während die scheinbaren Dihexaeder
58
(Fig. 45, 57, 58) nur den Zwillingen, nicht den einfachen Kry-
stallen angehören. Im Folgenden sind die Hauptneigungen nach
den Messungen Mjtscherlich's berechnet, die ich den eigenen
vorgezogen habe, weil die von mir gefundenen kleinen Unter-
schiede eine nothwendige Folge der Polyedrie sind.
Ae
= 150°
12'
Be =
119°
48'
Cm =
123°
39'
Be2
149
48
e2e2=
119
36
Cu2 =
123
49
Ae2
= 120
12
Cn —
143
6
m'"m =
131
8
e"e
= 120
24
Cu. =
143
16
mu2 —
130
42
Bemerkenswerth ist die Annäherung von e e" und e^e \
an 120°*). Bei den Zwillingen ist die Zwillingsfläche gewöhn-
lich die Fläche £, zuweilen et , und man findet alle möglichen
Verwachsungen, theils Zwillinge jeder der beiden Arten für sich,
theils solche, wo in derselben Zwillingsgruppe beide Arten zu-
sammen vorkommen. Beispielsweise ist Fig. 44 eine Zwillings-
gruppe, und Fig. 45 ein Drilling, bei denen die Zwillingsfläche
e ist. Fig. 46 stellt einen Vierling dar, dessen Individuen nach
e% verwachsen sind, Fig. 47 einen Drilling, an welchem beide
Gesetze zugleich verwirklicht sind.
Krystalle, die gleich Fig. 48 und 49 als einfache erscheinen,
sind demnach Zwillinge, wie die Naht BC R'C' beweist, welche
der Fläche e genau parallel rund herum läuft ; in der That sind
es Drillinge, indem zwei Individuen nach zwei parallelen "Flächen
e des dritten mittleren verwachsen, so dass blos jene beiden sich
vergrössern konnten. So erscheinen sie denn zuletzt allein , und
die Axen des einen sind parallel den gleichnamigen des anderen,
während der Mittelkrystall ein dünnes Blättchen geblieben ist.
Diese Art von zweifacher oder versteckter Verwachsung erscheint
am schwefelsauren Kali in complicirter Form, und giebt Anlass
zur Verbinduug von 5 , 7 oder 9 Krystallen zu einer Gruppe,
welche das Ansehen eines einfachen Krystalls hat, während ein
ander Mal diese versteckte Zwillingsbildung mit der deutlichen
nach e oder e% vereinigt ist. Dies ersieht man aus den Fig. 50
bis 53 , in welchen die gestrichelten und punktirten Linien die
den Zwillingsflächen entsprechenden Nähte bezeichnen.
An den bisherigen Beispielen natürlicher oder künstlicher Kry-
stalle haben wir die Erscheinungen der Polyedrie untersucht;
*) Ich fand jenen Winkel = 120° 18', diesen = 119° 42'.
59
ihre Flächen, welche zwei oder mehr Bilder reflektirten , zeigten
die Verrückung schon ohne Hülfe des Goniometers. Gleichwohl
war es nöthig durch genaue Versuche zu ermitteln, ob auch die
glänzendsten Flächen, die gewöhnlich nur ein Bild geben, einer
Aenderung ihrer Lage unterworfen wären. Diese Art der Prü-
fung habe ich auch an den Zwillingen des schwefelsauren Kalis
nicht unterlassen wollen, weil ich zu wissen wünschte, ob die
Zwillingsflächen selbst den Störungen unterworfen sind, welche
die Aussenflächen der fertigen Krystalle zeigen. Bei der Prü-
fung von 6?2, £2, e'\ (Fig. 44 u. 45), die bei den Zwillingen
nach e fast in eine Ebene fallen , ergab sich , dass die Abstände
der beiden Bilder in den verschiedenen Fällen merklich verschie-
den waren. Hieraus folgt, dass wenn die Neigungen e%e^ e\e ^
e\e '2 unveränderlich wären, die unzweifelhafte Verschiedenheit
von e^e* \ (Fig. 44) bei den Zwillingen, und die von e%e\
(Fig 45), von e\e\ und e%e" \ bei den Drillingen ein klarer
Beweis der Polyedrie der Zwillingsebenen wäre. Dieselben Be-
trachtungen finden auf m Anwendung (Fig. 46. 47), wo die
Verwachsnng nach e% erfolgt. Wenn man aus den Messungen
berechnet, wie gross die Abweichung der nämlichen Ebene e2
sein müsste, welche den Individuen einer Zwillingsgruppe nach
e gemeinsam ist, so wie die Abweichungen von m in den
Zwillingen nach £2, so findet man e2e 2 = 0° 48' und mm' =0°
48'. Vorausgesetzt, dass bei den Drillingen nach e der dritte
Krystall mit einem der beiden anderen genau so verwachsen
i sei wie diese unter sich, ergeben sich für die Flächen e% zwei
Divergenzen von 0° 48' mit einem ausspringenden und von
' 0° 25' mit einem einspringenden Winkel. Bekanntlich ist e^e2
= 60° 24' und mm = 131° 8'.
Für die folgende Uebersicht wurden die Messungen mit
i möglichster Sorgfalt angestellt, und dürften die Fehler 5' nicht
übersteigen.
Zwillinge. Zwillingsfläche e (Fig 44).
1. 2. 3. 4. 5. 6.
e2e\ = 0° 17' 0° 31' 0° 39' 0° 54' 0° 56' 1° 3'
etea =60 25 60 20 60 22 60 27 60 24 60 34
e'2e2 = Q0 22 60 27 60 32 60 5 60 26 60 35
60
Drillinge. Zwillingsfläche e. (Fig. 45.)
*2
e\
= 0° 9'
0° 9'
0°
37'
0°
44'
ez
*\
= 1 9
0 39
0
34
0
7
t
e%
e\
= 0 31
0 34
0
18
0
10
ez
e*
= 60 53
60 36
60
31
60
29
e\
e\
m 60 27
60 38
60
22
60
21
e"2
= 60 27
60 17
60
44
60
19
Zwillinge oder Vierlinge. Zwillingsebene e2. (Fig. 46. 47.)
1.
mm —
Ii
mm =
m'm'" m
m/n =131
mW = 131
mm" =131
mnm" = 131
vorn
0° 46'
0
0
7
39 0
3 131
16 131
5 131
18 130
hinten
0° 42'
0 18
16
14
6
3
55
2.
vorn hinten
0°15' 0° 0'
0 42 0 42
0 27 0 28
131 9 131 6
131 24 131 19
131 12 131 4
131 25 130 58
3.
vorn hinten
0° 4' 0°16'
131 16 131 10
131 9 131 25
Diese Zahlen setzen die erste Frage ausser Zweifel, ob näm-
lich die Flächen ei und zw, welche keine sichtbare Polyedrie
zeigen, eine constante Lage haben. Wir finden die gegenseitige
Neigung von ei von 60° 5' bis 60° 53' und die von m von
130° 55' bis 131° 25'. Für diese letzteren ist zu bemerken,
dass bei der Messung des vorderen und entsprechenden hinteren
Winkels an jedem Krystall der Gruppe, der eine meist merklich
verschieden vom anderen ist. Nach diesem mir unerwarteten
Resultat zweifelte ich an der durchaus stabilen Lage von Kry-
stallflächen überhaupt und untersuchte einige Substanzen, die
eine Veränderlichkeit ihrer Form weniger befürchten Hessen. Die
kleinen, höchst glänzenden Krystalle von Spinell gaben bei sorg-
fältiger und wiederholter Messung höchstens Differenzen von einer
Minute zwischen Beobachtung und Rechnung. Daraus schliesse
ich, dass bei diesem Spinell keinerlei Verrückung der Flächen
stattfindet.
Was die zweite Frage nach der Unveränderlichkeit der
Zwillingsebene betrifft, so erscheint ihre Lösung nicht so klar,
weil die für die Abweichungen e% und mm' gefundenen Unter-
schiede ebensowohl von den Ablenkungen der Zwillingsebenen
61
als von denen der -Flächen ei und m herrühren können. Und
da die letzteren wirklich stattfinden, so fehlt die Nöthigung zur
Annahme jener. Diese Frage würde von keinem Interesse sein,
wenn die Krystalle erst dann verwüchsen, wenn ihre Grösse für
das Auge sichtbar wäre, weil alsdann die Zwillingsebenen eben
dieselben Flächen sein würden, deren Veränderlichkeit sich er-
wiesen hat, und also folgen würde, dass auch sie veränderlich
sind. Aber die Verwachsung der Krystalle, welche eine Bewe-
gung des einen gegen den anderen um 180 Grad erfordert*), ist
eine Erscheinung, die zu denjenigen Kraftwirkungen gehört, die
sich an für unsere Sinne unfassbaren Theilchen und in unmess-
baren Entfernungen vollziehen. Wenigstens hat die direkte Be-
obachtung noch nicht erwiesen, dass beim Verwachsen zweier
Krystalle beide sichtbar seien. Daraus folgt, dass die Veränder-
lichkeit der Zwillingsebene gleichbedeutend ist mit derjenigen der
Krystallflächen in ihrem ursprünglichen Zustande. Dies ist der
Grund, weshalb ich der Frage grössere Wichtigkeit beilege, als
Mancher ihr beilegen möchte, und da ich sie für jetzt nicht zu
lösen vermag, will ich einige weitere Betrachtungen hinzufügen,
welche später zu ihrer Lösung mit beitragen dürften. Wenn wir
zuvörderst die Neigung e2ez veränderlich gefunden haben, so
wissen wir nicht, ob die an verschiedenen Krystallen gefundene
Differenz als durch die Neigung jeder Eläche e2 gegen die Axe
a jedes Krystalls genau getheilt anzusehen sei. Wenn sich eine
solche (nicht wahrscheinliche) gleiche Theilung nachweisen Hesse,
*) Ich habe mich dieses Ausdrucks für die Zwillingserscheinungen
bedient, indem ich so das bezeichne, was an den Zwillingen sichtbar ist,
und dem Sprachgebrauch der Krystallographen dabei folge. Aber hin-
sichts gewisser Thatsachen und Betrachtungen meine ich nicht, dass eine
gewisse Kreisbewegung stattgefunden habe. Indem ich die Krystalle als
Aggregate undurchdringlicher und mit anziehenden Kräften in verschie-
denen Richtungen begabter Moleküle ansehe, glaube ich, dass diese rich-
tenden Kräfte nicht vor ihrer Vereinigung existiren, sondern sich erst
während derselben äussern, und dass die Lage solcher Kraftrichtungen in
den Molekülen von demjenigen Theil jedes Moleküls abhängt, welcher
mit dem anderen in Berührung tritt. Hiernach besteht der Unterschied
zwischen einfachen und Zwillingskrystallen darin, dass bei den Molekülen
der ersteren die Richtungen der anziehenden Kräfte einander parallel
gehen, und bei denen der letzteren sich im Beginn des Verwachsens in
Richtungen gewendet haben, welche in den verschiedenen Molekülen nicht
parallel, sondern nach bestimmten Gesetzen zu einander geneigt laufen.
62
so würden die Winkelmessungen der beiden ersten Tafeln ge-
nügen, die Veränderlichkeit der Zwillingsebenen zu beweisen.
Ferner möchte ich in Bezug auf die Drillinge (Fig. 45) bemerken,
dass, die Hypothese der Unveränderlichkeit jener Ebenen voraus-
gesetzt, drei Krystalle nach den Flächen e nicht genau verwach-
sen können, ausser in dem einen Fall, wenn die Neigung ee"
(Fig. 43) genau 120 Grad wäre. Nach den mitgetheilten Mes-
sungen ist dieselbe — 120° 24'; es bleibt also nach dem Ver-
wachsen zweier Krystalle noch ein Raum von 119° 12', in wel-
chem das dritte Individuum mithin nicht Platz findet. In der
Drillingsgruppe (Fig. 45) sind x Cx und x C x" die Winkel
von 120' 24' der Individuen A und A1 ' ; der für A" übrigblei-
bende Raum x Cx" entspricht dem Winkel 119° 12'. Bei der-
artigen Drillingen des schwefelsauren Kalis hat man also anzu-
nehmen, entweder dass im Moment der Verwachsung alle drei
Neigungen ee" == 120 Grad gewesen seien, oder dass an einem
der drei Berührungspunkte Cx, Cx, Cx" keine vollkommene
Aneinanderwachsung stattgefunden habe. Unter dieser Annahme
müssten die Flächen e, welche nicht aufeinander fielen, einen
Winkel von 1° 12' bilden, und da nun die genaue Berührung
der e nicht stattfindet, müssten die entsprechenden £2, wie wir
gesehen haben, einen einspringenden Winkel von 0° 24' machen.
Wenn man annimmt, dass in jener Gruppe nach dem Verwachsen
von A und A' das dritte Individuum A" sich mit A unter genauer Be-
rührung in Cx vereinigt habe, so wird das andere e von A" mit dem
e von A' einen Winkel von 1 0 12' in C x" bilden, dessen Spitzegegen
x" gerichtet ist, und die Fläche e 2 wird mit e" % den einspringenden
Winkel von 0° 24' bilden. Bei allen Drillingen des Salzes
habe ich die Winkel. et e\, e<l e" 2 und e' 2 e\ stets ausspringend
gefunden. Allerdings könnte die veränderliche Lage der e2 den
sehr stumpfen einspringenden Winkel in einen ausspringenden
verwandelt haben, aber die nämliche Ursache hätte auch aus
den ausspringenden Winkeln einspringende machen können, die
einspringenden aber minder stumpf, wovon sich nichts gezeigt
hat. Muss man nun wohl voraussetzen, dass die einzelnen Kry-
stalle vor dem Verwachsen die Winkel ee" — 120° gehabt
haben ? Vorläufig mag es genügen, dargethan zu haben, dass
diese Hypothese, wenn auch nicht streng begründet, wenigstens
durch die Eigenthümlichkeiten der Drillinge unterstützt wird.
Zu den Erscheinungen der Polyedrie uns nun wendend, finden
63
wir solche deutlich und höchst merkwürdig an den Flächen u2
(Fig. 42). Sie äussern sich mit einer gewissen aber constanten
Verschiedenheit, wenn man ihr Auftreten an einfachen Krystallen
und an Zwillingen vergleicht. Um die Abweichung von u2
leichter zu verstehen, beginnen wir mit den Zwillingen, an wel-
chen die Naht C B C B' (Fig. 48u.49), die der Zwillingsfläche
genau entspricht, zugleich die Richtung der durch Polyedrie entstehen-
den Facetten p, q bestimmt. Auf u2 verläuft diese Grenze pa-
rallel der Kante mu% (Fig. 42), so dass p und ^, die in der
Zwillingsgrenze sich berühren, nicht nur mit m in eine Zone
fallen, sondern in diese Zone auch u2 fallen würde, wenn diese
Fläche am Krystall in seiner normalen Stellung vorkäme. Die
p und q haben zu w2, aus dem sie entstanden, keine symme-
trische Lage ; bei einer solchen müsste auf demselben u% ein an-
deres p unten zwischen q und u3 und ein anderes q oben zwi-
schen p und B liegen. Mithin existirt für p und q eine Hemie-
drie, von der ich bei Verwachsungen aus zwei Individuen nie
eine Ausnahme bemerkt habe. Auf der rechten Seite der Fig. 54
habe ich die Lage der p und q gegen u2 so dargestellt, wie
wenn sie holoedrisch vorhanden wären.
Diese Facetten sind _selten glatt und glänzend, meist in zwei
Richtungen mehr oder minder gekrümmt. Die geringere Krüm-
mung erfolgt im Sinne der Zone m, p, q, die etwas grössere
annähernd nach ß, uz. Senkrecht gegen die erste Richtung
pflegen sie einen einspringenden Winkel zu zeigen, und senkrecht
zur zweiten sind sie, der Figur gemäss, grob gefurcht. Wenn
man sie bei der Spiegelung nach diesen beiden Zonen bewegt,
so sieht man eine Folge vieler Bilder, theils deutlicher, theils
undeutlicher. Deshalb habe ich die Messungen in zwei Tafeln
gebracht, in deren erster diejenigen von kleinen, sehr glänzenden
Krystallen stehen, deren p und q nur ein Bild gaben, während
die zweite sich auf gewöhnliche Krystalle mit convexen p und q
bezieht. In dieser findet man für jede Abweichung zwei Mes-
sungen, eine für die nächstliegenden, die andere für die entfern-
testen Bilder p uud q. Aus dem Vergleich beider Tafeln lässt
sich erkennen, wie gleichförmig und gering die Abweichungen
in den Fällen grösserer Einfachheit, und um wieviel stärker und
ungleichförmiger sie in mehr complicirten Fällen sind.
64
1.
links rechts
t/2/?=132°29' 131°3i'
pq = 1 56 2 8
Bp=\45 23 145 54
Bq=lA6 26 146 29
1. r.
132° 29' 132° 2'
2 24 2 6
145 48 145 54
146 46 146 31
3.
2°34'
145 52
146 40
r.
132°18'
2 27
145 48
146 26
4.
5.
6.
r.
r.
1.
r.
1. hint.
mp
= 132°
16'
131°
39'
134°
49'
136°
16'
133° 58'
134
7
134
57
131 56
pq
== 1
52
0
1
• 4
36
6
29
3 5
8
44
10
42
7 15
Bp
== 145
41
145
51
144
53
145
28
143
37
Bq
= 146
16
146
26
146
56
148
56
147
5
m p
pq
Bp
Bq
7.
1. r. r. h.
138°47' 135°27' 136°19'
135 9 134 39 133 11
8 50 5 57 5 43
14 41 8 44 11 16
145 5 147 55
143 22 143 58
147 58 147 48
144 51 145 7
r.
135° 34'
133 49
6
10
143
147
147
38
16
52
46
17
An einfachen Krystallen ist die Polyedrie von u2 variabler
und oft wenig deutlich, vielleicht weil die Zwillingsebene fehlt,
die die Lage der Kante p q unwandelbar bestimmt. Daher kommt
es, dass diese Kante zuweilen der oberen, zuweilen der unteren
Kante mu% parallel ist (Fig. 55), und noch eine dritte Facette
r auftritt, in welcher die Eläche w2 im Sinne der Zone u% B
nach der Seite von B abweicht. An diesen Krystallen findet
sich auf der Kante Bu% eine Fläche «, welche gegen B unter
65
156° 4' geneigt ist. Dies findet in einfacheren Fällen oder dann
statt, wenn die Hemiedrie von p und q nahezu so deutlich wie
bei den Zwillingen ist. Indessen kommt es auch vor, dass auf
jeder Fläche u2 beide p und beide q vorhanden sind, die einen
wie die anderen in mehrfacher Wiederholung. Zum Verständniss
möge die Fig. 56 dienen, welche einen Theil eines Krystalls
vielfach vergrössert genau wiedergiebt. Wenn sich die Facetten
/?, q, r auf u2 mit allen ihren ausspringenden Winkeln fänden,
so würden sie wie in Fig. 54 (links) liegen.
An einfachen Krystallen habe ich, gleichwie an Zwillingen,
die Facetten p und q bisweilen glänzend und eben , bisweilen
etwas convex, und dann viele Bilder mit starker Abweichung
reflektirend, gefunden. Die folgende Tafel enthält blos die Mes-
sungen an glänzenden Krystallen, wobei zu bemerken, dass auch
die B oft in vier Facetten getheilt sind, ähnlich denen des
schwefelsauren Manganoxydul-Kalis (Fig. 17), in welchem Fall
das Mittel der für B gefundenen Werthe angegeben ist.
1. 2.
1. r. 1. r.
pm = 131°
41' 132° 29'
131° 51' 131° 58'
pq = 1
39 2 37
1 52 l 52
Br = 147
42 148 11
Bp = 145
21 145 51
145 41 145 28
Bq = 146
20 146 44
146 24 146 14
3.
4.
5.
6.
r.
r.
r.
1.
131° 43'
132° 6'
131° 47'
131° 41'
1 49
1 54
1 51
1 46
148 38
148 28
147 43
146 8
146 1
145 29
145 28
f47 23
146 48
146 34
146 14
Wenden wir uns nun wieder zu den Krystallen mit doppelter
Zwillingsbildung, so begegnen wir zuweilen solchen Gruppen,
bei welchen die Verwachsung in zwei Richtungen erfolgte. Dar-
aus folgt, dass die Kanten pq', qp' (Fig. 53), gemäss dem ange-
führten Gesetze des Zusammenfallens der den Zwillingsebenen
entsprechenden Nähte, die eine parallel ist der oberen Kante m /?,
Zeits. d. d.geol.Ges. XV. 1. 5
66
die andere der unteren m'p\ oder, was dasselbe sein würde: die
erste parallel der oberen Kante mu2, die andere aber der un-
teren. Es folgt, dass in solchen Fällen q und q einspringende
Winkel bilden. Von einigen der besten derartigen Krystalle habe
ich folgende Werthe erhalten, von denen die des ersten Tableaus
sich auf Krystalle ohne H beziehen, und wobei sich bemerken
lässt, dass die Abweichungen von p und q bei Gegenwart von
B grösser sind.
1.
1.
r.
1.
r. 1. h.
mp =
132
0 35'
131°
26'
132° 31'
132°
22' 131 °57'
m p —
132
27
132
38
132 5
131
57 131 53
pp =z
2
54
2
54
3 13
2
38 2 39
qq' ±z
0
45
0
45
0 47
0
48 0 43
PQ =
1
45
1
44
1 8
1
30 1 28
qp =
1
53
1
44
1 57
1
40 1 46
3.
4.
1.
r.
1.
r.
mp
132°
39'
132°
21'
131°
51'
132° 19'
mp
J 32
46
132
29
132
6
132 16
pp'
3
16
2
28
2
7
2 13
0
41
0
37
0
44
0 42
pq
2
6
1
33
1
42
1 28
qp'
2
3
1
26
1
23
1 41
mp
m'p
pp'
vi
pq'
5. r. 135° 42' 137° 13' 7° 47' 10° 16' 10 ! 57'
6.
134 31 136 18 10 40 10 0 9 31
qp Bp ßp' Bq Bq'
5. r. 10° 45' 144° 46' 144° 33' 148° 17' 147° 23'
6. r. 10 59 144 11 144 10 147 30 148 26
Bevor wir weiter gehen, wollen wir bemerken, dass der
Winkel mu2 (Fig. 43) wenig abweicht von mm'", wie auch die
Differenz zwischen Cm und Cu2 sehr gering ist, und dass diese
Differenzen nicht dazu dienen können, die Flächen m und u2 an
sich zu unterscheiden, deren Lage nicht immer constant ist. Am
besten geschieht dies durch die den u eigene Polyedrie. (Auch
67
sind sie grösser als die m). Aber die Krystalle des schwefel-
sauren Kalis finden sich häufig in Gestalt sechsseitiger Doppel-
pyramiden, deren Flächen sämmtlich gleichartig und gleich aus-
gedehnt sind, was daher rührt, dass sie nicht, wie man glauben
sollte, einfache Krystalle, sondern Drillinge sind, die sich von
denen Fig. 45 nur dadurch unterscheiden, dass die Flächen m
sich ausgedehnt haben , wodurch der einspringende Winkel der
u2 verschwunden ist. Von den Endkanten dieser Pyramiden
sind also abwechselnd die einen durch die m des einen Indivi-
duums, die anderen durch die m zweier benachbarten Individuen
gebildet. Fände keine Abweichung statt, so würde die Neigung
der Flächen in jenen = 131° 8', in diesen = 130° 12' sein.
Dass es wirklich Drillinge sind, erkennt man bei nicht gleich-
förmiger Ausdehnung der m, weil dann an den abwechselnden
von den m zweier Krystalle gebildeten Kanten sich die Fläche
u% (Fig. 57) einsetzt, die einem Krystall angehört, der in der-
selben Ebene nicht genau mit dem m des anderen zusammenfällt,
und grob gestreift zu sein pflegt. Wenn aber alle m gleiche
Ausdehnung haben, so kann man die Zwillingsbildung dadurch
erkennen, dass man den Krystall in eine warme und concentrirte
Auflösung von schwefelsaurem Kali taucht, worauf dann bei
seiner raschen Vergrösserung die einspringenden Winkel der u2
mehr oder minder deutlich zum Vorschein kommen.
Da die doppelten Zwillinge nach der Axe a am meisten
verlängert sind, so treffen die Zwillingsebenen die Flächen u2.
Die B und ud welche von jenen schief getroffen werden, erleiden
dadurch keine merkliche Veränderung. Da indessen zwischen
den m und u2 nach dem weiterhin Anzuführenden eine grössere
Aehnlichkeit herrscht, als man dem zweigliedrigen System gemäss
voraussetzen möchte, so suchte ich zu erfahren, ob die m bei
ihrem Zusammentreffen mit den Ebenen der doppelten Zwillinge
irgend eine Veränderung erleiden. Die Beobachtung glückte bei
einigen sehr verwickelten Gruppen, wie z. B. Fig. 58, die von
der ähnlichen Fig. 57 doch wesentlich verschieden ist. Ich nehme
an, dass m und rri" zweien nach e% verwachsenen Krystallen
angehören, wie in Fig. 46, jedoch dadurch verschieden, dass in
dieser die Theile der Gruppe nach aussen gekehrt sind, an wel-
chen e und e und m und m in sehr stumpfen ausspringenden
Winkeln zusammenstossen, hier aber im Gegentheil die entgegen-
gesetzte Seite die äussere ist, an welcher e" mit e" und jjl mit
5*
68
jj/ einspringende Winkel bilden; dass ferner die Krystalle, denen
|ji und \i zugehören, in einer neuen doppelten Verwachsung nach
e sich befinden, aus welcher die Nähte cy, cy hervorgehen, die
den Kanten m"u" 2, rri" u" ' parallel sind. Aber anstatt auf ?/2,
wie gewöhnlich, finden sich diese Nähte auf m" und [i und auf
rri" und j.t', die bei der Art der Verwachsung allein sichtbar sind.
Deswegen behält der Krystall nach der zweifachen Zwillingsver-
wachsung die Form , die er nach der ersten Verwachsung von
{4 und \jJ nach e% hatte. Zuletzt haben sich an jeden der beiden
Krystalle rri' und rri" die m und rri in gewöhnlicher Verwach-
sung nach e angefügt. Nachdem ich mich von den Neigungen
in der Zone Ae2 überzeugt und sie übereinstimmend mit der
angenommenen Stellung der Individuen gefunden hatte, maass
ich die wechselseitigen Neigungen der m und fand links m rri'
= 130° 48', mm" = 130° 26'; rechts mm" =t 130° 6',
m'iri" == 130° 34'. Dies will sagen, dass der Theil von m, der
von der doppelten Zwillingsebene unter sehr stumpfem Winkel
getroffen wird , aus seiner Lage nicht merklich verrückt ist, in-
sofern jene Winkel dem berechneten (130° 12') nahe kommen.
Ferner fand ich links m p 127° 3' (m'V = 3° 45'), m>' =
126° 32' (m'V = 3° 54') und rechts m jx = 126° 39' (m'>
= 3° 27'), mV = 127° 27' (/a"V == 3° 7'). Der Theil der
Flächen m also, der mit jx bezeichnet ist, und von der Zwil-
lingsebene unter spitzem Winkel getroffen wird, weicht von seiner
normalen Lage um etwa 3j Grad ab, und seine Abweichung
erfolgt im Sinne der Zone von m und der Zwillingsebene.
Aus den im Anfang dieses Abschnitts gegebenen Messungen
ergaben sich sehr kleine Unterschiede der Neigungen Cm (Fig.43)
und Cw2, so wie der rri"m und mut. Da dieselben kleiner
sind als diejenigen , welche wir als Folge der Polyedrie dieser
Flächen gefunden haben, könnte man schliessen, dass die geo-
metrischen Bedingungen der m und u2 ganz identisch seien und
ihr Unterschied nur in physikalischen Verhältnissen liege, d. h.
man könnte behaupten, dass die gewöhnliche Form des schwefel-
sauren Kalis die geometrischen Eigenschaften des rhomboedrischen
Systems haben würde, wenn nicht an der Pyramide m"\ m, w2
die Polyedrie der beiden gegenüberliegenden u2 von derjenigen
der vier Flächen m verschieden wäre , wodurch die Symmetrie
der rhomboedrischen Formen aufgehoben wird. Wenn die Nei-
gung mm'" = 131° 8', mu2 == 130° 42' gefunden wurde, so
69
i würde dieser kleine Unterschied nur daher rühren, dass die Ab-
i weichungen der m andere sind als die der u%. Ausser der Po-
i lyedrie giebt es noch andere Verschiedenheiten zwischen m und
i ii2 oder zwischen den Theilen des Krystalls, welche den m, und
I denjenigen, welche den u% entsprechen. Während die Erschei-
nungen des polarisirten Lichts nach Art zweigliedriger Krystalle
erfolgen, ist der Unterschied in der Art der Vergrösserung der
Krystalle im Sinne der u2 verglichen mit der nach m sehr be-
merkenswert!). Wir werden an einem anderen Ort den deut-
lichen Wechsel der geometrischen Eigenschaften bei Krystallen
der nämlichen Substanz, hervorgebracht durch die Verschieden-
heit der Symmetrie (Polysymmetrie) besprechen; hier bemerken
wir nur, dass wenn schwefelsaures Kali aus einer Lösung an-
schiesst, welche schwefelsaures Natron enthält, natronhaltige
Krystalle entstehen, an welchen die beschriebenen Unterschiede
zwischen w undw2 verschwinden, der Symmetrietypus des rhom-
boedrischen Systems sich offenbart, und nur eine Axe doppelter
Brechung vorhanden ist. Gewöhnlich zeigen sie drei Pyra-
miden n, m, t (Fig. 59), von denen die beiden ersten gegen die
Endfläche C fast dieselbe Neigung haben wie w3, u2 (Fig. 43)
oder n, m gegen die analoge Fläche C der Krystalle mit zwei
optischen Axen. Unter besonderen Umständen habe ich sie mit
deutlichen Zeichen von Hemiedrie erhalten (Fig. 60); dann sind
die m sehr glänzend und eben, die jx etwas convex und stark
polyedrisch , gerade so wie wir es an u% bei zweigliedrigem
Symmetrietypus fanden. Oft sind es Zwillinge von ganz beson-
deren nicht weiter bekannten Eigentümlichkeiten, höchstens an
den Quarz erinnernd. Hier will ich zunächst nur ihrer Polyedrie
gedenken.
Fig. 61 stellt eine Zwillingsgruppe dar, an der oben zwischen
den Flächen tri und m" anstatt der einen convexen Fläche p>
die ebene Fläche m eines anderen Individuums erscheint. Da
wo die Flächen beider zusammentreffen, an den Kanten mm und
mm", finden sich die Facetten /?, p\ p" mit folgenden Charak-
teren: 1) entfernen sie sich meist nur wenig von der Lage von
m, zuweilen aber sehr merklich, wie die nachstehende Ueber-
sicht zeigt. 2) Sind sie gewöhnlich mehr oder minder wellen-
förmig, in seltenen Fällen glänzend und eben. 3) An einer und
derselben Kante findet sich blos eine Facette /?, in anderen Fäl-
len deren zwei oder drei ; im letzteren Fall stossen sie unter ein-
70
springenden Winkeln zusammen. 4) Da wo die m und e' bei
ihrer verhältnissmässig grösseren Ausdehnung sich schneiden
würden, ist die Kante durch die Facetten q, q ersetzt, die gegen
m geneigt sind wie die p. 5) Wenn die Flächen n und t an
den Kanten Cm' und m e vorkommen, so bilden sich auch an
den Kanten, welche m seitlich mit n oder t macht, Facetten
ähnlich den p. Am unteren Theile der Gruppe erfolgt dasselbe,
auch dort treten zwischen m und m" die Facetten p auf.
Die Abweichungen der p von der Lage von m sind sehr
veränderlich, und der nachfolgenden Uebersicht gemäss ist das
Minimum 1° 27', das Maximum 17° 39'. Für die q und die
zuletzt erwähnten gelten ähnliche Bedingungen; da sie aber viel
seltener als p sind, habe ich sie nicht besonders angeführt. Die
Beobachtung lehrte, dass an Krystallen gleichzeitiger Bildung aus
einer Auflösung die Divergenz der p von m nur geringen Ver-
änderungen unterliegt. Zu weiterer Erläuterung gebe ich die
Messungen von fünf verschiedenen Krystallanschüssen, bezeichnet
mit A, B, C, ö, E. Von jedem Anschuss habe ich vier Kry-
stalle, Nr. 1 bis 4 bezeichnet, gewählt, und nachdem ich an
jedem einzelnen die Abweichungen der p von m bestimmt hatte,
habe ich blos die genaueren Messungen mitgetheilt. Bei den
Krystallen aus A und D, welche der Fig. 61 ähnlich waren,
und oft die beiden Facetten p und p' hatten, wurden die Ab-
weichungen beider vermerkt, falls beide deutliche Bilder gaben.
Diese konnte ich nur sehr selten von p" erhalten.
A. B. ' C. D. E.
i mp m p mp mp mp mp' mp
116° 39' 15° 51' 12° 27' 9° 25' 5° 16' 2° 49
~ 1 16 31 3° 4' 15 23 12 21 7 46 2 13
| |16 17 3 32 14 52 12 19 1 56
1 1 6 12 3 47 11 53 1 54
1 16 9 11 26 1 49
16 13 15 35 12 20 6 17 3 27 1 51
^ 116 58 14 46 11 49 6 16 3 22 1 48
dJl6 8 14 19 10 49 6 16 1 46
* Jl5 47 10 36 1 31
M5 41 10 34 1 27
71
A.
B.
C
D.
E.
mp
771 p
771 J)
mp
771 p
mp'
771 p
|!6°
46'
4 (1
1 FS 0 '3 1 '
U öl
10°
38'
CO AO'
O 40
3°
19'
9 0 StA'
£ 44
CO
Il6
31
4 4
15 28
10
11
6 37
3
24
2 23
6 '
(16
26
3 53
9
58
1 47
!15
36
9
12
15
29
3 9
9
11
17
39
15 1
11
3
6 11
2
41
3 48
16
44
14 43
11
2
5 49
2
53
2 46
i|
16
31
10
49
51
16
12
3 54
9
58
15
28
3 17
Die Krystalle C erhielt ich dadurch, dass ich die Sublimate
der Fumarolen von der Vesuveruption des Mai 1855 auflöste
und krystallisiren Hess. Sie zeichnen sich durch den Glanz auf
p aus. An einigen Exemplaren aus solcher Lösung, die in
Fig. 62 vergrössert dargestellt sind, sieht man die drei Pyra-
miden w, m, t und die Flächen s einer vierten stumpferen. Letz-
tere sind stark gestreift, und schneiden sich abwechselnd mit ein-
springenden Winkeln. Sie sind zugleich polyedrisch in der Rich-
tung der Streifen nach der Zone C, ?z, m; C, n\ m etc.; und
geben schwache Bilder, die ihre Neigung zu C nicht genau be-
stimmen lassen. An den besseren fand ich Cs zwischen 156
und 157 Grad. Nimmt man für diesen Winkel 156° 47' an,
und für ja (Fig. 60) das Symbol 100, so würden die £, welche
die Kanten Cm abstumpfen, 133, und die, welche C(A abstum-
pfen, 5 5 11 sein. Man kann sie mithin für besondere Flächen
von bestimmten und einfachen Ausdrücken halten, wiewohl sie,
zum Unterschied von den übrigen, ausser ihrer Polyedrie noch
die Eigenthümlichkeit besitzen, sich unter einspringenden Winkeln
zu schneiden. An Fig. 62 sieht man auch die Facetten jo, denen
in Fig. 63 ähnlich, und über ihnen, an Stelle der vergrösserten
«, eine andere unregelmässig gestreifte Facette, welche mit zwei
Flächen s einspringende Winkel macht.
Als ich an diesen Krystallen die sehr glänzenden p zum
ersten Mal sah, war ich nicht zweifelhaft, sie als besondere
Flächen zu betrachten, und war nur erstaunt, dass sich ihrer
niemals zwei an derselben Kante fanden, wie die Symmetrie ver-
72
langt, und während sie an einigen Kanten vorhanden waren, an
anderen fehlten, als wäre ihre Gegenwart oder ihr Fehlen oder ihr
Auftreten rechts oder links an kein Gesetz gebunden. Als ich
versuchte ihr Symbol zu bestimmen, fand ich, dass innerhalb der
Grenzen der Neigungen pm an den vesuvischen Krystallen drei
Symbole liegen , und habe mir nachstehend die Mühe genom-
men, eine Reihe von Symbolen zu berechnen, die sich aus den
Neigungen pm ergeben würden, zum Belege für den Fall, wo
aus der Polyedrie Flächen hervorgehen, die mit Krystallflächen
bestimmter Art verwechselt werden können.
mp
Symbol.
mp
Symbol.
15° 55'
8 2 T
5° 54'
22 2 I
12 50
10 2 r
5 25
24 2 I
10 43
12 2 1
5 0
26 2 T
9 14
14 2 I
4 39
28 2 I
8 5
16 2 r
4 . '20
30 2 T
7 12
i8 2 r
4 4
32 2 T
6 30
20 2 r
3 49
34 2 I
Indem ich andere Einzelnheiten an diesen optisch einaxigen
Krystallen des schwefelsauren Kalis übergehe, bemerke ich, dass
einige bei ihrer Vergrösserung neue Eigenschaften erlangten.
Ursprünglich waren sie von C und m begrenzt, und ohne Zei-
chen von Hemiedrie oder Zwillingsbildung. Als sie in eine Auf-
lösung von schwefelsaurem Kali gebracht wurden, welche freie
Schwefelsäure und schwefelsaures Natron enthielt, hatten sie sich
nach einigen Tagen mässig vergrössert, nnd an Stelle der End-
kanten der Pyramide m waren zwei Facetten p entstanden, die
in einem einspringenden Winkel zusammenstiessen. Diese Facetten
sind grob gestreift, geben schwache Bilder und ihre Lage ist
eine solche, dass ihrer zwei so in Bezug auf m liegen, wie dies
in Fig. 61 der Fall ist. Aehnlich liegen p' in Bezug auf m\
und p" auf m". Eben dieselben Krystalle zeigten auf den Seiten-
flächen des Prismas einige tiefe Aushöhlungen von unregelmäs-
siger Gestalt, die aus der Wiederholung der p auf ihnen ent-
standen waren, und an denen die p gleichfalls einspringende
Winkel bildeten.
73
Chromsaures Kali.
Dieses mit dem vorigen isomorphe Salz giebt je nach der
Art des Anschiessens Krystalle, welche die beiden Symmetrie-
typen des zweigliedrigen und des sechsgliedrigen Systems zeigen.
Die letzteren, welche sich bilden, wenn die Auflösung hinreichend
chromsaures Natron enthält, habe ich immer nur von C, m und
e begrenzt gesehen, ohne irgend ein Zeichen von Zwillingsbil-
dung oder eine besondere Art von Polyedrie. Die von zweiglie-
drigem Typus sind gewöhnlich von J5, 0, 0, u3 (Fig. 64)
begrenzt, und zeigen besonders hinsichtlich 0 und starke Ab-
weichungen, so dass oft, besonders bei rascher Vergrösserung
in warmen und etwas sauren Auflösungen, beide gekrümmt und
zu einer einzigen convexen Fläche vereinigt sind.
Schwefelsaures Ammoniak.
Ich kenne die Krystalle dieses Salzes nur von zweiglie-
drigem Symmetrietypus. Sie bilden sich glänzend aus sauren
und neutralen Auflösungen, und unterscheiden sich von denen
des Kalisalzes durch eine Hemiedrie (Fig. 65) und vollkommene
Spaltbarkeit nach C*). Ferner sind die u2 nicht polyedrisch
im Sinne der Zone mut sondern nach u2 e'2, wie sich aus der
Lage der Facetten p und q ergiebt, welche durch die Verrückung
von uz entstehen. Wo jene Facetten recht deutlich waren, habe
ich das aus der Figur ersichtliche Gesetz der Hemiedrie nur be-
stätigt gefundeD, so wie, dass sie gewöhnlich eine unregelmässig
gekrümmte Oberfläche haben. Während die Neigung Bu2 =
145° 50' ist, fand ich an zwei guten Krystallen links Bp 149°
15', 148° 56'; Bq 136° 50', 136° 29'; rechts. Bp 149° 45',
150° 30', Bq 135° 55', 136° 29'. An einem Krystall, der u2
deutlich hatte, war u p 8° 54' und 5° 30', ut q 12° 24'.
Die Hemiedrie zeigt sich dadurch, dass m\ m" grösser sind
als 7^, m"\ und dass blos die ersten parallel den Kanten rri v
oder m A, m" A' gestreift, und, wie sich aus der Richtung der
Streifen voraussehen lässt, polyedrisch sind, die eine im Sinne
der Zone rri die andere nach m A\ während den m und rri"
dieser Charakter fehlt.
*) Die Angabe bei Brooke und Miller, dass A die Spaltungsfläche
sei, beruht wohl auf einem Druckfehler.
74
II. Polyedrie in der Richtung einer Zone.
Die hierher gehörigen Erscheinungen sind häufiger als die
im ersten Abschnitte erörterten , und werden wir uns hier auf
einige der wichtigsten Fälle beschränken. Wir bemerken, dass
diese Art der Polyedrie die Ursache derjenigen Streifung ist,
die auf Krystallflächen nur in einer Richtung vorkommt, obwohl
man zuweilen, wie aus dem Früheren hervorgeht, bei genauer
Untersuchung neben der Hauptabweicbung auch noch eine andere
schwächere findet.
Schwefelkies.
Von allen seinen Flächen sind die des Oktaeders am wenig-
sten veränderlich , die übrigen erleiden jedoch Störungen, die nicht
an allen Krystallen sichtbar sind, und die hier neben Abweichun-
gen in der Richtung zweier Zonen auftreten , so dass nur des
Zusammenhanges wegen die ganze Erscheinung erst hier be-
schrieben wird. Die Flächen des Würfels A und des Pyrito-
eders e sind oft stark gestreift parallel ihren Combinationskanten
und unterliegen einer Abweichung in der Zone , deren Ebene
senkrecht auf jenen Kanten ist. Indessen entspricht der Charak-
ter der Streifen nicht dem Grade der Polyedrie, und ich habe
oft stark gestreifte Würfelflächen nur ein einziges und glänzendes
Bild geben sehen, während in anderen Fällen bei leichter Strei-
fung eine Mehrzahl reflektirter Bilder ihre Verrückung andeutete.
Dies scheint daher zu rühren, dass eine andere Ursache, wirk-
samer als die Polyedrie, die Streifen der Würfelflächen hervor-
zubringen pflegt. Es ist die Neigung der Flächen des Würfels
und Pyritoeders , sich vielmehr unter einspringenden als aus-
springenden Winkeln zu schneiden. An einzelnen glatten Kry-
stallen (wahrscheinlich von Schemnitz), welche durch die Tiefe
der einspringenden Winkel ein seltsames Aussehen haben, sind
die Pyritoederflächen ziemlich gross, die eine e von links gleich-
sam ganz und gar nach rechts versetzt, während umgekehrt die
andere (rechts von A liegende) e nach links gerückt erscheint.
Was ich von den Flächen des Würfels gesagt habe, wiederholt
sich an denen des Pyritoeders, und an diesen habe ich ferner
beobachtet, dass sie, wenn sie mit anderen Pentagondodekaedern
combinirt sind, im Sinne der nämlichen Zone stärker polyedrisch
75
sind. An einer Abänderung, welche sich unter ganz gleichen
Umständen bei Vlotho in Westphalen und bei Sandonato in Cala-
e • brien findet, kommt das Pyritoeder e und das Pentagondodekaeder
I e% vor (Fig. 66). An sechs Krystallen des erstem wichen die
, von e reflektirten Bilder um 0° 18' bis 2° 32' ab, die von e%
von 0° 16' bis 3° 14'. Wenn man wie beim Harmotom die
j Wirkungen der Polyedrie eliminirt, ist die Neigung von e gegen
, e2 von 167° 18' bis 168° 35' variabel.. Wenn e% durch das
j Symbol 450 ausgedrückt wird, so ist der berechnete Winkel
167° 55'. Die genannten Flächen schneiden sich mit einsprin-
genden Winkeln sowohl in der Richtung der Würfelkanten als
auch nach den Diagonalen der Würfelflächen. Diese Erscheinung
lässt sich verschiedentlich deuten. Man kann die Krystalle als
hemiedrisch und als Zwillinge betrachten, wenn man sie auf ein
vom regulären verschiedenes Axensystem bezieht, weil in jenem
die Axen des einen Individuums parallel wären denen des an-
deren, und also keine wirkliche Zwillingsbildung stattfände. An-
dererseits kann man sie als holoedrische und einfache Krystalle
ansehen, mit dem den Flächen e und e2 gemeinsamen Gesetz,
1 an der Aussenfläche des Krystalls einspringende Winkel zu bil-
den, wenn sie nicht hemiedrisch sind.
Wenn das gebrochene Pentagondodekäeder dessen Symbol
241 ist, vorkommt, so sind die Pyritoederflächen auch nach der
Zone polyedrisch, deren Ebene normal zur Kante ne ist. An
einem Krystall aus Cornwall, anscheinend nur vom Pyritoeder e
gebildet, bemerkte ich, dass dessen Flächen nicht in der gewöhn-
lichen Richtung, sondern in einer darauf senkrechten gestreift
sind. Im Sinne der Streifung liefert jede Eläche viele Bilder,
deren manche so weit von einander abstehen, dass sie von ver-
schiedenartigen Flächen reflektirt sein könnten. Ich fand, dass
die Streifen durch Wiederholung der Flächen 0, ri, die beide
polyedrisch sind, mit abwechselnden ein- und ausspringenden
Winkeln entstehen. An fünf von den zwölf Flächen habe ich
nur die am meisten entfernten Bilder unterscheiden können,
zwischen denen sich ohne merkliche Unterbrechung in einem
schwach erleuchteten Felde die übrigen Bilder undeutlich wieder-
holen; die Abstände der äussersten fanden sich == 25° 8', 25°
31', 25° 36', 25° 50', 26° 10'. Zwei andere Flächen gaben
nichts Bestimmtes; auf den übrigen fünf Hessen sich mehre Bil-
der in einem hellen Felde wahrnehmen , welches von den ent-
76
ferntesten durchsetzt wurde. Folgendem sind die Resultate der
Messungen:
nen ==
1. 2. 3. 4. 5.
3° 8' 8° 21' 10° 1' 12° 9' 24° 28'
9 2 8 58 11 20 14 2 25 12
12 3 9 29 12 7 21 15
12 57 10 51 22 10 24 32
13 39 14 8
14 11 21 10
22 15
Um die Abweichungen, welche sich hiernach auf jede der
Flächen ra, e, ri beziehen, zu verstehen, muss man sich erinnern,
dass bei normaler Lage nri = 26° 12', ne — ri e = 13° 6'
ist. Mithin liegen die Abweichungen von e in zwei entgegen-
gesetzten Richtungen derselben Zone, aber die von n und ri
liegen für jede einzelne allein in der Richtung von e. Wir sehen
hieraus — und andere Beispiele werden es bestätigen — dass
das Zusammentreffen der Flächen unter sehr stumpfen Winkeln
eine für ihre Polyedrie günstige Bedingung ist.
Dieselben Flächen n, polyedrisch nach der Zone n, e, sind
es zugleich nach A, n, und diese beiden Richtungen finden sich
gewöhnlich nicht an den Flächen eines Krystalls vereinigt.
Die Flächen die häufiger als n sind, unterliegen oft einer
Abweichung im Sinne der Zone des Oktaeders und Pyritoeders ;
minder häufig ist ihre Verrückung nach der Zone die ich
nur bemerkte, wenn die Kanten Am durch n abgestumpft sind.
An den Krystallen, an denen, wie gesagt, die Pyritoeder-
flächen einspringende Winkel mit denen des Würfels bilden, fand
ich das gebrochene Pentagondodekaeder r, das gleich m und n
veränderlich ist. Sein Symbol würde 10 6 1 sein, und die da-
nach berechnete Neigung Ar — 31° 19', er = 6° 35', rr' —
61° 44', rr" = 9° 48'.
An vier Krystallen habe ich folgende Werthe gefunden :
77
l.
3.
4,
Ar
rr'
30° 4b' 30° 14' 30° 10' 31° 32'
31 9 30 32 31 14
31 29 30 46
9 54 9 18 8 53
9 41 9 8
9 21
er
3 16 2 3
4 1 5 37
5 2 6 42
6 4
rr'
61 46 61 49
Die Flächen des Leucitoeders gehören zu den seltenen beim
Schwefelkies. An einem Krystall von Traversella Fig. 67, der
den Würfel A, das Pyritoeder e und das Leucitoeder p zeigt,
sind die Kanten Ap durch die kleinen Flächen q abgestumpft,
welche einem stumpferen Leucitoid angehören müssen, das dem
Symbol 733 entsprechen würde, da die berechnete Neigung
pq = 4°4', 5; pq" = 66° 27', 5; pp'" = 70° 32' ist, während
ich fand:
Zone p,q,q"',p" 1°11';3°46'; 4°37'; 5»33'; 67°57'; .... 69° 28'.
Zone p'q',q",p" 0 52; 3 16; 3 57; .... 66 0; 66° 32'; 70 2.
Vergleicht man diese Werthe mit den berechneten Winkeln
(für die normale Lage) von p und q, so findet man, dass beide
polyedrisch sind nach denselben Zonen ; allein die p sind es blos
in der Richtung nach q^ während die die sehr stumpfe Win-
kel mit A und p bilden, in zwei entgegengesetzten Richtungen
derselben Zone sowohl nach A als nach p hin abweichen. Ob-
wohl übrigens das Zeichen von q nicht geradezu unwahrschein-
lich ist, gehört es doch nicht zu den einfacheren. Und da die
Divergenz von q aus der Lage von jt?, berechnet =4° 4', 5, die
gewöhnlichen Grenzen der Polyedrie nicht übersteigt, so könnte
man wohl glauben, dass q nichts weiter als /?, durch Polyedrie
aus seiner Lage verrückt, wäre. Man kann zuweilen schwer
entscheiden, ob eine Fläche eine ganz bestimmte in normaler
Lage oder eine polyedrisch modificirte ist.
78
T urmalin.
Die Combinationskanten des sechsseitigen Prismas e und
des dreiseitigen m werden nicht selten von hemiedrischen Flächen
abgestumpft, deren man gewöhnlich zwei unterscheidet, nämlich
s mit dem Symbol 413 und / = 312, (Fig. 68) deren Neigung
gegen e = 13° 54' und 19° 6' ist. Selten sind Krystalle, an
denen das sechsseitige Prisma m und diese beiden sechskantigen
Prismen vollzählig sind, d. h. sich auch an den Kanten r finden.
Ein solcher vollständiger Krystall würde am Goniometer von e
bis m vier Bilder geben, deren Abstände vom ersten respektive
= 13° 54', 19° 6', 30° 0' sind; bei entgegengesetzter Drehung
würde ein Bild bei 30° erscheinen. Bei vielen und namentlich
stark gestreiften Turmalinprismen finden sich bei der ersten
Drehung viele Bilder von unbestimmter Zahl und veränderlicher
Entfernung, welche die veränderliche Lage der Flächen e, j, /,
/// hervorruft. Unter alleiniger Berücksichtigung der deutlichsten
Bilder erhielt ich in solchem Fall folgende Resultate:
1.
2.
3.
rechts
27*36'
29 30
links
3° 9
11 51
19 49
29 24
30 3
0 54 29 12
1 35 30 17
20 42
26 22
29 32
30 35
L r.
28° 9' 0°32'
29 48 1 36
11 56
12 22
22 22
30 27
0 45 1 36
2 28 29 36
3 44
10 42
11 58
29 27
0 0 0 0
0°28'
5 31
9 24
20 7
21 34
23 49
1 54
11 16
14 9
24 33
1 10
5 56
7 54
15 28
22 52
23 52
r.
0°46'
23 0
26 46
31 21
1 14
17 56
19 20
23 46
27 29
29 17
1 3
5 36
6 40
23 5
24 4
4.
L
0C41'
2 33
13 1
20 8
27 33
29 17
2 31
17 11
18 58
27 29
28 20
30 30
1 40
9 26
12 28
r.
19°32
29 47
14 54
27 44
30 13
0 0
1.
4° 26'
5 17
22 4
23 7
28 22
31 9
r.
4° 5
8 6
22 15
28 51
4 49 4 17
9 20 22 1
23 40 23 3
24 18 24 22
24 30
30 26
4 14
5 2
5 57
9 18
22 30
30 24
25 25
29 34
0 43
8 42
25 21
29 50
Nr. 1 ist ein grüner Turmalin aus Brasilien, Nr. 2 bis 4
sind Krystalle von Elba, der erste röthlich, die beiden anderen
lagenartig verschieden gefärbt; Nr. 5 ist Rubellit aus Sibirien.
79
An den Krystallen Nr. 1 bis 3 fand ich die Winkel r =
120° mit kleinen Abweichungen, die nicht über 20' gingen, und
an ihnen Hessen sich Flächen nicht entdecken. Dasselbe habe
ich vielfach beobachtet, so dass die Polyedrie von e in Beziehung
zur Hemiedrie von m steht, in der Art dass jene aus ihrer nor-
malen Stellung bloss da abweichen, wo sie an £in m anstossen.
Andererseits gehört diese Eigentümlichkeit ihrer Verrückung in
blos einem Sinne, wie diejenige der j, s und m, unter die all-
gemeine Regel, wonach das Zusammentreffen von Flächen unter
sehr stumpfen Winkeln der Polyedrie günstig ist.
Der mit Nr. 4 bezeichnete Krystall bot den seltenen Fall
des Vorkommens von j, / und m auch an den Kanten r dar und
zwar mit denselben Erscheinungen von Polyedrie, wie diese Flächen an
den Kanten von e zeigen, d.h. hier ist keine bestimmte Hemiedrie der
Prismen vorhanden Nennt man r, r die Flächen, welche an den
gleichnamigen Kanten liegen, so war links er = 2 1 0 32', 28° 46' ,
er = 0° 29', 7° 48', 8° 24', Ii0 23'; und rechts er = 7° 9',
8° 48', 9° 58', 13° 33'; er = 20° 3', 21° 17', 27° 26', 28°
57'; er = i2° 22'.
Nr. 5 zeigte die nicht minder seltene Erscheinung deutlicher
Hemiedrie neben Polyedrie der e sowohl auf Seite der m als
auch auf der entgegengesetzten nach den Kanten r. Ich musste
hier unter den verschiedenen Bildern von e das auswählen, wel-
ches seiner normalen Stellung am besten entspricht, und die in
der vorstehenden Tafel als Ausgangspunkte für die Messungen
gewählten Bilder gaben ee = 59° 56', e e" links = 59° 48',
ee" rechts = 60° 10'. Als ich aber den Krystall von e nach r
drehte, sah ich in kurzem Abstände von den ersten gewählten
Bildern andere entstehen, die mir gaben: links er = 0° 49',
1° 12'; er' = 0° 25', 1° 27', 2° 1'; e"r = 0° 24', und rechts
er = 0° 18', 0° 49', 1° 17'; er = 2° 31'; e" r' = 0° 57',
2° 12'.
Korund.
Wir beschränken uns darauf, die Erscheinungen der Poly-
edrie an einer Reihe von Dihexaedern zu untersuchen, zunächst
vom TW, dessen abwechselnde Endkantenj durch das Spaltungs-
rhomboeder A abgestumpft werden, dann der schärferen gleicher
Ordnung, welche zwischen ihm und dem Prisma q liegen. Wir
wollen diese Reihe allgemein mit p bezeichnen, in der bekannt-
lich verschiedene Formen angenommen werden (Vgl. die zweite
80
Tafel). Bei der Untersuchung einiger glänzenden Krystalle von
Saphir aus Ostindien habe ich die Neigung der Endfläche höchst
veränderlich gefunden und deshalb sechs der besten Krystalle
ausgewählt. Die zweite Tafel enthält die Messungen und die
entsprechenden Flächenzeichen der Reihe /?, wobei als Grund-
lage der Messung die Neigung der Endfläche n gegen m =
118° 49' genommen ist. Ich hätte diese Reihe noch sehr aus-
dehnen können, wenn ich auch die Messungen aufgenommen
hätte, welche nm kleiner als 93° 30' gaben, weil beim Fort-
schreiten zu kleineren Winkeln ein Unterschied von 5 Minuten
und weniger hinreicht, um ein neues Symbol aufzustellen, welches
nicht complicirter als die übrigen sein würde,
n:m, p, q n:m , p, q n\m p q
l r. L r. 1. r.
118°45' 118°40' 118°51' 118°11' 118 °35' 118°57'
113 45 102 0 94 27 93 0 93 14 101 48
100 20 98 2 92 49 89 51 95 53
93 9 94 22 89 54 86 22 94 26
91 23 92 46 92 56
90 19 90 24 89 59
1.
3.<
P, 9
n : m\
P-> 9
n : m
r.
1.
r.
1.
118°40'
118
351'
1 18° 1 i'
1 18°35'
102
0
94
27
93 0
93 14
98
2
92
49
89 51
94
22
89
54
86 22
92
46
90
24
118
41
107
29
109
32
110 6
103 19
102
37
95
34
102 35
97 49
96
58
84
17
97 27
96 13
83
47
95 31
89 56
118
47
118
49
118 45
118 35
87
31
99
16
112 7
93 56
97
24
93 51
92 23
92
45
93 4
92 29
118
45
118
53
118 36
118 32
95
44
94
57
100 27
96 2
85
11
93
41
93 23
91 26
83
58
90
17
89 18
118 48
|107 24
'105 46
il03 18
96 6
94 28
118 54 118 47 118 49 118 45 118 35 118 57
100 24 87 31 99 16 112 7 93 56 90 9
92 53 97 24 93 51 92 23 87 23
118 33
99 24 95 44 94 57 100 27 96 2 100 44
l 94 35 85 11 93 41 93 23 91 26 99 16
93 6
90 28
81
1. r. 1. r.
n : m', p\ q n : m" p" q"
118°24' 118°56' 118°47'
89 32 90 21 90 43 92°13'
88 45 +0 58 87 28 90 2
—0 57 —2 16 +2 18
An dem letzten Krystall befanden sich beide Endflächen,
jedoch nicht genau parallel; ihre Abweichung im Sinne jeder
der drei Zonen ist mit -)- (die Seite der Convergenz) und mit
— (die entgegengesetzte) bezeichnet.
Berechnete Neigungen von Dihexaedern der Reihe p gegen
die Endfläche n :
np
Symbol
np
Symbol
115° 5'
= 10
3
4 Miller
98
3 16'
= 13
3
7 M.
114 38
17
5
7 Hausm.
97
50
9
1
7 M.
113 45
7
2
3
97
23
19
2
15
112 25
11
3
5
96
58
10
1
8
110 9
4
1
2 M.
96
17
11
1
9
107 28
9
2
5 M.
95
43
12
1
10
105 23
5
1
3 M.
95
14
13
1
11 M.
103 45
11
2
7 M.
94
50
14
1
12
102 25
6
1
4
94
29
15
1
13 M.
100 24
7
1
5 M.
93
56
17
1
15
99 22
23
3
7
93
42
18
1
16
98 22
17
2
13 H.
93
30
19
1
17
Natürlich entsteht die Frage, ob die verschiedenen Flächen
der Reihe, deren Vorhandensein durch die Neigungsunter-
schiede nachgewiesen erscheint, wirklich verschiedene Flächen
oder Resultate der Polyedrie einer gegebenen kleinen Anzahl
solcher sei. Diese Frage scheint mir leicht zu beantworten, nach-
dem die Polyedrie bekannt ist, und sehr stumpfe Winkel als
günstige Bedingung für sie erkannt sind, denn danach dürfen
wir nicht zweifeln, dass die Mehrzahl jener scheinbaren Flächen
nur eine Wirkung von Polyedrie ist. Aber welches sind die
wahren Flächen, und welche sind nur Abweichungen derselben?
Ein Hülfsmittel ist sicherlich die Einfachheit der Symbole, allein
Zeits. d.d. geol. Ges. XV. «. 6
1. r.
In : m,p, q
118° 9' 119° 3'
107 43 90 21
91 27 88 19
89 48 —1 19
+ 1 18
82
es leitet uns nicht in allen Fällen, da wir die Grenzen einfacher
Flächenzeichen nicht kennen, und ein solches, welches für eine
Substanz einfach sein kann, für eine andere dies vielleicht nicht
ist. Ein anderes Mittel beruht auf der Beständigkeit der Nei-
gungswinkel von Flächen bestimmter Art, wenigstens in vielen
Fällen. Uebrigens stösst man trotzdem auf Fälle, die keine Lö-
sung des Zweifels gestatten, und dann hat man blos zu unter-
suchen, wie weit die Ungewissheit reicht.
Schwefelsaures Zinkoxyd - Natron.
(Na S + Zn S) + 4 aq.
An den zwei- und eingliedrigen Krystallen dieses Doppel-
salzes finden sich zwei Prismen u und u2 (Fig. 69) der Hori-
zontalzone, deren Neigung etwa 160 Grad beträgt, und die ge-
wöhnlich sehr glänzend sind. Ihre Kanten sind meist durch
zwei kleine Flächen zugeschärft, die nicht minder glänzend und
die aus ihrer Lage gerückten u und u2 sind. Wir wollen beide
r nennen. Aussergewöhnlich ist der ganze Theil von wund ?/2,
welcher dem Winkel r nahe liegt, und der an den untersuchten
Krystallen vollkommen eben war und nur ein sehr lebhaftes
Bild gab, also in seiner Lage für stabil zu halten wäre, dennoch
veränderlich. Die Variationen finden sich bei den gleichwerthigen
Winkeln eines Krystalls gleichwie bei denen verschiedener Kry-
stalle. Man, erkennt diesen Umstand, von dem bereits beim
schwefelsauren Kali die Rede war, leicht aus den beiden folgen-
den Tafeln, die zugleich beweisen, dass während uu meist merk-
lich verschieden von u" u" in jedem Krystall ist, die Summe
beider an allen gemessenen Krystallen dieselbe ist. Dieselbe
Bemerkung gilt für die Winkel n% u" und u iu\.
Die isomorphen Doppelsulfate der Magnesia, des Eisenoxyduls,
Kobaltoxyds etc. besitzen dieselbe Polyedrie, ich habe sie indessen
nicht in guten Krystallen erhalten, vielleicht weil sie nur in der
Wärme krystallisiren, und die dadurch bedingten Strömungen in
der Flüssigkeit der regelmässigen Krystallbildung hinderlich sind.
Das Zinksalz habe ich durch Umkrystallisiren erhalten, als ich
die Lauge während fünf Tage bei einer Temperatur von 22 bis
23 Grad dem freiwilligen Verdunsten überliess. Als darauf der
Himmel klar wurde, bildeten sich einzelne Krystalle, welche in
24 Stunden eine Grösse von 6 bis 8 Millim. erlangten. In der-
83
selben Flüssigkeit befand sich ein kleiner Krystall von schwefel-
saurem Natron, der mir die Temperaturgrenze angab, bei welcher
das Zink -Natronsalz (entgegen den analogen Salzen) krystallisirt,
ohne sich in die beiden einfachen Salze zu zersetzen. Nachdem
die Krystalle zu den Messungen der ersten Tafel gedient hatten,
brachte ich sie in eine andere Auflösung von schwefelsaurem
' -Zinkoxyd Natron, welche bereits zu krystallisiren anfing und ein
wenig freie Schwefelsäure enthielt, weil frühere Versuche gezeigt
| hatten, dass sie die Krystallisation des Salzes bei niederer Tem-
peratur begünstigt. Da feuchtes Wetter eintrat, blieben die Kry-
stalle ohne sichtliche Veränderung acht Tage in der Flüssigkeit.
| Als sie nach dem Wiedereintritt trockner Witterung 7 bis 9 Mm.
erreicht hatten, zeigten sie die Flächen r sehr verändert, und
I während sie zuvor nur ein Bild reflektirten und sich selten mehr
als 3 Grad von der Lage von u und uz entfernten, gaben sie
I jetzt meist zwei oder mehr Bilder, indem sie in kleine Facetten
getheilt waren, und ihre Abweichung von der Lage der u und u2
i überstieg oft 5 Grad, wie aus der zweiten Tafel hervorgeht.
! Auch die Winkel uu , etc. fand ich an den vergrösserten Kry-
h stallen veränderlich, konnte aber aus Mangel an Merkmalen für
! die früher gemessenen keinen direkten Vergleich anstellen , so
dass dieselben Zahlen in beiden Tafeln nicht die nämlichen Kry-
stalle bezeichnen.
K rys
1.
uu = I13n23'
u u ' = 112 33
u% wa' = 105 52
u2' wa"' =
u r =
u r' =
u r' = 2 33
u" r" = 2 36
u2 r = 2 40
«aV = 2 51
wa"r" = 4 6
wa"' V" =
alle aus reiner Au
2. 3. 4.
112°51 112°36' 113° 4'
113 12 113 17 113 2
106 24 106 13 106 21
105 33 105 33 105 48
2 57
2 14
2 40
2 2 2 13 0 48
2 33
2 57 5 3
3 36 2 31
3 53
'1 ö s u n g.
5. 6. 7.
113M2' 112'43' 112°24
m 48 113 21 113 52
105 34 106 36 106 17
106 13 104 46 105 15
3 22
2 51
3 7
2 2 3 34
2 29
2 47
3 14
84
Krystall e aus ei n e
r etw
is sauren Auflösung.
1.
2.
o.
4,
5. 6.
7.
U Ii '
H2042
112°44'
113°21'
112° 42'
U3°ll' 113»2' 112*37'
u" u"'
112 16
113 19
112 47
113 13
113 22 113 23
113 38
—
105 24
105 29
105 17
106 15
105 33 105 16
105 31
wa'"2"
—
106 28
106 23
106 23
106 28
106 22 106 33 105 59
u r
—
5 19
1 37
2 28
2 10
u r
• —
2 47
2 6
0 33
2 35 5 29
3 47*)
2 34
u" r"
—
2 6
1 46
4 48 2 17
2 24
5 29 3 50
u r
—
1 12
3 57
1 39
2 24 3 38
1 48
2 38
6 29
2 12
4 16
3 39
ua r
— •
3 34
2 53
2 7
3 28 0 29
2 14
6 15
4 47 6 28
4 8
u2' r
=
2 5
3 37
0 41
2 33
3 37
5 26
5 24
4 19
6 38
Ma" r"
4 11
4 58
3 14
2 38
0 39
2 31
4 46
b 57
5 17
6 46
5 58
ua"' r"
2 42
2 42
0 32
3 36
141
2 2
8 11
4 31
5 33
Zw
ß i -
und ei
n glie dr
i ger s
aurer w
ein steinsaurer
S tr ontian.
Sr 0. C8 H5 O11 +4 aq**).
Diese Krystalle bilden sich in Auflösungen von weinsteinsaurem
Strontian mit grossem Ueberschuss freier Weinsteinsäure, aber sie
entstehen oft auch in viel weniger sauren Flüssigkeiten , welche
das eingliedrige Salz geben ***) ; in diesem Fall beginnt die Bil-
dung beider gleichzeitig, da aber im Verlaufe des freiwilligen
Verdunstens die Flüssigkeit immer saurer wird, so hört die Ver-
grösserung der eingliedrigen Krystalle auf, und nur die zwei-
und eingliedrigen wachsen fort. Daher kommt es, dass man
Gruppen erhält, an welchen letztere in jene eingedrungen sind.
Fig. 70 stellt unser Salz dar, sehr vollkommen spaltbar nach C.
*) Wenn die r mehr als zwei Bilder gaben, sind die Divergenzen
der nächsten und fernsten angeführt.
**) Gefunden 22,82 pCt. Sr O, berechnet 22,65.
***) Ueber dieses s. meine Untersuchungen über die Hemiedrie. Nuovo
Cimento Aprile 1855 und Pogg. Ann. Bd. 109. 373.
85
Ausser dieser sind alle Flächen grob gestreift parallel den Kan-
ten mit ihr, weshalb sie meist undeutliche Bilder geben, und
wenn nur eins, dann mit grossen Differenzen in den gleichwerthi-
gen Neigungswinkeln. Der Grund davon liegt in der starken
[ Polyedrie der Flächen o, o3, «, ß, welche nur darum bisweilen
1 ein Bild reflektiren , weil sie dann eine der vielen möglichen
I Lagen innerhalb ihrer Abweichungen besitzen. Im Folgenden
stehen die Messungen an acht Krystallen mit glänzenden Flächen,
welche bei zwei Bildern das Mittel sind.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
C os
126°11'
125° 29'
123°57'
124« 16'
125° 27'
127° 6'
128° 25'
122°
41'
hinten
124 44
125 33
120 34
127 40
124 40
Co
108 45
102 36
103 29
104 20
102 7
102
9
h.
102 29
102 44
102 49
102
18
Cu
103 33
98 5
104 31
102 50
105 27
103 18
103 14
101
12
h.
101 56
103 7
101 40
102 1
101 34
101 50
101 35
102
18
0 u
115 58
115 43
114 47
114 50
114
25
Saures weinsteinsaures Natron.
NaO. C8 H5 O1 1 +2 aq.
Die Krystalle dieses Salzes fallen je nach der Beschaffenheit
der Flüssigkeit sehr verschieden aus. Aus einer Auflösung des
reinen Salzes erhält man sehr feine Nadeln ohne gut bestimm-
bare Flächen. Enthält die Flüssigkeit etwas von dem löslicheren
neutralen Salze, so schiesst das Bitartrat in langen rhombischen
Prismen, von den Flächen m begrenzt (Fig. 71) an, die einem
|sl Rhombentetraeder angehören. Vermehrt man die Menge des
lr neutralen Salzes, bis sie die des sauren übertrifft, so fallen die
j[ Krystalle des letzteren immer kürzer und dicker aus, und zeigen
;e eine unregelmässig convexe Endfläche (Fig. 72). Ist endlich
p das Verhältniss des sauren Salzes ein ganz geringes^ so verkürzen
i sich seine Krystalle bis zur Linsenform. Fügt man einer Auf-
lösung von neutralem weinsteinsauren Natron so viel Salpeter-
säure hinzu, als nöthig ist etwa die Hälfte des Natrons zu neu-
tralisiren , so bilden sich Krystalle des Bitartrats von ähnlicher
i Form wie die bei Gegenwart des neutralen Salzes. Alle diejeni-
| gen aber, welche nicht viel länger als breit sind, zeigen die auf
! einander rechtwinkligen Flächen B und C, von denen letztere
sehr vollkommene Spaltungsfläche ist, und ferner u% und u3.
i
86
Alle diese Seitenflächen sind gewöhnlich glänzend und geben,
mit Ausnahme von C, zwei Bilder, welche bei den Krystallen,
die sich aus der neutrales Salz enthaltenden Auflösung gebildet
hatten, ~ bis 1 Grad von einander sich entfernen, während diese
Entfernung öfters über 6 Grad beträgt bei denen, deren Auflö-
sung salpetersaures Natron enthielt. Einmal erhielt ich im letz-
teren Fall einige isolirte mit B aufgewachsene Krystalle, welche
in der Horizontalzone nur w3 zeigten; diese waren deutlich in
zwei, das obere B in drei Facetten getheilt, während eine Fläche
C sehr klein zu bemerken war. Bezeichnen B' und B" die an
u3 stossenden Theile von B, so ergaben die Messungen an drei
Krystallen :
links rechts 1. r. 1. r.
BB' = 1° 5' 0°40'
BB" = 6 14 4 41 6°54'
Bu3 = 128 24 121°45' 129 7 122°13' 128 20 120°56'
124 13 118 58 123 53 118 16 124 16 118 39
Bu\ = 122 30 126 51 122 36 127 1 126 10 121 18
118 16 124 3 119 25 124 29 117 26
Da die Aufwachsungsfläche B nicht glänzend war, so wurde
die Neigung von u3 rechts gegen B links gemessen, wobei ich
das Mittel von 3 Bildern der letzteren nahm, und daraus wurde
ihre Neigung gegen B rechts abgeleitet, vorausgesetzt, dass beide
B parallel seien. Bei Nr. 1 und 3, wo ein Theil des unteren
C frei war, fand ich (Nr. 1.) C B" = 92° 58', CB' = 86°
44', CB = 85° 38' und (Nr. 3.) CB" = 92° 38', CB =
85° 50'.
Saures traubensaures Natron.
NaO. C8 H5 O' 1 + 2 aq.
Man erhält es ziemlich leicht in Krystallen , sowohl aus
Flüssigkeiten, welche das leichter lösliche neutrale Salz enthalten
als auch aus reinen Auflösungen. In beiden Fällen entstehen
zwei Arten von Krystallen, die einen von eingliedrigem Charakter,
87
die anderen anscheinend zwei- und eingliedrig, oder vielleicht
zweigliedrig hemiedrisch. Ist die Auflösung warm und so Con-
centrin, dass sie Krystalle giebt, ehe sie sich mit der Tempera-
tur der Umgebung ins Gleichgewicht setzt, so sind die ersten
Krystalle eingliedrig; diese vergrössern sich dann, und zugleich
entstehen die zweigliedrigen. Aus einer Auflösung, die beim
Stehen erst nach einigen Tagen krystallisirt , entstehen beide
Formen, vorherrschend aber die zweigliedrigen. Unter anderen
Umständen bilden sich bald die einen bald die anderen. Sie
scheinen chemisch nicht verschieden zu sein, weil jede Art, für
sich aufgelöst , beide Formen liefert. Eine Natronbestimmung
gab in den eingliedrigen 16,29 pCt. , in den zweigliedrigen,
16,23 pCt. (berechnet 16,3 pCt.)
Aus dem über ihre Bildung Gesagten ersieht man, dass die
Bedingungen für die Entstehung der einen oder anderen Art
nicht so sehr verschieden sind, um ihre gleichzeitige Bildung in
derselben Flüssigkeit zu verhindern. Die eingliedrigen nicht
minder wie die zweigliedrigen Krystalle entstehen unter Bedin-
gungen, welche die Grenze erreichen oder überschreiten, jenseits
deren ihre Symmetrie eine Aenderung erleidet, oder, nach dem
gewöhnlichen Sprachgebrauch , ihr Krystallsystem sich ändert.
Es entsteht natürlich die Frage, ob die Molekularkräfte, welche
mit gegebenen Elementen eine Krystallform hervorbringen, in
Gegenwart anderer Kräfte, welche aus denselben Elementen eine
andere von jener verschiedene Form erzeugen, verschieden wenig-
stens in der Symmetrie der Flächen, so auf einander wirken,
dass sie sich gegenseitig stören , und vorzüglich , ob sie auf die
Entstehung der Polyedrie Einfluss haben. Da ich hierauf nicht
genügend antworten kann, so beschränke ich mich auf die Be-
merkung, dass die fraglichen beiden Formen stark polyedrisch sind.
Die eingliedrigen Krystalle sind selten einfach (Fig. 73),
meist Zwillinge (Fig. 74, 75). Die Flächen A der einfachen
Krystalle sind eben oder ganz wenig convex, die der Zwillinge
sind nur convex in verschiedenem Grade. Unter den übrigen
sind die e am meisten glänzend und eben ; gewöhnlich reflektiren
auch die C\ welche die Zwillings- und Spaltungsflächen sind, nur
ein Bild ; die übrigen Flächen der Zone B C geben zwei Bilder,
die um etwa 4 Grad divergiren. Ausser dieser Polyedrie findet
man an ihnen noch grössere Differenzen bei der Messung ihrer
Winkel mit C\ In der folgenden Tafel finden sich die Messungen
88
an drei einfachen Krystallen und an drei Zwillingen, woraus er-
hellt, dass die Neigung Cü von 138° 26' bis 129° 51' variirt;
ebenso BC = 110° 7' bis 101° 22'; C'w2 =* 144° 56' bis
141° 3'; C'u = 121° 28' bis 118° 27'.
Einfache
Krysta
He.
1.
2.
3.
Ks U
= 135°
52'
138°
36'
4O4 0
lOl-
1 o
Cü hint.
= 130
14
133
54
135
2
129
51
131
47
CB
= 103
31
110
7
105
43
105
19
ÜB h.
= 102
0
104
48
109
14
C'uz
== 142
32
144
56
142
31
Cu% h.
= 142
49
141
3
144
32
C'u
= 119
58
118
27
Cu h.
= 119
21
118
50
Zwillinge.
1. 2. 3.
links rechts 1. r. 1. r.
Cü = 135°26' 135°13' 135°17' 135°52' 134°52'
131 13 131 39 132 27
CB = 104°44' 106 27 98 29 101 22
104 53
Cu2 m 141 56 143 4 143 27 143 24
142 54
Cu = 121 28
Die zweigliedrigen Krystalle des sauren traubensauren Na-
trons sind meist einfach, an beiden Enden von A (Fig. 76), den
Spaltungsflächen, und von e begrenzt, die in der Mitte von A
einspringende Winkel bilden ; bisweilen sind es Zwillinge (Fig. 77),
welche ausser A und 0, die hier zur Seite von A liegen, noch
89
die Flächen #2, 03, <?4 haben, die zugleich hemiedrisch sind, da
ei und ex da liegen, wo die Axen a beider Krystalle den spitzen
Winkel bilden, e und e3 aber auf der entgegengesetzten Seite.
Die Flächen Af e, e2, e ^ gleichwie o pflegen glänzend zu sein,
jedoch ß an den einfachen Krystallen und an den Zwillingen
sind stark polyedrisch in der Zone u4e. Insbesondere sind die
B solchen Verrückungen unterworfen, dass der Abstand ihrer
Bilder 16 Grad beträgt, und sich an den Grenzen ihrer Abwei-
chungen eine neue Fläche von einfachen Zeichen finden dürfte.
Es ist merkwürdig, dass diese Krystalle, obgleich sie durch
ihre Symmetrie von den vorigen sehr verschieden sind, doch in
den Winkeln der Zone Ae denen der Zone BC (Fig. 73) ent-
sprechen. Mit einer Correction für die drei kleinen Differenzen
fand ich an den zweigliedrigen Ae =■ 142° 44'; Ae% = 133°
12'; Aez = 119° 23'; AeK = 105° 44'. Hieraus ersieht man
leicht, dass e = w2, e3 = u, et = e 4 = B sind.
Ich hätte die Zahl der Beispiele von Polyedrie noch sehr
vermehren können, glaube jedoch nicht, dass dies zur Begrün-
dung meiner Ansichten nöthig sei. Nur hinsichts einiger Mine-
ralien, wie Kalkspath und Quarz , hätte ich gern von den Ab-
weichungen gesprochen, denen sehr viele Flächen ihrer mannich-
fachen Krystalle unterliegen, indess konnte ich beim Mangel einer
genügenden Sammlung von ihnen bis jetzt noch nicht zu einer
vollständigen Kenntniss ihrer Polyedrie gelangen.
III. Unbestimmte Polyedrie*
An vielen Krystallen findet man auf gewissen Flächen eine
Theilung durch hervortretende Linien in veränderlichen Richtun-
gen, gleichsam sehr stumpfe Kantenwinkel von veränderlicher
Lage, wie die mehrfache Wiederholung der von ihnen reflek-
tirten Bilder in kurzen Entfernungen andeutet. Unter den vielen
Beispielen dieser Art gedenke ich hier nur der Flächen A am
schwefelsauren Zinkoxyd -Natron (Fig. 69), welche nie vollkom-
men eben sind. Vergrössern sich die Krystalle schnell in einer
Auflösung bei etwa 50 Grad, so liegen die zahllosen Facetten,
90
welche durch die Verrückung von A entstehen, so verwirrt durch
einander, dass sie gar kein deutliches Bild geben. Bei lang-
samer Vergrösserung durch freiwilliges Verdunsten erscheint die
Theilung auf A deutlicher; jede Facette reflektirt ein Bild, allein
es lässt sich weder ihre Zahl noch die Richtung der Kanten, in
denen sie sich schneiden, erkennen.
Es muss hervorgehoben werden, dass zwischen den Abwei-
chungen der Flächen in bestimmten Richtungen und den ganz
unregelmässigen kein solcher Unterschied vorhanden ist, dass sie
nicht unter Umständen in einander übergehen könnten. Auch
wenn die Polyedrie sich deutlich nach mehren bestimmten Zonen
zeigt, bemerkt man häufig, dass die Facetten nicht genau in
diesen Zonen liegen, und dass sie um einige Grade aus den bei-
den entgegengesetzten Theilen der Zonenebene abgelenkt sind.
Deshalb werden polyedrische Flächen so häufig etwas convex.
Wir haben dies bereits am Flusspath und am schwefelsauren
Kali gesehen, und es ist also die Sache nicht so einfach, wie sie
auf den ersten Blick erscheint. Dieselben Flächen, welche an
vielen Krystallen ziemlich bestimmte Abweichungen in bestimmten
Zonen zeigen, wie die B des zweigliedrigen schwefelsauren Man-
ganoxydul-Kalis (Fig. 17) oder die Oktaederfläche des Alauns
bieten an anderen Krystallen solcher Substanzen nur undeutliche
Polyedrie dar. Und umgekehrt sieht man die Fläche A des
obenerwähnten Zinksalzes zuweilen grob gestreift parallel den
Kanten Ao, was auf eine grössere Neigung, nach dieser Zone
abzuweichen, deutet. Diese Flächen A übertreffen an Grösse
alle übrigen, und es pflegt überhaupt die unbestimmte Polyedrie
den ausgedehntesten Flächen eigen zu sein.
Es giebt noch eine andere Art unbestimmter Polyedrie, die
sich durch kein Zeichen auf den Flächen kund giebt, aber durch
Messungen sich erkennen lässt, indem man dann ihre Lage nicht
der Regel gemäss findet. Man sieht dies ziemlich leicht an spie-
gelnden Flächen, die nur ein Bild geben, und die anstatt parallel
zu sein gegen einen unbestimmten und veränderlichen Punkt hin
convergiren. Allerdings könnte man diese Erscheinung von be-
stimmter Polyedrie ableiten. So z. B. sehen wir die Oktaeder-
flächen des Alauns genau nach drei festen Richtungen abweichen,
indem ihre Dreitheilung in Facetten einem Pyramidenoktaeder
entspricht, allein nicht selten findet sich nur eine dieser Facetten,
welche, da sie nur ein Bild giebt, als die Oktaederfläche in nor-
91
i
maier Lage erscheinen kann. Wenn nun anf der Parallelfläche
blos eine der anderen beiden Facetten vorhanden ist, so kann
sie nicht parallel der ersten sein , und der Convergenzpunkt
beider wird veränderlich sein, da die Lage der Facetten dies
ebenfalls ist. Gleichwohl haben mir die Verrückungen glänzender
Flächen in veränderlichen oder wenigstens in nicht deutlich be-
stimmten Richtungen, obschon sie häufig sind, niemals den Grad
von Divergenz gezeigt, den wir oft bei der Polyedrie in bestimm-
ten Zonen gefunden haben. (Vgl. das über die Flächen m am
i schwefelsauren Kali Gesagte).
Gekrümmte Flächen. Aus dem Früheren ergiebt sich,
i dass die Krümmung der Krystallflächen nichts als ein Ausdruck
ihrer Polyedrie ist. Am eingliedrigen sauren traubensauren
Natron fanden wir die A einfacher Krystalle eben oder sehr
wenig convex, stark gekrümmt an Zwillingen, so dass die Poly-
i edrie sich dadurch offenbart, und die Zwillingsbildung die Krüm-
i mung deutlicher macht, gleichwie sie in anderen Fällen auf die
i Polyedrie Einfluss hat. Die Krystalle des sauren weinsteinsauren
i Natrons sind an den Enden von vielen Flächen begrenzt, (Fig. 71,
72), von denen die mittleren, die mit einander sehr stumpfe
i Winkel bilden, selten die Flächen Afm^ n deutlich erkennen
i lassen , die meist in eine convexe oder unregelmässig wellige
i Fläche zusammenfliessen (Fig. 72).
i Am D iamant ist die Krümmung der Flächen längst Gegen-
! stand der Bemerkungen der Mineralogen gewesen. Ich konnte
i freilich nur 30 Krystalls aus Brasilien prüfen, die mir folgende
! Resultate gaben. Die Oktaederflächen, welche zugleich die Spal-
tungsflächen sind, sind stets glänzend und eben, nur gegen die
: Kanten hin etwas gebogen, wahrscheinlich in Folge des Auftre-
i tens anderer kleiner Flächen. An zwei Krystallen von deutlicher
i Würfelform sind die Flächen mit sehr kleinen Pyramiden von
gekrümmten Facetten bedeckt, deren Kanten den Kanten des
I Oktaeders entsprechen. Alle anderen Formen habe ich nur con-
i vex gefunden. Von den Kanten , die aus dem Zusammenstoss
convexer Flächen entstehen, sind die in Fig. 78 mit d bezeich-
neten und den Granatoederkanten entsprechenden die am meisten
hervortretenden. Auch die dem Würfel zugehörigen c sind deut-
i lieh, aber die des Oktaeders o sind kaum angedeutet oder un-
sichtbar. Parallel diesen letzteren sind die Flächen oft gestreift
oder bilden einspringende Winkel von geringer Tiefe. Die mehr
R
92
hervortretenden Kanten weisen auf einen Pyramidenwürfel hin,
an welchem die Flächen rc, ri einerseits, und ri\ri" andererseits
in einer Ebene liegen müssten. Allein die Richtung, nach wel-
cher die Flächen des Diamants vorherrschend gekrümmt sind, ist
gerade die Zone, deren Ebene senkrecht auf den Oktaederkanten
steht. An einem Krystall von 5y Millim. Durchmesser, von sehr
glänzenden und gleichförmig gekrümmten Flächen gebildet, unter-
nahm ich zu prüfen,, wie die Flächen das Bild des Metallstrei-
fens reflektiren würden, den ich als Marke bei den Messungen
benutzte, und fand, als ich die Flächen ri spiegeln Hess, die
durch keine deutliche Kante getrennt sind, und den Krystall in
der Zone drehte, deren Ebene gleichsam senkrecht auf o steht,
dass sich in einem Bogen von etwa 45 Grad eine ununterbrochene
Reihe horizontaler oder wenig davon abweichender Bilder reflek-
tirte. Als ich sodann den Krystall mit der Kante c senkrecht
auf den getheilten Kreis des Instruments einstellte, so dass sich
beim Drehen den von », ri reflektirten Bildern die von ri\ ri"
folgten, bemerkte ich, dass die Bilder beider Flächen in dieser
Stellung drei bestimmte Richtungen hatten, eine horizontale, und
zwei geneigte nach rechts oder links heruntergehende, deren erste
in der Mitte dieser beiden lag. Bios die horizontalen Bilder in
Betracht gezogen, setzten die von n, ri reflektirten ohne Unter-
brechung in einem 2 bis 5 Grad betragenden Bogen fort, und
als ich den Kreis des Instruments zu drehen fortfuhr, erschienen
nach etwa 10 Grad die von n" ri" reflektirten Bilder in einem
ähnlichen Bogen. Die Bogen aber, welche die Abstände der
entferntesten Bilder von ra, ri und n" ri" messen , fand ich im
Mittel etwa === 17 Grad. Als ich endlich den Krystall mit der
Kante d senkrecht auf den getheilten Kreis, den Winkel a ihm
zugekehrt, einstellte, beobachtete ich beim Drehen, dass die Flächen
die Bilder blos in drei bestimmten Richtungen reflektirten, und
zwar successiv die einen nach den anderen. So sind, mit ri
beginnend, die ersten Bilder nach rechts abwärts geneigt, dann
folgen ohne Unterbrechung die horizontalen , und auf diese un-
mittelbar die nach links abwärts geneigten. Setzt man die Dre-
hung fort, so kommen nach etwa 16 Grad die von mm reflek-
tirten Bilder in umgekehrter Ordnung zum Vorschein. Der
Drehungsbogen für diese Erscheinung variirte von 22 bis 39 Grad,
im Mittel betrug er etwa 33 Grad. Wenn man also die von n
und m reflektirten Bilder auslässt, und blos die von ri und m
93
in Betracht zieht, so wird der Abstand ihrer entferntesten hori-
zontalen Bilder etwa = 49 Grad, die der nächsten, wie schon
bemerkt, etwa ±= 16 Grad.
Aus der angeführten Art, wie die gekrümmten Flächen des
Diamants die Bilder reflektiren, kann man, wie mir scheint, nicht
blos erkennen, welchen Flächenarten sie angehören, sondern auch,
welches die Art der Abweichung dieser ursprünglichen Flächen
sei. Aus den von n, ri und von ri\ ri" reflektirten horizontalen Bil-
dern bei Drehung des Krystalls um die Kante c folgt, dass es die
Flächen des Pyramidenwürfels 430 sind, für welche die Abweichung
n ri von n"ri"— 1 6 0 1 6' ist, und dass die Flächen desselben Verrückun-
gen von etwa 3 G. im Sinne der Zone erleiden, deren Ebene senkrecht
auf c steht, und lediglich auf der Seite dieser Kante. Was die Bil-
der betrifft, welche beim Drehen des Krystalls um die Kanten d oder
o entstehen, so folgt, dass der Achtundvierzigflächner 432 vorhanden
ist, wonach rcrc' = 43°36', ri ri" Ä 15° 2' und ri Tri ^ 15° 4' ist.
Ferner haben wir gesehen, dass bei Drehung des Krystalls um
o der grössere Abstand der Bilder von n und ri oder nri =
45 Grad ist, und bei Drehung um d der kleinere Abstand der
Bilder von ri und tri oder ri m etwa = 16 Grad ist. Wir
sehen überdies, dass bei der Drehung um d annähernd die hori-
zontalen Bilder sich auf die Flächen des Pyramidenwürfels, die
schiefen auf die des Achtundvierzigflächners beziehen. Daraus
folgt, dass die Flächen des ersteren ausser den Abweichungen
nach der Zone nn\ ri' ri", noch andere im Sinne der Zone n, ri
für die beiden entgegengesetzten Richtungen um etwa 5 Grad
in jeder einzelnen erleiden, und dass die Flächen des Achtund-
vierzigflächners polyedrisch sind im Sinne derselben Zone, und
blos auf der Seite der Kante o, um etwa 1 1 Grad. Die dieser
Form zugehörigen schiefen Bilder bei der Drehung um c zeigen
für jene noch andere Abweichungen von etwa 3 Grad im Sinne
der Zone n,' ri" lediglich in der Richtung der Kante c an.
An dem untersuchten Krystall befinden sich mithin die
Formen 430 und 432, beide polyedrisch um etwa 10 Grad im
Sinne der Zone n, ri und um etwa 3 Grad im Sinne der Zone
ri, ri" \ in der ersten weichen die Flächen 430 nach beiden ent-
gegengesetzten Seiten ab, und alle übrigen Abweichungen folgen
sich in einer einzigen Richtung gegen die entsprechenden Kanten
o oder c.
Gyps. Das Auftreten convexer Flächen ist bei ihm eine
94
gewöhnliche Erscheinung, und nach meinen Beobachtungen ist
seine Polyedrie sehr veränderlich je nach den Umständen der
Bildung der Krystalle, so dass dieselben Arten von Flächen, die
an gewissen Krystallen vollkommen eben sind, an anderen ganz
convex erscheinen.
An einer Zwillingsgruppe von Hallstadt (Fig. 79), an wel-
cher der Krystall o links sich am vorderen Theile der Gruppe
über o rechts ausdehnt, und daher die Fläche n sehen lässt,
die bei gleichmässiger Grösse beider nicht sichtbar sein würde*),
ist n convex und in der Mitte vollkommen glänzend und eben,
wird aber nach o, C und u hin gekrümmt und gleichsam in
Facetten getheilt, sd dass diese Theile ri, n' mehre deutliche
Bilder in der Zone rc, u reflektiren. Ich fand nri = 1° 48',
3° 47'; nn" — 5° 6', 9° 19'. Lässt auch dieses Beispiel die
Richtungen nicht erkennen , nach welchen die Verrückung von
n erfolgt, so genügt es zu zeigen, dass die Krümmung auf Po-
lyedrie beruht.
An vielen Krystallen aus Sicilien sind sowohl die n als die
o gekrümmt, aber jede in besonderer Weise und zugleich mit
merkwürdiger Regelmässigkeit. Fig. 80 zeigt einen einfachen
Krystall , an welchem die beiden o zu einer convexen Fläche p
voller Beulen zusammenfliessen, und die beiden rc, welche grossen-
theils ganz eben geblieben sind, sich da krümmen, wo sie nach
q hin zusammentreffen, wo sie also p berühren, dergestalt, dass
p in den gekrümmten Theil von n übergeht. Wahrschein-
lich nehmen noch andere Flächen zwischen o und n an der
grossen convexen Oberfläche der Krystalle Theil. Fig. 81 stellt
andere Gypskrystalle aus Sicilien dar, an denen die Krümmung
von o und n noch merkwürdiger ist. Es sind Zwillinge gleich
denen in Fig. 79, allein ein Individuum ist kleiner als das an-
dere, so dass jenes diesem aufgesetzt erscheint. An ihnen ver-
fliessen beide o zu einer convexen Fläche, die durch zwei her-
vortretende Rippen deutlich in drei Theile getheilt ist, welche
Scheidungen von der oberen Ecke divergirend nach den Seiten-
flächen u laufen, so dass der mittlere Theil r sich an die beiden
seitlichen m so anschliesst, als wenn es zwei verschiedene Flächen
wären. Die anderen n, die an der Kante Cu eben sind, werden
*) Zum Verständuiss der Figur sei bemerkt, dass Cu = 124° 19',
Co = HO0- 46', Cn = 108« 9', nu = 131° 0', ou =z 120° 44' ist.
95
convex in q und und der Theil /; stösst an th, wie m an r.
as den oberen kleineren Krystall betrifft, dessen convexe Fläche
on der Polyedrie der beiden gekrümmten o herrührt wie die
des grösseren , so würde jene mit diesen eine einzige convexe
Fläche bilden, wenn sie nicht durch eine flache Furche getrennt
wären. Die Regelmässigkeit, welche aus dieser Disposition ge-
krümmter Flächen hervortritt, lässt erkennen, dass dieselben von
Verrückungen der ursprünglichen Flächen in bestimmten Rich-
tungen herrühren.
Strahiige Krystallgruppirung. Die bekannte Eigen-
tümlichkeit vieler Körper, ihre Krystalle in dieser Art anein-
ander zu legen, ist theils eine offenbare Gruppirung vieler Kry-
stalle, theils scheint sie davon herzurühren, dass die Theile eines
und desselben Krystalls auf der einen Seite sich ausbreiten, auf
der anderen zusammenziehen. Ich glaube, dass zwischen beiden
Fällen eigentlich kein Unterschied besteht. Für manche Sub-
stanzen, wie Aragonit , Mesotyp, Stilbit, Prehnit u. a. ist die
strahlige Gruppirung ein gewöhnliches und gleichsam unterschei-
dendes Merkmal, während sie sich bei anderen selten oder nie
findet. Bei Gelegenheit der Polyedrie der Flächen B des Phil-
lipsits (Fig. 26) haben wir gezeigt, wie sie convergirend nach
der Mitte des Krystalls zu abweichen, und dass die Eigenthüm-
lichkeit sich in Gruppen zu vereinigen hiermit Hand in Hand
geht, eine nothwendige Folge davon ist. Wenn auf den poly-
edrischen Flächen eines ursprünglichen Krystalls, der angefangen
hat sich zu vergrössern , andere kleine Krystalle sich anheften,
so werden deren Axen um so mehr von den gleichnamigen des
ersten Krystalls divergiren, je grösser bei ihm die Abweichung
der Flächen aus ihrer normalen Lage ist. Schreitet die Ver-
grösserung der kleinen Krystalle fort, die gleichfalls polyedrisch
sind, so werden die späteren kleineren Krystalle immer mehr
von dem ersten in ihrer Lage divergiren, und dies, so lange das
Fortwachsen dauert und sich Raum für den Ansatz neuer Kry-
stalle auf den Flächen der vorhandenen findet.
Unter den künstlichen Verbindungen liefern die orthoaxen
zweigliedrigen) Krystalle des sauren traubensauren Natrons eines
der besten Beispiele strahliger Gruppirung. Selten sind einfache
rystalle wie Fig. 76, denn fast immer gehen aus der Mitte von
ß, welches polyedrisch ist, andere kleinere Kryslalle divergirend
us , wie man Aehnliches auf rosettenförmigen Gruppen von
96
Schwerspath sieht. Wenn diese Gruppirungen einfach sind, so
ist es leicht sich zu überzeugen, dass sie nur die Vereinigung
zweier oder mehrer Krystalle nach ihren polyedrischen Flächen
sind. Wenn aber, wie bei jenem Salze, die Gruppen sehr dicht,
halbkugelig , aus dünnen strahligen Blättchen zusammengesetzt
erscheinen, so kann man ihnen doch auch keine andere Entste-
hung zuschreiben und gelangt zu dem natürlichen Schluss, dass
die Polyedrie der vorzüglichste wenn nicht der einzige Grund
der strahligen Aggregation der Krystalle sei.
Schluss.
Aus den in dieser Arbeit dargelegten Erscheinungen ergiebt
sich, dass die Flächen der Krystalle, theoretisch betrachtet, ge-
mäss den bekannten krystallographischen Gesetzen eine bestimmte
Lage haben, die sich auch verwirklicht finden kann, während
sie andererseits einer Veränderung unterworfen ist innerhalb ge-
wisser Grenzen in Folge einer ihnen zukommenden Eigenschaft,
welche wir Polyedrie nennen.
Die Polyedrie kann bei allen Arten von Krystallen stattfin-
den, mit dem Unterschiede, dass sie bei einigen sehr wenig oder
nicht merklich, bei anderen mehr oder weniger deutlich ist.
Sie steht oft in Beziehung zu gewissen Eigentümlichkeiten
der Krystalle, z. B. mit der Hemiedrie, der Zwillingsbildung und
dem Vorhandensein sehr stumpfer Kantenwinkel.
Der Grad der Abweichung, welcher die Polyedrie einer ge-
gebenen Art von Flächen bezeichnet, übersteigt zuweilen die
Grenzen, innerhalb deren zwei verschiedene Arten \von Flächen
in ihren normalen Lagen sich finden können.
Von den Ursachen, welche den Grad der Abweichung zu
vergrössern oder zu verkleinern vermögen, kennen wir bis jetzt
keine mit Sicherheit, und können blos mit Wahrscheinlichkeit
die schnelle oder langsame Vergrösserung der Krystalle dahin
rechnen.
Die gekrümmten Flächen und die strahligen Aggregate sind
Aeusserungen der Polyedrie in besonderer Art.
97
2. Ueber die Kreide am Zeltberg bei Lüneburg.
Von Herrn A. von Strombeck in Braunschweig.
(Hierzu Tafel IV.)
Schon seit langer Zeit ist den Geognosten bekannt, dass am
Zeltberg bei Lüneburg obere Kreide als weisses Kalkgestein zu
Tage tritt. Neuere Aufschlüsse verbreiten ein mehreres Licht
dahin, dass dieser weisse Kalk nicht nur verschiedenen Gliedern
der Kreide, sondern sogar verschiedenen Etagen derselben zuge-
hört. Zwar gewährt die Lagerung derselben nichts Abweichen-
des von dem, was nächst dem Harze auf einem grösseren Land-
striche zu beobachten steht, und wovon wir die Uebersicht schon
gegeben haben , gleichwohl möchte das Lüneburger Kreide- Vor-
kommen nicht ohne Interesse sein. Theils ist an und für~sich
das Erscheinen von oberer Kreide in der Mitte des norddeutschen
Tieflandes, zwischen dem Pläner des Harzes und von Westpha-
len einer Seits und der Kreidebildung von England und an der
Ostsee andererseits, «für Vergleichungen nicht ohne Bedeutung,
theils aber bieten fünf Steinbrüche, die am Zeltberg auf kleinem
Räume betrieben werden , eine derartige Einsicht von der ge-
sammten Ablagerung, dass die Aufeinanderfolge und die Be-
schaffenheit der Schichten ohne Schwierigkeiten aufzufassen steht.
Wir haben in den letzten Jahren wiederholt Gelegenheit gehabt,
in der Umgegend von Lüneburg Beobachtungen anzustellen, sind
auch durch die reichen Petrefacten-Sammlungen der Herren Mo-
ritz, Vater und Sohn, in Lüneburg, die uns ihre Vorräthe mit
dankenswerther Bereitwilligkeit anvertrauten, in den Stand ge-
setzt, eine mehrere Uebersicht zu gewinnen als derjenige, der
nicht Anwohner ist, zu erlangen pflegt. Es möge daher ge-
stattet sein, in den nachfolgenden Zeilen einen Beitrag zur Kennt-
niss von der Kreide-Ablagerung am Zeltberg zur Veröffentlichung
zu bringen. Zwar könnte es angemessener erscheinen, zuvörderst
die umfassendere Darstellung der obern Kreide nächst dem Harze
zu geben, allein wir befürchten, dass die Beendigung dieser Ar-
Zeits. d.d. geoI.Ges. XV. 1. 7
98
beit noch einigen Aufschub erleidet. — Im Uebrigen wird in
Betreff der Orographie auf Volger's Werk über die geo-
gnostischen Verhältnisse von Helgoland, Lüneburg u. s. w. (Braun-
schweig 1846) verwiesen.
Die secundären Gebirgsschichten , welche bei Lüneburg an
die Oberfläche treten, beschränken sich auf die nächste Umgegend,
und bestehen die ältesten aus Trias, sofern, wie wahrscheinlich,
der dortige Gyps, aus dem reiche Soolquellen entspringen, dazu
gehört. Sicher sind mindestens die h. 7 streichenden und mit
50 bis 60 Grad in NO. einfallenden Kalkbänke an der Schaf,
weide (s. diese Zeitschr. Bd. X. S. 80 und Bd. XII. S. 383)
Lettenkohlengruppe. Gleichwie das Liegende dieser Bänke
so wird auch ihr Hangendes aus bunten, vorwaltend rothen Tho-
nen zusammengesetzt. Auf dem angrenzenden Felde in Nord
und Ost geben sich letztere durch Gräben aufgeschlossen und
durch rothe Färbung des Ackers, auf dem Räume deutlich zu er-
kennen, den das Kärtchen Taf. IV anzeigt. Noch weiter östlich
folgt am westlichen Abhänge des Zeltberges weisses Kreide ge-
stein. Auf einer geringen Breite zwischen beiden nimmt die Mäch-
tigkeit der Ackerkrume so weit zu, dass Zweifel über das darunter
Anstehende bleiben könnten. Die Annahme indessen, dass hier die
auf der Lettenkohlengruppe ruhenden bunten Mergel des Keupers
vorhanden wären, erscheint nicht zulässig, weil diese nicht zu Thon
verwittern \ sondern zerbröckeln , und die keinenfalls sehr bedeu-
tende Dammerde davon Stücke führen müsste. Vielmehr deutet
die Beschaffenheit des Bodens und alles Sonstige darauf hin, dass
jene rothen Thone bis an die Kreide fortsetzen. Die Kreide
des Zeltberges ruht somit aller Wahrscheinlichkeit nach auf der
Lettenkohlengruppe, und fehlen der jüngere Keuper und der ge-
sammte Jura. Auch fehlen Neocom und Gault, da, wie sich
weiter unten ergeben wird, die vorhandene Kreide jüngeren Eta-
gen angehört. — Der Zeltberg selbst besteht aus Kreide, die,
soweit sie nicht zu hoch bedeckt ist , an der Oberfläche zu er-
kennen steht und auf der Karte bezeichnet ist. Etwas entfernt
von hier soll man bei niedrigem Wasserstande am Altenbrücker
Thore weisses Kreidegestein gesehen haben, und in der That
muss solches dort oder in der Nähe, im Bette der Ilmenau oder
des Lösegrabens anstehen, da namentlich das Wasser dieses letz-
tern grosse Blöcke davon auswirft. Ausserdem ist den Nach-
richten nach, welche Roth (diese Zeitschr. Bd. V. S. 359 ff.) zu-
99
sammenfasst, durch Bohrungen und andere Arbeiten weisser Kreide-
kalk an verschiedenen Stellen in und zunächst bei der Stadt,
mehr oder minder tief erreicht. Bleiben diese letztern Stellen un-
berücksichtigt, so beschränkt sich das am Tage wahrnehmbare
Vorkommen der Kreide auf den Zeltberg und dessen Abdachung
bis hart an das Bardowicker Thor, so wie dies die Karte Taf.
IV angiebt. Nördlich und östlich wird dieselbe von Diluvialsand
mit erratischen Blöcken bedeckt, doch mag sich in weiterer Ent-
fernung die miocäne Tertiär-Bildung, die am Hügel des
Ziegelhofes in SO. bei Lüneburg zu Tage geht, Zwischenlagern.
Der Raum-, auf dem am Zeltberge die Kreide ansteht, deren
Untersuchung wir beabsichtigen, ist nach Vorstehendem wenig
gross. Sein Durchmesser erreicht kaum 600 Schritt. Demun-
geachtet wird sich in geognostischer Hinsicht eine nicht uner-
hebliche Verschiedenheit ergeben. An der Höhe des Zeltbergs,
in dem Bruche der Sodafabrik, ist das Streichen der Schichten
h. 9 mit 45° Fallen in NO., und schliesst sich solches so an das
des Lettenkohlengesteins auf der Schafweide. Mehr südlich setzt
sich das Streichen in eine höhere Stunde um, und beträgt am
Abhänge im westlichen Theile des Rathsbruchs h. 10 bis 11.
Dabei nimmt der Winkel des stets östlichen Einfallens, von SW.
nach NO. schreitend , ganz allmälig ab, und hat am nördlichen
Stosse im östlichen Bruche der Cementfabrik nur noch etwa 10°.
Die Kreide am Zeltberg befindet sich hiernach nicht nur unter
sich , sondern auch zum Lettenkohlengestein der Schafweide in
gleichförmiger Lagerung. Ob und wie dasselbe auch mit der
Tertiär-Bildung Statt findet, lässt sich aus den Verhältnissen
in der Nähe nicht abnehmen. Die gesammten secundären Schich-
ten Lüneburgs werden einer Erhebungsfalte zugehören, an deren
Achse, die nahezu von SO. nach NW. streicht, die Trias-Gypse
einer Seits des Kalkberges und anderer Seits des Schildbergs
liegen, und deren östlicher Flügel durch die Lettenkohle der
Schafweide und die Kreide des Zeltberges formirt wird. Dem-
gemäss gelangt man, rechtwinklig gegen das Streichen von SW.
nach NO. über den Zeltberg vorgehend, auf immer jüngere
Kreideschichten. Durch Steinbruchsbetrieb aufgeschlossen, stehen
die ältesten Schichten im Sodafabrikbruche, die jüngsten im öst-
lichen Bruche der Cementfabrik an. Dazwischen liegen dem Al-
ter nach: der umfangreiche Rathsbruch, in dem neuerdings je-
doch nur der östliche Theil betrieben wird, der Bruch des Herrn
7*
100
Behr, früher Eigenthum von Deetz, und der westliche Bruch
der Cementfabrik.
Alle Kreide am Zeltberge ist bis auf einen sehr geringen
Theil, im bergfeuchten Zustande gelblich- oder grauweiss, trocken
nahezu schneeweiss. Sie hat erdigen Bruch, wie die weisse
Schreibkreide, und unterscheidet sich in den älteren und jünge-
ren Schichten mineralogisch nur dadurch, dass jene etwas fester
ist. Zu Baustein oder zu Wegebesserungs-Material kann davon
kein Gebrauch gemacht werden. Aus dem jüngsten Niveau lässt
sie sich, namentlich feucht, ohne Anstrengung mit den Fingern
zerreiben, und färbt stark ab. Die ganze Ablagerung zeigt, ohne
dass das mehr oder mindere Alter einen wesentlichen Unterschied
bedingte, Bänke von der geringsten bis zu i\ Fuss und mehr
Mächtigkeit. Die Zerklüftung ist, vorzüglich nahe am Tage,
nicht unbedeutend. Hin und wieder stellt sich auf den Schicht-
ablösungen der mittleren Lagen ein dünner Besteg von mildem
grauem Thonmergel ein. Accessorische Bestandteile sind im
Allgemeinen selten. Die tiefsten Schichten des Sodafabrikbruchs
lassen zuweilen Knollen von Schwefelkies, meist kugelförmig und
von Wallnussgrösse, wahrnehmen; die mittleren Schichten des
Rathsbruchs zeigen sehr zerstreut, und ohne sich regelmässig in
bestimmte Lagen zu gruppiren, bis handgrosse Nieren von dunklem
Feuerstein. Auch in Behr's Bruche stellen sich dergleichen, je-
doch seltener, ein, während das jüngste Niveau, die Kreide in
den beiden Brüchen der Cementfabrik davon frei bleibt. Dies
ist einigermaassen beachtenswerth, weil das Niveau der soge-
nannten weissen Schreibkreide, wozu, wie sich unten ergeben
wird, die Schichten der Cementfabrikbrüche gehören, in Rügen,
England u. a. 0. vorzugsweise Feuerstein - Ausscheidungen der
Art führt, dass dort die obere Kreide in Kreide mit und ohne
Feuerstein gesondert ist. Da bei Lüneburg das entgegengesetzte
Verhältniss Statt findet, so folgt, dass das Vorhandensein oder
das Fehlen von Feuerstein , wenn auch für bestimmte Gegenden
ein werth volles Erkennungsmerkmal, doch nicht durchgreifend,
sondern mehr oder weniger local ist.
Es wurde soeben erwähnt, dass die gesammte Kreide-Abla-
gerung am Zeltberge bis auf einen geringen Theil im Wesent-
lichen von gleicher mineralogischer Beschaffenheit sei. Dieser ge-
ringe abweichende Theil besteht in 2 etwa 4 Fuss mächtigen,
durch eine Zwischenlage von etwa 4 Fuss getrennten Bänken
101
von Kalkmergel, der in Bruch und in Festigkeit dem übrigen
weissen Gestein gleicht, jedoch eine fleischrothe Farbe hat, die
angefeuchtet mehr intensiv erscheint. Dieser rothe Kalkmergel
geht 6 — 8' von der nordöstlichen Ecke des Sodafabrikbruchs,
auf dem hier durchführenden Feldwege, zu Tage, ist von da süd-
lich auf dem Acker durch umherliegende Stücke erkennbar, und
steht dann, ununterbrochen fortsetzend, in der südwestlichen Ecke
des Rathsbruchs, unterhalb des dem Herrn BehR gehörigen Auf-
seher-Hauses wieder an. Der frühere Steinbruchsbetrieb ist bei
dem Auftreten des rothen Gesteins sistirt, weil dieses minder
kalkreich und sich zur Kalkmörtel-Bereitung, wofür der Betrieb
Statt fand, nicht eignen mag. Derselbe rothe Kalk, immerhin
eine auffällige Erscheinung, wo man nur graue und weisse Mas-
sen zu sehen pflegt, tritt auch, obwohl mit mehrerer Mächtigkeit,
im Pläner des nordwestlichen Deutschlands auf, und formirt in
diesem einen bestimmten und constanten Horizont, so dass solcher,
selbst wenn paläontologische Merkmale fehlen, eine schöne Orien-
tirung gewährt, und deshalb local für das nordwestliche Deutsch-
land, einen grossen geognostischen Werth hat.
Der Rathsbruch ist seit geraumer Zeit, jedenfalls schon im
vorigen Jahrhundert, zur Gewinnung von Material zum Kalk-
brennen betrieben, und hat dadurch einen ungewöhnlichen Um-
fang erreicht. Jetzt beschränkt sich der Betrieb auf den östlichen
Stoss. Der BEHR'sche Bruch, der zu Ende der 30er Jahre zur
Aufnahme kam, verfolgt denselben Zweck, und versorgt die Kalk-
öfen gegenwärtig vorzugsweise. Der Bruch der Sodafabrik, der
1855 oder 1856 entstand, liefert den Kalkbedarf für die Lüne-
burger Sodafabrik. Aus dem Gesteine der beiden Cementfabrik-
brüche, die erst seit einigen Jahren eröffnet sind, bereitet die un-
weit derselben belegene Cementfabrik mit 6 Oefen einen Mörtel
mit hydraulischen Eigenschaften.
Die Einförmigkeit, die die Kreide am Zeltberge in mineralo-
gischer Hinsicht zeigt, wird reichlich durch Mannichfaltigkeit ihrer
organischen Einschlüsse aufgewogen. Paläontologisch zerfällt sie
nämlich in vier Abtheilungen, von denen die beiden jüngeren
nahe verwandt sind, die beiden älteren aber nicht nur von jenen,
sondern auch unter sich entschieden abweichen. Es folgen von
unten nach oben:
1) Weisse Kreide mit dem Bruche d er S o dafabrik
(oberes Cenoman) ;
102
2) Weisse Kreide im westlichen Theile des
Rathsbruchs, nebst dem diese nach unten begrenzenden r o t h e n
Kalkmergel (Turon);
3) Weisse Kreide im östlichen Theile des Raths-
bruches und im BEHR'schen Bruche (Senon);
4) W e i s se K rei de der beiden Brüche der Cement-
fabrik (Senon).
Die gedachten Steinbrüche haben eine solche Lage, dass da-
mit fast alle Schichten der ganzen Ablagerung blossgelegt sind,
und da ferner die Tiefe der Brüche bis zu 50 Fuss steigt, so
gestalten sich die Aufschlüsse ungewöhnlich schön. Sie würden
nichts zu wünschen übrig lassen, wenn nicht die Stösse im mitt-
lem Theile des Rathsbruchs mit Schutt bestürzt wären, und wenn
auch dieser Theil des Complexes, der anderweit nicht offen liegt,
frei zu beobachten stände.
Es sollen nun im Nachstehenden die organischen Reste der
obigen vier Abtheilungen untersucht, dann darnach das geolo-
gische Alter einer jeden derselben gedeutet und zum Beschlüsse
allgemeine Vergleichungen gezogen werden. Selbstverständlich
rühren die Versteinerungen fast ohne Ausnahme aus den Brüchen
her. Ihr Erhaltungszustand ist, wenn sie nicht, was leider oft
der Fall, verdrückt sind, gut. Die Schale findet sich, wie in
der obern Kreide gewöhnlich, an den Cephalopoden und Unival-
ven nicht, ist dagegen an den meisten Bivalven und an den Echi-
niden vorhanden. Bei der Betrachtung der Zeltberger Verstei-
nerungen fügen wir deren anderweites Vorkommen im nordwest-
lichen Deutschland, der Schlussfolgerungen wegen, bei, beschränken
uns indessen, sofern ein Anderes nicht ausdrücklich bemerkt ist?
auf solche eigenen Beobachtungen , deren Zuverlässigkeit nach
unserer Anschauung keinem Zweifel unterliegt. Da die Alters-
folge in der Kreide des nordwestlichen Deutschlands, vom Ce-
noman an aufwärts, bis vor Kurzem nicht überall richtig ge-
deutet ist, so sind, was das Auftreten der organischen Reste
anbetrifft, die älteren Angaben über die einschliessenden Formations-
Glieder mit Vorsicht zu benutzen.
103
I. Versteinerungen aas dem Sodafabrikbruche.
1. Ammonite s Rhotom a gen s is Defr.
Nicht häufig.
Ein vollständiges Exemplar in der Sammlung der Herrn
i Moritz fuhrt bei 135 Mill. Durchmesser auf dem letzten Um-
gange 28 Rippen. Dies wird überhaupt das Maximum sein. Im
jüngsten Gliede des Cenomanen Pläners nächst dem Harze pflegt
die Anzahl der Rippen bei gleicher Grösse zwischen 18 und 20
zu bleiben; d'Orb. giebt nach dem mehr oder minderen Alter
8 bis 21, Sharpe 24 an.
Die Species beschränkt sich im nordwestlichen Deutschland
auf das oberste Glied des cenomanen Pläners, den wir nach ihr
Rhotomagensis- Pläner nennen. — In einigen Sammlungen Dres-
dens werden Exemplare von Amrnonites Rhotomagensis und
Mantelli von Strehlen aufbewahrt, die dort vor längeren Jahren
gefunden sein sollen , und citirt darnach Geinitz (Quadergeb.
S. 113) beide aus dem Plän er von Strehlen. Jetzt wird daselbst
nur Scaphiten - Pläner (unteres Senon) gewonnen, und steigen
beide Formen unseren Erfahrungen nach nicht in ein so hohes
Niveau. In der That hat früher die Kalkgewinnung bei Streh-
len auch in älteren Schichten, die gegenwärtig nicht mehr aus-
gebeutet werden, stattgefunden, und mag sich so die Angabe und
zugleich der Umstand aufklären, dass neuerdings dergleichen
nicht mehr vorgekommen sind. — Noch muss berichtigend be-
merkt werden, dass Ahlten unweit Lehrte im Hannoverschen,
wo nur Kreide mit Belemnitella mucronata auftritt, in der
Leth. 3. Aufl. V. S. 320 und in Geinitz's Quadergeb. S. 113.
irrthüralich als Fundort aufgeführt steht. Auch ist das Citat
bei A. RoeMer's Kreide S. 88 aus Quadraten-Kreide von Oster-
feld in Westphalen zu unterdrücken.
2. Amrnonites varians Sow. Selten
Formen, die der Varietät Coupei Brongn. nahe stehen,
etwa wie bei Sharpe (Palaeont. Soc. 1853) Tab. 8, Fig. 4 u. 8,
von denen Sharpe, der varians und Coupei specifisch trennt, die
Fig. 4 schon zu Coupei rechnet, sind die gewöhnlichsten.
Ammonite s varians, einschliesslich des damit verge-
sellschafteten Amrnonites Coupei, findet sich im nordwestlichen
Deutschland im gesammten Cenoman, unserm untern Pläner. Im
104
unteren und oberen Gliede davon, der Tourtia- und den Rhoto-
magensis - Schichten, ist er sparsam; in dem mittlem Gliede, den
nach ihm benannten Varians - Schichten, tritt er stets ungemein
häufig auf. In der jüngsten senonen .Kreide von Ahlten , von
wo die Species in der 3. Aufl. der Leth. V. S. 318 und in
Gejnitz's Quadergeb. S. 113 angegeben wird, kommt dieselbe
nicht vor.
3. Lima elongata Sow. 559, 2 bis 3 (non A. Roemer
u. s. w.). Lima parallela d'Orb. 416, 11 — 14.
Ziemlich häufig.
Die Schalen sind, wenn nicht verdrückt, ziemlich stark ge-
wölbt, bilden vorn kein einspringendes Höfchen, und führen 18
bis 20 hohe dachförmige Rippen, die sich auf der ganzen Rücken-
seite an Stärke gleich sind. Einige andere verwischte bedecken
die vordere Seite. Die Furchen sind in ihrem Grunde nicht eben,
sondern scharf. Zahlreiche Längslinien, meist indessen nur mit
der Lupe sichtbar, verzieren die Rippen, doch pflegen sie an
denen hinten und vorn undeutlich zu sein. Sind die Längslinien
mit blossem Auge bemerkbar, so nehmen damit die Rippen, ob-
gleich dachförmig bleibend, im allgemeinen Ansehn etwas Zu-
rundung an. Die Rippen sind auf der Kante gekerbt, so stark,
dass dies mit unbewaffnetem Auge gesehen wird. Bei gutem
Erhaltungszustande ist dasselbe auch an den Längslinien, wie-
wohl schwächer, der Fall. Steinkerne führen nur die Haupt-
rippen, und zwar nicht dachförmig, sondern abgerundet, und lassen
von den Längslinien nichts wahrnehmen.
Es ist dies offenbar die Form, die d'Orbigny Cret. III, 539.
Tab. 416, 11 — 14 als Lima parallela d'Orb. aus Albien giebt.
Wir wüssten der Darstellung nichts weiter hinzuzufügen, als dass
die vergrösserte Schalenoberfläche nicht immer wie Fig. 13, son-
dern auch in gewissen Fällen, wie ib. Fig. 8 von Lima More-
ana gezeichnet, (von welcher letztern im Uebrigen der Umriss ab-
weicht,) erscheint. d'Orbigny bezeichnet als Synonymen mit seiner
Lima parallela die Modiola {Lima) parallela Sow. 9 aus L.
g. s. von Maidstone u. L. {Plagiostoma) elongata Sow. 559,
2 — 3 (auch Mant. 19) aus Gault von Folkstone und L. Ch.
von Hamsey (cf. Morris Cat. 171, wo unter L. Ch. auch Ce-
noman begriffen wird,) und nennt so die Species der Priorität
gemäss, wie geschehen. Was aber die Figuren bei Sowerby
darstellen, kann bei deren Ungenügenheit aus ihnen allein nicht
105
entnommen werden. Es geben hierüber indessen Pictet und
Renevier in JFfass. du ter. Aptien de la Perte du Rhone et de
St. Croix S. 127 Aufklärung. Nach diesen bewährten Schrift-
stellern, welche die Originale der Lima parallela Sow. unter-
suchten, findet sich diese Species auch im Aptien der Schweiz,
und stellen dieselben sie Tab. 19 dar. Nach ihnen und dieser
Abbildung, mit welcher letztern Exemplare in unserer Sammlung
von Maidstone vollständig übereinstimmen, führt Lima paral-
lela Sow. gleichfalls etwa 18 dachförmige, scharfe Hauptrippen;
es. sind diese aber nicht gleich wie bei der obigen Lima elon-
gata, sondern sie nehmen auf der hinteren Hälfte der Schale an
Stärke merklich ab, entfernen sich hier auch etwas mehr von
einander, und zeigen, was Hauptmerkmal ist, die Furchen in
ihrer Mitte stets eine kleine, aber mit blossem Auge deutlich
wahrnehmbare Zwischenrippe. Mit der Lupe sieht man ferner
einige Längsstreifen. Kerbung der Haupt- und kleinen Rippen
findet nicht Statt, doch wird ihre Glätte durch zarte Anwachs-
streifen, die nicht dicht auf einander folgen, unterbrochen. Somit
ist Lima parallela Sow. eine ganz andere Species, als wofür
solche d'Orb. angesprochen hat. Mit Recht stellen Pictet und
Renevier für die Aptien-Form die SowERBY'sche Species-Benen-
nung wieder her, und heissen sie Lima parallela Sow. Es
kann demnach der Name Lima parallela d'Orb. für die Species
ohne mittelständige kleine Rippe nicht bestehen bleiben. Zwar
liegt keine Veröffentlichung , die sich auf genaue Untersuchung
der Originalexemplare von Sowerby's Lima elongata 559,2 — 3
gründete, vor, allein den Umständen nach erscheint es kaum
zweifelhaft, dass letztere dasselbe ist, was d'Orbigny als Lima
parallela 416, 11 — 14 giebt. Es würden somit die Synonymen
bei d'Orbigny für letztere zutreffen, nachdem Lima parallela Sow.
in Abzug gebracht ist. Auch das aus England bekannte Vor-
kommen stimmt, wie sich sogleich zeigen wird, mit dem im nörd-
lichen Deutschland. Wir fassen also Lima parallela d'Orb. u.
Lima elongata Sow. zusammen, und bezeichnen die Species mit
letzterm Namen, der der ältere ist.
In unserer Uebersicht von der Gliederung des Pläners (diese
Zeitschr. Bd. IX. S. 415 und Neues Jahrb. 1857. S. 785)
führten wir dieselbe Form unter der Benennung Lima carinata
Goldf. auf. Es wurde dabei angenommen, dass die Abbildung
eines aus der Tourtia von Essen herrührenden Fragments bei
106
Goldfuss Tab. 104, 2, mit mittelständiger Rippe und mit keinen
Längslinien, nicht zutreffend wiedergegeben sei. Später haben
wir uns jedoch durch Ansicht mehrerer Stücke von derselben
Lokalität, und namentlich eines ungewöhnlich schön erhaltenen
Exemplars aus dem Königl. Min. Museum zu Dresden, worauf
wir durch Geinitz aufmerksam gemacht wurden, überzeugt, dass
die Figur bei Goldfuss völlig richtig gezeichnet ist. Lima
carinata Goldfuss, die aus dem nordwestlichen Deutschland
nicht weiter bekannt, weicht demnach von Lima elongata Sow.
durch mittelständige Rippen und von dieser und Lima parallela
Sow. durch Mangel aller Längsstreifen ab. Lima carinata
Goldf. bildet eine davon verschiedene Species, der Lima Cot-
ialdina d'Orb. Tab. 416, 1 — 5 aus Aptien am nächsten steht.
Beide fallen zusammen , wenn man davon abstrahirt , dass bei
letzterer die hinten belegenen Rippen, aber auch nur diese, mit
Längsstreifen versehen sein sollen. Entgegen der Ansicht von
Pictet und Renevier scheint es daher, dass lAma Cottaldina
sich mehr an Lima carinata Goldf. als an lAma parallela
Sow. anschliesst.
Im nordwestlichen Deutschland hat sich Lima elongata^
und zwar ganz unzweifelhaft die Lüneburger Form, nicht selten
im Rhotomagensis- und Varians - Pläner (Cenoman), vorzüglich
im letztern, so z.B. im Eisenbahn-Einschnitte von Neuwallmoden
und im Chaussee-Einschnitte von Othfresen bei Salzgitter, dann
aber auch durch den ganzen Flammenmergel (oberer Gault) .ge-
funden. Im ältesten Niveau dieses letztern ist sie, vergesell-
schaftet mit Ammonites lautus, auritus u. s. w., bei Bodenstein
sogar häufig. Tiefer kennen wir sie nicht. Sie steht also dem
obern Gault und dem Cenoman gemeinsam zu.
Bei Strehlen unweit Dresden kommt im dortigen obern
Pläner mit Scaphites Geinitzi eine Form vor mit 16 abgerun-
deten, nicht scharfkantigen und nicht dachförmigen Rippen auf
der Rückenseite, zu denen sich vorn und hinten noch einige ver-
wischte gesellen. Die ziemlich gleich breiten Furchen, die hohl-
kehlenartig, fast eben sind, fuhren entschieden keine mittelstän-
dige kleine Rippe. Auch Längsstreifen scheinen zu fehlen. Dies
ist die Form, die A. Roemer, Geinitz und Reuss als Lima
elongata Sow. bezeichnen , und die Geinitz im Quadergeb.
S. 190 als identisch mit Lima Astieriana d'Orb. Tab. 420
4 — 7 aus Cenoman vereinigt. In der That hat letztere dieselbe
107
Gestalt, auch die abgerundeten Rippen und Furchen. d'Okbigny
zeichnet indessen zahlreiche Längslinien, und würde sich fragen,
ob hierdurch nicht eine specifische Abweichung bedingt wird.
Im obern Pläner am Harze und in Westphalen scheint diese
Species zu fehlen, dagegen ist sie am Harze ungemein häufig in
der Kreide mit Helemnitella quadrata, wie namentlich in den
Salzbergs-Mergeln bei Quedlinburg und Blankenburg, und eben-
so in den Mergeln vom gleichen Niveau bei Ilsenburg, Werni-
gerode. Ob sie, jedenfalls selten, in die Mucronaten - Schichten
übergeht, ist noch fraglich. In den Salzbergs - Mergeln erreicht
sie eine ungewöhnliche Grösse, 2" und darüber, und pflegt dann
18, ja bis 20 Rippen zu führen. Diese Form halten wir für
Lima canalifera Goldf. Tab. 104, 1, zumal sie Golefuss auch
von Quedlinburg citirt, ja wir möchten glauben, dass die Abbil-
dung von einem dortigen Exemplare herrührt. Lima canalifera
Goldf. (= elongata Sow. bei Geinitz u. s. w.) hat somit
ein ziemlich grosses verticales Niveau, vom Scaphiten-Pläner bis
in die Quadraten-, vielleicht bis in die Mucronaten-Kreide aufwärts.
Fügt man hierzu noch Lima Royeriana d'Orb. Tab. 414,
5 — 8 mit abgerundeten Rippen und hohlkehlenartigen Furchen,
die mit starken Längsstreifen versehen sind, eine Form, die im
mittleren Hils (= Marnes de Hauterive) stellenweise nicht selten
auftritt, so hat man von den sich nahestehenden Species diejeni-
gen, die in der Kreide des nordwestlichen Deutschlands haupt-
sächlich vorkommen. Lima laticosta Sow., Reichenbachü
Geinitz und multicosta Geinitz (letztere mit 25 und mehr
Rippen), sind seltene Erscheinungen, die wir noch nicht genügend
kennen.
Die Kreide des nordwestlichen Deutschland führt also an
Hauptformen :
Lima Royeriana d'Orb. Abgerundete Rippen und Furchen
mit Längslinien; ohne mittelständige Rippe. Mittl. Hils. —
Neocom in Frankreich.
Lima parallela Sow. (non d'Orb.) Scharfkantige Rippen
mit Längslinien und mit mittelständigen Rippen. Im .nordwest-
lichen Deutschland noch nicht sicher gefunden. L. g. s. in
England und Aptien der Schweiz, cf. anch Lima Itieriana Pict.
gr. v. Tab. 40. 5 aus Albien.
Lima elongata Sow. = parallela d'Orb. Dachförmige
Rippen mit Längslinien, ohne mittelständige Rippen. Flammen-
108
mergel (oberer Gault) und cenomaner Pläner. — Gault von
Folkstone, wie auch Cenoman in England, Gault in Frankreich.
Lima carinata Goldf. (? == Cottaldina d'Orb.). Scharf-
kantige Rippen ohne Längslinien und mit mittelständigen Rippen.
Tourtia, — Lima Cottaldina nach d'Orb. aus französischem
Aptien.
Lima canalifera Goldf. (elongata Sow. bei A. Roemer
u. s. w.), ? = Astieriana d'Orb. Abgerundete Rippen ohne
Längslinie und ohne mittelständige Rippen. Oberer Pläner mit
ScapAites Geinitzi, Quadraten-Kreide und ? Mucronaten - Kreide.
— Lima ytstieriana nach d'Orb. aus Cenoman Frankreichs.
4. Jnocer amus striatus MANT.bei Goldf. Tab. 112, 2
und bei d'Orb. Tab. 405 gut dargestellt. Ob die Figuren bei
Mant. 27, 5 und Sow. 582, 3 — 4, worauf der Name sich
gründet, dasselbe sind, steht allein nach den Bildern nicht sicher
zu entscheiden. Doch möchte hierüber, zumal entgegenstehende
Merkmale kaum wahrzunehmen, hinwegzugehen sein, nachdem
die Benennung durch Goldfuss und d'Orbigny eine Bedeutung
erhalten hat. Gute, aber oft verkannte Species; s. u. — häufig.
Vorkommen: überall im untern oder cenomanen Pläner und
im jüngsten Flammenmergel (Gault). Hauptlager ist der Varians-
Pläner, wo in einzelnen Bänken die Schalen dicht angehäuft sind.
5. Pecten Beaveri Sow. Goldf. Tab. 92, 5.
Selten.
Der Wechsel der Haupt- und untergeordneten Rippen pflegt
nach anderweiten Funden nicht nur an verschiedenen, sondern
auch an ein und demselben Exemplare nicht gleich zu bleiben.
Die Anzahl der Zwischenrippen variirt von 1, 2, 3 und mehr,
ja sie bilden hin und wieder nur radiale Streifen der Haupt-
rippen, wie bei Pecten depressus Goldf. Tab. 92, 4, der spe-
cifisch kaum abweichen dürfte. Der letztern Varietät gehören
die Lüneburger Stücke au.
Pecten Beaveri Sow. und depressus Goldf., die im Vor-
kommen nicht abweichen , sind im nordwestlichen Deutschland
bis vor Kurzem allein im Varians- Pläner gefunden, so häufig
bei Quedlinburg, Langelsheim und Neuwallmoden. An letzteren
beiden Localitäten haben sie sich neuerdings auch im überliegen-
den Rhotomagensis-Pläner als Seltenheit gezeigt.
6. Pecten orbicularis Sow. Tab. 186, d'Orb.
Tab. 433,- 14—16. Nicht selten.
109
Geht im nordwestlichen Deutschland durch den ganzen un-
tern oder cenomanen Pläner, wie auch durch den Flammen-
mergel.
7. Spondy lus hystrix Goldf. Tab. 105, 8 und
d'Orb. 66. Tab. 454. Selten.
Schief oval, 1" lang, die Oberklappe hoch gewölbt, mit
feinen abgerundeten Rippen, die sich durch Einschaltung stark
vermehren. Ihre Zahl am Rande schwankt zwischen 60 und 70,
und ist daher grösser als in den citirten Abbildungen. Auf der
älteren Hälfte sind einige Rippen mit Dornen besetzt. Gleiche
Formen finden sich in der Tourtia von Essen und am Harze,
und gehen, obgleich selten, durch den ganzen cenomanen Pläner
des nordwestlichen Deutschland. — Aehnliches, doch bleibt wegen
nicht hinreichenden Materials unentschieden ob Identisches, zeigt
sich im obern Pläner mit Galeriten am Fleischerkampe bei Salz-
gitter und im obern Pläner mit Scaphites Geinü%i , z. B. bei
Heiningen und im Eisenbahn - Einschnitte bei Neuwallmoden.
Doch scheinen die Exemplare aus diesen jüngeren Schichten,
wenn auch hin und wieder die Rippen etwas aufgeworfen sind,
keine eigentliche Dornen zu führen. Betreffenden Falls könnte dies
Sp. lineatus Goldf. 106, 3 und Reuss 40, 7 — 9 sein, cf. auch
8p. latus Sow. 80, 2 u. Mant. 26, 21, nebst Sp. obliquus
Mant. 25, 1 u. 26, 12, deren Deutung noch erübrigt. — Jeden-
falls ist der obige Sp. hystrix sehr verschieden von der Species,
deren unten aus dem Lüneburger Cementbruche gedacht werden
wird, und noch mehr vom Sp. spinosus mit weit breiteren Rippen
und hohen Dornen.
8. P licatula inf lata Sow. Tab. 409, die unteren
Figuren; PI. spinosa Mant. bei d'Orb. Tab. 463, 4 — 10.
cf. diese Zeitschr. Bd. XL S. 37.
Nicht selten.
Im nordwestlichen Deutschland ist die Species auf den ce-
nomanen Pläner beschränkt, verbreitet sich aus ihm weder nach
oben noch nach unten. Ihr Hauptlager ist der nächst über der
Tourtia liegende Varians-Pläner , wo sie überall häufig auftritt.
9. Ostrea conica Sow. d'Orb. Tab. 479, 1 — 3.
Ziemlich häufig. Die Var. ib. Tab. 478, 5—8 mit Falten ist
noch nicht gefunden.
Tourtia an der Ruhr, unsicher auch im übrigen cenomanen
Pläner des nordwestlichen Deutschlands.
110
10. Ostrea lateralis Nils. Goldf. Tab. 82,1, bei
d'Obb. Tab. 471, 4 — 8, Ostr. canaliculata Sow., wie aus dem
untern und obern Grünsande Westphalens (s. d. Zeitschr. Bd. XI.
S. 37), und wie nächst dem Harze aus dem untern und obern
Pläner und dem übrigen Senon. — Häufig.
11. Rhynchonella Mantelliana Sow. Davids. 87.
Tab. 12, 20—23. Häufig.
16 bis 18 Rippen. Die Dimension vom Schnabel bis zur
Stirn (11 bis 12 Mill.) pflegt etwas geringer zu sein als die
Breite. Im Uebrigen stimmmt die Species, die sich bei Lüne-
burg gut absondert, mit der citirten Abbildung.
Ihr Vorkommen scheint sich im nordwestlichen Deutschland
auf den untern oder cenomanen Pläner zu beschränken, in dessen
Varians- und Rhotomagensis- Schichten sie überaus zahlreich zu
sein pflegt. Es könnte indessen sein, dass die Species auch dem
obern Pläner nicht ganz fremd wäre. Hier treten nämlich in
dem Brongniarti- und auch im Scaphiten-Pläner, vergesellschaftet
mit Rhyn. Cuvieri d'Orb. u. Rhyn. Martini Mant. (pisum
Sow.), wenn auch gewöhnlich nur untergeordnet, Formen anf,
die von diesen beiden Species durch geringere Anzahl der Rippen
(25 — 30) abweichen. Betrachtet man sie einzeln für sich, so
ähneln sie der R. Mantelliana, ja fallen damit zusammen. Doch
ist man versucht, dieselben für mehr oder weniger zufällige Ab-
änderungen der Hauptformen, und diesen specifisch zugehörig zu
betrachten. Im Allgemeinen behält R. Mantelliana im Cenoman
ihren Charakter sehr bestimmt bei. Jedenfalls muss man bei
Niveau - Bestimmungen aus den erwähnten Species, wenn nicht
eine bedeutende Anzahl von Exemplaren vorliegt, vorsichtig sein.
12. Rhynchonella Gr asi ana d'Orb. Tab. 497,
7 — 10; Davids. 96. Tab. 12, 17—19.
Nicht häufig.
Die" Lüneburger Exemplare haben 40 — 48 abgerundete
Rippen, die durch schmale Furchen von einander getrennt werden.
16 Mill. breit und 13—14 Mill. hoch. Die Form findet sich
im Varians- und Rhotomagensis-Pläner am Harze, nicht aber im
obern Pläner. Die Anzahl der Rippen und deren Abrundung
lässt die Species von der vorhergehenden sicher abtrennen, jedoch
könnte es zweifelhaft sein, ob die Bestimmung zutrifft. Die stete
Neigung zur mehreren Breite im Verhältniss zur Höhe dürfte
sie von R. Cuvieri und Martini entfernen.
111
13. Terebratula obesa Sow. bei Davids. 53. Tab. 5.
13—16. Var.
Häufig.
Legen wir die neusten Untersuchungen von Davidson zum
Grunde, so scheint es kaum zweifelhaft, dass die in Rede stehen-
den Formen richtig bestimmt sind, doch muss zuvörderst bemerkt
werden, dass die Lüneburger Exemplare (18 — 20 Mill. lang u.
15 Mill. breit) nur etwa die halbe Grösse von denjenigen bei
Davidson haben. Zur gehörigen Auffassung der Speeles ist er-
forderlich, dass eine grosse Anzahl von Exemplaren vorliegt.
Einzelne Stücke nähern sich einerseits der T. biplicata Davids.
und andererseits der T. semiglobosa Sow. Die überwiegende
Mehrzahl sondert sich indessen ganz gut von beiden ab. An
T. ^plicata, die mit ihr den übergebogenen Schnabel, grosse
Perforation und gänzlichen Mangel an Arealkanten gemeinsam
hat, treten die Falten bestimmter auf, und bildet der Schnabel
einen spitzeren Winkel. Es scheint, dass sich bei obesa die
Hauptmasse des Thiers am Buckel , nicht in der Mitte wie bei
biplicata concentrirt habe. An unseren Exemplaren wölbt sich
nämlich die kleine Klappe gleich anfänglich stark, mehr als in
den Figuren bei Davidson, und fällt dann in ziemlich grader
Linie zur Stirn ab. Durch letzteres grenzt die Lüneburger obesa
an semigiobosa. Doch weicht diese dadurch ab, dass sie eine
minder starke Perforation und der Umriss mehr Neigung hat
sich kreisförmig als oval zu gestalten. — Im Allgemeinen hat
die Form auch Aehnlichkeit mit T. sulcifera Morris, doch fehlen
die diese charakterisirenden starken Anwachsstreifen, die mit
gleichen Zwischenräumen auf einander folgen. Uebrigens könnte
sich demnächst die Noth wendigkeit herausstellen, dieselbe von
der typischen T. obesa (s. unten IV, 41), welche letztere einen
weit jüngeren Horizont einnimmt, speeifisch abzutrennen. Für
jetzt wissen wir sie davon durch nichts Weiteres als die mindere
Grösse, die jedoch constant bleibt, zu unterscheiden.
Im nordwestlichen Deutschland kömmt die kleine T. obesa,
völlig übereinstimmend mit der von Lüneburg , stellenweise un-
gemein häufig in dem cenomanen Pläner mit Amm. Rhotoma-
gensis, wie z. B. im Eisenbahn- Durchstiche bei Neuwallmoden,
und gleichfalls nicht selten im Varians - Pläner, z. B. bei Broitzen
unweit Braunschweig, vor. Bei Aufstellung der Gliederung des
Pläners ist die Form mit unter T. biplicata begriffen. Die
112
T. semiglobosa, welche wir in der Uebersicht d. Zeitschr. Bd. XL
S. 71 als fraglich im Rhotomagensis- Pläner aufführten, würden
wir jetzt fortlassen. — Ob die kleine T. obesa im nordwestlichen
Deutschland auch im untersten Gliede des obern Pläners, dem
Brongniarti-Pläner, vorkommt, müssen wir einstweilen dahinge-
stellt sein lassen. Die ähnliche und häufig im Scaphiten-Pläner
auftretende Form neigt sich vorwaltend zu rundlichen Umrissen.
Wir stellen diese zu T. semiglobosa.
14. Holaster subglobosus Ag. d'Orb. Tab. 816.
Sehr häufig.
Die Species ist bei Lüneburg nnd im Allgemeinen im nord-
westlichen Deutschland nicht so stabil, wie sie dargestellt zu
werden pflegt, sondern variirt, namentlich in den verschiedenen
Alterszuständen. Der Umriss bleibt stets ziemlich gleich, etwas
herzförmig, die Länge ein wenig grösser als die Breite. Bis zum
Durchmesser von 45 — 50 Mill. ist der Körper fast kugelig, die
Unterseite stark gewölbt und das Längenprofil der obern Hälfte
nahezu kreisförmig. Beim weiteren Wachsen, — die grössten
Stücke haben etwa 80 Mill. Durchmesser, — pflegt sich die
Unterseite abzuplatten und der Scheitel kegelförmig hervorzutreten.
Letzteres wird lediglich durch Verdickung der Schale am Schei-
tel bewirkt, so dass die Steinkerne die gewöhnliche Wölbung
zeigen. Die Erhöhungen auf den Interambulacral - Feldern,
welche längs der seichten vordem Furche auftreten, markiren sich
gleichzeitig stärker. An den älteren Exemplaren rückt ferner der
Periproct gewöhnlich tiefer, an das untere Viertheil der Höhe,
während derselbe im Jugendzustande nahezu in der Mitte zu liegen
pflegt. Im Allgemeinen sind die Poren der paarigen Fühlergänge
(die äussern ein wenig länger als die inneren) kurz und nicht
so schief zu einander gestellt, wie d'Orbign* Fig. 7 zeichnet.
Die Form, die früher als H. altus (Ag. Echin. Suiss.
Tab. 3, 10) abgetrennt wurde, jedoch nichts anderes als eine
Varietät ist, kommt bei Lüneburg nicht selten vor, übersteigt aber
die Länge von 30 Mill. nicht. Die untere Seite ist convex, wie
im gleichen GrÖssenzustande an der typischen Form. Bei ver-
hältnissmässig grosser Höhe ist sie vorn und hinten ungewöhn-
lich steil, so dass das Längenprofil am Scheitel sich wenig bogen-
förmig, fast grade gestaltet. Der Periproct liegt mindestens in
halber Höhe, wenn nicht noch höher, und das Peristom rückt
113
hin und wieder ganz nahe an den Rand. Ausserdem sind ihre
Merkmale mit denen der Hauptform übereinstimmend.
Noch liegt von Lüneburg eine Varietät, jedoch in wenigen
Exemplaren vor, die wir aus andern Gegenden nicht kennen. Sie
hat bei 45 Mill. Länge die conische Erhöhung des Scheitels
schon so stark wie sonst nur bei den grössten Stücken. Alle
Ambulacralfelder sind ungewöhnlich breit, und die paarigen Füh-
lergänge verlaufen ganz grade, ohne, wie sonst , mit geringer
Biegung, bis zum Scheitel. Die vordere Furche, und hierdurch
namentlich erhält die Varietät ein besonderes Ansehn, deutet sich
nur am Rande an, dagegen besteht von hier ab bis zum Peristom,
das in ± der Länge, also ungewöhnlich weit vom Rande entfernt
! ist, eine 4 Mill. tief einschneidende Rinne. Der Periproct, der
dem Rande genähert Hegt, ist kreisförmig, nicht oval. Wir nehmen
Anstand, daraus eine besondere Species zu formiren, da die übri-
gen Eigenschaften, auch die Poren, die Granulirung und die War -
, zen, letztere alle von einerlei Grösse, mit H. subglobus stimmen,
und unzweifelhaft zu diesem gehörige Stücke, in der einen oder
andern Abweichung, hin und wieder der in Rede stehenden Va-
rietät sich anschliessen.
H. subglobosus beschränkt sich im nordwestlichen Deutsch-
land, und wie es scheint überall, auf Cenoman. Seine Haupt-
lagerstätte ist der untere Pläner mit Amm. Rhotomagensis, wo
er stets häufig ist ; er geht aber auch, vorzüglich in der var. alta,
in den Varians-Pläner herab. Die Species ist vorzugsweise schön
und gross im nordwestlichen Deutschland zu Hause. Die besten
Fundorte sind im Rhotomagensis-Pläner der Umgegend von Salz-
gitter und Langelsheim, und bei Rethen. Ihnen zur Seite kann
Lüneburg gesetzt werden. — Aus der Tourtia an der Ruhr und
am Harze ist sie nicht sicher bekannt.
15. Holaster carinatus d'Orb. Tab. 818. und diese
Zeitschr. Bd. XI. S. 39.
Die Species, die im nordwestlichen Deutschland dem ganzen
(Cenomanen) Pläner, vorzüglich den Varians- Schichten, zusteht,
ist bei Lüneburg bis jetzt nur in einigen, nicht gut erhaltenen
Exemplaren gefunden. Die verlängerte Gestalt mit fast ebener
Basis, die mehrere Grösse und schiefe Stellung der Poren in den
paarigen Fühlergängen, wie die Verschiedenheit der Warzen —
Merkmale, die die Species von H, subglobosus unterscheiden,
lassen sie davon auch in Fragmenten mit ziemlicher Sicherheit
Zeits. d. d.geol. Ges. XV. 1. 8
114
erkennen. — Im Uebrigen steht noch immer nicht fest, ob eine
Form, die ziemlich häufig, aber stets sehr beschädigt, im obern
Pläner mit Inoceramus Brongniarti vorzüglich in der Um-
gegend von Wolfenbüttel vorkommt, zugehörig ist.
16. Discoidea cylindr ica Ag. Desor Syn. 177.
Tab. 24, 9-14; Pal. Fr. Cret. VII, 28. Tab. 1010 u. 1011;
Galerites canaliculatus Goldf. Tab. 41, 1.
Häufig und in schönem Erhaltungszustande.
Die Basis hat meist 35 Mill. Durchmesser, selten bis zu
40Mill., halbkugelig bis etwas cylindrisch. Der dem Rande etwas
mehr als dem Peristom genäherte Periproct ist im Allgemeinen
oval, jedoch nach aussen zugespitzt.
So häufig wie im nordwestlichen Deutschland die Species
im untern Pläner mit Amm. Rhotomagensis (z. B. bei Langels-
heim, Neuwallmoden) auftritt, so selten erscheint sie im älteren
Varians-Pläner (hierin bei Broitzen unweit Braunschweig). Sie
hat sich bis jetzt weder in jüngeren, noch älteren Schichten ge-
zeigt. Der Fundort Ahlten in GEtM'rz's Quadergeb. S. 223
kann nur auf Verwechselungen beruhen. Desor und Cotteau
citiren sie als Seltenheit auch aus Albien der Alpen.
17. Peltastes clathr atus Cotteau Pal. Fr. Cret. VII,
119. Tab. 1028, 8—14. (Hyposalenia Desor.)
Von der Species liegen nur zwei vom Herrn Moritz ge-
fundene Exemplare vor, von denen das eine etwas beschädigt,
das andere aber ganz vollständig und von ausgezeichneter Er-
haltung ist. Beide sind gleich gross und gleich gestaltet. Das
Scheitelschild besteht aus 1 1 Täfelchen , der Periproct ist aus
der Mitte nach hinten gerückt (das überzählige Täfelchen befin-
det sich, nach früherer Annahme der Stellung, nicht hinter, son-
dern vor demselben), und liegt in der Achse des Thiers, also
nicht rechtsseitig. Auch die grössten Warzen sind nicht durch-
bohrt, und befinden sich keine Eindrücke auf den Ambulacral-
Platten. Die Stücke gehören also zu Peltastes in der Bedeutung,
die dem Genus Cotteau in der Pal. Fr. beilegt, oder zu Hy-
posalenia Desor, da die Ocellartäfelchen nicht mondsichelförmige
Gestalt (was jedoch an ein und der nämlichen Art nicht immer
constant bleiben soll,) haben. Die speeifischen Merkmale stellen
die Form sieher zu P. clatAratus, indem die geringen Abwei-
chungen gegen Cotteau's Darstellung lediglich der mehreren
Entwickelung der Lüneburger Exemplare beizumessen sein
115
möchten. An diesen beträgt nämlich der Durchmesser 20 Mill.,
bei 14 Mill. Höhe, also doppelt so viel als bei Cotteau ;. oben
etwas conisch, der Rand zur Basis stark gerundet. Das erhöhte
kreisrunde Scheitelschild nimmt fast die ganze Oberseite ein, ist
also grösser als Cotteau zeichnet. Das blattartige Genital-
Täfelchen vorn rechts hat ausser der Genital-Pore ein längliches,
schief nach links gerichtetes Löchelchen , und markirt dadurch
die Madreporen-Platte. — Die erhöhten, sehr schmalen Ambu-
lacralfelder führen 2 dicht und in gerader Linie stehende, gleiche
Warzen 2ter Grösse, zu 15 bis 16 an der Zahl (12 — 13 bei
Cott.), und dazwischen mikroscopische Körnelung. Die runden
Poren, nächst dem Peristom nicht sonderlich abweichend, liegen
paarweise schief nach innen gerichtet, und kommen auf jede Am-
bulacral-Warze etwa zwei Paare. Auf den Interambulacral-Feldern
befinden sich zwei weit abstehende Reihen von crenelirten War-
zen, 5 — 6 (4 — 5 bei Cott.) in einer Reihe. Davon haben eine,
bezüglich zwei, in der Mitte eine bedeutend mehrere Grösse als
die übrigen. Alle sind mit einem runden Höfchen umgeben.
Zwischen diesen grossen Warzen liegen andere zweiter Grösse,
unregelmässig und die Höfchen nicht perlschnurartig umgebend.
Stellenweise zeigen sich noch dicht liegende mikroscopische Wärz-
chen oder Körnchen. — Der Periproct ist durch Anschwellung
der umgebenden Täfelchen mit einem breiten Saume begrenzt,
quer oval, jedoch mehr nach hinten als nach vorn ausgebuchtet.
Das Peristom in der mässig gewölbten Basis hat 8 Mill. Durch-
messer, und ist mit starken Einschnitten versehen. Das vertiefte
Innere der Höhlung lässt an beiden Exemplaren Rudimente des
Kauapparats wahrnehmen. — Die Anzahl und Stellung der
Warzen harmonirt ziemlich gut mit P. stellulatus Ag., doch ist
an diesem das Scheitelschild flachbogig, nicht kegelartig erhöht.
Das was in der Uebersicht von der Gliederung des Pläners
als Salenia clathrata aus den Varians-Schichten aufgeführt wird,
ist kleiner, hat etwa die Grösse bei Cotteau, und gehört gleich-
falls zu Peltastes. Der Erhaltungszustand der Stücke, die aus
der Umgegend von Langelsheim bei Salzgitter herrühren, lässt
indessen vieles zu wünschen übrig. Einstweilen möchte daher
das weitere Vorkommen der Species im nordwestlichen Deutsch-
land nicht sicher sein. Cotteau und Desor geben dieselbe aus
Cenoman von Frankreich und von Warminster (Wiltshire) an.
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117
Von Wirbelthieren finden sich Schuppen und Zähne von
Fischen, darunter nicht selten die Formen, die gewöhnlich als
Oxyrhina Mantelli Ag. angesprochen werden, und die anschei-
nend vom Cenoman ab bis in die jüngste Kreide aufsteigen.
Eine so ungewöhnlich grosse verticale Verbreitung und noch da-
zu bei hoch organisirten Thieren kann indessen gegen die Zu-
verlässigkeit der Bestimmungen stutzig machen. Auch Coprolithen,
gleich oder doch ähnlich denen von Macropoma Mantelli Ag.,
wie deren Reuss Tab. 4, 68 ff. u. 5, 1—6 abbildet, sind nicht
selten.
In vorstehender Tabelle ist das Vorkommen der obigen
Versteinerungen, wie solches aus dem übrigen nordwestlichen
Deutschland bekannt ist, übersichtlich zusammengestellt.
Es finden sich hiernach von den Versteinerungen der Kreide
des Sodafabrikbruchs bei Lüneburg 3 Species , nämlich Lima
elongata, lnocer. striatus und Pecten orbicularis im Flammen-
mergel oder jüngsten Gault, doch sind dies Species, die diesem
nicht ausschliesslich zustehen , sondern auch durch das ganze
überliegende Cenoman durchgehen. Vier andere Species ferner
zeigen sich im Cenoman und mit mehr oder weniger Wehrschein-
lichkeit gemeinsam im obern Pläner, ja noch höher. Die letztern
4 Formen, Spondylus hystrix, Ostrea lateralis, Terebratula
obesa und Holaster carinatus sind, mit Ausschluss des Echi-
niden, ziemlich indifferente. Weder jene, noch diese können so-
mit maassgebend sein, sprechen allein für sich, weder für Gault,
noch Cenoman, noch für ein jüngeres Niveau. Dagegen be-
schränken sich die übrigen Species auf das Cenoman. Es befin-
den sich darunter mehrere, wie Amm. Rhotomagensis und va-
rians, Pecten Beaveri, Plicatula inftata, Holaster subglobosus
und Discoidea cylindrica, die im nordwestlichen Deutschland
gleichwie in anderen Gebieten recht eigentlich das Cenoman und
allein dieses bezeichnen. Und da alle diejenigen, die älteren und
jüngeren Schichten gemeinsam sind, ohne Ausnahme auch im
Cenoman vorkommen, so waltet kein Zweifel, dass die Kreide
des Sodafabrikbruchs dem Cenoman zugehört, und dem damit
äquivalenten untern Pläner am Harze und in Westphalen gleich-
steht. Fragt man nach den bestimmteren Parallelen in diesem
untern Pläner, den wir in die 3 Glieder Tourtia, Pläner mit
Amm. varians und Pläner mit Amm. Rhotomagensis (wir ver-
einigen mit letztern auch den armen Rhotomagensis -Pläner,)
118
trennen, so muss zuförderst bemerkt werden, dass, wenngleich
im untern Pläner am Harze und in Westphalen die Ueberlage-
rung dieser drei Complexe constant bleibt, doch deren Sonderung
nicht gleich scharf ist, und die an einander grenzenden Glieder, j
wo eine ununterbrochene Entwickelung Statt hat, eine grosse
paläontologische Verwandtschaft, wie solches der Natur der Sache
entspricht, zeigen. Von der Tourtia kann indessen entschieden
nicht die Rede sein, da A?nm. Rhotomagensis , Pecten Beaveri,
Holaster subglobosus und Discoidea cylindrica, welche das Soda-
fabrikbruch-Gestein führt, noch nie in der Tourtia gesehen sind,
und andererseits die absonderlichen Brachiopoden dieser letztern,
als z. B. Rhynchonella latissima Davids.. Terebratula depressa
Davids., ferner Pecten asper Lam. u. s. w. bei Lüneburg fehlen.
Es bleiben mithin als Parallelbildung der Varians-Pläner und der
Rhotomagensis -Pläner übrig, von denen sich jenes Glied mit
seinen ältesten Schichten der Tourtia, und mit seinen jüngsten
Schichten dem Rhotomagensis-Pläner anschliesst. Tritt zwar die
Entschiedenheit nicht so bestimmt auf als vornämlich am Harze,
wenn mittlere Schichten eines Gliedes vorliegen, so sprechen doch
Amm. Rhotomagensis und Discoidea cylindrica, von denen sich
die erste Form ganz und die andere fast ganz auf den Rhoto-
magensis-Pläner beschränkt, für diesen. Verstärkt wird ausser- I
dem eine dergleichen Parallele noch durch die Seltenheit von
Amm. varians und von Holaster carinatus, die gleichmässig in
den beiderlei Schichten Statt hat, ferner dadurch dass Amm.
Mantelli, der sich erst in neuster Zeit im Harzer Rhotomagen-
sis-Pläner zeigte, hier jedenfalls eine seltene Erscheinung ist, bei
Lüneburg zu fehlen scheint, und endlich durch die Nähe des
rothen Gesteins. Wir nehmen nach diesen Erörterungen keinen
Anstand, die Schichten im Sodafabrikbruche für das Aequivalent
des Rhotamagensis-Pläners , d. h. des jüngsten Gliedes vom Ce-
noman im nordwestlichen Deutschland anzusprechen, wie solches
z. B. am Weissen Wege bei Langelsheim, im Bruche von Brei-
han's Garten an der Eisenbahn bei Neuwallmoden und unweit
Rethen zwischen Hannover und Hildesheim gut aufgeschlossen
ist. Dass bei Lüneburg der für das Niveau charakteristische
Turrilites costatus Lam. noch nicht gefunden ist, kann keinen
Anstoss erregen, da diese Species, so häufig sie sich auch an
manchen Lokalitäten zeigt, an anderen doch vermisst wird. Sca-
phites aequalis Sow. (von Sc. Geinitzi des obern Pläners ganz
i
119
verschieden) tritt im nördlichen Deutschland überhaupt nur als
Seltenheit auf, scheint auch dem Varians-Pläner anzugehören. —
In Frankreich geben die jüngsten cenomanen Schichten der ty-
pischen Localität an der Cöte de St. Catherine bei Rouen das-
selbe Niveau. In England, von wo neuerdings eine bestimmte
Gliederung nicht bekannt geworden ist, stellt sich die gleiche
Fauna im Chalk marl oder Grey Chalk, vielleicht auch in einem
Theile des nicht abgetrennten Lower Chalk ein.
II. Versteinerungen ans dem westlichen Theile des Rathsbruchs.
In diesem Schichten-Complexe, der zu unterst mit dem oben
gedachten rothen Kalkmergel beginnt, und im Ganzen eine Mäch-
tigkeit von 150 bis 200 Fuss haben mag, zeigen sich organische
Reste zwar nicht selten, vielmehr sind einzelne Bänke gedrängt
voll davon, jedoch bestehen sie, nach den zeitherigen Funden,
und wenn auf einige undeutliche Fragmente keine Rücksicht ge-
nommen wird, lediglich in zwei Species. Es sind diese:
1. Inoceramus my tiloi des Mant. Goldf. Tab. 113
Die Form findet sich massenhaft in der ältesten Bank des
rothen Kalkmergels, die neben dem Sodafabrikbruche, auf dem
dortigen Feldwege, zwar erkennbar ist, besser aufgeschlossen aber
am südwestlichen Stosse des Rathsbruches, unterhalb eines dem
Herrn Behr gehörigen Hauses , das dessen Steinbruchsaufseher
bewohnt, ansteht. Gute von dieser Stelle herrührende Stücke
liegen dort in der Ecke des Steinbruchs, dessen Sohle wieder in
Cultur genommen ist, umher. Auch wird seit langer Zeit in
der Sammlung des naturhistorischen Vereins in Lüneburg eine
grosse röthliche Gesteinswand aufbewahrt , die ohne Zweifel da-
selbst bei dem früheren, jetzt zum Erliegen gekommenen Betriebe
gewonnen wurde, und mit zahlreichen Individuen erfüllt ist. Die
Exemplare haben eine Länge von 4 bis 5", sind flach gedrückt
und von vorn nach hinten wie eine Gervillie verlängert, so dass
der Rücken mit dem graden Schlossrande einen Winkel von etwa
45° bildet. Das Schloss hat die halbe Länge der Muschel und
schliesst sich im stumpfen Winkel an den hintern Rand. Dieser
formirt mit dem Unterrande einen Halbkreis. Die ganz vorn
liegenden spitzen Wirbel stehen etwas vor. Hohe concentrische
Runzeln mit dergleichen Streifen bedecken die Oberfläche in ziem-
lich regelmässigen Abständen. Die citirte Abbildung bei Gold-
120
Fuss trifft gut zu. Eine Verwechselung mit andern Inoceramen
kann nicht leicht unterlaufen, wenn die Stücke nicht gar zu sehr
verschoben sind. Die Vorkommnisse von andern Fundorten , wo
keine Compression des Gesteins Statt fand, zeigen übrigens, dass
die Form ansehnlich gewölbt ist, dass sie vorn ziemlich steil ab-
fällt, und sich nach unten und hinten allmälig verflacht. Die
Flügel sondern sich nicht bestimmt ab. Cf. d'ORB. Tab. 406.
Die zeither für Inocer. mytiloides, einer sich schön abtren-
nenden Species , bezeichneten Fundorte bedürfen einer wesent-
lichen Sichtung. Meist sind sie mit falschen untermischt. Im
nordwestlichen Deutschland ist die Species auf ein bestimmtes
Niveau eingeengt. Noch nie hat sie sich in unserem untern
oder cenomanen Pläner gefunden. Dagegen stellt sie sich mas-
senhaft in den zunächst darüber liegenden Schichten ein, die so-
weit bekannt, allein am südwestlichen Kreiderande Westphalens,
nämlich an der Ruhr (s. diese Zeitschrift Bd. XL S. 66), eine
hellgraue Farbe haben, sonst überall im nordwestlichen Deutsch-
land roth erscheinen. Einzelne Ezemplare gehen in die dünnen
weissen Kalkbänke über, mit denen der jüngste rothe Mergel
wechsellagert, wie auch, jedoch sehr selten, in den tiefsten Theil
des weissen Pläners mit Inocer. Brongniarti. Aus den mittlem
und obern Schichten dieses letztern kennen wir Inocer, mytiloi-
des nicht, noch viel weniger aber aus dem überliegenden Pläner
mit Scaphites Geinit%i. Es lassen sich die Angaben der nord-
deutschen Fundorte hiernach leicht berichtigen. Gut aufge-
schlossene Fundorte im rothen Mergel sind im Norden des Har-
zes vielfach vorhanden, so in der Umgegend von Salzgitter, wo
das Gestein zur Wegebesserung benutzt wird, z. B. am Ringel-
berge und zunächst bei Liebenburg.
Noch wird bemerkt, dass Schlotheim in der Petrefacten-
kunde S. 302 seinen Mytulites problematicus , von welchem
d'ORB. der Species die Benennung Inoceramus problematicus
beilegt, aus Kreide und Sandstein von Aachen citirt. Bei Aachen
tritt aber das Kreide- Niveau mit Inocer. mytiloides nicht auf,
und in der That findet sich dort der Inocer. mytiloides nicht.
Es muss daher Schlotheim unter seiner Species etwas anderes
verstanden haben; was, ist aus der Beschreibung nicht sicher
zu entnehmen. Es könnte den geognostischen Verhältnissen nach
darin Inocer. cardissoides oder lobatus Goldfuss Tab. 110, 2
und 3 aus der Quadraten-Kreide (Salzbergs -Mergel) von Qued-
121
linburg vermuthet werden , allein auch diese Formen kommen
dort , so viel uns bekannt ist, nicht vor. d'Orbigny hat somit
bei Benennung der Species einen Fehlgriff gethan. S. einen an-
dern Einwurf in 3ter Aufl. Leth. V. S. 290.
Im Uebrigen scheint Inocer. mytiloides auch in anderen
Territorien denselben Horizont einzunehmen, wie im nördlichen
Deutschland. Mantell giebt die Form Tab. 28, 2, die sicher
der in Rede stehenden Species angehört, aus Lower Chalk von
Sussex an. Ebenso So werbt die ganz gute Fig. 1, Tab. 442.
Brongniart citirt die zutreffende Form Tab. 3, 4 von Rouen,
wo sie in weisslicher Kreide zunächst über Cenoman vorkommt,
und d'ORBiGNY endlich stellt die Species im Prodr. 21, 157 in
sein Turonien. Es möchte dies Alles ein gleiches Niveau sein.
S. ferner Saemann in Bull, de la Soc. geol. de Fr. II. 8er.
Tom XV. S. 500 ff. — Auch hat F. Roemer (Kreide von
Texas S. 60) den Inocer. mytiloides in Texas gefunden. Die
Species gehört mithin zu den horizontal weit verbreiteten. — Die
Form aus Böhmen (Reuss IL, S. 26), mindestens diejenige, die
bei Tyssa unmittelbar über den dortigen versteinerungsreichen
Bänken vorkommt, ist der wahre I mytiloides.
2. Inoceramus B rongn i ar ti Sow.
Exemplare von 3 bis 3j" Höhe, völlig übereinstimmend mit
denjenigen , wie wir sie aus den weissen Mergeln an der Ruhr
in Westphalen, diese Zeitschr. Bd. XI. S. 49, charakterisirten,
und wie sie massenhaft in demjenigen damit gleichstehenden Ni-
veau des Pläners im übrigen nordwestlichen Deutschland, das
wir darnach als weissen Pläner mit Inocer. Brongniarti bezeich-
neten und das oberhalb des rothen und unter dem Pläher mit
Scaphites Gei?iit%i liegt, vorkommen, finden sich bei Lüneburg
zerstreut in dem ganzen Schichten-Complexe, sowohl in den rothen
als auch in den weissen Bänken. Stark angehäuft erscheinen
sie in den letztern zunächst über der jüngsten rothen Schicht
und ferner etwa 50 Fuss höher, dem im Steinbruche belegenen
Bierkeller gegenüber.
Die grössere Ausbreitung vom Schloss nach dem Unter-
rande, als von vorn nach hinten, unterscheidet die Species gut
von Inoceramus Cuvieri, und die mehrere Zusammengedrücktheit
an den Flügeln, verbunden mit der starken Runzelung, von Ino-
ceramus striatus.
Im Uebrigen würden wir für synonym halten:
122
/. Brongniarti Mant. Bei Sowerby Tab. 44 t, 2—4.
(non Mant. Tab. 27, 8, was /. Cuvieri sein wird);
/. Brongniarti Park. Bei Goldfuss Tab. 111, 3;
/. cordiformis Sow. Tab. 440 und Goldfuss Tab. 110
Fig. 6 b. (ib. Fig. 6 a. scheint /. striatus zu sein),
die hochgewölbte Varietät, und
/. annulatus Goldf. Tab. HO, 7, die flachgewölbte
Varietät.
Der Schichten -Complex mit diesen Versteinerungen bei Lü-
neburg stimmt nicht nur was die unmittelbare Lage über Ceno-
man mit Amm. lihotomagensis , sondern auch was die litholo-
gische und paläontologische Beschaffenheit anbetrifft, mit demjenigen
Gliede des Pläners, das wir in der mehrerwähnten Uebersicht
als rothe und darüber liegende weisse Brongniarti-Schichten be-
zeichneten. Der rothe Pläner hat indessen im übrigen nordwest-
lichen Deutschland eine ungleich grössere Mächtigkeit. Dass
darin und in dem überliegenden weissen Pläner hier einige an-
dere Formen auftreten, die bei Lüneburg noch nicht gefunden
sind, steht, wenn wirklich eine solche Abweichung bestände, als
keine von erheblicher Bedeutung zu betrachten, da auch in jenem
Pläner die beiden Inoceramus - Species , mytiloides und Brong-
niarti, an Häufigkeit alles Andere weit übertreffen. Zudem kann
der Umstand, dass bei Lüneburg die untergeordneten Formen
fehlen, nur scheinbar sein, da der aufgeschlossene Raum im
Streichen von keiner Ausdehnung ist, daselbst auch, weil der
Steinbruchsbetrieb aufgehört hat, keine Erneuerung Statt findet.
Das Factum von Wichtigkeit, dass im tiefsten rothen Gestein
lnocer. mytiloides und in dem höheren weissen Inocer. Brongniarti
vorwaltet, trifft gleichmässig im Pläner wie bei Lüneburg zu.
In dem Aufsatze über den Pläner über der Westphälischen
Steinkohlenformation stellten wir die Ansicht auf, dass der dor-
tige graue Mergel mit Inoceramus mytiloides ein wenig älter
sei als der rothe Pläner, weil jener zwei Hauptformen, Amm.
lihotomagensis und Discoidea subuculus, mit dem jüngsten Ce-
noman gemeinsam zeigte. Ganz abgesehen davon, dass man
neuerdings nichts Anstössiges darin erblickt, dass Species aus
dem jüngsten Gliede einer Etage in das älteste der darauf fol-
genden übergehen, so hat sich doch durch Belehrung von Freund
Desor, dem wir die Stücke zusandten, herausgestellt, dass das-
jenige aus den Westphälischen Mytiloides-Mergeln , was wir für
im
Discoidea subuculus ansprachen, nicht dies, sondern Discoidea
minima Ag. (Pal. Fr. VII. S. 33, Tab. 1012, 1—7) aus Tu-
ron ist. Es bleiben somit nur diejenigen beiden Stücke von
Amm. Rhotomagensis übrig, die wir an der untersten Grenze
der Mytiloides-Mergel zum Cenoman fanden, und möchte hierauf
kein so grosses Gewicht zu legen sein, dass der Mytiloides Mer-
gel an der Ruhr von dem tiefsten rothen Pläner am Harze ab-
zutrennen wäre. Wir sehen daher jetzt beide, die Inocer. myti-
loides massenhaft umschliessen, als ein und dasselbe Niveau, als
gleiche Glieder an. Es ist hiernach das rothe Gestein am Zelt-
berge als gleichalterig nicht nur mit dem rothen Pläner, sondern
auch mit den Mytiloides - Mergeln an der Ruhr zu betrachten,
während clie im westlichen Theile des Rathsbruchs darüber lie-
genden weissen Schichten dem weissen Pläner mit Inocer. Brong-
niarti am Harze und im Teutoburger Walde und den weissen
Mergeln an der Ruhr entsprechen. — In dem jüngeren dieser
beiden verwandten Glieder treten am Harze und in Westphalen
zwei verschiedene Facies auf, die eine, räumlich der andern nach-
stehend, voll von Galerites conicus (früher als G. al!.o-galerus
angesprochen). Nicht die Galeriten-Facies , sondern der wahre
weisse Brongniarti-Pläner ist bei Lüneburg entwickelt.
III. Versteinerungen aas dem östlichen Theile des Raths-
brnchs und ans dem Behr'schen Bruch.
1. ß elemnitella quadr ata d'ORB. Sehr häufig. Die
gewöhnliche Form, die diese Zeitschrift, Band VII., S. 502 be-
zeichnet.
Im nördlichen Deutschland kommt die Species nicht höher
als in der Quadraten - Kreide vor. Wir haben sie noch nie in
die Mucronaten-Kreide übergehend, nie gemeinsam mit Belemni-
tella mucronata bemerkt, selbst nicht in den Bänken, die auf
der Grenze beider Glieder liegen. Der Fundort Lemförde (Hal-
dem), der von A. Roemer, Kreide S. 84 (bei der synonymen
B. granulata) und von Geiwitz, Quadergeb S. 109 angegeben
wird, ist, sofern das dortige Gestein mit Belemn. mucronata,
aus dem die Versteinerungen in den Sammlungen verbreitet sind,
irrthümlich. — Ob Beiern, quadrata schon im unterliegenden
Pläner beginnt, wird davon abhängen, ob einige wenige Frag-
mente von Scheiden ohne Alveole, die sich in dem obern Pia-
124
ner mit Inocer. Rrongniarti fanden, oder aber diejenigen, die
sich häufiger , jedoch immerhin selten , im Sächsischen Pläner
mit Scaphites Geinitzi, auch in nicht genügendem Erhaltungs-
zustande zeigen, und welche letztere von Geinitz als Beiern,
lanceolata Sow. sp. angesprochen werden, zugehörig sind. —
Der eigentliche Belemnites lanceolatus Sow. == Belemnitella
Vera d'OnB. scheint sich aufCenoman zu beschränken, ist daraus
im nördlichen Deutschland indessen noch nicht sicher bekannt.
Exemplare aus der Tourtia von Essen und Plauen scheinen da-
mit übereinzustimmen.
Zu bemerken bleibt, dass oberhalb der Tourtia im gesamm-
ten übrigen untern und obern Pläner des nordwestlichen Deutsch-
lands die Funde von Beiern nitiden sich zeither auf jene paar
Fragmente beschränkt haben.
2. lnoceramus Cuvieri Sow. Goldf. Tab. 111, 1.
Sehr häufig.
Bis zur Grösse von 2 bis 3" fast quadratisch mit abgerun-
deten Ecken ; im mehren Alter wächst die Dimension von vorn
nach hinten erheblich stärker, als die vom Schlosse nach dem
Unterrande, so dass bei 4 bis 5" Höhe die Länge 6 bis 7"
beträgt. Grössere Exemplare sind im BEHR'schen Bruche selten
und nur fragmentarisch. Die Wirbel ragen nicht über den
Schlossrand hervor und liegen ganz vorn. Hat kein Druck die
Gestalt verändert, so wölben sich die Klappen ziemlich gleich-
mässig, aber nicht stark, von allen Seiten nach der Mitte zu.
Die vordere Seite, die mit dem Schlosse einen Winkel von etwa
90° bildet, besteht aus einer ebenen Fläche, ja ist eingedrückt,
und findet längs des Schlossrandes, wo sich ein schmaler Flügel
nicht scharf absondert, einige Verflachung Statt. Im höchsten
Alter wachsen die Klappen am Unterrande nicht in der früheren
Wölbung, sondern fast senkrecht dagegen, wodurch dann die
Exemplare ein aufgeblähtes Ansehn erhalten. Die Schale der
Flügel nächst dem Schlossrande ist ungemein dick, verdünnt sich
aber nach dem Rücken zu sehr rasch , so dass unterhalb der
schmalen Flügel oftmals ein Bruch erscheint. Die Form stimmt
vollständig mit derjenigen aus dem jüngsten Pläner (Cuvieri-
Pläner), wie auch aus dem obern Grünsande und den grauen
Mergeln an der Ruhr in Westphalen (diese Zeitschr. Bd. XI.
S. 52 u. 55), nur pflegt sie hier eine mehrere Grösse zu haben.
— Wir behalten von früher die Benennung auf Grund der obi-
125
gen Abbildungen bei Goldfuss bei, da erst durch diese die
Species einigermaassen sicher erkennbar dargestellt ist. Doch
sind auch die GoLDFUSs'schen Abbildungen mangelhaft, insofern
sie, sei es durch Verdrückung der Originale , sei es durch an-
dere Zufälligkeiten , die vordere ebene oder eingedrückte Seite
und das Liegen der Wirbel in der äussersten obern Ecke nicht
genugsam wiedergeben. Goldfuss nimmt den Namen nach der
Darstellung bei Sowerby M. C. Tab. 441, 1, und der schon
geraume Zeit frühem in Linn. Trans., und da diese, so sicher
als nach älteren Bildern zulässig , in den Hauptmerkmalen stim-
men, so wird das, was Sowerby und Goldfuss zeichnen, nicht
nur ein und die nämliche Species sein, sondern es wird auch die
Benennung derselben , Inocer. Cuvieri , den strengsten Grund-
sätzen der Priorität entsprechen. Zweifelhaft bleibt dagegen , ob
die Fragmente, die Mant. Tab. 27. 4, und 28. 1 u. 4 als
Inocer. Cuvieri und Brongniart in Envir. de Paris Tab. 4.,
10 (excl. B) als Catillus Cuvieri geben, damit in der That
identisch sind. Auch kommt es hierauf bei der Speciesbenennung
nicht an, da solche schon früher als fest begründet angenommen
werden muss. Was Mantell Tab. 27, 1 unter dem Namen
Inocer. Lamarckii giebt, — das d'ORBiGNY, wie es scheint ohne
genügenden Grund, zum Inocer. striatus Mant. aus Cenoman
zieht — scheint von Inocer. Cuvieri nicht abzuweichen. Auch
der Fundert deutet darauf hin. Dasselbe möchte mit dem ver-
zerrten Bilde Tab. 27, 8 bei Mantell, das dieser Inocer.
Brongniarti und Brongntart in Paris Tab. 4, 10 B. Catillus
Lamarcki nennt, der Fall sein. d'ORBiGNY formirt nach der
letztern Abbildung seine Species Inocer. Lamarcki , und liefert
davon Tab. 412 eine Darstellung. Offenbar ist das Original
durch Zusammenpressung verunstaltet. In den Figuren 1 und 2
ist der Flügel durch Druck abgebrochen, wie sich dies bei der
Verschiedenheit der Dicke der Schale nach Obigem oft findet,
auch lässt Fig. 3 ib. die scharfe Abtrennung des Flügels nicht
wahrnehmen. Zugleich stellt sich damit die Vorderseite convex
dar, während sie ursprünglich wahrscheinlich eben oder concav
war. Wir finden in d'ORBiGNY's Inocer. Lamarcki nichts ande-
res als den wahren Inocer. Cuvieri. Die Species - Benennung
Lamarcki wird ganz unterdrückt werden müssen.
Hiernach würde zu vereinigen sein:
126
a. /. Cuvieri Sow. in Linn. Trans. XIII. Tab. 25 und
M. C. Tab. 441, 1;
b. /. Cuvieri Goldf. Tab. Iii, 1;
c. ? /. Cuvieri Mant. Tab. 27, 4 und 28, 1 u. 4 ;
d. Catillus Cuvieri A. Brongn. Tab. 4, 10 (excl. B) ;
e. /. Lamarcki Man t. Tab. 27, 1 ;
f. /. Brongniarti Mant. Tab. 27, 8 und dasselbe als
Catillus lamarcki bei Brongniart Tab. 4, 1ÜB.;
g. /. Lamarcki d'ORB. Tab. 412.
So ist die, Synonymik bei dieser Species ziemlich verwirrt,
und doch zeichnet sie sich durch hervorstechende Merkmale aus.
Zur sicheren Erkennung ist indessen nothwendig, dass man gut
erhaltene Exemplare oder eine Mehrzahl zur Disposition hat.
Von den zunächst stehenden Formen unterscheidet sie sich leicht
durch Folgendes:
Von I. Brongniarti Sow. Goldf. (s. oben II. 2) dadurch,
dass letzterer einen breiteren Flügel führt, und in allen Alters-
zuständen die Länge weit geringer ist, als die Höhe. Vorkom-
men im Brongniarti-Pläner (Turon), also unterhalb des Scaphi-
ten-Pläners (Senon).
Von /. striatus Mant. Goldf. (s. oben I., 4) durch des
letztern Ungleichklappigkeit mit überstehenden Wirbeln, wie auch
dadurch, dass gleichwie bei /. Brongniarti die grössere Dimen-
sion vom Schlosse nach dem Unterrande liegt. Vorkommen: Ce-
noman oder unterer Pläner und jüngster Flammenmergel (Gault).
Von /. Cripsi Mant. Goldf. (s. unten IV., 27) dadurch,
dass dieser nie, wie /. Cuvieri stets, eine ebene oder eingedrückte
Vorderseite hat, sondern hier bogenförmig nach aussen gebuchtet
ist. Vorkommen: oberes Senon, hauptsächlich mit Beiern, mu-
cronata, aber auch in dem mit Beiern, quadrata.
hiocer. Cuvieri kommt im nordwestlichen Deutschland
massenhaft überall im jüngsten obern Pläner vor, den wir des-
halb nach ihm benannten, und ist tiefer im Scaphiten-Pläner noch
nicht gefunden. Er steigt in Westphalen und zwischen der We-
ser und Elbe in die senonen Schichten mit Beiern, quadrata,
jedoch seltener. Unsicher bleibt es, ob von den bis 1 Fuss
grossen Exemplaren, die sich in den Schichten mit Beiern, mu-
cronata, meist in Fragmenten, zeigen, ein Theil zugehört.
127
3. lnoceramus involutus Sow. Tab. 583 und cI'Orb.
Tab. 413.
Nicht selten und nahe bis l Fuss gross.
Der seitlich eingerollte Wirbel der grossen Klappe pflegt
verdrückt zu sein , da hier die Schale nur dünn war. Diese
Klappe ist ziemlich glatt, und zeigt nur feine Anwachsstreifen.
Die kleinere Klappe, die, je nachdem der Wirbel sich erhebt oder
nicht, mehr oder weniger flach ist, führt starke concentrische
Runzeln.
Anderweit hat sich die Species als seltene Erscheinung nach
A. Roemer (Kreide S. 61) am Gläsernen Mönch zwischen Hal-
berstadt und Blankenburg, in Schichten, die mit den Salzbergs-
Mergeln (Quadraten-Schichten) parallel stehen, gefunden.
Ihr Vorkommen im nordwestlichen Deutschland beschränkt
sich daher für jetzt auf die senone Quadraten-Kreide. d'ORBiGNY
citirt sie aus Frankreich von Sens (Yonne) ; Morris im Cat.
2. Aufl. S. 1 69 giebt sie aus Upper-Chalk, worunter Quadraten-
und Mucronaten-Schichten zusammen begriffen werden, an.
4. Ostrea vesicularis Lam. d'ORB. Tab. 487.
Selten. Dünnschalig und nicht über 40 Mill. gross.
Die radialen Linien der Oberklappe haben wir noch nicht
bemerkt.
Vorkommen im nordwestlichen Deutschland : überall in Mu-
cronaten-Kreide (Haldem , Ahlten, Rügen, auch Lüneburg) und
in Quadraten-Kreide (Harzrand, Gehrden u. s. w.), doch pflegt
sie in jener in der Jugend und im Alter dickschaliger und grösser
zu sein. Auch könnte es wohl sein , dass die Formen aus der
Quadraten-Kreide zwei verschiedenen Species angehörten, die
eine, wie schon Bronn in der Lethaea vermuthet, ohne ausstrah-
lende Linien auf der Oberklappe. Doch kommt sicher die wahre
0. vesicularis mit diesen Linien auch in den Quadraten-Schich-
ten vor, so z. B. bei Ilsenburg und am Rieseberge unweit Kö-
nigslutter. In älteren Schichten , aus denen die Species citirt
wird, scheint sie zu fehlen. Im Pläner, selbst im jüngsten, kommt
sie entschieden nicht vor.
5. Terebrcttula carnea Sow. Liegt nur in einigen
Exemplaren vor, die ziemlich aufgebläht, und etwas S-förmig
gebogene Seitenränder haben, so dass sie sich der Terebr. semi-
globosa Sow. nähern.
Diese Zwischenform kommt ebenso im Scaphiten- und auch
128
im Cuvieri-Pläner, namentlich im erstem z. B. bei Quedlinburg,
Börnecke unweit von da, Heiningen bei Wolfenbüttel, vor. Nächst
dem Harze führen die Quadraten - Schichten nur selten Terebr.
carnea und wohl nie die wirkliche Terebr. semiglobosa. Als
Hauptlager der erstem möchte die Mucronaten-Kreide anzuneh-
men sein, doch reicht sie abwärts bis in den Brongniarti-Pläner.
— In dieser Zeitschrift Bd. XL S. 71 bezeichneten wir als Ni-
veau der Terebr. semiglobosa den rothen und weissen Brong-
niarti-Pläner und fraglich den Scaphiten-Pläner. Es reihen sich
indessen die damals zweifelhaften Formen im letztern mehr der
semiglobosa als der carnea an.
6. Ananchytes ovatus Lam.
Häufig, hauptsächlich die gewöhnliche Form, die Goldfuss
Tab. 45, 1 darstellt.
An andern Localitäten im nordwestlichen Deutschland findet
sich in der Quadraten -Kreide vorherrschend die Varietät mit
minder flachem, mehr conischem Rücken. Indessen binden sich
die verschiedenen Abänderungen, die Goldfuss Tab. 44, 1 als
ovatus, Fig. 2 als conoideus und Fig. 3 als striatus darstellt,
weder in höheren, noch in tiefern Schichten an ein bestimmtes
Niveau.
S. die verticale Verbreitung der Species diese Zeitschrift
Bd. XI. S. 71. Darnach beginnt sie gleich über dem rothen
Pläner , und zwar zuerst sparsam im weissen Brongniarti-Pläner
und in dem damit gleichalterigen Galeriten- (Albo-galerus-) Plä-
ner, durchsetzt häufiger den Scaphiten-Pläner und tritt dann in
grösster Menge im Cuvieri-Pläner und in der Quadraten- und
Mucronaten-Kreide auf. Die Species ist somit, was betont wer-
den muss, keineswegs, wie d'ORBiGNY angiebt, auf Senon be-
schränkt, sondern findet sich auch schon in dessen Turon.
7. Micr a s'ter cor an guinum Ag.
Häufig, die herzförmige Form, wie sie d'OßB. Tab. 8ö7 und
868 darstellt. Die Zönes interporiferes sind eben so breit oder
etwas schmäler als die Zönes poriferes, etwa wie Hebert in
Mem. de la Soc. geol. de Fr. 2 Ser. Tom. 5 Tab. 29, Fig. 18
und 15 von seinem M. cortestudinarium und coranguinum an-
giebt. Ob auch dessen M. Brongniarti Fig. 14 vorliegt, an
dem beide Zonen nahezu gleich breit, die interporiferes aber an-
statt der Tuberkeln mit kleinen Granulen gezeichnet sind, lassen
129
die Exemplare nicht wahrnehmen. Vielleicht ist letzteres Merk-
mal auch nicht völlig beständig und specifisch.
In dem weissen Brongniarti- und dem Scaphiten-Pläner fin-
den sich Formen, deren Länge beträchtlich grösser als die Breite
ist, und von denen ein Theil jedenfalls dem Micraster l.eskei
d'ORB. Tab. 869 zugehört. Ein anderer Theil davon schliesst
sich jedoch durch lange Ambulacren u. s. w. so nahe an M.
coranguinum, dass damit letztere Form vorzuliegen scheint. Be-
stätigt sich dies, so beginnt das tiefste Vorkommen des Mi cor-
anguinum im weissen Brongniarti-Pläner, also wie Ananchytes
ovatus. Dann durchsetzt die Species den Scaphiten- und Cuvieri-
Pläner, und tritt in diesem letztern und in den Quadraten- und
Mucronaten-Schichten in der typischen Entwicklung und grösster
Häufigkeit auf. Betreffenden Falls steht mithin auch M. coran-
guinum dem d'OßBTGNY'schen Turon und Senon gemeinsam zu.
Das Citat von M. coranguinum aus dem Grünsande von Essen
(Tourtia) in Leth. 3. Aufl. V. S. 201 muss unterdrückt werden.
— M. Leskei ist im nordwestlichen Deutschland aus den senonen
Quadraten- und Mucronaten-Schichten nicht bekannt.
8. G alerit es alb ogaleru s Lam. Desor Mon. des
Gal. 11. Tab. 1, 4—11.
Nicht häufig, und hauptsächlich in einer bestimmten Lage
in den jüngsten Schichten auftretend.
Zeither fassten wir die Species nicht wie Desor in der
Monogr. des Gal. thut, sondern in Uebereinstimmung mit dessen
Synop. S. 182 auf, in welchem letztern Werke die früher ge-
trennt gehaltenen Formen: G. albogalerus Lam., G. vulgaris
Lam. (non Goldfuss 40, 20, was etwas ganz anderes), G. Co-
rnea Ag., G. pyramidalis Desm. und G. angulosa Desor, un-
ter jenem ersten Namen zu einer einzigen Species vereinigt sind.
Wir kehren jedoch im Wesentlichen zu der früheren Absonderung
zurück, und schliessen uns damit der Ansicht an, die neuerdings
Co tteau in der Pal. Fr. darlegte. Berücksichtigt man nämlich
ins Besondere die beiden Formen G. albogalerus, Mon. Tab. 1,
4 — 11 und Syn. Tab. 25, 10, und G. conicus, Mon. Tab. 1,
12 — 19 und Syn. Tab. 25, 9 a. (links unten), und abstrahirt von
den übrigen, auf die es hier nicht ankommt, so scheinen jene
beiden in der That specifisch abzuweichen. So viel Aehnlichkeit
in den Details, in Lage des Periproct, Anzahl und Art der War-
zen auf der Basis und oberhalb derselben u. s. w. obwaltet, so
Zeits. d.d. geol. Ges. XV. 1. 9
130
ist doch die Gestalt und damit das Quer- und Längenprofil ganz
verschieden. Bei G. albogalerus laufen die Seiten ohne erheb-
liche Wölbung in den fast zugespitzten Scheitel aus ; bei G. co-
nicus dagegen sind die Seiten bogig, und bildet der Scheitel
nahezu einen Halbkreis. Zwischen beiden Formen kennen wir
keinen Uebergang, vielmehr bleibt im Quer- und Längenprofil
dem albogalerus stets der conische und dem conicus der abge-
rundete Scheitel. Allein wollte man auch hierauf keinen Werth
legen, so macht doch der Umstand stutzig, und veranlasst uns,
beide Formen mindestens einstweilen specifisch auseinander zu
halten , dass G. conicus unserem Albogalerus-Pläner, der G. al-
bogalerus aber der weit jüngeren Kreide mit Belemnitellen zu-
steht, und in den zwischenliegenden Gliedern, dem Scaphiten-
und Cuvieri-Pläner, weder die eine noch die andere Form auf-
tritt. Auch scheint es, dass G. conicus ausser durch den platte-
ren Scheitel sich auch dadurch auszeichnet, dass er sich nach
hinten etwas mehr verschmälert, der Periproct weiter randlich
liegt, und die Area, auf welcher sich letzterer befindet, kräftiger
ist. An den Lüneburger und englische^ Exemplaren des G. al-
bogalerus treten ferner die Warzen in einer Mehrzahl auf, mar-
kiren sich freilich im Allgemeinen an der Basis auffälliger als
an den Seiten , sind indessen zunächst dem Periproct von den
hier umfangreicheren Granulen kaum zu unterscheiden. Der
G. vulgaris Des. Mon. Tab. 1, 1 — 10 und d'OßßiGNY Tab. 1001
steht dem G. conicus weit näher als dem G. albogalerus, weicht
aber nach den Abbildungen auch vom erstem durch geringere
Höhe, fast kreisförmigen Umfang und den Mangel der Area ab.
Ist es hiernach warscheinlich, dass G. albogalerus und co-
nicus, wie sie Desor in der Monogr. des Gal. darstellt, zwei
verschiedene Species bilden , so entsteht weiter die Frage , wie
sie zu benennen sind. Die Pal. Fr. greift für erstere auf Breyn's
Echinoconus conicus de anno 1732 zurück, und ändert, da dar-
nach die Speciesbezeichnung conicus schon vergeben war, für die
andere die von Desor ertheilte Bezeichnung conicus msubconi-
cus d'ORß. um. Hiermit verschwände die Speciesbenennnng al-
bogalerus ganz und gar. Da sich aber diese schon seit langer
Zeit in der Wissenschaft eingebürgert hat, so möchte die Wieder-
einführung vergessener alter Namen leicht Missstände herbei-
führen, und dürfte sich die Terminologie in der Pal, Fr. nicht
empfehlen. Wir heissen somit
131
G. albogalerus Lam., wasDESOR in Mon. des Gal. als solchen
bezeichnet, und was die Pal. Fr. Cret. P/, 513 Echino-
conus conicus Breyn nennt und Tab. 996 u. 997, 1 — 7
vortrefflich abbildet, und
G. conicus Ag., was Desor in Mon. des Gal. unter dieser
Benennung giebt , und was die Pal. Fr. VI., 519, Tab.
998 als Echinoconus subconicus d'OßB. darstellt.
Auch wird nunmehr die besondere Facies des Pläners mit
Inocer, Brongniarti, die wir als Albogalerus-Pläner bezeichneten,
da der wahre G. albogalerus darin nicht vorkommt, nicht mehr
so benannt werden dürfen. Wir nennen den Complex fortan
Galeriten-Pläner.
Da nicht von allen Autoren die Verschiedenheit der obigen
Galeriten gehörig beachtet ist, so hält es schwer deren Vorkom-
men aus den Angaben zu entnehmen. Wir selbst kennen im
nördlichen Deutschland den G, albogalerus allein von Lüneburg
(Kreide mit Beiern, quadrata). Desor u. A. citiren indessen
die Species, und wie es scheint die richtige, auch von Rügen.
Diesen Falls steigt sie in die Kreide mit Beiern. mucro?iata.
Was Goldfuss Tab. 40, 19 abbildet, kann füglich G. albo-
galerus sein. Derselbe giebt als Fundort unter andern Quedlin-
burg an. Aus dortiger Gegend ist uns jedoch die Species nicht
bekannt, wohl aber findet sich daselbst an mehreren Stellen der
Galeriten-Pläner, erfüllt mit G. conicus. — Die Fundorte in
Frankreich beschränken sich zwar auf Senon, jedoch bedürfen
sie der weiteren Einengung.
G. conicus stellt sich im nordwestlichen Deutschland stets
häufig ein, wo der Galeriten-Pläner auftritt, z. B. am Fleischer-
kampe bei Salzgitter (in der Synopsis wird dieser Fundort irr-
thümlich als Scaphiten-Pläner, und bei G. vulgaris aufgeführt),
— Eisenbahn -Einschnitt am Harlyberge bei Vienenburg, —
Grosser Bruch bei Weddingen unweit Schladen; dann ferner im
Halberstadt - Blankenburger Becken : Bruch am alten Wege
von Blankenburg nach Halberstadt unweit Börnecke und südlich
vom Hoppelberge ; Stumpfethurmberg bei Ströbeck unweit Halber-
stadt. In Westphalen endlich ist ein ausgezeichneter Fundort
der Species bei Graes unweit Ahaus. An allen diesen Stellen
ist dieselbe mit einer eigentümlichen Fauna vergesellschaftet, die
in der Hauptsache aus Gal. subrotundus Ag. und globulus De-
sor Mon. {~ G. globulus Desor Syn. und E. Desorianus d'ORB.),
9»
132
Ter ehr. B eckst A. Roem. , Rhynch. Cuvieri d'ORB. und aus
Inocer. Brongniarti Sow. besteht. Der Galeriten-Pläner pflegt
keine grosse horizontale Verbreitung zu haben, und, nach gerin-
ger Ausdauer, im Streichen durch die andere Facies, den Brong-
niarti-Pläner, wieder ersetzt zu werden. — Welches genaue Ni-
veau der G. conicus in Frankreich und England einnimmt, bleibt
annoch festzustellen. — In der Galeriten -Facies des Pläners pflegt
G. conicus die jüngste Lage inne zu halten; dann folgt nach
unten G. subrotundus und endlich Desorianus. Letzterer geht
auch in die obersten Schichten des rothen Pläners über, da wo
der Inocer. mytiloides noch nicht massenhaft angehäuft ist. G.
albogalerus kommt, wie oben erwähnt, sehr viel höher als alle
genannten Formen vor.
9. Cidaris subvesiculosa d'ORB.
Selten.
Interambulacraltafeln mit einer hohen, ungekerbten, durch-
bohrten Warze mit grossem kreisförmigen Höfchen, das ein Kranz
von starken Granulen umgiebt, während den übrigen Theil
schwächere Granulen bedecken, scheinen mit Täfelchen, die aus
dem mittlem und obern Pläner nächst dem Harze und aus der
Mucronaten-Kreide von Rügen vorliegen und zeither mit C. vesi-
culosa Goldf. Tab. 40, 2, einer cenomanen Species von Essen,
zusammengestellt sind, übereinzustimmen. Bei d'ORßiGNY Prodr.
IL, 274 und Desor Syn. S. 13 werden sie C. subvesiculosa
genannt. Ob und inwiefern die Lüneburger Formen specifisch
abweichen, lässt sich aus dem geringen Material nicht sicher
entnehmen. Kräftige cylindrische Stacheln , die wahrscheinlich
zugehören, führen mit ziemlich breiten Zwischenräumen gekör-
nelte Längslinien , wie sie Desor in Syn. Tab. 5, 27 darstellt.
10. Mar supites ornatus Mant. Leth. 3. Aufl. V, 175,
Tab. 29, 13 und 34, 9.
Häufig.
Die meist einzeln vorkommenden Täfelchen von schöner Er-
haltung haben 20 — 25 Mill. Durchmesser und mehr oder weniger
regelmässige 5» und 6-seitige Form, je nach ihrer Lage aus der
Krone, und führen breite, aus der Mitte ausstrahlende Rippen,
die zum Theil anfänglich aus rundlichen Körnern bestehen. Ein
fast vollständiger Kelch, jedoch ohne Arme, befindet sich in der
Sammlung des Herrn Moritz.
Im nordwestlichen Deutschland kommen diese Marsupiteu
133
vielfach in den senonen Schichten mit Beiern, quadrata vor, so
in den Salzbergs-Mergeln am Papenberge bei Blankenburg. Die
Hauptlocalität befindet sich an der südwestlichen Ecke des auf
der Karte von Hannover und Braunschweig von Papen bezeich-
neten Papenbergs, da wo ihn die von Blankenburg nach Halber-
stadt führende Chaussee berührt, und diese ein aus der Richtung
vom Regenstein kommender Weg rechtwinklig schneidet. Bei
Roemer, Geinitz und in der Lethaea wird irrthümlich der einige
Minuten westlich belegene Plattenberg, wo Mucronaten - Kreide
auftritt , angegeben. Häufig finden sie sich ferner in demselben
Niveau , in einem grauen thonigen Mergel bei Limmer unweit
Hannover, seltener dagegen in dem sandigen Gesteine mit Beiern,
quadrata bei Gehrden. Aus dem jüngern Theile des deutschen
Senon mit Beiern, mucronata ist uns die Species nicht bekannt.
Doch giebt sie d'ORBiGNv im Prodr.ll, S.275 von Meudon, wo,
so viel wir wissen, Beiern, quadrata nicht auftritt, an.
Zur Uebersicht des paläontologischen Werths dieser Fauna
aus dem östlichen Theile des Rathsbruchs und aus dem Behr-
schen Bruche ist das Vorkommen der einzelnen Species im übri-
gen nordwestlichen Deutschland in der umstehenden Tabelle zu-
sammengestellt.
Hiernach findet sich keine der Lüneburger Species ander-
weit in den Mytiloides-Mergeln und noch weniger in tieferen
Schichten. Eine Mehrzahl geht abwärts bis in den weissen
Brongniarti-Pläner, bezüglich den Scaphiten- und (Juvieri-Pläner.
Doch möchte davon Cidaris subvesiculosa mindestens bis dahin,
dass die Merkmale besser als jetzt feststehen, als eine indifferente
Form zu betrachten sein. Es bleiben dann Terebratula carnea,
Ananchytes ovatus und Micraster coranguinum , welche das
Lüneburger Niveau mit dem untern und mittleren Theile des
obern Pläners gemeinsam führt, und tritt hierzu noch Inoceramus
Cuvieri, welchen dasselbe mit dem obern Theile gemeinsam führt.
Allein allen diesen Species steht eine grosse verticale Verbrei-
tung zu, und gehen jene drei und vielleicht auch die letztere
ausserdem durch die jüngste obersenone Kreide. Sie eignen sich
daher für ins Einzelne gehende Parallelisirungen nicht. Berück-
sichtigt man ferner, dass die Hauptformen Belemnitella quadrata,
Ostrea vesicularis und DIarsupites ornatus und ebenso' auch
Galerites albogalerus noch nirgend im Pläner gesehen sind, so
darf von einer Gleichstellung mit irgend einem Gliede dieses
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'letztern nicht die Rede sein, und da ausserdem die Lagerung
über dem Brogniarti - Pläner stattfindet, so kommen nicht tiefere
Schichten, sondern nur die beiden Glieder der obersenonen Kreide,
dasjenige mit Beiern, quadrata und dasjenige mit Beiern, mu-
cronata in Frage. Die. Entscheidung zwischen letzteren beiden
unterliegt aber keinem Zweifel, da in dem Lüneburger betreffen-
den Complexe wohl Beiern, quadrata , und zwar sehr häufig,
noch nie aber Beiern, mucronata gefunden ist, und da, wie wir
weiter unten sehen werden, die Mucronaten- Kreide thatsächlich
überliegt. Die Schichten im östlichen Theile des Rathsbruchs
und im Behr'schen Bruche gehören somit demjenigen Gliede der
obersenonen Kreide an, das wir als Kreide mit Beiern, quadrata
bezeichnen.
Am Zeltberge sind die Aequivalente für die zwischen dem
Brongniarti-Pläner und der Quadraten - Kreide an andern Grten
liegende Glieder, nämlich für den Pläner mit Scaphites Geinitzi
und für den mit Jnocer. Cuvieri, nicht angetroffen. Allerdings
gestalten sich die Aufschlüsse in dem mittleren Theile des Raths-
bruchs, wo grade die Grenze zwischen den Brongniarti-Schichten
und der Quadraten - Kreide vorhanden sein muss, am mindesten
gut, weil hier die Stösse des Bruchs zum Theil wieder bewach-
sen, zum Theil mit hohem Schutt beworfen sind. Das Scaphiten-
Niveau fehlt sicher, weil sich noch keine Spur von dessen cha-
rakteristischer und mannichfacher Fauna gezeigt hat. Dagegen
wäre es nicht unmöglich, dass daselbst das Niveau des Cuvieri-
Pläners, wenn auch nur mit geringer Mächtigkeit, bestände.
Nicht nur liegen daselbst viele Bruchstücke von ungewöhnlich
grossen Jnocer. Cuvieri umher, sondern es werden auch in dem
östlichen Theile des Rathsbruchs, in je tiefere Schichten man ge-
langt, die Belemnitellen immer seltener. Es deutet das auf das
Vorhandensein des Niveaus mit Jnocer. Cuvieri in dem bedeck-
ten Räume einigermaassen hin.
IV. Versteinerungen ans den Brüchen der Cementfabrik.
1. Belemnitella mucronata d'Orb.
Sehr häufig.
Es hat sich zeither nur die typische Form, meist in ziemlich
grossen, 100 bis 120 Mill. langen Scheiden, gezeigt. Cf. diese
Zeitschr. Bd. VII. S. 502. Von dem gleichzeitigen Vorkommen
136
der Beiern, quadrata ist weder den Anwohnern, noch uns eine
Andeutung bekannt.
2. N autilus laevig atus d'Orb. Tab. 17.
Minder häufig. 1
Bis 70 Mill. im Durchmesser, jedoch ohne Wohnkammer.
Die sehr aufgeblähten Stücke von halbmondförmiger Mundöffnung, k
engem Nabel und ohne Spur einer Ventraldepression gleichen r
der gedachten Abbildung und der bei Sharpe Tab. 2, 1 — 2, v
jedoch liegt der Sipho, soweit an einem etwas verdrückten Exem- j
plare zu sehen ist, etwas aus der Mitte nach innen. Im Prodr.
erwähnt d'Orbigny dieses Urastandes, und stellt derselbe die Form
mit mehr äusserm Sipho als N. sublaevigatus ins Turon und
diejenige mit mehr innern Sipho als N. Dekayi ins Senon. Be-
stätigt sich der Unterschied, was mit Stücken aus tieferen Schich-
ten, wo die Lage des Siphos selten zu beobachten, zu controlliren
wir nicht in der Lage sind, so würde die Lüneburger Form zu
N. Dekayi gehören.
Wird von der Lage des Siphos abstrahirt, so liegt die Form
von anderen Orten des nordwestlichen Deutschlands vor:
aus Mucronaten-Kreide: von Ahlten, Haldem,-
- Quadraten-Kreide : Gehrden, Ilsenburger Mergel ;
- Grauen Mergeln von Westphalen;
- Cu vieri-Pläner : Eisenbahn-Einschnitt auf Sehlder Feld-
mark bei Neuwallmoden;
- Oberem Grünsand von Westphalen ,
- Scaphiten - Pläner : Rumberg bei Neinstedt unweit
Thale, Heiningen;
- Weissen Mergeln mit Jnocer. mytiloides von West-
phalen, und
- aus cenomanen Pläner mit dmm. varians vom Kahn-
stein bei Langelsheim, Broitzen bei Braunschweig.
Zeither pflegt die Form als N. Simplex Sow. Tab. 122
aus U. g. S. angesprochen zu sein, welche Species sich nach
Sharpe durch eine Ventraldepression markiren soll, im Uebrigen
jedoch nicht genügend bezeichnet ist. Pictet in St. Croix
S. 144 stellt den N.simplex fraglich zu JV. Clementinus d'Orb.
aus Gäult. Gewöhnlich lassen die glatten Kreide-Nautilus wenig
charakteristische Merkmale wahrnehmen, so dass sie sich einst-
weilen zu Niveaubestimmungen nicht sonderlich eignen.
137
3. Nautilus interstriatus sp. nov.
Häufig.
Mit einem Theile oder anscheinend der ganzen Wohnkammer
100 bis 120 Mill. im Durchmesser. Meist sehr verdrückt. Von
äusserer Schale ist nichts vorhanden, und sind die Scheidewände
der Kammern stets sichtbar, woraus auf Steinkerne zu schliessen
sein möchte. Die Mundöf*ung und der Nabel sind mit N. neo-
comiensis d'Obb. Tab. 11 ziemlich conform, jene etwa so hoch
als breit, ja wohl noch etwas höher, daher die Form nicht auf-
gebläht erscheint. Der Nabel weit und offen und ohne Kante.
Sipho mittelständig oder noch etwas nach aussen liegend. Was
die Species vornämlich bezeichnet, ist die Art der Berippung.
Die Rippen sind nämlich nicht breit und wellenartig, durch Fur-
chen gesondert, wie an N. neocomiensis , elegans u. s. w., son-
dern sie bestehen lediglich in schwachen, linienartig erhabenen,
aber sehr markirten Streifen, die innerhalb des Nabels, auf den
Seiten und am Rücken gleich bleiben. Sie biegen sich stark
S-förmig, laufen bis etwas über die halbe Höhe der Seite bogig
radial, und machen dann und auf dem Rücken eine starke Bie-
gung nach hinten. Bei 100 Mill. Durchmesser zählt man in der
Medianlinie des Rüekens auf 30 Mill. Länge 12 dergleichen
Rippen. Sie haben also etwa die Entfernung, wie an der Ab-
bildung von N. elegans bei d'Orb. Gabelung der Rippen, die
an dieser Species auf unseren Exemplaren aus Cenoman auf den
Seiten häufiger ist als d'Orb. zeichnet, findet sich nie. Dagegen
sieht man auf dem Rücken und auf der obern Hälfte der Seiten
zwischen je 2 Rippen noch 3 feine Streifen , wie wir solche an
keiner andern gerippten Kreide -Species kennen. Von dieser
Eigentümlichkeit mag die Benennung entnommen werden. Auf
der untern Seitenhälfte und im Nabel ist die Zwischenstreifung
nicht zu bemerken. Das Ganze lässt vermuthen, dass Steinkerne
mit Abdruck der äussern Schale vorliegen, dass sich mithin die
obige Darstellung auf die äussere Schalenoberfläche bezieht. Die
Kammern sind ziemlich hoch, höher als bei N. elegans. Es
kommen etwa 6 Stück auf den letzten halben Umgang. Ihre
Nähte sind stark S-förmig gebogen, und reichen am Rücken, weit
nach vorn, so dass die Kammern hier ungemein dünne auslaufen.
Die Bestimmung der Lage des Sipho hat deshalb seine Schwie-
rigkeiten. Ventraldepression zeigt sich weder im älteren , noch
im jüngern Zustande. So weicht N. interstriatus von den be-
I •
138
kannten berippten Nautilen der Kreide durch die feinen Rippen
und die Zwischenstreifen wesentlich ab, speciell vom A7. elegans
d'Orb. ausserdem durch mindere Aufblähung und weiten Nabel.
An anderen Orten kommt die Species bei Ahlten unweit
Lehrte in senoner Kreide mit Beiern, mucronata in ganz dem-
selben geognostischen Niveau, wie sich weiter unten ergeben
wird, als bei Lüneburg vor. Daselbst fehlen indessen die Zwi-
schenlinien , was daher rühren wird , dass wirkliche Steinkerne
auftreten. Es wird dieselbe von Ahlten bei Roemer und Gei-
nitz für N. elegans angesprochen. N. elegans kennen wir aus
dem nordwestlichen Deutschland oberhalb des Pläners weder aus
Kreide mit Beiern, quadrata, noch aus der mit Beiern, mucro-
nata. Die Citate von Kner und Alth in Haidinger's Abhandl.
III, 2. S. 6 u. 202 aus Mucronaten - Kreide von Lemberg möch-
ten noch der Bestätigung bedürfen.
4. ? Ammonit es Gollevillen sis d'Orb. Prodr. 22,
17. (A. Lewesiensis Pal. Fr. Tab. 101 und 102, 1.)
Selten.
Es haben sich zeither nur junge unberippte Stücke, wie 1. c.
Tab. 102, 1, jedoch etwas mehr involut gefunden, und möchte
deshalb das Lüneburger Vorkommen der Species noch zweifelhaft
sein. Dieselbe beschränkt sich im nordwestlichen Deutschland
nicht auf Mucronaten -Kreide (Haldem), sondern erscheint auch
schon in der Quadraten-Kreide (Peine).
5. Scap Attes tridens Kner. Haidin. Abband. 111,2.
S. 10. Tab. 2, 1 und Getnitz Quad. Tab. 7, 1.
Obwohl seither nur ein Exemplar und zwar vom Herrn
Moritz gefunden ist, das ovalen Umfang, 120 und 90 Mill.
Durchmesser hat, am evoluten Theile des Rückens beschädigt ist,
und die Knotenreihen nicht wahrnehmen lässt, so stimmt doch
im Uebrigen die Form mit den citirten Abbildungen und mit
von Nagorzany vorliegenden Exemplaren so, dass über die rich-
tige Bestimmung kein Zweifel bleibt. Letztere' und das Lüne-
burger Stück sind etwas minder comprimirt als die Darstellung
bei Geimtz erscheinen lässt; die Mundöffnung ist etwa ebenso
breit als hoch. An dem eingerollten Theile nimmt die Win-
dungshöhe rasch zu, und da daselbst auch die Involubilität stark
ist, so gestaltet sich der Nebel sehr eng. Die radialen Rippen
gabeln sich unregelmässig theils in der Nähe der Sutur, theils
in der untern Hälfte der Seite, auch schalten sich hier neue
139
Rippen ein. Alle laufen in gleicher Stärke und ohne Biegung
über den Rücken fort.
Diese schöne Species, die zu den grössten bekannten Sca-
phiten gehört, hat sich seither allein in der Kreide mit Beiern,
mucronata von Nagorzany und Lemberg gefunden. Bei dem
stellenweise häufigen Auftreten von Scaphiten in der Mucronaten-
Kreide des nordwestlichen Deutschlands, wie namentlich bei
Lemförde und Haldem, wird darauf zu achten sein, ob die Form
nicht dort vorhanden ist.
6. Scap hit es c onstric tus d'Orb. Tab. 129, 8 — 11.
(Amm. constrictus Sow. Tab. 184 a, 1.)
Nicht häufig.
Auf der Rückenkante, jedoch auf den evoluten Theil be-
schränkt, befindet sich eine Reihe länglicher Höcker, die ihre
grössere Dimension in der Richtung der Spirallinie haben. Der
eingerollte Theil mit sehr engem Nabel gleicht dem Amm.
Cottae Roem., wie auch dem Jugendzustande von Scaphites
Geinitzi und compressus, und führt etwas gebogene, doch auch
ziemlich grade radiale Rippen, die sich in der Mitte der Seiten
und tiefer,, zuerst in zwei, dann in drei und noch mehrere spalten.
Hin und wieder tritt auch eine Rippe ohne Gabelung auf. Im
evoluten , behöckerten Theile entfernen sich die sonst dicht lie-
genden Rippen von einander, und nehmen mit grösserer Breite
eine wellige Beschaffenheit an.
Von andern Localitäten des nördlichen Deutschlands ist die
Form nur aus Mucronaten - Kreide von Rügen bekannt. Bei
Haldem und Ahlten, wo sonst Scaphiten zu Hause sind, findet
sie sich nicht. Dagegen kömmt sie in der Mucronaten - Kreide
von Nagorzany und Lemberg vor.
7. Baculites Knorri Desm. Geinttz. Quad. Tab. 5.
4—5. Häufig.
Fusslange, glatte Steinkernstücke von ovalem oder fast ovalem
Querschnitt, der grössere Durchmesser bis zu 50 Mill., markiren
sich ausser den Loben durch nichts anderes als den Querschnitt.
Dieser ist im jüngeren Alterszustande bis nahe unter die Wohn-
kammer, wie es scheint, constant vollkommen elliptisch, am Bauche
und am Rücken gleich gerundet. Die beiden Durchmesser ver-
halten sich etwa wie 4:7. So nähert sich dieser Zustand dem
B. Faujasi Lam. Späterhin verflachen sich die Seiten ein wenig,
der Querschnitt wird etwas eiförmig, ohne dass sich indessen
140
der Röcken zugeschärft gestaltete. Zu B. anceps Lam., wie
diesen d'OrbiGx\y u. A. darstellen, gehört die Form mithin nicht,
zumal keine Andeutung von den dem anceps eigentümlichen
welligen, nach vorn gebogenen Rippen wahrzunehmen ist. Jeden-
falls kommt dieselbe Form von ungewöhnlich grossen Dimen-
sionen auch bei Lemberg und Nagorzany vor, von wo sie Ai.th.
1. c. S. 208 — 20 in die eine oder die andere Species einreiht,
je nachdem der Querschnitt elliptisch oder herzförmig ist. Gei-
nitz im Quader stellt letztern unter dem obigen Namen dar.
Ob sie sich jedoch specifisch vom ß. Faujasi abtrennen, womit
sie zunächst vereinigt werden raüssten, wenn die Wahl lediglich
zwischen anceps und Faujasi zu treffen wäre, wagen wir nicht
zu entscheiden. Die Formen, die dasselbe Niveau bei Haldem
und Ahlten ziemlich häufig umschliesst, weichen specifisch meist
nicht ab. — Jüngere Stücke von guter Erhaltung sind bei Lüne-
burg selten, und stösst die Vergleichung mit den kleinen Exem-
plaren, die sich in der Mucronaten- und Quadraten - Kreide an
anderen Orten des nordwestlichen Deutschlands finden, auf Schwie-
rigkeiten. Es scheint fast, als wenn B. anceps mit Zuschärfung
an der Siphonalseite etwas tiefer, in der Quadraten-Kreide, liegt,
während B. Faujasi und Knorri der Mucronaten-Kreide zustehen.
8. Globic onc ha Lunebur gensis sp. nov.
Häufig.
Die eingewickelte Schale mit 4 Umgängen hat ein sehr
kurzes Gewinde, und ist fast kugelig, 20 — 22 Mill. hoch. Mün-
dung schmal, unten etwas erweitert. So viele Exemplare vor-
liegen, so findet sich doch keine Spur von Falten und Zähnen
an Spindel und Aussenlippe. Letztere scheint sich indessen im
höchsten Alter wulstförmig zu verdicken. Die Form hat die
ungefähre Gestalt von G. rotundata d'Orb. Tab. 169, 17, was
sie aber von dieser und den übrigen bekannten Arten unter-
scheidet, ist, dass die Schale 25 — 28 breite, spirale Bänder führt,
die durch seichte Furchen gesondert werden, und sich in gleicher
Breite und Stärke gleichmässig vertheilen.
Es wäre nicht unmöglich, dass in der von Lemberg und
Nagorzany durch Kner und Alth I.e. S. 15 und 214 Tab. 3, 5
dargestellten Avellana cassis, von der nicht anzunehmen steht,
dass sie in oberer Kreide auftritt, dieselbe Species vorliegt, wenn
nicht Falten auf der Spindel abgebildet würden. Sollten sich
dergleichen auch an den Lüneburger Stücken zeigen, so könnten
141
sie mit Avellana Archiaciana d'Orb. Tab. 169, 7 aus Senoner
Kreide von Aachen identisch sein.
Von anderen Orten im nordwestlichen Deutschland nicht
bekannt.
9. Trochus plic alo -c arinatu s Goldf. Tab. 181,
(Delphinula tricarinata Roem. Tab. 12, 3—4.)
Häufig.
Kreiselförmig, 25 — 30 Mill. hoch, mit fünf durch eine tiefe
Nahtfurche gesonderten Windungen , die in und unterhalb der
halben Höhe mit zwei genäherten Kielen versehen sind , von
denen der obere knotige Falten führt. Der untere Kiel verwischt
sich in der vorderen Hälfte des letzten Umganges. 4 bis 6 ge-
krümmte Längslinien befinden sich über dem obern Kiel, andere
schwächere bedecken den übrigen Theil. Die Steinkerne sind
glatt und lassen am obern Kiele nur Andeutung der Knoten
wahrnehmen. Somit stimmt die Form vollständig mit Var. L.
T. granulatus bei Goldfuss. Die zahlreichen andern Spielarten,
Var. monilifer und depressa bei Goldfuss haben sich zeither
nicht gezeigt.
An anderen Orten des nordwestlichen Deutschlands häufig
in Mucronaten -Kreide bei Haldem und Coesfeld, auch in dem-
selben Niveau bei Lemberg und Nagorzany.
10. Trochus {Turbo) armatus d'Orb. Prodr. 22,
261 (Tr. Baster oti Brongn. bei Goldf. Tab. 181, 7 — non
Brongn.) Selten.
Die 4 — 5 gewölbten, an der. Basis gekielten und durch eine
starke Naht gesonderten Umgänge führen 5 spirale Linien, die
durch schräg rückwärts herablaufende Querlinien durchsetzt
werden, und in den Durchschnittspunkten starke Körner tragen.
Die Basis scheint nur spiral gestreift, nicht gegittert zu sein.
Offenbar weicht der T. Basteroti bei Goldf. von dem bei
Brongn. Paris Tab. 3, 3 ab, und hat deshalb d'Orbigny beide
Formen getrennt. JDen T. Basteroti setzt d'Orb. Prodr. 20,
108 ins Cenoman, obgleich ihn Brongniart aus weisser Kreide von
Meudon aufführt. Die vielfachen früheren Citate des T. Baste-
roti bedürfen unter solchen Umständen einer Revision.
In der Mucronaten-Kreide von Haldem findet sich die Species
T. armatus sicher, - wahrscheinlich auch bei Lemberg und in
Schweden.
142
11. P leur o tornaria velata Goldf. Tab. 187, 2
und P leurot. disticha Goldf. Tab. 187, 5.
Häufig.
Beide mit feiner Spiralstreifung, die durch Querlinien, nach
der stumpfen Kante in der Mitte der Windungen, wo der Spalt
liegt, convergirend, gekörnelt werden. Erstere Form führt noch
feinere Streifen als letztere. Ob hierin und in dem etwas ver-
schiedenen Querschnitt der Windungen ein specifischer Unter-
schied liegt, lässt sich, da mannichfache Verdrückung, vorkommt,
einstweilen nicht beurtheilen. An der cenomanen Species P.per-
spectiva, mit der jene vielfach vereinigt sind, haben die Spiralen
Gürtel eine grössere Breite. Näher steht schon die Form aus
dem obern Pläner mit lnocer. Cuvieri und den . Bildungen von
gleichem Alter.
Beide Arten kommen in Mucronaten-Kreide bei Haldem und
Lemberg vor.
12. Fusus {Pyrula) carinatu s Goldf. Tab. 172,
11 (non Roem.)
Selten.
Nach unvollkommenen Stücken zusammengesetzt etwa 45 Mill.
hoch. Oer letzte Umgang mag ebenso hoch sein als die treppen-
förmig absetzenden übrigen, daher wie Fig. IIa bei Goldf.
Oberhalb der scharfen Kante scheint die Schale glatt zu sein,
während der Theil darunter mit wellig spiralen Streifen von un-
gleicher Stärke bedeckt ist.
Vorkommen an anderen Orten des nordwestlichen Deutsch-
land: Mucronaten-Kreide von Coesfeld und Haldem. Die Form
von Nagorzany, die Knek Tab. 4, 7 abbildet und fraglich zu-
zählt, scheint nach dem niedrigen Gewinde eine andere Species
zu sein. Ob Fig. Hb bei Goldfuss nur verdrückt ist, bleibt
dahingestellt.
13. Fusus [Pleurotoma) indultus Goldf.
Tab. 170, 10 oder ähnlich.
Selten.
Unterscheidet sich von der Abbildung dadurch , dass die
Windungen in ihrer Mitte nicht nach aussen aufgebläht, sondern
flach convex sind. Die untere Windung hat starke Spirale Falten,
die oberen sind gegittert. Von Ausrandung ist nichts wahrzu-
nehmen. Ausserdem doppelt so grossalsbei Goldfuss. Die gleiche
143
Form liegt von Haldem nicht vor. Das was Alth 1. c. Tab. 9,
21 u. 22 darstellt, weicht gleichfalls ab.
14. Cerithium Nerei Münst. Goldf. Tab. 174, 3.
Selten.
Auf jeder Windung 16—18 wellige Querrippen, die keine
regelmässige Reihen bilden. Spirale Streifung wie bei C. Decheni
findet nicht Statt.
An anderen Orten in Mucronaten-Kreide bei Haldem.
15. P holadomy a (Cardium) decussata Mant.
bei Goldf. p. 222. g Tab. 145, 2, — non Ag.
Nicht häufig.
Abgerundet dreiseitig, fast so hoch wie lang (70 Mill.), die
eingerollten Wirbel liegen ganz vorn. Hier stark aufgebläht,
hinten zusammengedrückt, jedoch etwas klaffend. Vorn senkrecht
abgestutzt, und^ was die Species von andern auszeichnet, ist die
Beschaffenheit der herzförmigen Vorderseite. Diese führt näm-
lich in etwas über der halben Höhe beginnend und in den Wir-
beln endigend eine kreisförmige, hohe, wellige Kante, die ober-
halb ein Mondchen umschliesst, während sich darunter ein halb-
mondförmiger concaver Raum bildet. Die Abbildung bei Goldfuss
deutet dies gut an. Von radialen Rippen ist auf der Vorderseite
keine Spur. Dagegen setzen die concentrischen Runzeln und An-
wachsstreifen der Seiten über sie bis zu den Wirbeln fort. Auf
den vordem -| der Seiten strahlen 25 — 28 Rippen von ungleicher
Stärke und in ungleicher Entfernung von einander aus. Ein
Theil derselben schaltet sich bei halber Höhe oder noch früher
ein. Nächst den Wirbeln, wo sie dichter liegen, sind sie schärfer
als weiter unten. In dem hintern \ der Seiten bemerkt man zu-
nächst und an den Wirbeln noch einige Rippen, doch verwischen
sich diese tiefer unten. Goldfuss zeichnet an einem Exemplare
von Coesfeld eine geringere Anzahl von nahezu gleich starken
Rippen, sagt aber in der Beschreibung, dass dergleichen schwä-
chere und stärkere mit einander abwechselten. Stücke von dem-
selben Fundorte aus unserer Sammlung stimmen mit obiger Dar-
stellung des Lüneburger Vorkommens, und darf deshalb ange-
nommen werden, dass die Abbildung bei Goldussf, was die
Zahl der Rippen anbetrifft, nicht genau ist.
Die Species wird von Goldfuss, wie es scheint auch von
Agassiz, da dieser ihrer bei den Pholadomyen nicht erwähnt,
und ferner von Bronn im Nomenciator zu Cardium gerechnet.
144
Die herzförmige Vorderseite mit abgesondertem Mondchen giebt
hierzu unstreitig die Veranlassung. Da indessen die Muschel
hinten klafft, und keine Spur von Schlosszähnen zu bemerken
ist, auch das lanzettliche Feldchen hinter den Wirbeln, und
überhaupt der ganze Habitus sich wie bei Pholadomya gestaltet,
so nehmen wir nach dem Vorgange von Geinttz im Quad.
S. 146 keinen Anstand, die Species zu Pholadomya zu ziehen.
Ob das Cardium decussatum, das Mant. Tab. 25, 3 und
Sow. Tab. 552, 1 abbilden, die GoLDFuss'sche Species ist, lässt
sich bei der Unvollkommenheit der Darstellung nicht entscheiden.
Agassiz in Mon. des Myes S. 74 formirt daraus seine Species
Pholad. decussata Tab. 4, 9 — 10 und 4', 7 — 11, welche mit
der obigen P. decussata Mant. bei Goldfuss zwar den Umriss
gemeinsam hat, sich jedoch davon durch den Mangel der das
Mondchen begrenzenden Kante auf der Vorderseite und durch
geringere Anzahl der Rippen unterscheidet. Ist die Auslegung
bei Agassiz richtig, wie indessen nicht feststehen möchte, so bedarf
die GoLDFuss'sche Species eines neuen Namens, andern Falls die
bei Agassiz. Keinen Falls sind Cardium decussatum Gold-
fuss und Pholadomya decussata Ag. identisch.
An anderen Orten im nordwestlichen Deutschland findet
sich Goldfuss' Species ziemlich häufig in den mergeligen Schich-
ten der Mucronaten- und Quadraten Kreide, so in jener bei Ahlten,
Coesfeld, und in dieser bei Ilsenburg, Vordorf. Aus den sandi-
gen Schichten der Mucronaten-Kreide von Haldem und der Qua-
draten-Kreide von Quedlinburg u. s. w. kennen wir sie nicht. —
In der Mucronaten-Kreide von Lemberg und Nagorzany ist sie
nicht selten.
Eine andere, von der Lüneburger verschiedene, ihr jedoch
ähnliche Form mit 10 bis 12 Rippen auf den vordem -| der
Seiten zeigt sich als Seltenheit in cenomanem Pläner. Es hat
davon Herr Griepenkerl ein schönes Stück in den tiefsten
Varians - Schichten des Eisenbahn -Einschnitts bei Neuwallmoden
(Braunschweig- Kreienser Bahn), und Herr Siegemann zwei
andere in den Rhotomagensis- Schichten am weissen Wege bei
Langelsheim gefunden. Es könnte dies Phol. decussata bei
Agassiz sein, doch würden mehrere Exemplare erforderlich sein,
um darüber sicher zu entscheiden, zumal die Angabe von d'Or-
eigny im Prodr. 12, 111, dass Agassiz's Species aus Callovien
herrühre, stutzig machen muss. Dieselbe Form und gleichfalls
145
aus cenomanen Niveau wird A. Roemer bei dem Citate (Kreide
S. 67 ) von Cardita Esmarki Nilsson bei Goldfuss aus
Flammenmergel von Ringelheim und Salzgitter vor Augen ge-
habt haben.. Im dortigen Flammenmergel findet sich dergleichen
nicht. — Auch liegt uns, allem Anscheine nach, die Species
aus Tourtia von Tournay vor, vielleicht demselben Fundorte, von
dem das bei Goldfuss Tab. 133, 14 abgebildete Stück herrührt.
16. P holadomy a Esmarki Püsch. Tab. 8, 14
(Nils. Tab. 5, 8); Goldf. Tab. 157, 10.
Die nur in einigen, jedoch gut erhaltenen Exemplaren vor-
liegende Form hat 55 Mill. Länge und halb so grosse Höhe,
ist vorn nicht senkrecht abgestutzt, sondern bogig, und hier und
hinten , wo sie klafft , verflacht. In der Mitte der Seiten stark
aufgebläht. Die nicht weit von vorn liegenden Wirbel ragen
nicht erheblich vor. Der Unterrand hat die weiteste Ausbiegung
in seiner Mitte, erhebt sich vorn stark, weniger hinten. 12 ra-
diale Rippen vertheilen sich mit ziemlich gleichen Abständen
auf der ganzen Seite von vorn bis hinten. Der Umriss stimmt
so gut mit Fig. 10 a bei Goldfuss, nur führen die Lüneburger
Stücke weniger Rippen. Von der typischen Form, wie sich
diese bei Haldem am häufigsten findet, weichen sie ausserdem
durch minder vorragende Wirbel ab. Es könnte unter solchen
Umständen der Fall sein, dass die Lüneburger Form eine beson-
dere Species bildete.
Wenn indessen Agassiz in Myes S. 41 die Meinung auf-
stellt, dass von den citirten Abbildungen bei Goldfuss allein
Fig. 10 d. Pholad. Esmarki sei, die andere unter Fig. 10 dar-
gestellten Formen aber specifisch abwichen, und diese Meinung
ziemlich allgemein adoptirt ist, so müssen wir dem, mindestens
Was die Fig. 10a und 10b betrifft, entschieden entgegentreten.
Obgleich diese letztern Abbildungen nicht von Stücken von Hal-
dem herrühren sollen, so kommen daselbst doch völlig gleiche
Formen vor, und zwar vereinigt mit Zwischenstufen, die den
Uebergang zu Fig. 10 d mit hohen Wirbeln bilden. Eine Tren-
nung erscheint deshalb nicht zulässig. Die verschiedenen Zu-
stände sind nur Folgen von Verdrückungen. Blieben die Muscheln
in ihrer natürlichen Lage, vorn und senkrecht im Schlamm
steckend, und stellte sich nach ihrer Einhüllung Druck ein, so
erfolgten die Formen Fig. 10 d. Wurden sie, wie seltener vor-
Zeits. .I.d. geul. Ges. XV. 1. 10
fr
146
kommt, auf den Seiten liegend begraben, so bildete sich die Form
Fig. 10 a.
Phol Carantoniana d'Orb. Tab. 365, 1 — 2 (Prodr. 20,
468) von Cognac mag wohl identisch sein. Ebenso dürfte in
Phod. umbonata A. Roemer Kr. 76 Tab. 10, 6 nur ein ver-
drückter Zustand vorliegen.
An anderen Orten im nordwestlichen Deutschland kommt
die Species vorzugsweise häufig in der Mucronaten - Kreide von
Ahlten, Haldem und Coesfeld vor. Sie scheint indessen der Qua-
draten-Kreide nicht ganz fremd zu sein.
17. Ve nus par v a Goldf. Tab. 151, 4.
Häufig.
20 Mill. lang, fast kreisrund und stark gewölbt. Die Wir-
bel vor der Mitte und der Schlossrand stark gebogen. Eine
Kante nach rückwärts wird nur angedeutet. Feine concentrische
Linien bedecken die Schale regelmässig. Im Uebrigen sind die
generischen Merkmale nicht erkannt, jedoch stimmt die Abbil-
dung bei Goldfuss gut, nur giebt sie weniger Wölbung an.
Da indessen vorliegende Stücke von Haldem, dem GoLDFüss'schen
Fundorte, nicht abweichen, so bleibt die Bestimmung nicht zwei-
felhaft. Bei den wenigen charakteristischen Merkmalen erscheint
es misslich, die Muschel in anderen Schichten und anderem Er-
haltungszustande, aus denen sie mehrfach citirt wird , erkennen
zu wollen. Ob Venus parva Soyverby Tab. 518, 5 — 7 aus
L. g. s., von der Goldfuss die Benennung entnimmt, dasselbe
sei, würde schon des Niveaus wegen unsicher sein. d'Orbigny
im Prodrome setzt Sowerby's Species nach anderweiten Angaben
des Fundorts von Blackdown ins Cenoman 20, 282, und führt
Goldfuss' Species als V. subparva d'Orbigny im Senon 22,
533 auf. Betreffenden Falls wird für die letztere der neue Name
beizubehalten sein. Dagegen findet ein erheblicher Unterschied
von V. parva Sow. bei Reuss Tab. 41, 16—17, die d'Orbigny
Prodr. 20, 332, anscheinend nicht mit Recht, zu Lucina orbi-
cularis Sowerby Fit t. zieht , der Abbildung nach nicht Statt.
Auch glauben wir die Species in der hiesigen senonen Kreide
mit Beiern, quadrata von Ilsenburg u. s.w. zu erkennen. Ge-
wiss ist aber das, was A. Roemer Kr. S. 72 aus dem Hilse
von Schöppenstedt und Eiligserbrink als V. parva Sowerby
bezeichnet, schon der mehreren Länge wegen etwas anderes als
die GoLDEuss'sche Art. Ebenso weicht V. Goldfussi Geinitz
147
Quad. 154 Tab. 10, 7 — 8, zu der die Abbildung bei Goldfuss
151, 4 gezogen wird, durch den graden Schlossrand entschieden
ab. Cf. auch Jsocardia corculum v. Hag. in N. Jahrbuch 1842
S. 562 Tab. 9, 18 aus weisser Kreide von Rügen.
Unzweifelhaft kommt die GOLDFüss'sche Species ausser
Haldem in demselben Niveau, der Mucronaten- Kreide, bei Ahlten
vor. Hier ist sie eine der häufigsten Muscheln, jedoch meist
verdrückt. Sie pflegt von da in den Sammlungen als i.ucina
lenticularis Goldf. 146, 16, mit der indessen nur verunstaltete
Exemplare verglichen werden können, zu liegen.
18. Venus faba Sow. Goldf. Tab. 151, 6 ähnlich.
Dieselbe Form findet sich in Mucronaten -Kreide von Haldem
und Ahlten, vorzüglich aber in den Salzbergs-Mergeln mit freiem,
quadrata bei Quedlinburg, Blankenburg und Aachen. d'Orbigny
macht daraus Prodr. 22, 529 seine V. subfaba^ weil er Sowerbv's
Species ins Cenoman setzt.
19. Corbula caudata Nils, bei Goldf. Tab. 151, 17.
Liegt zwar nur in einem, aber wohl erhaltenem Exemplare
vor, jedoch möchte die Deutung, der eigenthümlichen Form wegen,
sicher sein. Wird von Coesfeld und Nagorzany, aber auch aus
tieferem Niveau des Senons angeführt.
20. C rassatella (Cyprina?) sp.
Diese sehr häufige Form hat viel Aehnlichkeit mit Crass.
trapezoidalis Roemer. Kreide 74 Tab. 9, 22 aus dem Sca-
phiten-Pläner von Strehlen, doch pflegt sie doppelt so gross und
noch grösser zu sein. Ausserdem ist sie stärker gewölbt und
auf der Oberfläche, wenn diese gut erhalten, mit feinen Anwachs-
streifen verziert. Die von den Buckeln nach rückwärts und unten
laufende Kante markirt sich sehr scharf, indem das breite, zwi-
schen ihr und dem Schlossrande liegende Feldchen etwas concav
ist. Eine zweite Kante befindet sich weder vor diesem Feldchen, wie
an Roemer's Crass. carinata, noch auf demselben. Dagegen
wird die tiefe und breite lancettliche Bandgrube durch eine an-
dere scharfe Kante begrenzt. Der Unterrand buchtet sich in
seiner Mitte etwas ein. — So viele Exemplare vorliegen, so sind
dies doch sämmtlich Abgüsse nach der äussern Schalenoberfläche,
und ist daran das Schloss nicht zu erkennen. Es bleibt des-
halb selbst das Genus, in das sie gehören, noch zweifelhaft. Von
Crass trapezoidalis weichen dieselben, wie es scheint , ab,
sicherer noch von C. tricarinata. Der von d'Oubigny Tab.278,
10*
148
1 — 2 abgebildete Steinkern von Cyprina intermedia könnte dar-
auf zurückgeführt werden. Cf. auch Area divisa VON Hag.
im N. Jahrb. 1842, S. 560, Tab. 9, 16 aus weisser Kreide von
Rügen.
21. ? Lucina lenticularis Goldf. Tab. 146, 16.
Stimmt gut, liegt jedoch nur in einem Exemplare von 28 Mill.
Länge vor, und könnten deshalb noch Zweifel bleiben. Die
Muschel ist im Uebrigen in der senonen Kreide mit Beiern, qua-
drata, so in den Salzbergs-Mergeln von Quedlinburg, Blanken-
burg u. s. w. zu Hause.
22. Area subradiata d'Orb. {radiata Goldf. Tab.
138, 2). Häufig.
Länglich oval, 28 — 30 Mill. lang und halb so hoch. Der
hintere Rand bogig, nicht grade abgestutzt, wie bei A. fureifera
Münster, und daselbst abgeflacht. Die ziemlich hohen Wirbel
liegen vor der Mitte, von ihnen aus nach rückwärts eine abge-
rundete Kante. In der Mitte etwas eingedrückt. Die ganze
Schale wird mit feinen Rippen bedeckt. In den Zwischenräumen
stellen sich mit dem Wachsthuine weitere Rippen, anfänglich sehr
dünn, später mit jenen gleichwerdend ein. Bei gutem Erhaltungs-
zustande sieht man zahlreiche Anwachsstreifen, die die Rippen
etwas aufwerfen. Von A. fureifera Münster unterscheidet sie i
sich durch den hinteren Rand , dann auch durch minder starke ;
Rippen.
Wir haben die Species nach d'Orbigny Prodr. 22, 713 als
A. subradiata bezeichnet, obgleich sie Goldfuss A. radiata
nennt, weil letzterer Name auch von Sowerby (s. Prodr. 26,
2359) für eine tertiäre Art gebraucht wird, ob früher oder spä-
ter steht kaum zu ermitteln.
Die Form liegt aus Mucronaten -Kreide von Haldem und
Coesfeld vor. Sie soll auch auf Rügen und bei Nagorzany vor-
kommen. Von Ahlten ist sie uns nicht bekannt. Die ähnlichen
Formen, die in den Ilsenburger Mergeln mit Beiern, quadrata
häufig vorkommen, scheinen abzuweichen.
23. Lima Hoperi Desh. Mant. 26, 2, 3, 15.
Häufig.
55 Mill. hoch und 45 Mill. lang, wenig gewölbt. Die gra-
den Schlosskanten , von denen die vordem - bis -|- länger als
die hintern, bilden einen Winkel von 90 Grad und noch etwas
mehr. Beide Ohren klein und das lancettliche Höfchen stark ein- \
149
gedrückt, so dass sich vorn eine ein wenig abgerundete Kante
zeigt. Die ganze Oberfläche wird durch tiefe punktirte Radial-
linien in breite und flache Rippen abgesondert. Ausserdem treten
in unregelmässigen Zwischenräumen starke Anwachsstreifen auf,
an denen ein Theil der Rippen zu dichotomiren pflegt. Die
Punkte in den vertieften Radiallinien, oder richtiger gesagt an
den Rändern der Rippen, entstehen durch andere feine Anwachs-
streifen, die nur beim besten Erhaltungszustande auf den Rippen
sichtbar sind. Nächst den Wirbeln und in der Mitte des Rückens
erscheinen die Rippen oft etwas undeutlicher, ohne sich indessen
gänzlich zu verwischen. Dies ist ohne alle Frage die Form,
die Mantell 1. c. aus Upper und Lower Chalk von Lewes noch
immer am besten, wie auch d'Orbigny Tab. 424, 10 — 13 aus
französischem Senon abbilden. Während dieselbe so bei Lüneburg
ziemlich constant bleibt, variirt sie in demselben Niveau bei Ahlten,
wo sie ungemein häufig ist, stark. Zuvörderst wechselt der Win-
kel der beiden Schlosskanten von 90 bis 110 Grad mit allen
möglichen Zwischenstufen, ohne dass irgendwo eine Grenze fest-
zuhalten wäre. Ferner treten an den Exemplaren von Ahlten
nur selten die Rippen auf der ganzen Oberfläche deutlich auf,
im Allgemeinen verwischen sie sich in der Mitte des Rückens
bis zu kaum sichtbaren Spuren. Deutlich pflegen sie sich auf
den Rand, namentlich vorn und hinten, zu beschränken. Die
Punktirung an den vertieften Linien bleibt je nach dem Erhal-
tungszustande vorhanden oder nicht. Plagiostoma Hapert Man-
tell bei Sowerbv Tab. 380 ist sicher nicht abweichend. L.
Hoperi bei Goldfuss Tab. 104,8 und bei Reuss Tab. 38, 11
zeigen nichts Fremdartiges. Aber auch in der ursprünglich von
Alex. BrOngniart Paris Tab. 4, 3 als P. Mantelli abgetrenn-
ten Form, und wie sie d'Orbigny Tab. 426, 3 — 5 u. A. beibe-
halten, ist eine besondere Species nicht zu erkennen, da die
für letztere in Anspruch genommenen Merkmale, Mangel der
Punktirung der Radiallinien und grösserer Schlosskantenwinkel,
nicht constant sind, und deshalb auch nicht specifisch erscheinen.
Es wird daher L. Mantelli wieder mit L. Hoperi zu vereini-
gen sein. PI. punctatum Nilsson Tab. 9 , 1 (L. Nilsoni
Roemer) möchte kaum abweichen. Die Abbildung von L. Man-
telli bei Goldfuss Tab. 104, 9 ist zu ungenügend, um sie ein-
zureihen, zumal an dem Fundorte, Quedlinburg, Senon und Ce-
noman auftritt, und somit auch das Niveau keinen Fingerzeig
150
giebt. Sowerlyi Bronn Leth. 3. Aufl. V. S. 278 wird bei
der Unvollkommenheit der Abbildung Tab. 32, 8 weiter zu unter-
suchen sein.
Die Species nimmt im nordwestlichen Deutschland eine grosse
verticale Verbreitung ein. Zuoberst tritt sie in der Mucronaten-
Kreide von Ahlten, Haldem u. s. w., ferner in der Quadraten-
Kreide bei Ilsenburg und in den Scaphiten-Schichten des Pläners
bei Quedlinburg, Heiningen u. s. w. auf; am tiefsten haben wir
sie in einem schön erhaltenen Exemplare in dem Pläner mit
Jnocer. Brongniarti, hart über dem rothen Pläner, im Chaussee-
durchstiche von Othfresen unweit Liebenburg gefunden. Auch
von Nagorzany liegt sie vor.
Entschieden von L. Hoperi weicht eine kleine Muschel
ab, die im cenomanen Pläner mit Amm. varians an einigen
Stellen z. B. am Kahnstein und am weissen Wege bei Langels-
heim, und etwas höher im cenomanen Pläner mit Amm. Rhoto-
magensis an der Eisenbahn bei Neuwallmoden vorkommt. Sie
hat im Allgemeinen zwar denselben Umriss wie die obige Species,
einen constanten Schlossrandwinkel von etwa 95 Grad, und sind
die grössten Exemplare vom Wirbel bis zum Unterrande 22 Mill.
hoch und vom Vorderrande bis nach hinten etwa 18 Mill. lang,
jedoch weit gewölbter, und verflacht sich die hinter dem Wirbel
belegene Seite mit Abrundung, ohne jede Art Kante, in den
Ilinterrand. Auch ist das dortige Ohr gross. Dem blossen Auge
erscheint die Schale glatt, doch sieht man mit der Lupe radiale
Rippen, etwa wie bei L. Hoperi, ausserdem aber feine, in regel-
mässigen Abständen und ziemlich nahe auf einander folgende
concentrische Anwachslinien, die der Oberfläche ein gegittertes
Ansehen geben. Es verdient diese Muschel, die sich vielleicht
auf L. semiornata d'Orbigny Tab. 422, 1 — 3 aus Cenoman zu-
rückführen lässt, wenn die Abbildung von einem sehr gedrücktem
Exemplare entnommen wäre, eine weitere Beachtung, da sie mit
L. Hoperi zu verwechseln steht, und das Niveau beider sehr
verschieden ist. In der Gliederung des Pläners haben wir sie
als Lima cf. Hoperi, damals nur in Tourtia gefunden, aufgeführt.
24. Lima asper a Mant. bei Goldf. Tab. 104, 4.
Selten.
Weit mehr oval als L. Hoperi und mit zahlreicheren, min-
der breiten, stark dichotomirenden Rippen, die sich an den vor-
handenen -Exemplaren nicht verwischen. Geinitz im Quader
151
hält die Species bei Mantell und die bei Goldfuss für ver-
schieden. Die Abbildung bei Mantell Tab. 26, 18 lässt zwar
nichts Abweichendes erkennen, indessen macht doch der Fundort
Harasey (Cenoman ?) stutzig.
Mucronaten -Kreide: Haldem, Nagorzany;
Quadraten-Kreide : Ilsenburg u. s. w.
25. Lima decus sata Goldf. Tab. 104, 5.
Nicht häufig.
20 Mill. hoch, 15 bis 20 abgerundete Radialrippen mit
linienartigen Zwischenräumen bedecken den Rücken. Die Seilen
davor und dahinter scheinen davon frei zu sein , oder man be-
merkt auch hier mit unbewaffnetem Auge , namentlich hinten,
verwischte Rippen. Mit der Lupe werden dergleichen aber auch in
jenem Falle, wenn auch nur nächst den Rändern, sichtbar. An den
Steinkernen haben die Zwischenräume der Rippen eine grössere
Breite als auf der Schalenoberfläche, und einen ebenen Grund. Sie
pflegen an den Seiten auch dann erkennbar zu sein, wenn die Rippen
verwischt sind. In dieser Weise nehmen die Lüneburger Stücke,
mindestens zum Theil, eine vermittelnde Stufe zwischen L. de-
cussata und semisulcata ein. Völlig ebenso zeigt sich die Form
in der Mucronaten - Kreide bei Ahlten, wo sie häufig ist. Das
Vorkommen in der Quadraten-Kreide, in der sie meist kleiner,
z. B. am Salzberge bei Quedlinburg, nicht selten sind, neigt sich
mehr zu L. semisulcata, indem an ihnen die Seiten nur nächst den
Rändern einige verwischte Rippen führen, sonst davon frei bleiben.
Im Uebrigen sind die Rippen von allen Fundorten der hiesigen
Gegend, sowohl aus Mucronaten- als auch aus Quadraten-Kreide,
stets abgerundet , nie dachförmig. Könnte man sich hiernach
veranlasst finden , der L. decussata ein jüngeres Alter als der
L. semisulcata zuzuschreiben, so tritt dem entgegen, dass letztere
unzweifelhaft in Mucronaten-Kreide bei Ciply und Mastricht auf-
tritt. Wenn indessen für L. semisulcata dachförmige Rippen
in Anspruch genommen werden , so müssen wir bemerken, dass
wir unter andern ein Stück von Mastricht besitzen, das entschie-
den nicht durch Abreibung gelitten hat, da die über die Rippen
laufenden feinen Anwachsstreifen vollständig erhalten sind, und
das Abrundung zeigt. — Da in der Gestalt von L. decussata
und semisulcata kein Unterschied stattfindet, so könnte es sein,
dass das Vorhandensein oder der Mangel an Seitenrippen locale
Verhältnisse zur Ursache hätte. Jedenfalls ist auf den Unter-
152
schied beider Species in geognostischer Hinsicht kein Gewicht
zu legen.
Sicher die Lüneburger Form liegt aus Mucronaten-Kreide,
ausser dem schon erwähnten Fundorte Ahlten, noch von Haldem
und Coesfeld vor. Auch ein Stück von Nagorzany stimmt über-
ein. In der Quadraten- Kreide ist sie nächst Quedlinburg am
häufigsten bei Ilsenburg, Harzburg u. s. w. ; bei Gehrden und
Adenstedt ist sie seltener. Aus dem Pläner kennen wir sie nicht.
Die Form aus dem hiesigen Hils, Lima Tombeckiana
d'Orbigny, jedoch schmäler, ebenso wie L. Dupiniana d'Or-
bigny, ist schwer abzusondern.
26. Lima sp. Nicht selten.
Von derselben liegen nur Steinkerne vor. Fast gleichseitig
und von fast kreisrundem Umfange, hoch gewölbt. Der Rücken
geht allmälig in die Seiten und die ziemlich grossen Ohren über.
Ein Malchen fehlt. Fast wie L. pseudocardium bei Reuss
Tab. 38, 2. Vom Wirbel strahlen 25 starke Rippen mit gleich
breiten, ebenen Zwischenräumen aus. Fehlte nicht jede Andeu-
tung einer Anwachsstelle, so könnte man darin einen Spondylus
vermuthen. Vom Wirbel bis zum Unterrande 22 Mill. hoch.
Aehnliche Steinkerne, jedoch kleiner, finden sich ziemlich
häufig in Mucronaten-Kreide bei Coesfeld. Auch dergleichen aus
Quadraten-Kreide der Ilsenburger Mergel stehen nahe.
27. Jnoc er amus Cripsi Mant. Goldf. Tab. 112, 4.
Häufig.
Wir folgen in der Auffassung dieser Species den gründlichen
Untersuchungen von F. Roemer, der in Kreide von Texas
S. 56 mit /. Cripsi Goldfuss vereinigt d'Orbigny's J. regu-
laris Tab. 410, Goldf ussianus Tab. 411 und impressus Tab. 409.
Die Form ist in allen Alterszuständen von vorn nach hinten
verlängert, noch mehr als J. Cuvieri. Die Länge übersteigt die
Höhe um \ bis zum Doppelten. Ausserdem unterscheidet sie
sich von /. Cuvieri dadurch, dass die Wirbel höher sind, und
nicht ganz vorn, sondern weiter nach hinten im ersten \ der
Länge liegen, und dass die Vorderseite keine ebene oder einge-
drückte und mit dem Schlossrande keinen rechten Winkel bil-
dende Fläche zeigt, sondern dass der Vorderrand sich bogenför-
mig nach aussen erstreckt. Nie findet sich eine Aufblähung am
Unterrande. — Formen , an denen hinten die hohlkehlenartige
Furche erscheint (/. impressus d'Orbigny), die nach F. Roe-
153
!-
mer durch schwielige Verdickung der inneren Schalen Schicht
entsteht, sind bei Lüneburg nicht selten.
Die Species findet sich anderweit häufig in den jüngsten
Schichten des Senon mit Beiern, mucronata. so bei Ahlten und
Bilm unweit Lehrte, Mehrdorf bei Peine und Vordorf zwischen
Braunschweig und Giffhorn. Ferner in demselben Niveau bei
Dülmen und Haldem in Westphalen. Das Vorkommen in den
etwas tiefern senon en Schichten mit Beiern, quadrata bedarf
noch der Revision. Von Gehrden, wahren Quadraten-Schichten,
von wo A. Roemer die Form citirt, nnd aus den gleichen Bän-
ken kennen wir sie nicht. Es findet sich dieselbe indessen mit
ausgezeichneter Furche in dem Quader mit Crednerien am Heidel-
berge bei Blankenburg. Ob dies Schichten mit Beiern, quadrata
sind, darüber müssen die Untersuchungen von Ewald erwartet
werden. Sie zeigt sich ferner im obern Quader des Teichsbergs
bei Derenburg unweit Blankenburg, und zwar in einer Verge-
sellschaftung, die schon mehr auf Quadraten - Kreide hindeutet.
In den eigentlichen Quadraten-Schichten, den Salzbergs-Mergeln,
in den Ilsenburger-, Harzburger- und Schladener - Mergeln und
in dem Sudmerbergs-Gestein (Goslar) haben wir sie noch nicht
sicher gesehen. Dagegen besitzen wir den /. Cripsi ausgezeich-
net von Vaels unweit Aachen, angeblich aus Quadraten-Kreide,
wie es scheint jedoch nicht aus diesem, sondern dem jüngern Ni-
veau. Das hauptsächlichste Vorkommen von /. Cripsi ist jeden-
falls in der Mucronaten-Kreide, und dürfte auch so viel feststehen,
dass die Species in dem unter den Quadraten-Schichten liegenden
Senon noch nicht wahrgenommen ist. Bei Lüneburg reicht sie
nicht bis in die Quadraten-Kreide.
Ob übrigens das, was Mantell ursprünglich als Jnocer.
Cripsi beschreibt mit Goldfuss's Cripsi identisch ist, — d'Or-
bigky bestreitet dies, ohne die M* NTELL'sche Species einzureihen,
— möchte immerhin zweifelhaft sein können. S. dagegen F. Roe-
mer in Texas S. 57. Die Abbildung bei Mantell ist wenig
entscheidend, während seine Angabe, was den Fundort anbetrifft,
ein so tiefes Niveau andeutet, dass darin unser /. Cripsi nicht
füglich zu erwarten steht. Es kommt darauf indessen nicht
weiter an, da die Species erst als durch Goldflss unterschei-
dend begründet angenommen werden muss.
Bemerkenswerth ist noch die räumlich grosse Verbreitung
154
der Species, worauf F. Roemer aufmerksam macht. Sie ist von
Beyrich aus Afrika und von F. Roemer aus Amerika erkannt.
28. Pecten undulatus Nils. Tab 9, 10.
Nicht häufig.
Von ziemlich kreisförmigem Umfang, etwa 45 Mill. im
Durchmesser, mit zahlreichen feinen, stark dichotomirenden Rip-
pen, die durch nahe auf einander folgende Anwachsstreifen ge-
körnelt werden. Ob P. undulatus bei Goldfuss Tab. 91, 7
dasselbe ist, mag dahingestellt bleiben. Sicher liegt die Lüne-
burger Form von Ahlten aus Mucronaten - Kreide vor. Unser
Material ist zu gering, um über die Vereinigung mit P. cretosus
Defrance bei Brongniart Paris Tab. 3, 7 und mit P. nitidus
Sowerey Tab. 394, 1, die d'Orbigny u. A. annehmen, eine
Ansicht zu gewinnen.
29. Pecten pulchellus Nils. Tab. 9, 12; Goldf.
Tab. 91, 9. Selten.
Fast kreisrund, 17 — 18 Mill. hoch, mit 25 — 30 breiten,
durch schmale aber tiefe Furchen gesonderten, flachen Rippen, von
denen sich aufwärts einige vereinigen. Charakteristisch ist, dass die
Rippen mit Ausschluss der 3 — 4 seitlichen, je nach ihrer Breite mit
4 — 8 parallelen Längslinien, und die 3 — 4 seitlichen mit stark nach
aussen gebogenen Streifen versehen sind. P. spurius Goldfuss
möchte kaum abweichen.
Die Lüneburger Form liegt aus Mucronaten -Kreide von
Coesfeld vor, und soll in demselben Niveau auch auf Rügen vorkom-
men. Aus der hiesigen Quadraten - Kreide ist er mir nicht be-
kannt, doch citirt ihn Geinitz aus noch tieferem Niveau , aus
dem Scaphiten -Pläner von Strehlen.
30. Pecten membr ana ceus Nies. Tab. 9, 16, Goldf.
Tab. 99, 7. Selten.
Höher als lang, fast gleichseitig, dünnschalig, glatt. An-
wachsstreifen unregelmässig und kaum bemerkbar. Vom gleich-
falls glatten P. Nilsoni Goldfuss durch mehrere Höhe, und
vom P. orbicularis Sowerby und laminosus Mantell, mit
welchen beiden d'Orbtgny Pal. Fr. III, 597 fälschlich eine Ver-
einigung vornimmt , durch regelmässige concentrische Furchung
abweichend. A. Roemer giebt die Species in Kr. 50, Tab. 8, 5
als P. spathulatus.
Kommt anderweit in Mucronaten - Kreide häufig bei Ahlten,
seltener bei Coesfeld und Haldem, auch auf Rügen vor, und geht
155
ferner in die Quadraten-Kreide der Ilsenburger Mergel bei Ilsen-
burg und Wernigerode herab. In dem hiesigen Pläner ist die
Species noch nicht bemerkt, doch citirt sie Geinitz daraus von
Strehlen.
31. Pecten trigeminatus Güldf. Tab. 91, 14,
Ziemlich häufig.
Eirund,, bis 25 Mill. hoch, mit spitzwinkligen Schlosskan-
ten und ungleichen Rippen, die sich büschelförmig, jedoch nicht
sehr bestimmt, vereinigen.
Die Species findet sich häufig in der Mucronaten-Kreide bei
Haldem, Coesfeld u. s. w., auch, wie es scheint, in der Qua-
draten-Kreide von Ilsenburg und Wernigerode.
32. Janira striatocostata Goldf. Tab. 93,2. Häufig.
Zwischen den 6 starken Rippen liegen 3 — 5 schwächere,
und sind jene wie diese längsgestreift. Durch diese Längsstrei-
fen und die Unbestimmtheit der Zwischenrippen sondert sich
die Species von den im tiefern Niveau vorkommenden /. quin-
quecostata und quadricostata gut ab. Aus den citirten Figuren
bei Gold Fuss zwei verschiedene Species zu machen, wie d'Or-
bigny will, möchte nicht zulässig sein. Auch wird d'Orbigny's
/. Truellei Tab. 448, 1 — 4 nicht abweichen. Ein Theil der
Lüneburger Stücke würde dahin zu stellen sein.
Die Form ist in der Mucronaten - Kreide des nordwestlichen
Deutschlands sehr verbreitet und meist häufig, so bei Coesfeld,
Haldem, Ahlten und auch auf Rügen. In der Quadraten-Kreide,
wo J. quadricostata zu Hause, noch nicht gefunden.
33. ? & pond y lus asper Münst. Güldf Tab. 105, 1.
Häufig.
Ziemlich gleichschalig und fast kreisrund, jedoch etwas schief,
30 — 35 Mill. gross, und mit zahlreichen (etwa 50) abgerundeten
und ungleichen Rippen, von denen die stärkern mit langen, im
Gestein bis 10 Mill. zu verfolgenden Stacheln besetzt sind. Die
eine Klappe ist nächst den Buckeln und bis zur Hälfte mit hohen
concentrischen Blättern aufgewachsen, die sich im freien Theile
gleichfalls zu Stacheln gestalten. Goldfuss giebt nur die eine
nicht aufgewachsene Klappe, und da Stücke von seinem Fund-
orte, Rinkerode bei Münster, nicht vorliegen, so bleibt es zwei-
felhaft, ob die Lüneburger Form richtig gedeutet ist. — Die
Steinkerne sind gleichfalls gerippt. Die Furchen daran sind im
Verhältniss zu denen der Schalenoberfläche sehr breit und flach,
156
— Vom Sp. spinosus trennt sich die Species durch die grosse
Anwachsstelle und durch mehrere Falten , von denen eine weit
grössere Anzahl bestachelt ist, ab.
Aller Wahrscheinlichkeit nach werden einige Steinkerne, die
sich in der Mucronaten-Kreide von Ahlten gefunden haben, dazu
gehören.
34. Chama Morit%i sp. nov.
Diese ziemlich häufige Muschel, nicht selten im Zustande
von Dubletten, hat im Aeussern Aehnlichkeit mit Formen, die
d'Orbigny unter der Bezeichnung Caprotina navis Tab. 588.
3 — 4 und Caprotina Cenomaniensis Tab. 595, 1 — 4 giebt. Die
Steinkerne sind indessen glatt, zeigen weder starke Muskelein-
drücke noch sonstige Ornamente, und dürften, obwohl der Schloss-
apparat noch nicht gesehen ist, zu Chama gehören. Die rund-
liche Muschel, die vom Schloss- bis zum gegenüberstehenden
Rande 20 — 25 Mill. und in der darauf senkrechten Dimension
durch beide Klappen etwas weniger misst, ist nämlich ungleich-
schalig und ungleichseitig; an der tiefern Unterklappe ist der
stark vorstehende Wirbel seitlich eingerollt, und befindet sich
hier eine mehr oder minder grosse Stelle, wo die Anheftung Statt
hatte. Die etwa halb so hohe Oberklappe mit seitlichem Buckel
ist gleichmässig gewölbt. Beide Klappen sind mit eigentüm-
lichen Längsrippen versehen, die sich auf der Schale leistenartig,
mit nahezu senkrechten Seitenflächen und mit schmalen Zwischen-
räumen erheben, ziemlich gleich breit bleiben, und seitlich fein
gekerbt sind. Ihre Anzahl, die am Rande 80 — 100 betragen
mag, vermehrt sich durch Einschaltung. Sie werden unregel-
mässig, in Abständen von 1 — 6 Mill., durch starke concentrische
Anwachsstreifen unterbrochen, durch diese hin und wieder auch
in eine etwas abweichende Richtung versetzt. Zu beachten bleibt
noch, dass an einzelnen Stücken die Unterklappe, namentlich
wenn die Anwachsstelle eine ungewöhnliche Grösse einnimmt,
nächst daran und bis zum Rande nahezu glatt erscheint. Die
Längsleisten sind dann hier, selbst auf der einen Hälfte der
Klappe, entweder gar nicht oder nur als fadenartige Andeutun-
gen vorhanden. Dieses abnorme Verhalten, das sich auf die
Deckelklappe nicht überträgt, scheint mit der Art der Befestigung
in Zusammenhange zu sein.
Die Form könnte sich an die bei d'Orbigny Tab. 464,
3—7 unvollkommen abgebildete Chama cornu copiae aus Senon
157
anschliessen. Am nächsten steht ihr dem Aeussern nach Capro-
tina Cenomaniensis. Doch scheinen bei dieser die Rippen eine
andere Gestalt zu haben.
Chama Morit%i findet sich identisch ziemlich häufig auch in
Mucronaten-Kreide von Ahlten, jedoch nur in getrennten Klappen.
Den theilweise glatten Zustand kennen wir von da nicht. Ein-
zelne Deckelklappen kann man leicht für Anomien halten.
35. Ostrea vesicularis Lam.
Häufig.
Die typische, halbkugelige , einerseits etwas ausgebreitete
Form bis zu 100 Mill. Grösse, und mit etwas eingedrückter
Deckelklappe mit den ausstrahlenden Linien.
Cf. über das Vorkommen oben III, 4.
36. Rhynchonella plicatilis var. octoplicata Sow.
Davids. Tab. 10, 1 — 17 und var. limbata Schl. (subplicata
Mant.) Davids. Tab. 12, 1-5.
Häufig.
Meist breiter als hoch. Von den abgerundeten Falten pfle-
gen sich 2 — 3 nächst der Stirn in eine stärkere zu vereini-
gen, wie Tab. 10, 1 — 11. Davon liegen 4 — 8 im Sinus. Hin
und wieder verwischen sich die Falten in oberer Höhe, und blei-
ben nur die breiteren nächst dem Rande sichtbar (limbata).
Doch gehen beide Varietäten so in einander über, dass eine spe-
cifische Abtrennung nicht statthaft erscheint. Exemplare , an
denen sich die kleineren Falten nicht vereinigen (Tab, 10, 37 — 42)
fehlen bei Lüneburg zwar nicht, sind jedoch selten.
Beide Varietäten finden sich in der Mucronaten-Kreide wie
überall so auch im nordwestlichen Deutschland, z. B. häufig und
schön bei Ahlten. Die octoplicata geht bis in den Pläner mit
Scaphites Geinitzi herab, in welchem letztern sie sich bei Salz-
gitter, Heiningen, Thale und Suderode glicht selten zeigt. In dem
etwas jüngern obern Grünsand von Westphalen ist sie bei Wi-
ckede unweit Unna sehr häufig. Unterhalb des Scaphiten-Pläners
ist die Species noch nicht bekannt.
37. Terebr atulina chry salis Schl. sp.
Nicht häufig.
Mit dieser Bezeichnung soll der umfassenden Species T. stri-
ata bei Davidson 35 Tab. 2, 18 — 28 nicht sowohl entgegen-
getreten als vielmehr die bei Lüneburg vorkommende Varietät
näher angedeutet werden. Letztere misst bis zu 17 Mill., hat
158
einen ovalen Umriss, eben wie bei Davidson Tab 2, 18 u. 28,
ist jedoch am Schnabel mehr zugespitzt (cf. d'Orbigny Tab. 504,
9 — 17). Die Schnabelklappe ist längs ihrer Mitte mit einer
seichten Einbuchtung versehen. Am Wirbel finden sich etwa
10 streifenartige Rippen, die sich beim Anwachsen durch Ein-
schaltung rasch vermehren , und im höchsten Alter am Rande
60 — 70 betragen. In der obern Hälfte sind die Rippen stark
gekörnelt, weiter unten aber, selbst bei vollkommenem Erhaltungs-
zustande, glatt oder nur durch Anwachsstreifen etwas aufgeworfen.
Diese Form steht vorzugsweise der Mucronaten-Kreide zu, so bei
Mastricht , Ciply , Vaels und im nordwestlichen Deutschland
ausser Lüneburg bei Ahlten, Coesfeld, auf Rügen u. s. w., doch
kommen ähnliche , vielleicht identische Formen auch im tiefei en
Niveau , selbst bis in den ältesten cenomanen Pläner vor. Die
Species scheint daher eine grosse verticale Verbreitung zu haben,
die Davidson für sie mit Bestimmtheit in Anspruch nimmt.
Sollte es demnächst gelingen die Species in mehrere zu zertheilen,
so stellt sich die Sache vielleicht anders. Vorläufig hat sie kei-
nen Werth für die Bezeichnung eines scharfen Horizonts.
Die grosse gewölbte, bei Brongniart Paris Tab. 3, 6 als
T. Defrancii dargestellte Varietät tritt im nordwestlichen Deutsch-
land häufig in der Quadraten - Kreide auf, so in den Salzbergs-
Mergeln bei Quedlinburg u. s. w. , und ferner am Sudmerberge
bei Goslar, bei Gehrden unweit Hannover u. s. w., und scheint
sich hier auf dieses Niveau zu beschränken.
38. Terebr atulina gracilis Schl. sp.
Nicht häufig.
Allem Anscheine nach besteht in dem, was in Deutschland
mit dieser Benennung bezeichnet wird, einige Verwirrung. Sicher
sind darunter verschiedene Species, ja vielleicht selbst dergleichen
aus dem Genus Terebratflla begriffen. Auch möchten die man-
nichfachen Formen, die Davidson Tab. 2, 13 — 17 als T. gra-
cilis giebt, kaum alle zusammengehören. Wir sind indessen für
jetzt nicht im Stande, die Trennung mit Sicherheit vorzunehmen.
Mit Gewissheit ist jedoch die Lüneburger Form dieselbe, welche
aus Mucronaten-Kreide von Rügen und von Autreppe in Belgien
vorliegt. Aus dem gleichen Niveau von Ahlten, Coesfeld, Hal-
dem u. s. w. kennen wir weder sie noch Aehnliches. Auch
scheinen die Formen aus dem weit tiefern Pläner mit Scaphites
Geinitzi in dem Bruche westlich neben der Buckemühle bei
159
Suderode unweit Tbale und aus einem jetzt verschütteten Bruche
am Helmstein bei Quedlinburg nicht abzuweichen. Dagegen
könnte dies füglich mit denen aus dem Scaphiten-Pläner von
Strehlen bei Dresden der Fall sein, die A. Roemer als T. or-
nata abscheidet. Zu beachten bleibt übrigens, dass das nämliche
Glied des Pläners in den Vorbergen des Harzes westwärts vom
Quedlinburg- Blankenburger Becken und > in Westphalen noch
keine Spur von T. gracilis oder Aehnlichem geliefert hat. —
Das, was im nordwestlichen Deutschland in noch älteren Schich-
ten, namentlich im cenomanen Pläner, vorkommt, wird wahrschein-
lich einer andern Species angehören. — Auf die Formen in Böh-
men, die kürzlich unser verehrter Freund, der Saljnen-Inspector
Schlönb ach, an verschiedenen Localitäten gesammelt hat, dürfte
sich das oben erwähnte beziehen. Die mit Ostrea sulcata zwischen
Laun und Malnitz gefundenen und wahrscheinlich aus Quadraten-
Kreide herrührenden, kommen den Lüneburgern am nächsten, ja
sind damit aller Wahrscheinlichkeit nach identisch.
39. Magas pumilus Sow. Davids. 19. Tab. 2, i — 12
und 33. Nicht selten.
Halbkugelartig. Der Schnabel übergebogen oder die drei-
eckige Oeffhung sehen lassend. Die grössten Exemplare messen
40—11 Mill.
Die Species scheint auf Mucronaten - Kreide beschränkt zu
sein. Vordorf zwischen Braunschweig und Giffhorn; Rügen.
Das bei Geinitz und in Bronn's Leth. angegebene Vorkommen
bei Gehrden (Quadraten-Kreide) dürfte auf Irrthum beruhen.
Die Formen aus den Schichten in Böhmen mit Ostrea co-
lumba, die Reuss II, 52 als T. hippopus Roemer beschreibt,
stehen dem Aeussern nach nahe.
40. Terebratula carnea Sow.
Sehr häufig.
Vorzüglich findet sich die typische Form, die Davidson
Tab. 8, 1 abbildet, länglich oval, flach und mit enger Peiforation.
Doch sind damit auch einzelne aufgeblähte Stücke, zum Theil
mit stärkerer Perforation, vergesellschaftet. Da diesen letztern
indessen auch im ausgewachsenen Zustande selbst schwache Fal-
ten fehlen, mithin die Seitennähte nicht S förmig gebogen sind,
so können sie noch nicht als T. semiglobosa , die in typischer
Gestalt bei Lüneburg nicht auftritt, angesehen werden.
Die typische T. carnea ist in der Mucronaten - Kreide wie
160
überall so auch im nordwestlichen Deutschland zu Hause. Haupt-
sächliche Fundorte sind darin z. B. bei Haldem, Coesfeld, Ahlten.
In der Quadraten-Kreide tritt sie seltener auf (Ilsenburger Mer-
gel bei Wernigerode). Dies scheint ihr tiefstes Niveau zu seinf
doch fehlt sie darin bei Lüneburg. Hier und in den Pläner-
Gliedern mit Jnocer. Cuvieri und mit Scaphites Geinitzi wird
sie durch eine Form vertreten, die sich der T. semiglobosa nähert.
Cf. oben III, 5.
41. Terebratul a obesa Sow. Davids. 53. Tab. 5,
13 — 16. Nicht häufig.
Die grösste Kreide - Terebratel im nordwestlichen Deutsch-
land, vom Schnabel bis zur Stirn 50 Mill. und darüber messend.
Ihre ovale Form, starke Wölbung, die Schnabelklappe tiefer als
die andere, verbunden mit den zwei markirten, aber abgerundeten
Falten, dem übergebogenen, den Wirbel der kleinen Klappe be-
rührenden Schnabel, an dem sich die Schale sehr verdickt, und
mit der ungewöhnlich starken Perforation, geben vollkommen das
Bild, wie solches Davidson aus Chalk und Upper green Sand
darstellt. Seitlich finden sich zahlreiche Längsstreifen. Mag
auch der Species in England und Frankreich ein grosses verti-
cales Niveau zukommen, und hat es ferner Schwierigkeiten, sie
von andern, namentlich T. biplicata, streng abzusondern, so be-
zeichnet die grosse typische Form doch für das nordwestliche
Deutschland, wo T. biplicata über Cenoman nicht heraufreicht,
einen besondern Horizont, die Mucronaten-Kreide. Häufiger näm-
lich als bei Lüneburg findet sich dieselbe in der Mucronaten-
JKreide von Ahlten, Haldem u. s. w. Auch auf Rügen, von wo
sie Herr von Hagenow (N. Jahrb. 1842, S. 54 1J als T. So-
werbyi beschreibt, ist sie nicht selten. Endlich dürfte auch das,
was Alth Tab. 13, 5 als T. ovoides Sowerby von Lemberg
darstellt, nichts anderes sein.
Cf. wegen des Vorkommens der kleinern Varietät oben
unter I, 13.
42. Ananchy tes ovatus Lam.
Sehr häufig.
S. das Vorkommen oben unter III, 6.
Im Uebrigen fällt auf, dass der Begleiter der Species, Mi-
craster coranguinum, in diesem Niveau bei Lüneburg noch nicht
gefunden ist.
161
43. C ar dia s ter ct?ianc hyti s d'Orb. Tab. 826. (Spa-
' tangus granulosus Goldf. Tab. 45, 3.) Selten.
Diese Species, die d'Orbigny schön darstellt, besitzt Herr
i Moritz in einem wohl erhaltenen Stücke. Dasselbe ist herz-
förmig, 50 Mill. lang und ebenso, breit. Die grösste Höhe , die
' in der Mitte des Scheitelschildes liegt, beträgt etwas mehr als
die Hälfte. Im Iiängenprofil oben nach vorn und hinten gleich-
mässig gebogen, im Querprofil etwas conisch. Die vordere Rinne,
i die am Rande stark einschneidet, beginnt vom Scheitel ab, und
ist beiderseits mit einem abgerundeten Kiele versehen. Die Poren
des unpaarigen Ambulacrums sind rundlich, liegen je zwei durch
' eine Erhöhung getrennt in einem glatten , von Granulen freien
' Räume. Die der paarigen Ambulacren, welche nur bis zur halben
Höhe deutlich , sind länglich , die vorderen Reihen kürzer und
dichter stehend. Die durchbohrten Warzen, welche nächst ihrem
Mammelon von einem Kranz von Körnern umgeben sind und in einem
Höfchen liegen, haben verschiedene Grösse. Die grössern häufen
sich längs der vordem Rinne, oben am Scheitel, und von da in
zwei Reihen bis zum After herab. Die kleineren bedecken den
ganzen Körper ziemlich gleichmässig, nur nicht die vordere Rinne.
Diese führt lediglich innerhalb der Porenreihen zwei Reihen sehr
kleiner Warzen. Im Uebrigen ist die Oberfläche fein gekörnelt.
Die breiten Seitenfasciolen sind längs des Randes vom After ab
bis in die Gegend der vordem paarigen Ambulacren gut zu ver-
folgen. Von da noch weiter nach vorn verschwinden sie all-
mälig dadurch, dass sich Wärzchen einstellen.
Die Species, die sich theils durch ihre Gestalt, theils durch
die erwähnte stellenweise Anhäufung der grossen Warzen und
die Beschaffenheit der vordem Rinne von andern Caidiaster gut
absondert, kennen wir aus dem nordwestlichen Deutschland nur
noch aus Mucronaten - Kreide von Ahlten, wie auch von Vaels
bei Aachen. Bei Haldem und Coesfeld scheint sie zu fehlen. In
Quadraten-Kreide oder noch tiefer ist sie noch nicht bemerkt.
44. G alerites (Echinoconus , Caratomus) Roemeri
Desor sp. Synop. S. 180; Pal. Fr. VI. 545 Tab. 1006, 1—6.
Häufig.
Die Species wird 1. c, wie sie an dem zeitherigen einzigen
Fundorte in Mucronaten - Kreide bei Ahlten (die Angabe des
Fundorts bei Desor und d'Orbigny Ilten unweit von da ist
ungenau; es geht hier lediglich Trias zu Tage,) vorwaltend auf-
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. i . 11
162
tritt, dem Umrisse nach u. s. w. richtig dargestellt, es müssen
indessen Exemplare von gutem Erhaltungszustande, die bei Ahl-
ten allerdings selten sind, nicht vorgelegen haben ; denn die Gra-
nulirung der Schalenoberfläche, namentlich auf der vergrösserten
Interambulacral - Platte Fig. 5, erscheint nicht zutreffend. Die
Granulen sind nämlich, und hierin besteht ein charakteristisches
Merkmal, das in gleichem Maasse an anderen Species sich wenig
oder nicht wiederfindet, auf der Basis und oberwärts ungemein
kräftig , gleichartig und dicht stehend, so dass die Oberfläche ein
chagrinartiges Ansehn zeigt. Die Warzen oberhalb der Basis —
diejenigen auf letzterer sind etwas grösser — haben kaum eine
mehrere Grösse als die Granulen, und werden nur durch das
vertiefte, aber schmale Höfchen erkannt, das sich gewöhnlich durch
anhaftendes helles Muttergestein auf der dunkleren Schale mar-
kirt. Eine jedoch nur annähernd ähnliche Oberfläche zeichnet
die Pal. Fr. Tab. 1004 vom Echin. magnificus. Ausserdem
bildet sich der Scheitel an den grössten Exemplaren von Ahlten
(die vorliegenden übersteigen die Länge von 35 Mill. bei 24 Mill.
Höhe nicht,) aus der halbkugeligen Wölbung etwas conisch. —
Während so die Form bei Ahlten vorkommt, tritt sie bei Lüne-
burg mit der chagrinartigen Oberfläche, da am letztern Orte das
feine und weiche Muttergestein solches begünstigt, stets auf. Bei
Lüneburg waltet jedoch eine mehrere Grösse, gewöhnlich 50 Mill.
Länge bei 47 — 48 Mill. Breite und 40 Mill. Höhe, vor. Dabei
ist gegen jüngere Stücke die Höhe verhältnissmässig grösser,
und gestaltet sich der Scheitel mehr conisch. Ausserdem ver-
dicken sich die Granulen so sehr, ohne dass gleichzeitig die Stachel-
warzen an Stärke zunehmen, und beengen oberhalb der Basis
die Höfchen der Art, dass man Mühe hat die Warzen zu unter-
scheiden. Auf eine tief belegene Interambulacral-Platte kommen
bis 25 dergleichen Warzen, und auf eine Ambulacral-Platte 2 bis 3.
Im Uebrigen kennzeichnet die Species im Allgemeinen eine
halbkugelige Gestalt mit abgerundeten Rändern, die im späteren
Alter etwas conisch wird. Die Basis ist flach, jedoch bildet sich
radial vom Munde aus eine dreeickige, etwas vorstehende Zone,
in welcher nächst dem Rande der After liegt. Dieser hat einen
abgerundet dreieckigen Umriss, mit der Spitze dem Munde zuge-
wendet. Der centrale, rundliche, nicht längliche Mund ist auf-
fallend klein. Dies und dass den Mund in den Interambulacral-
Feldern ziemlich markirte Anschwellungen umgeben, wie sie in
163
der Pal. Fr. gut gezeichnet sind, giebt ein gutes Merkmal für
die Form ab. Die Ambulacralfelder haben am Rande ungefähr
y der Breite der Interambulacralfelder. Die Poren der Ambu-
lacren sind gleich gross, rundlich und sehr klein, meist nur in
angewittertem Zustande bemerkbar. Die zwei zu einem Paare ge-
hörigen sind schief gegen einander gerichtet und äusserst ge-
nähert. Sie liegen nicht in einem glatten eingedrückten Räum-
chen. Die Porenpaare bilden vollkommen gerade Linien, die
vom Scheitel bis zum Rande divergiren, und hier noch sichtbar
sind. Es kann mithin nicht die Rede davon sein, dass die Am-
bulacren petaloid oder unterbrochen wären. Nächst dem Munde
scheinen sich die Porenpaare zu verdoppeln. Von den Poren-
paaren entsprechen drei, höchstens vier einer Interambulacral-
platte. Bei andern Galeriten pflegt dies eine grössere Zahl zu
sein. Der charakteristischen Chagrinirung und der Stachelwarzen
ist schon oben gedacht. Letztere bilden keine Reihen, sondern
liegen unregelmässig, jedoch vom Scheitel bis zum Rande gleich
vertheilt. Auf der Basis stehen sie dichter. Den Scheitelapparat
stellt die Pal. Fr. Fig. 6, unseren Beobachtungen nach, nicht
richtig dar. Derselbe ist nicht pentagonal, sondern nahezu vier-
seitig, ungefähr so wie an Gal. albogalei'us und wie er Tab. 996, 5
dargestellt wird. Die Madreporenplatte reicht jedoch kaum über
die Mitte nach hinten hinaus, hat vielmehr eine mehr seitliche
Lage nach rechts hin. Die beiden hintern Genitaltafeln liegen
weniger seitlich als nach rückwärts. Die Schale ist sehr dick.
An den Steinkernen sind die Ambulacralfelder gegen die Inter-
ambulacralfelder erhöht. — Vom Kauapparat haben wir bis jetzt
noch keine vollkommen sichere Spuren gesehen.
Desor, dem wir einige Dutzend Exemplare der Form von
Ahlten und Lüneburg mittheilten, hält alle, so verschiedenartig
sie auch auf den ersten Anblick erscheinen, für zu einer untrenn-
baren Species gehörig. Ferner erkennt unser verehrter Freund
in den mittelgrossen Stücken von Lüneburg und in einem ihm
mit vorgelegten, ungemein schönen Stücke aus Mucronaten-Kreide
von Quitzin in Neupommern, das wir der Güte des Herrn von
Hagenow verdanken, mit Entschiedenheit den Galerites abbre-
viatus Lam. (Synop. .S. 184; Gal. 20, Tab. 3, 9 — 11; Echinoc.
globulus d'Orbigny VII. 522, Tab. 999), welche letztere Form
bis dahin mit Schale nur in einem Exemplare von minder guter
Erhaltung vorhanden war. Desor gründet hierauf nicht nur die
11*
164
Vereinigung von Galerites Roemeri und abbreviatus, sondern
neigt sich nunmehr auch dabin, sein in der Synopsis von den Ga~
leriten abgetrenntes Genus Echinoconus fallen zu lassen. Wir
tragen deshalb kein Bedenken, die Species in das Genus Gale-
rites zu versetzen, obwohl die Richtigkeit dieser Einreihung noch
nicht ganz feststeht. Was die Bezeichnung der Species anbetrifft,
so könnte es doch Zweifeln unterliegen, ob das, was ursprünglich
Lamarck Gal. abbreviata nannte, in der That dasselbe ist, was
Desor darunter versteht, wie denn d'Orbigny eine Verschieden-
heit behauptet. Noch unsicherer ist es, auf den von d'Orbigny
erneuerten ältesten Namen globulus bei Klein zurückzugehen.
Unter solchen Umständen möchte es etwas für sich haben, im
vorliegenden Falle von weiterer Erwägung der Prioritätsrechte
abzustehen. Wir bezeichnen die Species einstweilen nach der
von Desor sicher für die Form angenommenen Benennung, näm-
lich zuerst im Cat. rais. S. 93 = Caratomus Roemeri) und dann
in der Synop. S. 180 = Echinoconus Roemeri, und heissen sie
Galerites Roemeri Desor sp.
Im Uebrigen hält -Cotte au in der Pal. Fr. Cr et. VI. S. 546
für angemessen, die Species in das Genus Caratomus, in dem
sie Desor ursprünglich unterbrachte, zurück zu versetzen. Er
findet die Veranlassung hierzu hauptsächlich in der Disposition
der Ambulacralporen , in den Anschwellungen am Munde und
in dem pentagonartigen Scheitelapparate. Der erstere dieser
Umstände spricht indessen , da die Ambulacren weder petaloid,
noch begrenzt sind, mehr gegen Caratomus als gegen Galerites \
der letztere ferner dürfte, wie oben gezeigt , auf irrthümlicher
Beobachtung beruhen. Die Anschwellungen am Munde aber sind
eben so ungewöhnlich in dem einen, wie in dem andern Genus.
Nach dem Gesammthabitus möchten wir uns doch der brieflichen
Ansicht von Desor anschliessen , und die Species zu Galerites
rechnen. Allerdings fehlt hierfür, wie nicht zu verkennen, noch
eine Hauptsache , der Nachweis des Kauapparats. Es steht zu
hoffen, dass die eifrigen Sammler, welche sich an Ort und Stelle
befinden, hierüber bald Aufklärung geben werden. Stände mit
Gewissheit anzunehmen, dass die im norddeutschen Diluvium sich
findenden Steinkerne, welche gewöhnlich als Gal abbreviatus
angesprochen werden, wirklich derselben Species zugehören, so
würde man sich hiernach, da daran der Kauapparat erkannt ist,
für das Genus Galerites definitiv zu entscheiden haben.
165
Ausser den schon angegebenen Fundorten in Mucronaten-
Kreide von Lüneburg , Ahlten und Quitzin ist Gal. Roemeri
nur noch aus demselben Niveau bei Haldem, von wo der Forst-
meister von Unger einige Stücke besitzt, bekannt. Das Vor-
kommen der Species beschränkt sich daher für jetzt auf Mucro-
naten- Kreide.
45. Phy mos oma Koenigi Desor Syn. 86, Tab. 15,
1 — 4 {Cidaris variolaris Goldf. Tab. 40, 9 — non Brongn.).
Selten.
Ausser einigen Bruchstücken liegt ein* vollständig erhaltenes
Exemplar, das dem Herrn Moritz gehört, vor. Dasselbe hat
45 Mill. Durchmesser und etwa 20 Mill. Höhe , und ist oben
und unten fast gleich massig abgeplattet. Die beiden Felder, die
Ambulacral- und die etwas breiteren Interambulacralfelder, führen
je zwei Reihen kräftiger Warzen, welche gleich, gekerbt und
nicht durchbohrt sind. Die Porenpaare liegen nicht in einer ganz
geraden Linie, sondern biegen sich , namentlich in der mittleren
Höhe, um die Warzen herum, und verdoppeln sich nächst dem
Scheitel. Es sind also die Merkmale des Genus deutlich vor-
handen. Auf den Interambulacralfeldern befindet sich ausserhalb
der beiden Reihen grosser Warzen noch eine Reihe kleinerer
Warzen, die am Munde und After ziemlich gleiche Grösse haben.
Es kennzeichnet sich hierdurch die Species. Von den grösseren
Warzen kommen auf eine Reihe 12 — 13, von den kleineren
etwa 20; auf eine Ambulacral- Warze 5 — 7 Porenpaare. Zu be-
merken ist noch, dass hier, wie vorzüglich bei Desor's Genus
Coptosoma , die Suturen der Porentäfelchen in die Höfchen der
Ambulacral warzen fortsetzen. Von letztern strahlen daher an
der einen Seite Einschnitte aus. — Ein Stück aus weisser Kreide
von Rügen, das ich vom Herrn von Hagenow als seinen Cida-
rites princeps (N. Jahrb. 1840, S. 651) erhielt, stimmt hiermit
vollständig. Herr Desor , dem wir kürzlich unseren Vorrath
mittheilten, erkennt darin die echte Phym. Königi.
Die zugehörigen, der Länge nach fein gestreiften, unten ge-
kanteten, oben walzenförmigen Stacheln ohne Dornen, wie sie
Desor 1. c. abbildet, sind nicht selten.
Die Species beschränkt sich im nordwestlichen Deutschland
auf die Mucronaten - Kreide , und kommt ausser Lüneburg und
Rügen vorzüglich bei Coesfeld, seltener bei Haldem und Ahl-
ten vor.
166
An der Form, die im Scaphiten -Pläner von Strehlen bei
Dresden vorkommt, und die als Cidar. (Phymos.) granulosus
Goldfuss bezeichnet zu werden pflegt, fehlt auf den Interambu-
lacral-Feldern die äussere Reihe von kleinen Warzen. Cf. Phy-
mos. Delamarrei Desor Sy?i. 90, Tab. 15, 5 — 7.
46. Cidaris - Stacheln, walzenförmige, mit 10 — 12
Reihen starkgestachelter Längslinien, die C. stemmacantha Roe-
mer Kreide Tab. 6, 6 (<7. pistillum Qüenst. Petref. 577,
Tab. 49, 20 und Desor Syn. 32, Tab. 5, 17 und 19) aus Mu-
cronaten-Kreide von Rögen nahe stehen, ohne dass jedoch die
trichterartige Erweiterung am Scheitel vorläge, erwähnen wir
nur ihrer grossen Häufigkeit wegen. Vielleicht gehören sie zu
C. subvesiculosa d'Orrign*, Desor, Syn. 13, Tab. 5, 27, die
indessen zierlicher gestachelt zu sein scheint. Cf. oben III, 9.
47. Apty chus cretaceus Münst. bei Alth 210,
Tab. 10, 30. Selten.
Ein ziemlich gut erhaltenes Exemplar, an dem die beiden
zugehörigen Klappen mit den Wirbeln zusammenliegen , besitzt
Herr Moritz. Sie sind wenig gewölbt, braun gefärbt und recht-
winklig dreieckig. Die Haftseite misst 10 — 11 Mill., die andere
6 Mill. Längs der erstem zieht sich vom Wirbel nach hinten
eine schmale, immer breiter werdende flache Leiste. Concentrische
Streifen bedecken die Oberfläche. Die Form stimmt mit der ci-
tirten Abbildung aus Mucronaten -Kreide von Lemberg, jedoch
ist die gezeichnete stumpfe Spitze an der Längsleiste, da hier
die Stücke beschädigt sind, nicht wahrzunehmen. A. cretaceus
bei Reuss und Geinitz, wo die Längsleiste fehlt, ist etwas an-
deres; ebenso A. obtusus Herert in Mem. de la Soc. Fr.
2 Ser. Tom. V. Tab. 28, 7, wo zwar die Längsleiste vorhanden,
der. Wirbel jedoch nicht rechtwinklig, sondern spitz ist.
48. Serpula conica v. Hag. Jahrb. 1840, 666,
Tab. 9, 15. Selten.
Die schneckenförmig aufgerollte Röhre misst bei 6 Umgän-
gen 6 Mill. Höhe. Die glatte Röhre hat quadratischen Quer-
schnitt und neben der unteren Kante eine seichte Furche.
Stimmt vollkommen mit der Abbildung und vorliegenden
Exemplaren aus Mucronaten - Kreide von Rügen. Kommt nach
Müller auch bei Vaels vor.
49. Serpula quadr an gul aris Roemer. Kreide
Tab. 16, 4 und
167
50. Serpula subtorquata Goldfuss. Tab. 70, 11.
Von 4 und 5 seitigem Querschnitt, wie aus der Kreide von
Rügen. Beide nach Müller auch von Vaels. Identische oder
ähnliche Formen reichen indessen im nordwestlichen Deutschland
noch tiefer im Senon, vielleicht bis in den Scaphiten-Pläner herab.
Ausser diesen Versteinerungen umschliesst das Gestein der
Cementbrüche bei Lüneburg, zum Theil ziemlich häufig, ver-
schiedene Arten von Corallen und Amorphozoen. Es zeichnen
sich darunter Parasmilia (Turbinolia) centralis Edw. et. H.
und (oscinopora infundibuliformis Goldf. (Scyphia coscino-
pora Roemer) aus, welche beide in der Mucronaten-Kreide des
nordwestlichen Deutschlands sehr verbreitet sind, so bei Haldem,
Coesfeld, Ahlten u. s. w., und von denen letztere ferner nicht
selten in der Quadraten -Kreide bei Ilsenburg, Gross Biewende
unweit Wolfenbüttel u. s. w. auftritt. Wir übergehen indessen
die übrigen Formen, unter denen auch grosse Coeloptychien, da
sie für jetzt der genaueren Bestimmung entbehren.
Aus dem Gesteine, das der Lösegraben und die Ilmenau
am Altenbrücker Thore von Lüneburg auswerfen, besitzt Herr
Mobitz unter andern folgende Species:
Beiern, mucronata d'Orb.
Naut. laevigatus d'Orb.,
Bacul. Knorri Geinitz,
Trochus plicatocarinatus Goldf.,
Fusus carinatus Goldf.,
Cerith. Nerei Münst.,
Pecten undulatus Nils.,
trigeminatus Goldf.,
Janira striatocostata Goldf.,
? Spondylus asper Goldf., wie IV, 33,
Chama Moritzi sp. nov.,
Ostrea vesicularis Lam.,
Rhynch. plicatilis var. octoplicata Sow.,
Magas pumilus Sow.,
Terebr. carnea Sow., -
Ananch. ovatus Lam.
Das Gestein umschliesst daher nichts, was nicht auch in
den Cementfabrikbrüchen angetroffen würde, und ist deshalb mit
dem in diesen von gleichem Alter.
168
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8. (llolnaniclm Liuu lninjt iis'is sp, nnv.
11. Trochtts plicatocarinalus Goldf.
10. - armatus d'Oüb.
11. Pkurotmnaria vclttta und disticha
Goldf.
12. Fusus carinatus Goldf.
13. - (fleurot.) imhdtus Goldf.
Ii. Ceritlman AVrci Msin.
15. Pholadomya {Card) decussala
Mant. Goldf.
1t>. Pholadomya Esmarki Pilsen
17. K*enm parva Goldf.
18. ? - fttba S'iw. Goi.di.
I«. <W...I.. ,„,.,/,.ln Nil.». G..I
f. ,i,„pl,:r und Galirionui
von Lemberg bei Altii?
V. elegant von Lemberg boi
Altm ?
ß. tinceps von Lemberg bei ^
Avrllmia cassh vonLembcrg
bei Knfr und Altii ?
Coesfeld
Vaels?
Coesfeld
Coesfeld, Eugen
Oberer Planer, Strehlen
(Gbinitz).
1 Oberer Planer, Strehlen
(Gärnitz.)
Coesfeld, Rügen
Coesfeld, Rügen
Coesfeld, R
Rügen
Rügen, Vordoi-I M;,stricht
Coesleld, Rügen
Rügei
Aiidreppe
Coesfeld, Rügen
Vaels
Coesfeld, Rügen
berg
Rügen
Vaels (Mülleb).
Vaels (MÜLLS»).
Vaels (Mülle»).
170
Auch haben wir vor Kurzem zwischen dem Lösegraben
und der Ilmenau und zwischen dem Altenbrücker Thore und
dem Wege nach Bleckede bei dem Ausgraben eines Kellers
dieselben Schichten wirklich anstehend gesehen, so dass deren
Vorhandensein am Altenbrücker Thore nicht mehr anzuzweifeln
steht.
In der vorstehenden Tabelle ist das anderweite Vorkommen
der obigen 50 Lüneburger Species übersichtlich geordnet. Die
Angaben in den vorderen Spalten, die sich auf das nordwestliche
Deutschland beziehen, gründen sich ohne Ausnahme auf eigene
Beobachtungen , die für Lemberg (Nagorzany) auf eine eigene,
jedoch nicht selbst gesammelte Suite. Die speciellen Fundorte
Ahlten, Haldem und Lemberg haben wir für die Vergleichung
deshalb ausgewählt, weil dort sicher keine sonstigen Formations-
glieder auftreten. In der letzten Spalte rechter Hand sind, ausser
einigen Bemerkungen , zuverlässige Citate anderer Geognosten
zusammengetragen.
In die Tabelle sind der Vollständigkeit der Fauna wegen
die Nummern 4, 20, 21, 33 u. 46, nämlich ^/mm. Gollevillensis,
Crassatella sp., Lucina lenticularis, Spondylus asper und Ci-
daris subvesiculosa zwar aufgenommen , doch dürfen aus ihnen,
da ihre Bestimmung oder anderweites Vorkommen zweifelhaft
blieb, keine Altersvergleiche gezogen werden. Ebenso eignet
sich dazu nicht Nr. 8, Globiconcha Luneburgensis , deren son-
stiges Niveau nicht ausgemacht ist. Die übrigen 44 Species von
Lüneburg finden sich an andern Orten ohne Ausnahme in der
Kreide mit Beiern, mucronata. Davon stehen der Kreide mit
Beiern, quadrata sicher 15 Species und mehr oder weniger wahr-
scheinlich 7 andere Species, im Ganzen also 22 oder die Hälfte
gemeinsam zu. Diese Verhältnisse im Verein mit dem Umstände,
dass die Quadraten -Kreide des BEHR'schen Bruchs thatsächlich
die Schichten in den Cementfabrik-Brüchen unterteuft, entscheiden
dafür, dass letztere der Kreide mit Beiern, mucronata, dem jüng-
sten senonen Gliede angehören.
Von den 45 sicher erkannten Species reichen mit Zuver-
lässigkeit an andern Orten Ananchytes ovatus, Lima Hoperi,
Terebratula carnea , Terebratulina chrysalis, Rhynchonella
plicatilis und Pleurotomaria velata, also 6 Species = I3,3pCt.,
und wenn dazu noch 6 unsichere hinzugerechnet werden, 12 Spe-
cies = 20,6 pCt. bis in den obern Pläner. Die von jenen 45 Spe-
171
' cies in die Quadraten-Kreide übergehenden 14, beziehentlich 21
Species betragen davon 33,1 bez. 46,6 Aus diesen Prozent-
sätzen ergiebt sich der Grad der paläontologischen Verwandt-
schaft der- Mucronaten-Kreide, wie solche bei Lüneburg abgela-
gert ist und nach den zeitherigen Ermittelungen, zu dem obern
Pläner und zu der Quadraten-Kreide in andern Gegenden. Selbst-
redend haben die Folgerungen hieraus, da sie auf Vergleichung
einer räumlich beschränkten Localität mit einem grösseren Ge-
biete gegründet sind, keine Gültigkeit für die Verwandtschaft
der Mucronaten-Kreide im Allgemeinen zu den unterliegenden
senonen Gliedern überhaupt. Würden ja die Zahlen sich schon
anders stellen, wenn z. B. Micraster coranguinum und Inocera-
mus Cuvieri . die an andern Stellen die Mucronaten-Kreide und
das tiefere Niveau umschliessen, sich auch in den Cementfabrik-
brüchen zeigten. Speciell am Zeltberge, wo die Mucronaten-Kreide
eine reiche Fauna und die Quadraten-Kreide eine arme umschliesst,
finden zwischen beiden verhältnissmässig wenig Beziehungen Statt.
Die gemeinssmen Formen beschränken sieb daselbst auf Anan-
chytes ovatus, Ostrea vesicularis, Terebratula carnea und etwa
Cidaris subvesiculosa.
Beachtenswerth erscheint noch, dass die Lüneburger Mucro-
naten Kreide eine grosse paläontologische Uebereinstimmung mit
der bei Ahlten , Haldem und Lemberg zeigt. Die meisten sonst
in dem Niveau seltenen Ammoneen, Univalven und die Mehrzahl
der Corallen finden sich an allen diesen Localitäten in gleicher
Menge. Die Facies ist daher bei ihnen für gleichartig zu er-
achten. Dagegen weicht die Mucronaten-Kreide von Rügen in
dieser Hinsicht ab. Letztere wird der Absatz aus -einem tieferen
und von der Küste entfernteren Meere sein. Ueber die Fauna
von Rügen c£ von Hagenow im N. Jahrb. 1839, S. 253, 1840,
S. 631 u. 1842, S. 528.
Am Zeltberge bei Lüneburg sind mithin an Kreideschichten
von den älteren zu den jüngeren fortschreitend, abgelagert:
1. vom C en o manien d'Obb. das jüngste Glied mit Amm.
Rhotomagensis ;
2. vom Turonien d'Orb.
a. rothe Kreide mit Inocer. mytiloides,
b. weisse Kreide mit Inocer. Brongniarti;
172
3. vom Senonien d'Orb.
a. das Glied mit Beiern, quadrata und
b. das Glied mit Beiern, mucronata.
Die Kreide oberhalb des Gault ist am Zeltberge, wie schon
oben erwähnt wurde, mit grosser Mannigfaltigkeit in ihren drei
Etagen mit fünf Gliedern entwickelt. Ueberblickt man die ge-
sammte Kreideablagerung daselbst, wie sie oben dargestellt ist,
und vergleicht sie mit der im übrigen nordwestlichen Deutschland,
von dem wir die Gliederung in dieser Zeitschrift Bd. XI. Seite
74 und 75 bekannt machten, so ergiebt sich kein anderer wesent-
licher Unterschied, als dass zwischen 2 b., dem oberen Turon, und
3a., dem Senon mit Beiern, quadrata^ ein Hiatus Statt findet.
Es sind nämlich an der ununterbrochenen Reihenfolge die Aequi-
valente für den Pläner mit Scaphites Geinitzi und für den Plä-
ner mit Inocer. Cuvieri bei Lüneburg nicht erkannt. Letzterer
ist vielleicht lediglich überschüttet. Die Fauna mit Scaphites
Geinitzi fehlt indessen entschieden, mag es sein, dass das Glied
gänzlich fehlt, oder dass dafür petrefaktenleere Schichten auf-
treten. Im Uebrigen stimmt die Aufeinanderfolge der Faunen
bei Lüneburg und mehr landeinwärts vollständig. Die Kreide be-
ginnt bei Lüneburg mit einem Theile des Cenoman , und zwar
mit dessen jüngsten Gliede, ausgezeichnet durch Amm. Rhoto-
magensis und andere das Niveau bezeichnende Formen. Darüber
besteht, wie überhaupt im nordwestlichen Deutschland, ein schar-
fer Abschnitt, der in andern Gebieten, in Böhmen, bei Regens-
burg und im mittleren und südlichen Frankreich, wie es scheint
durch die Bänke voll von Exogyra columba vermittelt wird,
und es folgen' zunächst über dem Cenoman diejenigen Schichten,
die Inocer. mytiloides so massenhaft umschliessen, dass sonstige
Organismen zurückgedrängt sind, und damit eine ungemeine Ein-
förmigkeit herrscht. *) Ihnen schliesst sich, durch Wechsellagerung
*) Wir erhalten kurz vor Absendung dieser Zeilen zum Abdruck
Kenntniss von sehr wichtigen Beobachtungen, die unsere verehrten Freunde^
der Salinen-Inspector Schloenbach und der Forstmeister von Unger , auf
einer Reise in Böhmen während des Sommers 1862 gemacht haben. Dar.
nach und nach den mitgebrachten Suiten finden sich unmittelbar über
dem versteinerungsreichen Gestein mit Exogyra columba Yon Tyssa Bänke
abgelagert, die voll von dem wirklichen Inoceramus mytiloides sind. An-
derer Seits muss der Grünsandstein am Egerufer bei Laun, da solcher
gleichfalls Exogyra columba vorwaltend umschliesst, mit dem versteine-
173
und allmäligen Uebergang kaum abtrennbar, das Glied mit Ino-
ceramus Drongniarti innig an. Dieses endlich überlagern die
beiden senonen Glieder mit Belemnitella quadrata und mucro-
nata, die, obschon nahe verwandt, gleichwie sonst im nordwest-
lichen Deutschland eine auffällige Sonderung der zwei hauptsäch-
lichsten Species zeigen. — Jener Hiatus zwischen 2 b. und 3 a.
möchte indessen , mindestens was die Scaphiten - Schichten anbe-
trifft, um so mehr zu betonen sein, als solcher auch in der dem-
selben Becken angehörigen Kreide vom südlichen England und
vom nördlichen Frankreich zu bestehen scheint, indem von hier
die dem Niveau eigenthümliche Fauna nicht bekannt ist. Mögen
die Anwohner nachsehen , wie sich die Sache bei ihnen verhält.
In der Kreide Englands, wo die Aufschlüsse in seltenem Maasse
vorhanden sind, wird das die mindesten Umstände machen. Als
feststehend kann aber angenommen werden, dass das Cenoman
und das obere Senon (Quadraten- und Mucronaten-Glied) in den
Nachbarländern je gleiche Faunen führt, ja dass in einem jeden
dieser Glieder Identität obwaltet. Anders gestaltet sich dies im
zwischenliegenden Turon, wo namentlich in Frankreich eine be-
sondere Facies mit reicher Fauna auftritt, während darin bei
Lüneburg und im übrigen nordwestlichen Deutschland eine Ar-
muth, wenn auch nicht an Individuen-, doch an Species-Zahl
vorhanden ist. Ins Einzelne gehende Vergleichungen mit Eng-
land, wo mehr analoge Verhältnisse obzuwalten scheinen, stossen
auf mannigfache Schwierigkeiten. Es waltet daselbst noch viel
Schwankendes , selbst über die Abtheilung der Kreideformation
oberhalb des Gault in Upper, Middle und Lower Chalk, Chalk-
marl, Chloritic Marl und Upper greensand, so dass über etwaige
rungsreichen Gestein von Tyssa gleiches, — dann freilich verschiedene
Facies, — oder nahezu gleiches Niveau haben, und deshalb ebenfalls un-
ter die Mytiloides - Schichten eingereiht werden. Der Grünsandstein von
Laun aber führt nicht selten gewisse dem Amm. Rhotomagensis nahe ste-
hende Formen, deren schon Reuss .Verst. d. böhm. Kreide, 1., S. 22 er-
wähnt, unb gehört daher der Lage nach und paläontologisch entweder zum
Cenoman oder zum tiefsten Turon. Es folgt hieraus das Alter der Schich-
ten mit Exogyra columba , das seither noch nicht sicher feststand. An-
dere Verhältnisse machen es wahrscheinlich, dass sie den scharfen Ab-
schnitt erfüllen, der im nordwestlichen Deutschland zwischen den Mytiloi-
des-Schichten und dem jüngsten Gliede des untern oder cenomanen Plä-
ners mit Amm. Rhotomagensis besteht.
174
Abweichungen für jetzt keine bestimmte Ansicht zu fassen ist.
Im Gegensatze zu der paläontologiscben Gleichartigkeit in
der Kreide von Lüneburg und i der des übrigen nordwestlichen
Deutschlands findet , was die lithologische Beschaffenheit anbe-
trifft , zwischen beiden ein nicht unerheblicher Unterschied Statt.
Sind ja auch naturgemäss die lithologischen Merkmale, sobald Ge-
biete von einiger Entfernung in Betracht kommen, meist von un-
tergeordnetem Werthe. Vom Pläner, diesem eigentümlichen, mehr
oder weniger mergeligen Kalkgesteine von aschgrauer Farbe, er-
digem Bruche, dünner Schichtabsonderung und in der Regel
von starker Zerklüftung, ist bei Lüneburg keine Rede. Hier be-
steht die ganze Ablagerung, vom Cenoman an bis zur jüngsten
senonen Mucronaten-Kreide, mit alleinigem Ausschluss der Myti-
loides-Bänke, aus weissem oder doch weisslichem Kreidegestein.
Zwar zeigt sich stellenweise auch im Verbreitungsgebiete des
Pläners ein weisses, ja schneeweisses Gestein, und herrscht solches
sogar im Niveau des Brongniarti-Pläners vor, allein es hat hier
doch einen andern petrographischen Charakter, ist von minder er-
digem Bruche , hat namentlich grössere Festigkeit , so dass es
mehr dem weissen Jura von flachmuschligem Bruche, als der
weissen Schreibkreide ähnelt. Das eigentliche Kreidegestein be-
schränkt sich zwischen Elbe und Weser auf den Rand des Bassins,
der am Harze durchführt, und in Westphalen auf den Teuto-
burger Wald und dessen Fortsetzung. Auffällig ist bei Lüne-
burg die rothe Färbung des Gliedes mit Inocer. mytiloides.
Ueberall im nordwestlichen Deutschland , wo dieses Niveau eine
continuirliche Verbreitung einnimmt, führt solches dieselbe Farbe.
Allein der Rand zur Westphälischen Steinkohlenbildung an der
Ruhr macht hiervon eine Ausnahme. Die rothe Farbe kennzeich-
net mithin das Glied, und kann nicht genugsam darauf aufmerk-
sam gemacht werden, ein wie willkommenes Mittel zur Orien-
tirung darin liegt. Wie aber die lithologischen Merkmale im
Allgemeinen nur localen Werth haben, so geht es auch mit die-
sem rothen Gesteine. Dasselbe scheint ausserhalb Deutschland
nicht vorhanden zu sein, mindestens - wird dasselbe weder aus
England, noch aus Frankreich erwähnt. Betreffenden Falls giebt
hierin Lüneburg, wo die fleischrothe Kreide wenig mächtig ist,
eine Uebergangsstufe ab. Im Senon zeigt die Quadraten-Kreide
die bedeutendsten Unterschiede in der Gesteinsbeschaffenheit. Die-
selbe besteht nächst dem Harze und in Westphalen vorzugsweise
175
aus sandigen Mergeln, ja zwischen Blankenburg, Halberstadt und
Deren bürg aus reinem Quarzsandstein, dem obern Quader. Erst
in 4 bis 6 Meilen nördlicher Entfernung vom Harze tritt der Kalk-
gehalt und damit auch die weisse Farbe, wie beides im erhöhten
Grade bei Lüneburg stattfindet, entschieden auf. Da dieses Ni-
veau in England und dem nördlichen Frankreich aus weisser
Kreide zusammengesetzt ist, so giebt auch hierin Lüneburg eine
verbindende Stelle ab. Aehnlich verhält es sich mit der Mucro-
naten-Kreide. Auch in ihr waltet nächst dem Harze, wo sie in-
dessen eine geringe räumliche Verbreitung hat, wie am Platten-
berge bei Blankenburg und bei Lauingen unweit Königslutter,
kieselige und sandige Beschaffenheit vor. Zwischen der Ablage-
rung in Rügen, England u. s. w. und der bei Lüneburg tritt da-
bei die Abweichung ein, dass hier die in jener so charakteristische
Führung von Feuersteinen fehlt.
Fasst man dies Alles zusammen, so steht den dermaligen
Ermittelungen nach anzunehmen, dass in dem grossen Kreide-
bassin, welches das nördliche Deutschland, Belgien, das nördliche
Frankreich , das südliche England und die baltischen Länder
umfasst, in der Kreidebildung oberhalb des Gaults gleiche Fau-
nen, selbstverständlich in verschiedenartigen Facies, und zwar in
gleicher Folge übereinander vorkommen, die lithologische Be-
schaffenheit aber an den Rändern, namentlich in SO., sandig oder
mergelig ist, erst in weiterer Entfernung an Kalkgehalt zunimmt.
Lüneburg steht in mehrfacher Hinsicht als Uebergangsstufe zwi-
schen Rand und Mitte. Zu bemerken ist hierbei, dass die gleiche
oder nahezu gleiche lithologische Beschaffenheit hin und wieder
in ein und demselben Territorium durch mehrere Glieder, ja
selbst durch mehrere Etagen ^hindurch andauernd bleibt. Die
Zuflüsse in das die Gesteinschichten absetzende Meer oder die
sonst bedingenden Umstände müssen in solchen Fällen längere
Zeit einem Wechsel nicht unterlegen haben.
Zum Schlüsse mögen hier noch einige Bemerkungen histo-
rischen Inhalts Platz finden , um die Auffassung der Lagerungs-
Verhältnisse , wie sie vorstehend , in Uebereinstimmung mit un-
seren sonstigen Aufsätzen, entwickelt ist, und wie sie früher von
andern Geognosten gegeben wurde, in Beziehung zu bringen.
Unstreitig beförderte in neuerer Zeit die Kenntniss von der
176
Kreide im nördlichen Deutschland Niemand mehr, als Ad. Roe-
mer. Nicht nur erkannte derselbe durch seine Nachforschungen,
die er in dem Werke: „Versteinerungen des Norddeutschen Krei-
degebirges, Hannover, 1840" niederlegte, eine bis dahin unbe-
achtete neue Etage, Hils oder Neocom, sondern er wies auch den
übrigen Hauptbildungen, Unterquader, Flammenmergel, Pläner
und der weissen Schreibkreide die Stellung in der Aufeinander-
folge an, die sich seitdem vollständig bewährte. Mit richtiger
Würdigung der paläontologischen und anderen Merkmale son-
derte er das Verschiedenartige und vereinigte andererseits man-
ches Zusammengehörige. Die durch allgemeine Anerkennung ge-
krönten Fortschritte, die Ad. Roemer der Wissenschaft berei-
tete , waren so erheblich , dass es erst eines längeren Zwischen-
raumes bedurfte, bevor auf der nun geschaffenen Grundlage der
weitere Aufbau begann. Das fast ein Decennium nach Roemer's
Arbeit von Geinitz herausgegebene „Quadergebirge Deutschlands,
Freiberg, 1849", das gleichfalls in der Wissenschaft eine her-
vorragende Stelle einnimmt, fiel in eine Periode, wo die durch-
greifenden und allgemeinen Resultate von d'Orbignk noch so
neu waren , dass ein wesentlicher Einfluss aus ihnen nicht statt-
finden konnte. Geinitz's Werk behält in solcher Weise weni-
ger durch das damit aufgestellte System, als durch seine Um-
fassenheit und durch die damit gegebene äusserst mühsame und
dem damaligen Stande der Paläontologie entsprechende Zusammen-
stellung von dem Vorkommen der verschiedenen organischen Ein-
schlüsse einen bleibenden Werth. Zur Erzielung weiterer Fort-
schritte thaten vor Allem Detail-Untersuchungen, wenn auch noch
so beschränkter Gegenden, mit denen Geinitz selbst und Nau-
mann für Sachsen begonnen hatten, Noth. Dergleichen sind seit-
dem, was das nordwestliche Deutschland betrifft, in reichem Maasse
geliefert, namentlich durch die Arbeiten von Beyrich über das
subhercynische und von Ferd. Roemer über das westphälische
Kreidegebirge. Ihnen schliessen sich die von- Ewald, ausge-
zeichnet durch ihre äusserste Genauigkeit und ihre umfassende
Sachkenntniss, würdig an. Möge Ewald sich veranlasst finden,
seinen reichen Schatz von Beobachtungen, aus dem der Verfasser
das Glück hatte, vielfache Belehrungen zu schöpfen, bald zu ver-
öffentlichen. Auch unsere eigenen Beobachtungen, zum Theil
nur Wiederholungen theilnehmender Freunde, wie Schloenbach?
177
Grotrian, Griepenkerl und von Unger, sind vielleicht nicht
ganz verschwindend.
Wir wollen nun versuchen, diejenigen Verbesserungen an
den Systemen von Ad. Roemer und Geinitz , wie dieselben
solche ursprünglich aufstellten, zu bezeichnen, welche sich seit-
dem, unserer Ansicht nach stichhaltig, ergeben haben. Von einem
Tadel älterer Arbeiten kann dabei nicht die Rede sein. Es lei-
tet lediglich die eben ausgesprochene Absicht und zugleich auch
die, bei dem Gebrauche der weit verbreiteten Werke der beiden
Autoren vor Irrthümern zu bewahren. Dem entsprechend be-
schränken wir uns auf das nordwestliche Deutschland und auf
die Kreide jünger als Gault, deren Unterlage mithin der Flam-
menmergel abgiebt.
Ad. Roemer's System von 1840 ist folgendes:
I. Obere Kreide.
1. Obere weisse Kreide (Chalk with flints). Rügen.
2. Mastricht-Kalk.
3. Oberere Kreidemergel: Gehrden, Spiegeische Berge bei
Halberstadt , Sudmerberg bei Goslar , Conglomerat bei
Wernigerode, Plattenberg bei Blankenburg, Salzberg bei
Quedlinburg, Luisberg bei Aachen, Dülmen.
(1, 2 und 3 == parallele Bildungen.)
II. Untere Kreide.
1. Untere weisse Kreide (Chalk without flints): Schwiechelt
und Tadensen (nicht Theidensen) bei Peine, nördlicher
Abhang des Lindener Berges bei Hannover, Flussbett der
Leine bei Limmer unweit Hannover, Lüneburg.
2. Untere Kreidemergel: Ahlten unweit Lehrte, Lemförde
und Haldem , Osterfeld unweit Essen , Coesfeld , Baum-
berge, Mergel bei Ilsenburg und Stapelnburg am Harz-
rande.
III. Pläner.
(Diese Linie fehlt.)
IV. Flammenmergel.
Bald nach dem Erscheinen von Ad. Roemer's Nord-
deutschen Kreideversteinerungen wurde zuerst, wenn wir nicht
irren, von Beyrich berichtigt und von Roemer anerkannt, dass
der Grünsand von Essen , den letzterer zum Neocom rechnete,
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 4. 12
178
nicht dazu gehöre , sondern sich als Tourtia unten dem Pläner
anschliesse. Durch diese nicht unwichtige Absonderung vom Neo-
cotn wurde dieses von mehreren von Goldfliss und Ad. Roe-
mer beschriebenen, fremden Formen gereinigt. Wo bei Roemer j
ein Vorkommen aus Hilsconglomerat von Essen angegeben ist,
muss dafür Tourtia (ältestes Cenoman) von Essen gelesen
werden.
Dem Pläner gab Roemer eine völlig richtige Stelle über
Flammenmergel (noch mehr also über unterem Quader) und un- !
ter seiner Kreide. Dass der Pläner drei verschiedene Etagen, j
Cenoman, Turon und Senon , umfasst, davon konnte 1840 noch
keine Ahnung sein , weil aus England , das bis dahin die Norm
für Parallelen abgab, dazu keine sonderliche Veranlassung vor-;
lag, und die scharfen Feststellungen von d'Orb ' GM r erst später
bekannt wurden. Bei den Citaten aus Planer ist mithin zu be- I
achten, dass in der Altersstufe ein vertical ziemlich grosser Spiel-
raum bleibt.
Die Obere und Untere Kreide Ad. Roemer's gehören dem
Senon an. Bei der Absonderung beider Abtheilungen mag das t
derzeit in der Geognosie herrschende Vorbild von England maass-
gebend gewesen sein. Den Anschauungen gemäss musste auch
Deutschland eine obere Kreide mit Feuerstein und eine untere
ohne solchen haben. Wirklich fand Roemer zutreffend die Pa-
rallele der erstem in Rügen, und räumte ihr deshalb den jüng-
sten Platz ein. Auf die übrigen Territorien wollte das Thei-
lungsprinzip nicht recht passen, in der That, wie sich jetzt zeigt,
weil in der jüngsten Kreide des nordwestlishen Deutschlands ganz
allgemein Feuersteinführung nicht vorhanden ist, sie also in die-
ser Hinsicht mit dem tiefern Chalk without flints übereinstimmt.
So fehlte es für diese beiden Niveaus, bei denen thatsächliche
Ueberlagerungen noch nicht gesehen waren, und zumal dem gan-
zen Complexe ein grosser Theil der organischen Reste gemein-
sam ist, an einem Prinzipe zur Ordnung nach dem Alter. Sorg-
fältigen Detail- Untersuchungen blieb das Weitere vorbehalten.
Erst Beyrich gelang es, bei seinen fortgesetzten Studien in der
Gegend zwischen Halberstadt, Quedlinburg und Blankenburg,
den hier mächtig entwickelten Obern Quader gehörig zu wür-
digen , und ihn von andern Sandsteinen abzutrennen. Von allen '
durch ihn auf der Karte vom nördlichen Harzrande (diese Zeit- i
schrift Bd. 3 Taf. 15) genau begrenzten und petrographisch sehr
179
verschiedenartigen Bildungen am Harzrande, als von den Salz-
bergs- und Münchehöfer Mergeln, dem Sudmerbergs-Gestein und
den Mergeln von Wernigerode, Ilsenburg und Harzburg, erkannte
er die nahe Verbindung unter einander, und mit dem Obern
Quader, so dass sie, meist wechselnde Facies, in mehrere Glieder
kaum zu trennen sind. Ewald's dermalige Untersuchungen in
derselben Gegend werden schliesslich zeigen, ob constante, wenn
auch nur subtile geologische Unterschiede in dem Complexe
Statt finden. Am Harzrande und in nicht grosser Entfernung
davon ist das jüngste Glied der Kreide, das der weissen Kreide
von Rügen gleichsteht, allein in wenigen Parcellen von geringem
Umfange abgelagert. Dieses letzte Glied tritt mit mehrer räum-
lichen Verbreitung uud in mächtiger Entwicklung erst nördlich
von Braunschweig auf. Hier, wo beide Glieder vorhanden sind,
ergiebt sich deren gegenseitiges Alter. Bei Vordorf (siehe diese
Zeitschrift Bd. 7 S. erkannten wir zuerst, dass die Schich-
ten mit Beiern, mucronata das obere, und die mit Beiern, qua-
drata das untere Niveau einnehmen. Dasselbe Lagerungs-Ver-
hältniss stellte sich seitdem in der Umgegend an allen den Stellen
heraus, wo die beiderlei Abtheilungen zusammen auftreten. Lü-
neburg ist ferner ein schöner Beleg. Stets unterteufen die san-
digen Gesteine oder Mergel mit Beiern, quadrata die gewöhn-
lich kalkreichern mit Beiern, mucronata. Auf einem grossen
Räume im Kreidebusen von Münster weist Herr Hosius (diese
Zeitschrift Bd. XI. S. 73 ff.) durch sorgfältige Untersuchungen
dasselbe nach. So steht fest, dass im nordwestlichen Deutsch-
land in der obern senonen Kreide zwei Glieder bestehen , das
obere und zugleich jüngste der deutschen Kreide, bezeichnet
durch das Vorkommen von Beiern, mucronata^ und das andere
ältere, bezeichnet durch Beiern, quadrata. Die beiden Belemni-
tellen geben ein untrügerisches Unterscheidungs-Merkmal , selbst
wenn anderes fehlt , ab. Dagegen muss man sich hüten , allein
nach der petrographischen Beschaffenheit zu urtheilen; denn in
Westphalen sowohl, als wie bei Braunschweig ist stellenweise das
jüngste Glied aus sandigen Gesteinen zusammengesetzt. Nach
Andeutungen zu schliessen , trennt sich auch in Frankreich und
England die obere Kreide in Mucronaten- und Quadraten-Schich-
ten. Bestätigt sich dies, so wäre die Sonderung nicht aliein von
localer, sondern von allgemeinerer Bedeutung.
Ad. Roemer's Abtheilung in obere und untere Kreide,
12*
180
nebst der Unterabtheilung trifft somit, den neuesten Ermittelun-
gen zufolge, nicht zu. Was derselbe in das jüngere Niveau bringt,
gehört zum Theil ins untere, und umgekehrt. Seine Classifica-
tion der bemerkten Localitäten berichtigt sich folgendermaassen:
Oberes Senon.
Jüngeres Glied mit Beiern, mucronata:
Mastricht. — Rügen; Plattenberg bei Blankenburg; Ta-
densen bei Peine; Lüneburg (Cementfabrik-Brüche) ; Ahl-
ten ; Lemförde und Haldem ; Coesfeld ; Baumberge in West-
phalen.
Aelteres Glied mit Beiern, quadrata :
Gehrden bei Hannover; Spiegeische Berge bei Halber-
stadt; Sudmerberg bei Goslar; Conglomerat bei Werni-
gerode; Salzberg bei Quedlinburg; Luisberg bei Aachen;
Dülmen; Schwiechelt bei Peine; nördlicher Abhang des
Lindener Berges und Leinebett bei Limmer unweit Han-
nover; Lüneburg (BßHR'scher Bruch); Osterfeld unweit
Oberhausen; Mergel bei Ilsenburg und Staplenburg.
Bei Benutzung von Ad. Roemer's Werk ist nicht die Be-
zeichnung der Schicht als obere und untere Kreide und oberer
und unterer Kreidemergel, sondern der stets zuverlässige Fund-
ort festzuhalten.
Was ferner das System der obern Kreide im nord-
westlichen Deutschland von Geinitz anbetrifft, so giebt
derselbe davon im Jahre 1849 (Quadergebirge S. 76) die auf der
nächsten Seite folgende Uebersicht.
Die Auffassung von Geinitz unterscheidet sich von der von
Ad. Roemer zunächst wesentlich dadurch, dass ersterer einen
obern Quadersandstein als besondere Hauptabtheilung über die
weisse Schreibkreide und deren Aequivalente, seinen obern Qua-
dermergel, legt. Ein solches Lagerungs-Verhältniss hat sich nicht
bestätigt. Den Sandstein des Hülses bei Rothenfelde in West-
phalen, den Geinitz als obern Quadersandstein ansprach, und
auf dessen durch Verwerfung anomales Auftreten er die Neue-
rung vorzüglich begründete, erkannte F. Roemer im N. Jahrb.
1850 S. 395 als sehr viel älter, nämlich für Sandstein des Teu-
toburger Waldes, der dem obern Hils (Neocom) angehört, und
nicht mit dem dem Gault zugehörigen Untern Quader am Harze
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182
u. s. w. zu verwechseln ist. Die sonstigen Sandsteine am Harz-
rande, des Regensteins, der Teufelsmauer u. s. w. , die Getnitz
gleichfalls für seinen Obern Quadersandstein hielt, hatte schon
früher Berich (diese Zeitschr. 1849 S. 302) in ein tieferes Ni-
veau, in Geinitz's Obern Quadermergel, versetzt. Die übrigen
Parallelen zog Geinitz nach Analogien. Geinitz's Oberer Qua-
dersandstein, über der Mucronaten-Kreide liegend , existirt somit
nicht, und fällt theils mit Oberem Hils, theils mit Quadraten-Kreide
zusammen.
Geinitz's Oberer Quadermergel ist gleichbedeutend mit der
Obern und Untern Kreide von Ad. Roemer, beide zusammen-
genommen. Wir können uns deshalb hinsichtlich der Citate in
dem Verzeichnisse der Versteinerungen auf das oben Gesagte be-
ziehen.
Der Mittlere und Untere Quadermergel von Geinitz end-
lich entsprechen dem Pläner von Ad. Roemer, nur ist diesem
der Grünsand von Essen und der Flammenmergel hinzugefügt.
Wir haben schon oben gesehen, dass die Stelle dem Grünsande
von Essen zukommt, dagegen muss der Flammenmergel als
jüngster Gault abgetrennt bleiben. Geinitz. der den Pläner weit
verbreitet, von Strehlen bei Dresden bis an die holländische
Grenze, und bis über 1000 Fuss mächtig gesehen hatte, mochte
schon hieraus vermuthen , dass darin mehrere Hauptabtheilungen
vorhanden seien, und trennte ihn in zwei dergleichen, in Pläner-
kalk, seinen Mittleren Quadermergel, und Plänermergel, seinen
Untern Quadermergel. Das Theilungsprinzip nach petrographischen
Merkmalen bewährt sich jedoch nicht für den Pläner. Zwar kann
dasselbe für beschränkte Territorien die Norm abgeben , jedoch
nicht immer, noch viel weniger allgemein. In der Umgegend
von Braunschweig besteht der tiefste Pläner hier aus weissen
massigen Kalken , dort aus grauen bröckligen Mergeln , — an
der Ruhr in Westphalen sogar aus grünen, zum Theil kalkigen
Sandsteinen. Zudem wird, im Gegensatze zu jenem Prinzipe, der
jüngste Pläner vorwaltend aus milden grauen Mergeln, die man
vorzugsweise zur Verbesserung der Aecker benutzt, zusammen-
gesetzt. Die Aufstellung von naturgemässen Abtheilungen hatte
grosse Schwierigkeiten zu überwinden. Aehnliche und doch eigen-
tümliche Gesteine wiederholen sich im Pläner in verschiedenen
Niveaus, und kommt es ohne besondere Aufmerksamkeit gar
leicht, sie für identische Schichten zu halten und damit Verschie-
183
denartiges zu vereinigen. Grosse Räume, wo kräftige Aufrich-
tungen den mächtigen Complex nicht zu durchbrechen vermoch-
ten, werden an der Oberfläche von ein und der nämlichen Masse
eingenommen, uud ereignet es sich, dass diese arm an organischen
Resten oder auch nur an Specieszahl sind, so fehlt bei einer sol-
chen anscheinend einförmigen Bildung leicht der Antrieb zur
weiteren Beobachtung. Vorurtbeile, die sich auf solche Deutung
gründen , schleppen sich dann lange fort. Das alles traf beim
Pläner reichlich zu, und blieb dieser noch längere Zeit nach
d'Orbigny's übertrieben scharfer Absonderung seiner Etagen
eine Vermengung von cenomanen, turonen und senonen Fossilen.
Kein Territorium eignet sich indessen besser, die Gliedernng zu
ermitteln, als dasjenige im Norden vom Harze, überhaupt zwischen
Elbe und Weser. Viele nicht entfernt liegende Falten von ent-
sprechender Höhe und regelmässiger Erstreckung im Streichen
lassen öfter Querdurchschnitte wahrnehmen, in denen der Pläner
vom ältesten an bis zum jüngsten an der Oberfläche entblösst
auftritt. An der Durchforschung des Pläners in diesem Gebiete
glaubt der Verfasser einigen Antheil zu haben. Das Resultat
davon war die Gliederung des Harzer Pläners, wie sie in dieser
Zeitschrift Bd. IX. S. 415 aufgestellt ist, und wie sie sich seit-
dem zutreffend für das nordwestliche Deutschland gezeigt hat.
Darnach findet die früher vermeinte Vermengung von Faunen,
die nach den Untersuchungen in andern Ländern weit getrennt
waren, nicht Statt. Es zerfällt nämlich der Pläner in zwei Haupt-
abtheilungen, Unteren und Oberen, in denen eine constante Auf-
einanderfolge mehrerer Glieder herrscht. Der Untere Pläner ist
d'Orbigny's Cenomanien. Der Obere entspricht dessen Turo-
nien und dem unteren Theile des Senonien. Wir hielten damals
dafür, dass, wenngleich sich der untere Theil des Obern Pläners
ziemlich gut dem französischen Turon gegenüberstelle, dieses im
Pläner nicht füglich vom Senon abzutrennen stehe. Es leitete
dabei, dass eine bestimmte Grenze zwischen dem älteren und
jüngeren Theil des Obern Pläners nicht besteht, und dass einige
Hauptversteinerungen gemeinsam sind. Eine scharfe Sonderung
ist keinen Falls vorhanden, allein die Gemeinsamkeit der Petre-
facten reducirt sich bei weiterer Untersuchung immer mehr. Auf
die glatten und gefalteten Brachiopoden ist, ihrer zum Theil un-
sicheren Unterscheidung wegen, minderes Gewicht zu legen. Der
Galerites conicus aus dem Galeriten- Pläner und der Galerites
184
albogalerus aus der senonen Quadraten-Kreide trennen sich aller
"Wahrscheinlichkeit nach (s. oben III. 8) specifisch ab, und könnte
dasselbe mit Micraster coranguinum aus jenem Niveau der Fall
sein. Dann bleibt in der Hauptsache nur Ananchytes ovatus
als gemeinsame Form von Bedeutung. Vielleicht legt man dieser
Gemeinsamkeit ein zu grosses Gewicht bei , da der untere Theil
des obern Pläners, wenn auch nicht an Individuen-, doch an
Specieszahl arm ist. Bleibt es freilich im Allgemeinen unsicher,
arme und reiche Faunen mit einander zu vergleichen, so erschei-
nen doch jene der rothen und weissen Brongniarti-, nebst den
Galeriten - Schichten , und diese des Scaphiten-Pläners ziemlich
different. Unter solchen Umständen, und da anderen Orts d'Or-
BIGNy's Etage Turonien festgehalten wird, sind wir geneigt, die
Ansprache auch für den Pläner anzunehmen, und den rothen Pläner
und den mit Inocer. Brongniarti, nebst den letzterem synchronisti-
schen Galeriten-Schichten in das Turon einzureihen, die überlie-
genden Glieder aber, vom Scaphiten-Pläner an (in welchem letz-
tern die jetzt gangbaren Steinbrüche bei Strehlen betrieben wer-
den) zum Senon zu rechnen. , Mit dieser Aenderung glauben
wir die Gliederung des Pläners aus voller Ueberzeugung em-
pfehlen zu dürfen. Sie hat Gültigkeit nicht allein für das Ge-
biet zwischen Elbe und Weser, sondern auch für Westphalen.
Durch eine an und für sich unbedeutende Berichtigung von
Dechens geognostischem Kartenwerke bei Unna, die wir diese
Zeitschrift Bd. XI. S. 60 gegeben haben, wird die grosse Ver-
wirrung im Pläner, die durch dessen lange fortgeschleppte Ab-
theilung nach drei Grünsandlagen an der Ruhr entstand, besei-
tigt. Im Teutoburger Walde aber, wo die geognostischen Ver-
hältnisse sich ziemlich gleichförmig gestalten, genügt es, an einer
Stelle zur Erkenntniss gekommen zu sein, um auch hier die obige
Gliederung wieder, zu finden. Einigermaassen kann man sich
schon in der leicht zugänglichen Umgegend von Bielefeld orien-
tiren. Hier wird nämlich im Südwesten der Stadt, neben den
Kalköfen an der Strasse nach Gütersloh, der tiefste Brongniarti-
Pläner, voll von Inocer. Brongniarti, in Steinbrüchen gewonnen.
Wenige 'Schritte darunter geht am Abhänge der rothe Pläner,
jedoch mit Schutt und Diluvialsand bedeckt, fast unkenntlich zu
Tage. Besser aufgeschlossen zeigt sich der rothe Pläner z. B.
im Nordwesten bei Halle. Am südlichen Ende des Lauchsber-
ges unweit Bielefeld, und zwar am Fusswege von da nech Halle,
185
steht -ferner in Mergelgruben der unterliegende cenomane Pläner,
in seinem Gliede mit Amm. varians, angefüllt namentlich mit
diesem Petrefact und Inocer. striatus, hart über dem dortigen
Flammenmergel an. Etwas nördlich von Brackwede endlich ist
in einem jetzt verlassenen Steinbruche, der früher das Material
für die obengedachten Kalköfen oder andere lieferte, der Scaphi-
ten-Pläner eröffnet. Der weisse Brongniarti-Pläner streicht hö-
her am Berge, in einem geognostisch tieferen Niveau, durch.
Noch vor zwei Jahren sammelten wir in diesem Bruche die ge-
sammte Fauna des Scaphiten-Pläners, als Amm. peramplus und
JSeptuni, Scaphites Gei?iit%ii Helicoceras, Ananchytes ovatus,
Micraster coranguinum u. s. w., und zwar in häufigen und schö-
nen Exemplaren. In neuerer Zeit findet sich daselbst nur noch
wenig. Die Stelle muss abgesucht sein, und Erneuerung findet
nicht Statt. Den noch jüngeren Pläner mit Inocer. Cuvieri ha-
ben wir hier und in einigen anderen Querdurchschnitten des Teu-
toburger Waldes nicht bemerkt. Es muss dort dieses Glied, das
sich an der Ruhr mächtig entwickelt zeigt, nicht die erforderliche
Stabilität gehabt haben , um einen besonderen Höhenzug zu bil-
den, und mag solches in der Tiefe, verdeckt unter Diluvium, lie-
gen. Wie dem auch sei, genug dass der Durchschnitt bei Biele-
feld, für die Gliederung des Pläners im Teutoburger Walde, in
aufsteigender Reihenfolge, vom untern oder cenomanen Pläner
den Varians -Pläner , und vom obern Pläner den rothen, den
weissen Brongniarti und ferner die Scaphiten-Schichten beobach-
ten lässt. Kein Zweifel dürfte bestehen, dass die Gliederung des
Pläners in der Fortsetzung des Gebirgszuges bis nach Rheine,
völlig übereinstimmend mit der zwischen Elbe und Weser ob-
waltet.
Bei der Benutzung von Geinitz's Petrefacten-Verzeichniss
ist zu beachten, dass Pläner-Mergel nicht immer cenomaner Plä-
ner, und Plänerkalk nicht immer turoner und senoner Pläner be-
deutet. Oftmals ist das Umgekehrte der Fall. Auch geben die
aus hiesiger Gegend citirten Fundorte, als Quedlinburg, Vienen-
burg, Goslar, Liebenburg, Salzgitter u. s. w. in dieser Allge-
meinheit kein weiteres Anhalten, da bei ihnen , mehr oder weni-
ger gut, die gesammte Schichtenfolge an die Oberfläche kommt.
So hat sich die Kenntniss von den Lagerungs- Verhältnissen
und der Gliederung der obern Kreide im nordwestlichen Deutsch-
land, seit Ad. Roemer's Darstellung, in den letzten beiden
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187
Decennien herausgebildet. Uebersiehtlich geordnet stellen sich die
Ergebnisse bei Roemer und Geinitz mit den unserigen so ge-
genüber, wie aus der nebenstehenden Tabelle ersichtlich.
Das Glied II. 1, der rothe Pläner, schliesst sich in den
jüngsten Schichten durch Wechsellagerung nahe an II. 2 an, und
enthält im nordwestlichen Deutschland nur wenige Species , die
hier im Cenoman nicht vorkommen und die d'Orbigny im Turon
auffährt. Andere französische Geologen sprechen indessen den
lnocer. mytiloides , das hauptsächlichste Fossil des rothen Plä-
ners, für Cenoman an. Es scheint sich zu empfehlen, daraus, wie
geschehen , ein besonderes Glied zu tormiren. Die scharfe
Grenze, welche im nordwestlichen Deutschland zwischen dem
Cenoman und Turon besteht, wird aller Wahrscheinlichkeit nach
in andern Gegenden durch die Schichten mit Exogyra columba
vermittelt. Diesen Falls ist das Niveau der Exogyra columba
in das Cenoman als jüngstes oder 4. Glied, noch über dasjenige
mit Amuu Lihotomagensis einzureihen.
.188
3. lieber das Vorkommen von jurassischen Posido-
nomyen-Gesteinen in den Alpen.
Von Herrn A. Oppel in München.
(Hierzu Tafel V.-VII.)
§. 1. Auf einer Reise im Herbst 1861 widmete ich wäh-
rend eines längeren Verweilens an drei entfernt von einander ge-
legenen Punkten: Füssen, Hallstadt und Roveredo, den-
jenigen Bildungen meine besondere Aufmerksamkeit, welche sich
meiner damaligen Ansicht zufolge möglicherweise unmittelbar
unter oder über die weissen und rothen Kalke von Vils anreihen.
Ich hoffte dabei Aufschluss über die Uebereinanderfolge von
Klaus-Schichten, Vilser-Kalken , Di p hyen- Kalken
und andern der Zeit ihrer Entstehung nach dazu gehörigen Ab-
lagerungen zu finden. Statt jedoch wesentliche Ergänzungen der
Profile d. h. der verticalen Entwicklung von alpinem Dogger
und Malm zu erhalten , war es dagegen weit mehr die horizon-
tale Verbreitung einer einzigen Formations-Abtheilung, welche sich
auf jener Reise meiner Beobachtung darbot. Innerhalb dieses
Horizontes, welcher von den österreichischen Geologen nach sei-
nem Auftreten an der Klaus-Alp bei Hallstadt den Namen
„Klaus-Schichten" erhielt, findet in den Alpen eine auf-
fallende Entwicklung von Posidonomyen-Gest einen statt.
Indem ich beabsichtige, in dem Nachfolgenden einige Beiträge
zur Kenntniss der Fossilreste sowie der Verbreitung der ebener-
wähnten Zone zu geben , beginne ich mit der Beschreibung der
eigentlichen Klaus- Schichten an den in der Nähe von Hallstadt
gelegenen Localitäten.
§. 2. Klaus -Schichten an der Klaus -Alp bei
Kallstadt. Wir verdanken einer 1853 veröffentlichten Arbeit
Bergrath VON Hauer's*) die erste eingehende und verlässige
*) Häuer 1853, Ueber die Bildung der Trias-, Lias- und Juragebilde
in den nordöstlichen Alpen. Jahrb. geol. Reichsanstalt 4. Jahrg. p. 715
189
Beschreibung der versteinerungsreichen Lagen, welche, versteckt im
Walde, \ Stunde über den Klaus-Alp-Hütten anstehen. Es sind
grösstenteils dunkelrothe, bisweilen bräunlich, bisweilen schwärz-
lich gefärbte, marmorartige oder auch oolithische Kalksteine, de-
ren Lagerungsverhältnisse hier keineswegs dazu beitragen, um
Schlüsse über ihr Alter zu ziehen. Dagegen gestatten die zahl-
reichen fossilen Arten, welche von dem Gestein eingeschlossen
werden, wenigstens eine theilweise Bestimmung. Doch ist die
Zahl der mit Sicherheit zu deutenden Arten geringer, als man
auf Grund des in der That massenhaften Vorkommens von Ver-
steinerungen erwarten dürfte. Die Ursache liegt in der mangel-
haften Erhaltung der äusserst fest mit dem Gestein verwachse-
nen, oder in zerbrochenem Zustand in dasselbe eingeschlossenen
Schalentheile. Ich habe dennoch den Versuch gemacht, das von
mir Gesammelte in einer Liste zusammenzustellen , welche ich
mit einigen Bemerkungen versehen hier wiedergebe.
Fossile Arten der Klaus-Schichten von der Klaus- Alp (1861 gesammelt).
1. Zähne von SpAenodus cf. longidens*) Agass.
2. Bruchstück von Belemnites cf. canaliculatus Sceu.oth.
3. Nautilus sp. ind.
4. Ammonites Kudernatschi Hauer.
5. Ammonites subobtusus Kudern.
6. Ammonites nov. sp.ec.
7. Ammonites Eudesianus d'Orb. (Ammonites Adeloides
Kudern.)
8. Ammonites subradiatus Sow.
9. Ammonites rectelobatusHAVER cf. Deslongchampsi d'Orb.
10. Ammonites Martinsi d'Orb.
11. Turbo spec. ind.
12. Pleurotomaria cf. subreticulata d'orb.
*) Die grosse Verbreitung von Sphenodus- Zähnen in den alpinen
Jurakalken verdient hier noch besondere Erwähnung. Am häufigsten
kommen dieselben in den rothen Vilser Kalken mit Terebratula Bouei
vor. — Bei einem späteren Besuch der Gegend von Vils erhielt ich sie
auch aus dem weissen Vilser Kalk sowie aus dem ß Ottenstein -
Kalk. Ich fand sie ausserdem noch in den Diphyen-Kalken bei Rove-
redo, in den- Klaus-Schichten von der Klaus-Alp und von Brento-
tonico in Südtyrol. Endlich in den rothen Jurakalken vom Vil s - Alp -
See sowie vom Halden-See bei Tann heim.
190
13. 14. Lima. 2 unbestimmte Arten.
15. Posidonomya alpina Gras.
16. Anomya spec. ind.
17. Terebratula cf. perovalis Sovv.
18. Terebratula Gerda Opp.
19. Terebratula laticoxa Opp.
20. Terebratula Fytgia Opp.
21. Terebratula curviconcha Opp.
22. Rhynchonella Atta Opp.
23. Rhynchonella coarctata Opp.
24. Rhynclionella Zisa Opp.
25. Rhynchmella subechinata Opp.
26. Rhynchonella Etalloni Opp.
27. Rhynchonella deßuxa Opp.
Ich habe in einer früheren Arbeit die Klaus-Schichten mit
dem ausseralpinen Unteroolith identificirt.*) Es geschah dies auf
Grund der HAUtR'schen Angaben. Die seither von mir gesam-
melten Fossilreste, welche ich in der obigen Liste vereinigte,
tragen noch weiter dazu bei, diese Annahme zu bestätigen.
In Folge der in §. 7 gegebenen Aufschlüsse könnte noch die
Frage entstehen, ob die Klaus-Schichten nicht zugleich auch die
Niederschläge der Bath - Gruppe repräsentiren. Es fehlen hiefür
jedoch die weitern Beweise , indem die an der Klaus-Alp aufge-
fundenen Arten , soweit sich solche mit ausseralpinen Vorkomm-
nissen identificiren lassen, der obern Zone des Unterooliths an-
gehören.
§. 3. Ehe ich das Auftreten der Klaus-Schichten an einer
zweiten Localität beschreibe, habe ich zuvor noch einige Worte
über die Gang- artigen Bildungen zu bemerken, welche sich
an der typischen Stelle, von der wir ausgingen, beobachten lassen.
Obschon die eigentlichen Klaus -Schichten an der Klaus-
Alp einen bunten Wechsel von rothen oder schwärzlichen Kal-
ken, von gefleckten Marmorgesteinen und sogar von oolithischen
Massen darbieten, so hebt sich doch besonders ein weisser
Kalk-Gang schon durch seine Farbe auffallend gegen die dunk-
leren Umgebungen ab. Die Versteinerungen dieses weissen Gan-
ges bestehen grösstentheils aus kleinen Brachiopoden, von welchen
*) Würtemb. naturw. Jahresh. Jahrg. XVII. pag. 158.
191
in dem Nachfolgenden 4 Arten beschrieben werden sollen, unter
den Bezeichnungen:
7 'erebra tula Geßon.
Rhynchonella orthoptycha.
Rhynchonella micula.
Rhynchonella adunca.
Noch mehrere gleichfalls neue Terebrateln - Arten von ge-
ringen Dimensionen, aber zum Theil in zahlreichen Exemplaren,
mit wenigen Bruchstücken kleiner Ammoniten fanden sich in dem
weissen bröcklichen Kalkgesein, während dicht daneben die ver-
steinerungsführenden dunkleren, weit härteren Felsen der Klaus-
Schichten anstehen. Ob beiden, so verschiedenartigen Lagen ein-
zelne Arten gemeinsam angehören, ist sehr zweifelhaft. Ich
konnte mich wenigstens während der Ausbeute jenes Ganges und
^ auch in der Folge nicht davon überzeugen. Dass der Grund
L der Verschiedenheit darin liegen könnte, dass sich in dem weissen
Gestein nur die kleinsten Arten, in dem dunklern nur die grösse-
ren Species einer und derselben Fauna erhielten, erscheint mir
nicht annehmbar. Möglich dass hier ein ähnliches oder vielmehr
umgekehrtes Verhältniss stattfindet, wie bei den in der Nähe von
Vils anstehenden rothen und weissen Kalken, auf welche ich
früher aufmerksam machte, ohne jedoch für die Entstehungsweise
der eigenthümlichen Einlagerungen eine genügende Erklärung oder
Deutung zu finden.
§. 4. Posidonoinyen- Schichten an der Mitter-
wand*) bei Kallstadt. ( Klaus - Schichten , oberer
alpiner Dogger.) Obschon die Stelle, an welcher die fossil-
reichen Lagen der Mitterwand anstehen , nur eine Stunde von
den vorhin betrachteten Aufschlüssen der Klaus- Schichten ent-
fernt liegt, so macht sich doch eine Verschiedenartigkeit der Ge-
steinsart bemerklich. Es ist hier ein lichtrother oder weisser
Crinoiden -Kalk , welcher die Versteinerungen birgt und aus dem
die fossilen Arten stammen , deren Bestimmungen ich hier wie-
dergebe. Zwar liegen überall im Walde umher Petrefacten-füh-
rende Blöcke, welche sich durch das Vorkommen riesiger Seeigel-
*) Mitterwand oder Mitte nwand, 2 Stunden südwestlich von
Hallstadt. Man gelangt an die Stelle, nachdem man den Dürnbo-
den passirt hat und noch einige Zeit den auf den Hierlatzberg oder auf
das Dachsteingebirge führenden Fussweg verfolgt.
192
stacheln, sowie mancher neuen Brachiopoden-Species auszeichnen,
allein es gelang mir nur an der einen Stelle, eine auch an be-
kannten Arten ergiebige Ausbeute zu machen. Die Verschieden-
heit der Gesteinsbeschaffenheit scheint mir von keiner besondern
Bedeutung, indem ganz in der Nähe ein dunkleres, weit härteres
Gestein zu Tage tritt, das den Klaus - Schichten der Klaus -Alp
auffallend ähnlich sieht und die gleichen Vorkommnisse, jedoch
in geringerer Anzahl und weniger genügenden Erhaltung ein-
schliesst. Dagegen ist der lichtrothe Kalk an der besuchten
Stelle von Fossilen ganz erfüllt, insbesondere von Cephalopoden
und Brachiopoden. Auch Posidonomya alpina Gras, welche
an der Klaus-Alp noch seltener ist, kommt hier schon sehr häufig
vor. Ich sammelte folgende Arten in den Klaus-Schichten
der Mitterwand:
1. Phragmocon vielleicht zu der Gattung Acanthoteuthis ge-
hörig.
2. Ammonites Kudernatschi Hauer.
3. Ammonites subobtusus Kudern.
4. Ammonites Eudesianus d'Orr.
5. Ammonites subradiatus Sow.
6. ? Ammonites rectelobatus Hauer. Ein zweifelhaftes
Bruchstück.
7. Ammonites Martinsi d'Orr.
8. Ammonites Brongniarti Sow.
9. Ancyloceras cf. annulatum Desh.
10. Onustus cf. ornatissimus d'Orr. (Trochus d'Orr.)
11. Emarginula spec. ind.
12. 13. Lima 2 unbestimmte Arten, vermuthlich dieselben,
welche an der Klaus-Alp vorkommen.
14. Posidonomya alpina Gras.
15. Anomya spec. ind.
16. Terebratula laticoxa Opp.
17. Terebratula Fylgia Opp.
18. Terebratula curviconcha Opp.
19. Rhynchonella Berchta Opp.
20. Rhynchonella Atta Opp.
21. Rhynchonella coarctata Opp.
22. Rhynchonella Zisa Opp.
23. Rhynchonella subechinata Opp.
24. Rhynchonella defluxa Opp.
193
25. Hyboclypus spec. ind.
26. Pentacrinus spec. ind.
Aus einem Vergleich dieser Liste mit der in §. 2 angeführ-
ten geht hervor, dass die Kalke der Mitterwand eine Fauna ein-
schliessen, deren Arten grösstentheils mit denjenigen der Klaus-
Schichten an der Klaus -Alp übereinstimmen. Ich habe des-
halb die Lagen der Mitterwand ohne Bedenken als Klaus-Schichten
angeführt. Eine weitere Prüfung ihrer fossilen Arten führt zur
Bestärkung der früheren Annahme, die Klaus - Schichten als un-
gefähres Aequivalent der Zone des Am7n. Parkinsoni zu be-
trachten. *
§. 5. Posidonomyen- Schichten von Brentonico
in Südtyrol, Ein von ßoveredo oder Mori über Tierno
nach Brentonico führender Weg schneidet in der Nähe des
letztgenannten Ortes die oberen Jura -Kalke, welche hier durch
ihren Ammoniten -Reichthum, durch das Vorkommen von Tere-
bratula diphya und andere bezeichnende Versteinerungen einen
sichern und leicht aufzufindenden Horizont bilden. Es ist das
in Südtyrol so häufig aufgeschlossene Niveau der weissen Di-
phya-Kalke, welche nach unten beinahe unvermerkt in die
nicht sehr mächtigen rothen A m m on iten- Kalke übergehen.
Keine geringere Ausdehnung und Verbreitung besitzt die
nächst tiefer liegende Formation, deren Gestein aus hartem
grauem Kalk von krystallinischem Gefüge besteht, welcher in
einzelnen Lagen in Crinoiden -Kalk übergeht. Die Mächtigkeit
dieses Kalkes ist bedeutend und es spielt derselbe durch seine
Härte und seine feste, zusammenhängende, höchstens in dicke
Bänke gesonderte Masse eine nicht unwesentliche Rolle unter den
Gebilden , welche das gehobene Gebirge zu beiden Seiten der
Etsch zusammensetzen. Obschon es den Anschein hat, als ent-
hielte der graue Kalk fossile Reste nicht selten, so ist dessen
Masse doch gewöhnlich zu hart, um die Muschelschalen aus dem
Gestein zu lösen. Doch fanden sich an mehreren Stellen we-
nigstens einzelne Exemplare unbestimmbarer Brachiopoden-Arten,
Zähne von Strophodus , Säulenglieder von Pentacrinus u. s. w.
So z. B. in den Umgebungen von Roveredo, südlich und östlich
von Volano, woselbst auch die Ueberlagerung des grauen Kalkes
durch den Am mo n iten- Kalk und Diphy a-Kal k sehr deut-
lich zu sehen ist.
Zeits. d.d. geol. Ges. XV. 1. 13
194
Auf der grossen geognostischen Karte von Tyrol*) wurde
der graue Kalk mit noch andern Bildungen unter der Bezeich-
nung oa mit bläulicher Farbe eingetragen. Zufällig ist er aber
gerade an der Stelle, an welcher er bei Brentonico unter den
Ammoniten- und D i p h ya - Kalken ansteht, unbemerkt ge-
blieben. Es hat allen Anschein, dass er mit dem Diphya-Kalk
vereinigt und als solcher eingezeichnet wurde. Doch verursacht
es dort keine Schwierigkeit, den grauen Kalk von den darüber
ausgebreiteten Ablagerungen zu unterscheiden. Er bildet eine
Felswand, an welcher die Strasse, ~ Stunde ehe sie Brento-
nico erreicht, emporführt. Auch hier ist der Kalk eine grosse
Strecke weit äusserst hart, ohne deutliche Spuren von Versteine-
rungen zu enthalten. Gerade an einer günstigen und zugäng-
lichen Stelle , da nämlich , wo die Strasse an der felsigen Wand
die stärksten Krümmungen macht, treten plötzlich die versteine-
rungsführenden Schichten auf. Der graue Kalk verwandelt sich
in ein beinahe weisses, dichtschaliges Po s i d o no m y e n - Ge-
stein, das über der Strasse oder später zu beiden Seiten der-
selben in einer Mächtigkeit von gewiss 40 oder 50 Fuss ansteht.
Der ganze Fels besteht hier aus nichts Anderem, als den Scha-
len oder Abdrücken einer Posidonomya , welche mit der in den
Klaus-Schichten bei Hallstadt vorkommenden Species übereinstimmt.
Ich habe nie eine gleich bedeutende Entwicklung von Posidono-
myen , Monotis- oder ähnlichen Muschel-Gesteinen gesehen,
Anfangs hatte es den Anschein, als fänden sich hier keine
weitern fossilen Arten, denn es waren immer die gleichen Muschel-
schalen , welche sich auf der verwitterten Aussenseite der um-
herliegenden Blöcke, wie auch auf der Bruchfläche der vom Fel-
sen selbst abgeschlagenen Stücke zeigten. Endlich gelang es aber
an einer Stelle des anstehenden Posidonomyen-Gesteins, das hier
vielleicht durch herabsickernde Wasser weicher geworden war,
verschiedene andere Versteinerungen, insbesondere Cephalopoden^
Brachiopoden und Corallen aufzufinden. War nun schon durch
das massenhafte Auftreten von Posidonomya alpina die,Ver-
muthung nahegelegt, dass die durch sie gebildete Muschelbreccie
den Klaus-Schichten oder der obern Region des alpinen Doggers
entspreche, so schien solches aus dem Vorkommen einiger charak-
*) 1851 Geognostische Karte von Tyrol und Vorarlberg. Geogn.
montan. Verein. (Ferdinandeum in Insbruck.)
195
teristischen Arten noch sicherer hervorzugehen. Unter letzteren
ist es vor Allem wiederum Jmm. rectelolatus Hauer, welcher
in feiner- und stärkergerippten Varietäten mitten unter den Po-
sidonomyen steckt. Die Stücke haben die grösste Aehnlichkeit
mit den an der Klaus-Alp gesammelten Fxemplaren. Es wird
sich später wohl noch bestimmter erweisen, ob diese Art mit
Amm. Deslongchampsi identisch ist, oder eine den Alpen eigen-
tümliche Art bildet, jedenfalls scheint dieselbe einen Horizont
anzudeuten, welcher der obern Region des Unterooliths entspricht.
Ich habe einige der an jener Stelle von mir gesammelten Arten
von Brachiopoden und Corallen unbestimmt gelassen, die übrigen
aber in einer Liste zusammengestellt.
Fossile Arten der Posidonomyen-Schichten des obern Doggers von Bren-
tonico in Südtyrol.
1. Sphenodus cf. longidens Agass.
2. Belemnites spec. ind.
3. Ammonites Kudernatschi Hauer.
4. Ammonites subobtusus Kud.
5. Ammonites Eudesianus d'Orb.
6. Ammonites subradiatus Sow.
7. Ammonites rectelobatus Hauer.
8. Ammonites Martinsi d'Orb.
9. Ammonites cf. dimorphus d'Orb:
10. Ancyloceras cf. annulatum Desh. sp.
11. Fosidonomya alpina Gras.
12. Terebratula Gerda Opp.
13. Terebratula curviconcha Opp.
14. Rhynchonella Brentoniaca Opp.
15. Pentacrinus spec. ind.
16. Astraea spec. ind.
Sollte sich das Vorkommen von weissem Vilser Kalk, wel-
ches durch die von Hauer aus der Gegend von Roveredo (Vo-
lano) erwähnten Brachiopoden- Arten*) angedeutet wird, bestäti-
gen , so wäre hiedurch für Südtyrol ein weiterer jurassischer Ho-
rizont angezeigt, welcher möglicherweise ein Verbindungsglied
zwischen dem oberen Dogger und den Diphya-Kalken bildet.
*) Hauer 1853, Ueber die Gliederung der Trias-, Lias- und Jura-
Gebilde in den nordöstl. Alpen. Separatabdr. p. 54.
13*
196
§. 6. Posidonomyen-destein in der Gegend von
Füssen und Vils* An der neuerdings mehrfach erwähnten
Stelle in der Nähe des Weis s enhaus es bei Füssen, wo-
selbst der weisse Vilser Kalk nahezu ebenso reichhaltige Ein-
schlüsse birgt, wie an der typischen Localität, kommt ein Posi-
donomyen - Gestein vor, über das ich hier einige Bemerkungen
anfüge. Es ist ein harter weisser Kalkfelsen , welcher vielleicht
mit dem ihn umgebenden Vilser Kalk in früherer Zeit von der
in unmittelbarer Nähe emporragenden rothen Wand herabge-
stürzt ist.
Ich habe schon im Sommer 1861 in einer kleinen auf der
Reise geschriebenen Notiz*) auf den weissen Kalkfelsen auf-
merksam gemacht, indem ich jedoch damals nur die Vermuthung
auszusprechen vermochte, dass die zahlreichen kleinen Muschel-
schalen zu Posidonomya gehören. Die spätem, an der Mitter-
wand und bei Brentonico gemachten Erfunde von Posidonomyen-
Gesteinen, welche die grösste Aehnlichkeit mit der Muschelschicht
von Füssen besitzen, geben nun aber dem Auftreten an letzte-
rer Localität noch mehr Bedeutung und Interesse. Allerdings
kamen auch im weissen Vilser Kalke einige Exemplare von Po-
sidonomyen vor, jedoch in sehr geringer Zahl, während sich in
dem weissen Kalkfelsen bei Füssen eine eigentliche Anhäufung
dieser Muschel findet. Da die übrigen in dem harten Felsen ge-
sammelten Arten von denen des weissen Vilser Kalkes abweichen,
so wird die Vermuthung noch näher gelegt, dass jenes Posido-
nomyen-Gestein des Weissenhauses bei Füssen ein beson-
deres , von dem benachbarten Vilser Kalke verschiedenes For-
mationsglied darstelle, welches vielleicht den Posidonomyen-Schich-
ten von Brentonico und den Lagen gleichen Alters von der
Klaus-Alp und der Mitter wand bei Hallstadt entspricht.
Ausser Posidonomya alpina fanden sich in dem weissen Kalke
vom Weissenhaus einige Brachiopoden-Arten, sowie eine noch un-
bestimmte Species eines Echinodermen. Vielleicht gehört ein un-
ter ersteren befindliches Exemplar zu Terebratula curviconcha,
doch macht dessen mangelhafte Erhaltung die Bestimmung un-
sicher. Die übrigen Vorkommnisse stellen neue Arten dar, welche
weder mit den Einschlüssen des Vilser Kalkes noch mit denjeni-
gen der Klaus-Schichten übereinstimmen.
*) Bronn, Jahrb. 1861 pag. 674.
197
§. 7. Oberer alpiner Dogger und Posf donomyen-
Gestein in den Schweizer Alpen. Nächst den eisen-
oolithischen Schichten von Swinitza am eisernen Thor, welche
schon 1853 von Hauer mit den Klaus- Schichten in Parallele
gestellt wurden, ist es eine von Esch er von der Linth in den
Schweizer Alpen untersuchte und verfolgte Gesteinszone, welche
unter allen bisher bekannt gewordenen Ablagerungen des obern
Doggers der Alpen die reichste Ausbeute an bestimmbaren und
sogar wohlerhaltenen Versteinerungen geliefert hat. Den brief-
lichen Mittheilungen zufolge, welche ich dem hochverdienten For-
scher verdanke, findet sich die Stelle, an der die Vorkommnisse
gesammelt wurden, in der Nähe des hochgelegenen Oberblegi-
Sees am Absturz des Glärnisch. Es ist eine dünne Eisen-
oolithbank, welche ungefähr 500 Fuss über dem See an der stei-
len Felswand hinzieht. Die herabgestürzten Blöcke, welche in
der Nähe des Sees umherliegen , schliessen die Versteinerungen
ein, während über der oolithischen Lage sich Hochgebirgskalk
aufthürmt. Derselbe entspricht dem obern Jura. Darüber folgt
die Neocom-Formation.
So gering die Mächtigkeit der versteinerungsreichen Schicht
ist, so besitzt dieselbe dennoch eine beträchtliche horizontale Aus-
dehnung. Ihre mineralogische Beschaffenheit erleichtert ihr Wie-
dererkennen, indem sie durch Eisenoolithe und Thoneisensteine
gebildet wird, auf welche in früherer Zeit an mehreren Stellen
Bergbau getrieben wurde. Nach Studer's Geologie der Schweiz
II. pag. 46 Hess sich die Zone vom Nordrande des Finster-
aarhorns an bis nach Glarus verfolgen, indem sie auf dieser
Strecke an den wunderbaren Biegungen und abnormen Lagerungs-
verhältnissen der dortigen Gebirge Theil nimmt.
Die von Escher von der Linth untersuchte Localität hat
nun aber für unsere Betrachtungen einen besonderen Werth, in-
dem sich an ihr manche charakteristische Species fand, deren
Vorkommen zuvor aus dem Dogger der Alpen nicht bekannt ge-
wesen war. Zugleich ergiebt sich eine gewisse Uebereinstim-
mung ihrer Fauna mit derjenigen der Klaus-Schichten, womit sie
auch Esc her von der Linth zu parallelisiren geneigt ist, wie ich
aus einer früheren brieflichen Aeusserung dieses Gelehrten ersehe.
Aus einer gründlichen Untersuchung und Bearbeitung der
am Oberblegi-See gesammelten Arten, wären gewiss wich-
tige Anhaltspunkte auch für die Beurtheilung der Klaus-Schichten
198
zu erwarten. Eigentümlicherweise scheinen die Eisenoolithe vom
Oberblegi-See nicht eine einzige Zone zu repräsentiren,
sondern ihren Versteinerungen zufolge sowohl den Parkinsoni-
Schichten, als auch der ausseralpinen Bat h -Gruppe zu ent-
sprechen. Doch vermag ich solches nur aus der eiligen Betrach-
tung eines Theiles der von Escher von der Linth gesammelten
Ammoniten zu schliessen, welche mir bei einem Besuche in Zü-
rich von Ch. Mayer gezeigt wurden. Es befand sich unter den
Stücken ein deutliches Exemplar des Amm. Parkinsoni , ferner
Amm. Deslongchampsi mit noch andern für die obern Lagen des
Unteroolithes leitenden Arten.*) Ausserdem Hessen sich aber
auch einige Species aus der Zone des Amm. aspidoides, insbe-
sondere Amm. Morrisi erkennen.
Während Posidonomya alpina in den versteinerungsreichen
Lagen am Oberblegi-See bisher nicht aufgefunden wurde, so
scheint die Species dennoch in den Schweizer Alpen nicht zu
fehlen. Das Vorkommen einer in grosser Menge in das Gestein
eingeschlossenen Posidonomya, welche Escher von der Linth
in den Berner Alpen sammelte, spricht für diese Annahme. Die
Exemplare fanden sich auf den Alpweiden unter Iselten öst-
lich über Z weil üt sch e n en **) (südlich vom Brienzer See,
nordöstlich vom Finsteraarhorn-Gebirge). Weitere Arten liessen
sich in der Muschelbreccie nicht entdecken. Das kalkige Gestein,
aus welchem dieselbe besteht, schliesst einzelne kleine Quarzkör-
ner ein. Seine Farbe ist dunkel braunroth , etwas ins Schwärz-
liche übergehend. Trotz dieser Verschiedenheit ist es sehr denk-
bar, dass die von Escher von der Linth an der eben erwähn-
ten schweizerischen Localität aufgefundene Posidonomyen - Lage
dem Niveau der Klaus- Schichten angehört und den Muschel-
breccien von Brentonico und Füssen entspricht, worauf ins-
besondere die übereinstimmende Form der kleinen an den ent-
ferntliegenden Localitäten so massenhaft vorkommenden Leitmuschel
hindeutet.
*) Erst kürzlich erhielt ich von H. Bachmann in Zürich, welcher die
Fauna jener Localität zu beschreiben gedenkt, die Nachricht, dass sich
auch Ancyloceras annulatum unter jenen Arten befinde.
**) Vergl. Studer, Geologie der Schweiz II. p. 37.
199
' §. 8. Posidonomyen- Schichten im südöstlichen
Frankreich. Aus den -alpinen Jura- Gebirgen des südöstlichen
Frankreichs wurde schon 1830 und 1831 von Gueymard*) das
Vorkommen von Posidonomyen-Schichten, obwohl noch unter der
Bezeichnung „Sc/ristes a Lucines", beschrieben. Leop. v. Buch
( stellte nachher (1839 **) die kleine in grosser Menge in das
schiefrige Gestein eingeschlossene Muschel zu der Gattung Po-
sidonia , welchem Beispiel die französischen Geologen später
l folgten. Büch's „Posidonien von Digne " sind nichts Anderes
als jene Gueym ARD'schen „Lucinen", welche jedoch von Buch
. für die gewöhnliche liasische Art (P. Bronni) gehalten wurden.
Aus den neuern Arbeiten der französischen Geologen, insbeson-
dere aus denen von Gras geht hervor, dass die im alpinen Jura-
Gebiet des südöstlichen Frankreichs weit verbreiteten schieferigen
Posidonomyen-Lagen nicht den Posidonomyen-Schichten des obern
Lias entsprechen , sondern einer jüngern Etage angehören. Wir
entnehmen aus den von Vic. d'Archiac •}•) gegebenen Auszügen,
dass die Profile der Dogger- und Malm- Formation in den
Departements der Hautes Alpes und der Isere in folgender
Weise gegliedert wurden.
! Compacter grauer Kalk mit Terebratula diphya und zahlreichen
Ammoniten. Kalk von der Porte de France.
Mergeliger Kalk oder Mergel mit zahlreichen verkiesten Am-
moniten (u. a. Amm. tripartitics Rasp.) „Marnes de Mey-
lan" Gueym.
Schiefer mit Posidonomya alpina ff) „Schistes ä Lucines" Gueym.
„Marnes schisteuses ä Posidonies" Gras.
Lias | Schwärzlicher Kalk mit Belemniten.
Es lässt sich hier eine gewisse Uebereinstimmung mit den
Verhältnissen in Südtyrol nicht verkennen, indem wohl kein Zwei-
fel besteht, dass der compacte graue Kalk von der Porte de
France sich zu derselben Zeit niederschlug wie die bei Bren-
tonico, Volano und Fol gar ia beobachteten Diphyen- und
*) 1830, Gueymard. Sur la mineral. et la geol. du Ddp. des Hautes -
Alpes , und 1831 , Gueymard , Sur la mineral. et la geol. du Ddp. de
V Isere.
**) 1839, Leop. v. Buch, Ueber den Jura in Deutschland p. 47.
f) 1856, Vic. d'Archiac, Hist. des Progres Bd. VI. p. 561—608.
ff) ibid. p. 608.
200
Ammoniten-Kalke. Allerdings bedürfen die unmittelbar darunter
abgelagerten Zwischenbildungen noch einer bestimmteren Deu-
tung, als solches auf Grund der bisher in denselben aufgefun-
denen Versteinerungen dermalen möglich wird. Dagegen ist es
sehr wahrscheinlich , dass die Schiefer mit Posidonomya alpina
des südöstlichen Frankreichs den Posidonomyen -Schichten von
Brentonico, von Füssen und von der Mitterwand bei
Hall Stadt entsprechen. Ich habe deshalb in den vorherge-
henden Paragraphen die kleine Muschel stets unter dem Species-
Namen Posidonomya alpina angeführt. Sollte sich deren Ver-
schiedenheit dennoch ergeben, so würde ich die Bezeichnung-
Posidonomya oolithica für die bei Brentonico aufgefundene Spe-
eles bestimmen. Die BüCH'schen Exemplare von Digne, deren
Besichtigung mir Herr Professor Beyrich freundlichst ermög-
lichte, haben eine ähnliche Form, wie die bei Brentonico vor-
gekommenen Stücke, doch ist ihr Erhaltungszustand nicht ge-
nügend, um einen entscheidenden Vergleich zu gestatten. Die
von mir als Astarte aus dem weissen Vilser Kalk beschriebene
Posidonomya Calloviensis*) dürfte mit der hier betrachteten Art
des alpinen Doggers übereinstimmen, doch wäre dann der Spe-
ciesname Calloviensis nicht mehr passend. Von Roemer's Po-
sidonomya Buchii unterscheiden sich die alpinen Exemplare durch
derbere und breitere Falten in der Wirbelgegend. Pusch's Ca-
tillus Hrongniarti (Posidonomya) , als dessen Niveau Beyrich
neuerdings in einer interessanten Notiz**) die Zone des Amm.
Parkinsoni angiebt, könnte möglicherweise mit denselben iden-
tisch sein, ebenso Quenstedt's Posidononia Parkinsoni. Ich
übergehe noch eine Anzahl in der Literatur erwähnter Vorkomm-
nisse***) von Posidonomyen, welche in den untern Lagen der
Malm-Formation zum Theil in grosser Häufigkeit gefunden wur-
den. Quenstedt hat denselben den Namen Posidonia ornati
*) Württ. nat. Jahresh. XVII. p. 15 und Bronn's Jahrb. 1S61 p. 675.
**) Beyrich, Ueber das Vorkommen von Posidonien in baltischen
Jura-Gesteinen. Zeitschr. der deutschen geol. Ges. 1861, Bd. XIII. p 143.
***) Opp. Juraform. p. 566 und Vic. d'Archiac, Hist. des Progres VI.
p. 607. Auch aus den Jurabildungen Toscana's wird das Vorkommen
von Posidonomyen erwähnt. Vergl. Savi und Meneghini 1851 Osser-
vaüoni conc. la geol. della Toscana , pag. 231 und Tabelle „Prospetto
generale". Desgl. pag. 96 und pag. 118. Ferner in Meneghini 1853
Nuovl fossili Toscani pag. 27. Posionomya Janus Men.
201
gegeben, jedoch mit dem besondern Bemerken, dass dieselben
noch nicht genügend bekannt seien*). Herrscht nun aber bei die-
sen im schwäbischen Jura so verbreiteten Arten noch Unsicher-
heit, wie erklärlich darf es uns erscheinen, wenn die Bestimmun-
gen ähnlicher Vorkommnisse in dem ausgedehnten und stellen-
weise schwer zugänglichen Gebiete der Alpenkette Schwierigkeiten
verursachen.
§. 9. Sehltissbetraclituiigeii. Es ist zur Zeit wohl
als eine entschiedene Sache zu betrachten, dass sich die liasischen
Ablagerungen innerhalb der Alpen nicht allein in die im ausser-
alpinen Lias unterschiedenen Etagen zerlegen lassen, sondern
wie diese auch noch in weitere enger gegliederte Zonen zer-
fallen**), deren Versteinerungen mit denjenigen der entsprechen-
den Schichten des französisch-englischen Beckens übereinstimmen.
Auffallenderweise konnte das Gleiche für den mittlem und obern
Jura bisher nicht ermittelt werden. Es hat noch den Anschein,
als Hesse sich der grosse Schichtencomplex, welcher von der
Zone des Amm. jurensis an gegen aufwärts bis zur Neocomfor-
mation reicht , überhaupt innerhalb der Alpen nicht so vielfach
gliedern, als dies bei den ausseralpinen Bildungen möglich ist.
Dass solches übrigens am Ende gelingen wird, ist bei fortgesetz-
ten Untersuchungen dennoch zu hoffen.
Ganz besondere Schwierigkeiten verursachen aber die Ver-
gleiche, indem bei den im mittlem und obern Jura der Alpen
unterschiedenen Unterabtheilungen die Uebereinstimmung der Ver-
steinerungen mit den ausseralpinen Vorkommnissen meist eine
sehr geringe ist, oder ganz aufhört. So hat man bisher in dem
mächtigen Systeme der Aptychus- Schichten nur wenige Cepha-
lopoden - Reste gefunden, unter welchen bis jetzt höchstens die
Canalicülaten-Belemniten einen schwachen Anhaltspunkt für eine
Parallele liefern. Im weissen Vilser Kalk ist es die Existenz
zweier Brachiopoden- Arten, welche für dessen Einreihung in die
Kelloway-Gruppe spricht. Ueber das Alter der Diceras - Schich-
ten von St. Wolfgang und aus der Gegend von Hallstadt be-
stehen wohl Vermuthungen , ohne dass aber genauer ermittelt
wäre, ob sie der Zone des Diceras arietinum in der That ent-
*) Qüenstedt, Der Jura p. 501.
**) Mehrfache Belege zur Unterstützung dieser Annahme finden wir
in Güembel's Geogn. Beschr. des Bayer. Alpengeb. 1861, p. 426 435.
202
sprechen.*) Selbst die charakteristische und an bezeichnenden
Arten äusserst reiche Fauna der Diphyen- Kalke hat bisher nur
zu deren Einreihung in den obern Jura geführt, nicht aber zu
einem bestimmten Nachweis ihres Synchronismus mit irgend einer
ausserhalb der Alpen beobachteten Jura -Zone. Man stellt die
Diphyen -Kalke aufs Ungefähre in die Oxford - Gruppe , ähnlich
wie auch noch andere Abtheilungen des alpinen Doggers oder
Malms untergebracht werden, deren Aufzählung ich hier übergehe.
Es lässt sich zwar hoffen , dass in späterer Zeit bei fortge-
schrittenen Untersuchungen und nach gründlicherer Bearbeitung
der einzelnen Faunen die Anhaltspunkte für Parallelen weit zahl-
reicher werden , als es noch vor Kurzem den Anschein hatte.
Vergleichen wir nur z. B. die vielen durch Oostek's Werk
gegebenen Beiträge, aus denen sich die Vermuthung über die
Existenz mancher noch nicht bestimmter nachgewiesenen Jura-
Zone ergiebt. Doch erhalten wir hiedurch meist nur Andeutun-
gen über das mögliche Vorhandensein dieser oder jener Zone.
Ihre wirkliche Feststellung und ihre Parallelen mit einem im
ausseralpinen Dogger oder Malm unterschiedenen Formationsglied
sind jedoch in den meisten Fällen noch unausgeführt geblieben.
Um so beachtenswerther erscheint deshalb die aus den an-
geführten Beobachtungen hervorgehende Thatsache, dass sich ein
an der obern Grenze des Doggers liegender Horizont auch inner-
halb der Alpen als weit verbreitete Zone herausstellt, welche sich
durch bezeichnende Arten mit den entsprechenden ausseralpinen
Bildungen näher vergleichen und der Zeit ihrer Entstehung nach
identificiren lässt. Es ist die Zone, welche in der Literatur über
alpine Formationen allgemein unter der HAUER'schen Bezeich-
nung „Klaus-Schichten" angeführt wird und welche dem
Seitherigen zufolge der obern Region des Doggers entspricht.
Ich habe in §. 2 — 8 den Versuch gemacht, ihre Verbreitung auf
eine weite Strecke der Alpen zu verfolgen und besonders auf
das Vorkommen von Posidonomyen-Schichten innerhalb derselben
aufmerksam zu machen. Es hat sich gezeigt, dass die in diesem
Niveau vorkommenden Versteinerungen auf den Synchronismus
*) In welchem Falle es allerdings vorläufig noch an jeder genauem
Untersuchung der einzelnen Arten fehlt.
**) Ooster 1856 — 1861 , Catalogue des Cephal. foss. des Alpes
suisses.
203
der untersuchten Lagen mit den Schichten des Amm. Parkin-
soni hindeuten; mitunter fanden sich auch einzelne Leitmuscheln
aus der Zone des Amm. aspidoides. Später wird es sich wohl
bestimmter entscheiden, ob in der That sämmtliche von einander
zum Theil weit entfernte Ablagerungen, welche ich in den vor-
hergehenden Paragraphen aufzählte und beschrieb, so sicher über-
einstimmen, als es bis jetzt den Anschein hat. Um solches end-
gültig beweisen zu können, müssten erst noch weitere bestäti-
gende Beobachtungen vorliegen.
Dagegen ergiebt sich der Synchronismus einiger der zuvor
erwähnten Bildungen um so bestimmter, da zahlreiche in den-
selben gesammelte Arten, unmittelbar unter einander verglichen,
sich als identisch erwiesen. Sie stammen von den schon anfangs
erwähnten und beschriebenen Localitäten : von der Klaus-ALp
und der Mitterwand bei Hallstadt, sowie von Brento-
nico in Südtyrol, welche ich hier nochmals anführe, indem ich
zum Schlüsse eine vergleichende Tabelle anfüge, in der nur die-
jenigen Arten eingetragen wurden , welche an sämmtlichen oder
wenigstens je an zweien der erwähnten Localitäten vorkamen.
Fossile Arten des obern alpinen
Von der
Von der
Mitter-
Von ßren-
Doggers.
Klaus- Alp
wand.
tonico.
1. Sphenodus cf. longidens Agass.
f
t
2. Ammonites Kudernatschi Hauer
t
t
t
3. „ subobtusus Kudern.
t
t
t
4. „ Eudesianus d'Orb.
t
t
t
5. ,. subradiatus Sow.
t
t
t
6. „ rectelobatus Hauer
t
t
7. „ Martinsi d'Orb.
t
t
t
8. Ancyloceras cf. annulatum Desh.
t
t
9. Posidonomya alpina Gras?
t
t
t
10. Terebratula Gerda Opp.
t
t
11. „ laticoxa Opp.
t
t -
12. „ Fylgia Opp.
t
t
13. „ curviconcha Opp.
t
t
t
14. Rhynchonella Atla Opp.
t
t
15. „ coarctata Opp.
t
t
16. „ subechinata Opp.
t
t
17. „ defluxa Opp.
t
t
204
§. 10. Itesehreibung einer Anzahl neuer Brachio-
poden aus dem obern Dogger der Alpen.
1. Terehratula Gerda Opp.
Tab. 5, Fig. 1 a - c.
Beschreibung. Schnabel und Oeffhung der durchbohrten
Klappe von massiger Grösse. Schnabel ohne seitliche Kanten,
wenig übergebogen. Schalen gleichmässig gerundet, 1" 2\'"
lang, 1" 1^'" breit, 8"' dick. Ein halb so grosses Individuum
zeigt ähnliche Verhältnisse. Durchbohrte Schale etwas gewölb-
ter, als die undurchbohrte. Deutliche, den Rändern parallele
Anwachsstreifen bedecken die Schalen, deren Vereinigungslinie
in eine Ebene fällt. Punctation der Schale fein, aber mit einer
gewöhnlichen Lupe noch bemerkbar. Von den innern Theilen
des Gehäuses bietet sich nichts dem Auge dar.
Untersuchte Stücke 4. — Vorkommen. Obere Re-
gion des alpinen Doggers. Aus den Posidonomyen - Schichten
von Brentonico bei Roveredo, sowie aus den Klaus-Schich-
ten der Klaus-Alp bei Hallstadt.
2. Terehratula laticoxa Opp.
Tab. 5, Fig. 2 a — c.
Beschreibung. Schnabel spitz und wenig gebogen mit
schwachen seitlichen Kanten. Die Oeffnung war ursprünglich
jedenfalls sehr klein, doch ist dieselbe nicht mehr deutlich zu sehen.
Bei der Abbildung wurde ein Theil des Schnabels restaurirt.
Die ziemlich flachen Schalen zeichnen sich durch ihre beträcht-
liche Breite aus, indem die Länge der Muschel Ii"', die Breite
1 " und die Dicke 5"' beträgt. Beide Klappen sind ziemlich
gleichmässig gewölbt ohne irgend eine Andeutung ihrer Längs-
falte, weshalb ihre Vereinigungslinie in eine Ebene fällt. In
der Stirngegend verdickt sich die Schale noch etwas, indem hier
die Anwachsstreifen zugleich am deutlichsten werden, während
solche in der Nähe der Wirbel weniger bemerkbar sind. Die
überaus feine Punktation der Schale lässt sich mit der Lupe an
wenigen Stellen kaum noch entdecken.
Untersuchte Stücke 2. — Vorkommen. Obere Re-
gion des alpinen Doggers. Von der Kl aus -Alp und der Mit-
terwand (Klaus-Schichten) bei Hallstadt.
205
3. Tereb ratula Gefion Opp.
Tab. 5, Fig. 5a — e.
Beschreibung. Schnabel gegen vorn ziemlich spitz, nie-
dergedrückt, ohne jedoch das Deltidium vollständig zu verdecken,
auf jeder Seite mit einer scharfen Kante versehen. Oeffnung fein.
Kleine Muschel mit hochgewölbten Schalen , welche gegen den
Aussenrand plötzlich steil einfallen. Länge 10| Millim., Breite
dieselbe, Dicke S\ Millim. Doch schwanken diese Verhältnisse
etwas je nach den einzelnen Exemplaren , auch liegt die grösste
Breite der Muschel das eine Mal der Stirn etwas näher als das
andere Mal. Die undurchbohrte Schale ist in der Nähe des Stirn-
randes etwas eingedrückt, wodurch eine schwache Biegung der
Stirnlinie entsteht. Ist auch die grössere Klappe in der Stirn-
gegend etwas vertieft, was häufig vorkommt, so werden zwei Stirn-
ecken gebildet , welche jedoch nur wenig vorspringen. Schale
ziemlich dick mit feinen Anwachsstreifen bedeckt. Punktation
deutlich und an den meisten Exemplaren noch sichtbar. Auf
der Innenseite der undurchbohrten Schale verläuft eine mediane
Leiste, deren Anfang in der Wirbelgegend einzelner Stücke sich
noch verfolgen lässt.
Unt ersuch te St ü cke 18. Vorkommen. ObereRegion
des alpinen Doggers. Aus einem weissen Kalkgang, wel-
cher die dunkler gefärbten Lagen der eigentlichen Klaus-Schich-
ten durchzieht. Ein einziges vermuthlich zu Terebratula Gefion
gehöriges Exemplar wurde übrigens auch in den Klaus-Schichten
selbst gefunden. Klaus- Alp bei Hallstadt.
4. Terebratula Fylgia Opp.
Tab. 5, Fig. 3a, b, Fig. 4a, b.
Beschreibung. Der mässig grosse Schnabel der durch-
bohrten Klappe zeichnet sich durch seine scharfen seitlichen Kan-
ten aus, welche ein gegen vorn geneigtes Schlossfeld begrenzen,
während die Oeffnung etwas gegen rückwärts gebeugt ist. Die
ovale Muschel variirt in Beziehung auf Länge und Breite, was
durch die beiden Figuren angedeutet wurde. Eines der grössten
Exemplare besitzt 22 Millim. Länge, 17 Millim. Breite und 1 4 Millim.
Dicke. Die durchbohrte Schale wölbt sich nur wenig mehr als
die undurchbohrte. Letztere zeigt auf ihrem mittlem Theil eine
äusserst seichte, erst gegen die Stirn hin deutlicher werdende
206
Vertiefung, während die grössere Sehale keine entsprechende Ein-
senkung besitzt. Hierdurch erhält die Stirn eine zwar ziemlich
einfache, aber dennoch bezeichnende Form. Die Schale ist von
feinen Anwachsstreifen bedeckt; parallel mit letzteren und zwischen
denselben verlaufen in der Stirngegend einzelne stärkere Runzeln
je in Entfernungen von 1 Millim. Die feine Punktation der Schale
lässt sich nur an wenigen Stellen erkennen.
Untersuchte Stück e 24. Vorkommen. Obere Region
des alpinen Doggers. Von der Klaus- Alp und der Mitter-
wand (Klaus-Schichten) bei Hallstadt.
5. Terebratula curvic onc ha Opp.
Tab. 5, Fig. 6 a— g.
Beschreibung. Schnabel kleiner als bei Terebratula nu-
cleata Schloth. jedoch immerhin noch kräftig und ziemlich stark
übergebogen , die kleinere Schale beinahe berührend. Das Del-
tidium ist entweder von harter Gesteinsmasse bedeckt, oder un-
kenntlich geworden. OefFnung im Schnabel nicht besonders gross.
Länge der ganzen Muschel 15 Millim., Breite 15 Millim., Dicke
9 Millim. Die innern Theile Hessen sich nicht blosslegen. Ihrer
äussern Form nach gleicht die Species der Terebratula nucleata
Schloth., sowie der Terebratula Bouei Zeuschn., indem ein
mittlerer vertiefter Sinus der kleineren Schale weit verlängert, mit
einem gerundeten medianen Vorsprung der grössern Schale zu-
sammentrifft. Die Stirnansicht zerfällt hierdurch in 3 Theile, in
einen mittlem gerundeten Ausschnitt und zwei seitliche erhabene
Flügel.
Von Terebratula nucleata unterscheidet sich die Art durch
ihren schwächeren Schnabel mit feinerer Oeffnung, ihre breitere
Form und weiter hervortretende Stirnlippe, während bei Tere-
bratula Bouei die seitlichen Flügel eine weit beträchtlichere Aus-
dehnung erreichen. Punktation der Schale gross und deutlich ;
an vielen Exemplaren noch sichtbar.
Bemerkungen. Ich zweifle nicht daran, dass Terebra-
tula curviconcha die Species darstellt, welche in der Literatur
irrthümlich als Terebratula Bouei Zeuschn. aus den Klaus-Schich-
ten angeführt wird. Letztere Art fand sich neuerdings an einer
zweiten Lokalität in den Umgebungen von Vils im sogenannten
Rottenstein-Kalk, in einem helleren Gestein, welches jedoch zwei-
207
felsohne dem rothen Vilser Kalk und demnach vermuthlich auch
dem Diphya-Kalk entspricht.
Untersuchte Stücke 3 8. Vorkommen. Obere Re-
gion des alpinen Doggers. Häufig an der Kl aus -Alp, seltener
an der Mitterwand bei Hallstadt (Klaus-Schichten). Noch
zahlreicher, obschon etwas kleiner, kommt die Species in den Po-
sidonomyen-Schichten von Brentonico bei Roveredo vor. Mög-
licherweise könnte ein nicht vollständig erhaltenes Exemplar, wel-
ches ich in den jurassischen Posidonomyen - Schichten zwischen
Füssen und Vils auffand, gleichfalls zu Terebratula curvicon-
cha gehören.
6. Rhynchonella Berchta Opp.
Tab. 5, Fig. 7 a, b, Fig. 8 a - c.
Tab. 5, Fig. 9 a — c var. microptycha.
Beschreibung. Schnabel spitz , gegen oben gerichtet,
ziemlich lang. Schlossfeld nicht deutlich erhalten, doch sieht man .
auf demselben bisweilen einzelne der schräg von der Spitze her-
ablaufenden Linien, welche das Deltidium andeuten, allein da die
Schale an der Stelle, an welcher die Oeffnung liegen müsste, fast
mit dem Gestein verwachsen ist, so gelang es bis jetzt nicht den
Durchgang für den Haftmuskel blosszulegen.
Die grössern Exemplare messen 1" {"' Länge, 10'" Breite,
6'" Dicke. Der Längsdurchschnitt der Muschel bildet ein Oval,
dessen eine auf der Wirbelseite liegende Hälfte etwas schmäler
ist als der dem Stirnrande zugekehrte Theil, während die grösste
Dicke der Muschel wenigstens bei ausgewachsenen Exemplaren
den Wirbeln näher liegt. Die Schale zeichnet sich durch die
Dicke ihrer faserigen Substanz aus, welche keine Spur von Punk-
tation zeigt. Zwar sind die äussern Theile, welche ursprünglich
die Oberfläche bildeten, verloren gegangen , doch bemerkt man
an vielen Stellen noch eine feine radiale Streifung. Da an eini-
gen Exemplaren radiale Rippen oder Falten vorhanden sind, welche
im Vergleich mit den erwähnten Streifen ganz besonders stark
hervortreten, im Vergleich mit eigentlich gerippten Rhynchonellen
jedoch immerhin noch klein und nieder erscheinen, so unterschied
ich die in dieser Weise charakterisirten Stücke als Rhynch. mi-
croptycha. Bei einem grösseren Material wird es sich zeigen, ob
dieselben einer besondern Species angehören oder nnr eine Va-
rietät von Rhynchonella Berchta bilden.
208
Untersuchte Stücke 11. Vorkommen. Obere Re-
gion des alpinen Doggers. Von der Mitterwand bei Hall-
stadt (Klaus-Schichten).
7. Rhynchonella Atla Opp.
Tab. 6, Fig. la — c, Fig. 2.
Fig. 3 a, b, var. polymorphe.
Beschreibung. Schnabel ziemlich klein, mit der Spitze
etwas übergebogen, ohne jedoch das niedere Deltidium zu ver-
decken, welches mit seiner schmäleren Seite durch die Oeffnung
begrenzt wird, während sich die Basis rasch erweitert. Die Sei-
ten des Schnabels sind gerundet. Länge eines der besser erhal-
tenen Stücke 20 Mm., Breite 26 Mm., Dicke 14 Mm. Doch ist
die Form der Species etwas veränderlich, indem sich obige Ver-
hältnisse nicht bei allen Exemplaren ganz gleich bleiben.
Der mittlere Theil der durchbohrten Klappe von Rhyncho-
nella Atla verlängert sich an der Stirn unter Bildung eines brei-
ten aber seichten Sjnus, welchem eine gerundete Erhöhung der
undurchbohrten Klappe entspricht, ähnlich der von d'Orbigny
aus dem französischen Neocom beschriebenen Rhynchonella de-
cipiens. Doch wölbt sich bei dieser die kleinere Klappe in ge-
ringerem Grade, während der Sinus auf der entgegengesetzten
Klappe einen längeren Verlauf hat und sich besonders in der
Mitte der Schale noch deutlicher ausspricht als bei Rhynchonella
Atla.
Eine zweite gleichfalls benachbarte Species Rhynchonella
spoliata Suess weicht dagegen durch ihre radiale Streifung
von Rhynchonella Atla ab, indem letztere ausser den Anwachs-
streifen an manchen Stellen nur noch die feine Faserung der
Schale bemerken lässt, auf ihrer Oberfläche jedoch keine deut-
licheren radial verlaufenden Falten trägt. In Beziehung auf die
Form der Schalen ist noch besonders hervorzuheben, dass die
meisten Exemplare von Rhynchonella Atla auffallend unsymme-
trisch gebildet sind , indem die gerundete Stirnlinie nie gleich-
massig gegen die Mitte liegt, sondern merklich nach rechts oder
links gewendet ist.
Bemerkungen. Die auf Tab. 6, Fig. 3a, b abgebildete
Rhynchonella polymorpha steht der eben betrachteten Art nahe,
trägt aber zwei ausgesprochene Falten auf dem mittlem Theil
209
der Stirn. Es könnte sein, dass dieselbe mit dem Fig. 5 abge-
bildeten Stück eine Species bildet, möglich wäre es aber auch,
dass sie zu Rhynchonella Atla gehöre. Bei einem grösseren
Material wird es sich z weifelohne entscheiden lassen, ob Rhyn-
chonella polymorpha als selbstständige Species verbleiben kann,
oder mit einer der übrigen auf Tab. 6 abgebildeten Rhyncho-
nellen zu vereinigen ist. Einstweilen wollte ich nicht unterlassen
die charakteristische Form besonders hervorzuheben.
Untersuchte Stücke 3 3. Vorkommen. Rhyncho-
nella Atla kommt in der obern Region des alpinen Doggers
ziemlich häufig an der Mitte rw*and, seltener an der Klaus-
Alp bei Hallstadt vor (Klaus-Schichten). Von Rhynch. po-
lymorpha wurden dagegen nur wenige Stücke an der Mitterwand
gefunden, weit mehr jedoch an der Klaus-Alp.
8. Rhynchonella c oarc t at a Opp.
Tab. 6, Fig. 4 a — c.
Tab. 6, Fig. 5 a, b. var. miscella Opp.
Beschreibung. Schnabel klein, mit seiner Spitze nur
wenig nach vorn geneigt, ohne deutlich ausgesprochene Schnabel-
kanten. Deltidium nieder, an seiner Basis ziemlich breit werdend,
mit dem schmäleren Ende die Oeffnung grösstentheils umschlies-
send. Länge eines Exemplars 13 Millim., Breite 14 Millim.,
Dicke 11 Millim. Die* Stirnlinie springt in der Mitte ihres Ver-
laufes in eine spitze Ecke aus, welche durch das Zusammentreffen
der grössern von einem medianen Sinus durchzogenen Klappe
mit der kleinern entgegenstehenden Klappe gebildet wird. Die
Form der Muschel steht in dieser Beziehung in der Mitte zwi-
schen der von Rhynchonella sparsicosta und Rhynchonella acuta.
(Vergl. Quenst. Handb. Tab. 36, Fig. 25 und Fig. 15). Auch
fehlen die seitlichen Falten, welche Davidson bei den in England
gesammelten Exemplaren von Rhynchonella acuta angegeben
hat. (Vergl. Davidson Pal. Soc. Monogr. Ool. and Lias Brach.
Tab. 14, Fig. 8, 9).
Bemerkungen. Auch bei Rhynchonella coarctata hat
es den Anschein, als wäre sie durch mancherlei Schwankungen
und Uebergänge mit Rhynchonella Atla verbunden, obschon sie
durch ihre kleineren Dimensionen, die charakteristische Stirnbil-
dung und die geringere Breite von dieser Art abweicht. Doch
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 1 . 14
210
kommen einzelne grössere Exemplare vor, deren Stirnlinie noch
eine ausgesprochene Ecke bildet. Meine Figur 5 a, 6, Tab. 6
stellt ein solches Stück dar, welches ich vorläufig unter der Be-
zeichnung Rhynchonella miscella unterscheide. Es konnten we-
nigstens an den von mir gesammelten Stücken keine entschiedenen
Uebergänge zu den Tab. 6, Fig. 1 — 4 abgebildeten Exemplaren
beobachtet werden.
Untersuchte Stücke 10. Vorkommen. Obere Region
des alpinen Doggers von der Mitterwand und der Klaus-
Alp bei Hallstadt (Klaus-Schichten).
9. Rhynchonella Zisa Opp.
Tab. 6, Fig. 6 a — c, Fig. 7.
Beschreibung. Schnabel klein und spitz, doch gewöhn-
lich etwas beschädigt, weshalb die dazu gehörigen Partien bei
der Abbildung zum Theil ergänzt werden mussten. Länge eines
ausgewachsenen Exemplars 16 Millim., Breite 16 Millim., Dicke
1 2 Millim. Manche Stücke werden noch breiter, indem die Ver-
einigungslinien beider Schalen ein gleichseitiges Dreieck bilden.
Während die Stirn gewöhnlich mit einer stumpfen Kante endigt,
so fallen dagegen die Schalen auf beiden Seiten der Muschel so
rasch abwärts, dass sie sich in einer gemeinsamen Ebene treffen,
welche sich von den Wirbeln bis in die Stirngegend erstreckt
und ihrer Länge nach von der Vereinigungslinie beider Schalen
durchzogen wird.
Den Abbildungen nach zu urtheilen , gehört Rhynchonella
Zisa in die Nähe von Zeuschner's Terebratula Agassizii (1846
Isowe lub niedokl. u. s. w. Tab. 2, Fig. 21 — 25), indem insbe-
sondere der charakteristische Verlauf der in ihrer Mitte geraden,
seitlich jedoch unter einen stumpfen Winkel gegen abwärts ge-
. richteten Stirnlinie bei beiden Arten übereinstimmt. Doch sind
bei Rhynchonella Zisa die Schalen stets weit gewölbter, auch
zeichnet sich diese Art durch das häufige Vorkommen auffallend
unsymmetrischer Exemplare aus, von der Form der Tab. 6, Fig. 7
gegebenen Abbildung, indem hier die grösste Breite der Muschel,
welche stets dem Stirnrand sehr nahe liegt, deren Länge noch
übertrifft. Die stärkste Wölbung befindet sich dagegen ungefähr
in der Mitte der Schalen. Ihre Substanz ist faserig und ziem-
lich dick, doch gingen die äussern Theile durch Verwachsung
211
mit dem umgebenden Gestein verloren. Immerhin lässt sich aber
die Wahrnehmung machen, dass sich auf der Aussenseite der
Schale weder radiale Rippen noch stärkere Runzeln befanden.
Untersuchte Stücke 16. Vorkommen. Obere Re-
gion des alpinen Doggers. Von der Klaus- Alp und der
Mitterwand bei Hallstadt (Klaus-Schichten).
I '
10. Rhynchonella sub echinata Opp.
Tab. 6, Fig. 8 a — c, Fig. 9 a, b, Fig. 10 a— d.
HF.
Beschreibung. Schnabel spitz, nach oben gerichtet, mit
scharfen seitlichen Kanten. Deltidium gewöhnlich sammt der Oeff-
nung von Gesteinsmasse bedeckt und nur durch den schrägen
Verlauf der seitlichen Schalenränder angedeutet.
Die grössten Individuen besitzen eine Länge von 21 Millim.,
i eine Breite von 20 Millim. und eine Dicke von 12 Millim., in-
dem die durchbohrte Klappe nur wenig gewölbter erscheint als
die undurchbohrte. Urnfang der Muschel gerundet, jedoch bei
ausgewachsenen Exemplaren mit starker Neigung zur Fünfseitig-
keit. Stirn ziemlich gerade abgestumpft, bisweilen mit verdicktem
Rande, welch letzteres Merkmal besonders bei jungen Individuen
auffällt, die sich zugleich durch ihre mehr dreiseitige Gestalt aus-
zeichnen. Der mittlere Stirntheil ist bei der kleineren Schale
ausgewachsener Exemplare gewöhnlich etwas höher als die seit-
lichen Theile, derjenige der grossen Schale dagegen etwas tiefer,
wodurch die Stirnlinie eine Biegung nach oben erhält. In der
Jugend findet häufig das umgekehrte Verhältniss statt, jedoch in
geringerem Maasse.
Die Schalen sind auf ihrer Aussenseite ähnlich denen von
Rhynchonella senticosa Schloth. mit feinen Rippen bedeckt.
Ob diese ursprünglich in Stacheln ausliefen , liess sich nicht
mehr bestimmen , da die äussere Schalensubstanz verloren ging
oder an dem Gegendruck haftet. Die häufige Spaltung der Rippen
in der Nähe des Randes, welches sich bei Rhynchonella senti-
cosa Schlot heim spec. beobachten lässt, kommt bei Rhyncho-
nella subechinata nicht vor. Die Zahl der noch leicht unter-
scheidbaren Rippen steigt bei ausgewachsenen Exemplaren auf 60,
während sie bei jungen Individuen weit geringer ist.
Bemerkungen. Rhynchonella subechinata scheint in der
Literatur über fossile Arten der Klaus-Schichten seither unter der
14*
212
Bezeichnung T. senticosa Schloth. angeführt worden zu sein,
da sie der Schloth EiM'schen Species (welche in den Klaus-
Schichten nicht vorkommt) nahesteht. /
Untersuchte Stücke 32. Vorkommen. Obere Re-
gion des alpinen Doggers. Von der Klaus -Alp und der Mit-
terwand bei Hallstadt (Klaus-Schichten).
11. Rhy nchonella Etalloni Opp.
Tab. 6, Fig. IIa— -d.
Beschreibung. Die kleine Muschel besitzt eine Länge j
von 13 Millim., eine Breite von 14 Millim. und eine Dicke von
9 Millim., indem die undurchbohrte Klappe nur wenig kleiner!
und nahezu ebenso gewölbt ist wie die durchbohrte. Schnabel
wenig hervortretend, jedoch nicht deutlich erhalten. Beide Klap-i
pen sind von überaus niedern Rippen bedeckt, welche zwar in
der Nähe der Wirbel beginnen, jedoch anfänglich so schwach,
dass sie nur bei genauer Betrachtung der Schale bemerkt werden.?
7 — 8 derselben kommen auf den mittleren Theil jeder Klappe,
2 — 3 auf die Seiten. Durch ihre Vereinigung an der Stirn konnte
nur eine wellige Linie entstehen, welche sich jedoch in der Me-
diangegend nicht erhielt. Die Stirnkante hat einen geradlinigen \
Verlauf, welcher um so bemerkbarer wird, da das äusserste
Schalenende fehlt. Auf der undurchbohrten Klappe erhebt sich
der mittlere Theil in der Nähe der Stirn etwas über die Seiten,
ohne dass jedoch die durchbohrte Klappe mit einem entsprechen-
den Sinus versehen wäre.
Weitere Erfunde würden es vielleicht gestatten noch bestimm-
tere Merkmale für die Unterscheidung der Art aufzufinden. Ich
wollte die Species jedoch nicht übergehen, da solche wenigstens
keiner der übrigen Rhynchonellen der Klaus-Schichten nahesteht.
Untersuchte Stücke 1. Vorkommen. Ausderobern
Region des alpinen Doggers (Klaus-Schichten). Von der Klaus-
AI p bei Hallstadt.
12. Rhync honella defluxa Opp.
Tab. 7, Fig. la-c, Fig. 2 a— c, Fig. 3 a— c, Fig. 4 a— c.
Beschreibung. Schnabel klein, niedergedrückt mit seit-
lichen Kanten versehen. Deltidium und Oeöhung bei den meisten
213
Exemplaren nicht mehr zu erkennen. Schalen schon in der Wir-
belgegend stark gewölbt, mit kräftigen Rippen bedeckt, deren
Zahl und Stärke variirt , indem auf dem mittlem Theil jeder
Klappe 1 — 3, auf den Seiten aber 1 — 2 Rippen angebracht sind.
Sie beginnen grösstenteils in der Nähe der Wirbel, doch kommt
es bisweilen vor, dass sich eine etwas kürzere Rippe erst später
einschiebt. Ihre Oberfläche ist nur wenig gerundet, indem die
Stirnlinie unter spitzen Winkeln gebrochen einen zackigen Ver-
lauf besitzt. Länge 15 MilL, Breite 16 Millim., Dicke 11 Millim.;
bei einem noch grösseren Individuum betragen die Maasse 20, 22
und 14 Millim.
Bemerkungen. Obwohl das Vorkommen von Rhyncho-
nella Hausmanni Zel'SCHN. spec. in den Klaus- Schichten der
Klaus- Alp angeführt wird, so glaube ich, dass nur die hier be-
trachtete Art darunter verstanden war. Dieselbe lässt sich von
der ZEL"SCH>"ER'schen Species, loc. cit. Tab. 3, Fig. 3 (welche in
den Klaus-Schichten nicht vorkommt), durch mehrere wesentliche
Merkmale unterscheiden.
Untersuchte Stücke 24. Vorkommen. Obere Re-
gion des alpinen Doggers von der M i tt e rwa n d und der Klaus -
Alp bei Hallstadt. An beiden Stellen in den Klaus-Schich-
ten, an letztgenannter jedoch nicht aus anstehenden Lagen, sondern
aus den Rollsteinen des benachbarten meist wasserleeren Bachein-
schnittes (mit noch andern für Klaus - Schichten bezeichnenden
Arten).
13. Rhynchonella orthop tycha Opp.
Tab. 7, Fig. 5 a — c, Fig. 6a— c, Fig. 7.
Beschreibung. Schnabel niedergedrückt und kaum noch
Raum für ein Deltidium lassend, welches übrigens an den vor-
handenen Exemplaren nicht mehr sichtbar ist. Schnabelkanten
nur wenig ausgeprägt , doch zieht sich auf den Seiten beider
Schalen eine stumpfe von den Wirbeln herkommende Kante in
schwachem Bogen den Rändern zu. Durch diese Kanten wird auf
jeder Seite der Muschel ein längliches Feld begrenzt, auf dessen
flachem oder seicht vertieftem Grunde die Vereinigungslinie bei-
der Schalen hinzieht. Länge des grössten Exemplars 16 Millim.,
Breite 18 Millim., Dicke 9 Millim. Umfang dreiseitig, jedoch mit
gerundeter Stirn. Die Stirnlinie selbst bildet mehrere starke, je-
doch stumpfwinklige Zacken, welche von den an der Stirn zu-
214
samm entreffenden Rippen herrühren, deren man 5 — 6 auf jeder
Schale zählt. Sie beginnen kaum merkbar an den Wirbeln, blei-
ben während ihres Verlaufes bis über die Mitte der Schalen noch
ziemlich schwach und springen erst in der Nähe der Stirn weiter
hervor, auch übertreffen die mittlem Rippen die auf der Seite
befindlichen beträchtlich an Grösse , ohne dass jedoch eine der
Schalen in der Mediangegend der Stirn einen Sinus oder eine
entsprechende Ausbuchtung besitzt.
Untersuchte Stücke 8. Vorkommen. Sämmtliche
Exemplare fanden sich an der Klaus -Alp bei Hallstadt in
einem weissen Kalkgang, welcher die dunkler gefärbten verstei-
nerungsreichen Klaus-Schichten durchzieht.
14. Rhy nchonella micula Opp.
Tab. 7, Fig. 8a— f, Fig. 9a, b, Fig. 10a, b.
Beschreibung. Der kleine nur wenig gekrümmte Schna-
bel ist bei den vorhandenen Exemplaren etwas beschädigt, wodurch
eine genauere Untersuchung seiner einzelnen Theile nicht möglich
wird, um so weniger als die Species nur 7 Millim. Länge, 7j Millim.
Breite und 4 Millim. Dicke erreicht. Die ziemlich gewölbten
Klappen bleiben auf grössere Entfernung von den Wirbeln glatt,
oder zeigen hier höchstens die gerundeten Anwachsstreifen. Un-
gefähr in der Mitte der Schalen beginnen die charakteristischen
Formverhältnisse, durch welche sich die Muschel von den übrigen
Rhynchonella- Arten unterscheidet. Es stellen sich hier feine
wenig erhabene Falten oder Rippen von radialem Verlaufe ein,
welche sich bis in die Nähe des Randes erstrecken, ohne jedoch
auf den Verlauf der Stirnlinie einen bemerkbaren Einfluss , zu
üben. Derselbe wird vielmehr durch einen tiefen breiten Sinus
der kleinern Schale bestimmt, auf dessen Mitte sich eine kräftigere
aber ziemlich kurze radiale Rippe erhebt, der eine vertiefte Furche
der durchbohrten Klappe entspricht.
Bei einigen Exemplaren fehlt jedoch die Mittelrippe, indem
sich ein einfacher, aber ziemlich breiter Sinus an der Stirn her-
absenkt (Tab. 7, Fig. 10 a, b). Das Vorhandensein der feinen
seitlichen Radialrippen macht es wahrscheinlich, dass diese Stücke
mit den zuerst beschriebenen zu der gleichen Species gehören.
Untersuchte Stücke 15. Vorkommen. Mit der vorigen
Species in einem die Klaus- Schichten durchziehenden weissen
Kalkgang.
215
15. Rhy nc h onella adunca Opp.
Tab. 7, Fig. Ha— d. .
Beschreibung. Schnabel klein, mit der Spitze bis nahe
an die undurchbohrte Schale reichend, Deltidium und Oeffhung
nicht sichtbar. Beide Klappen wachsen in der Wirbelgegendrasch
in die Dicke, ziehen sich jedoch der Stirn zu wieder etwas zusam-
men. Länge 8j Millim., Breite 9 Millim., Dicke 6 Millim. Die
durchbohrte Schale ist nur wenig grösser als die undurchbohrte.
Auf letzterer erheben sich an der Stirn zwei breite kurze Rippen,
welche einen vertieften Sinus oder vielmehr eine Furche zwischen sich
lassen, während der breitere Sinus der durchbohrten Klappe eine
mediane Erhöhung oder Rippe trägt. Es ist dies gerade das um-
gekehrte Verhältniss im Vergleich zu der vorigen Art , bei der
die undurchbohrte Schale an der Stirn eine breitere Einsenkung
und eine mittlere Rippe zeigt. Die übrigen Schalentheile sind
jedoch gleichmässig gewölbt und glatt, oder höchstens von An-
wachstreifen bedeckt , ohne eine feinere Radialstreifung ähnlich
wie bei Rhnchonella micula zu zeigen.
Untersuchte Stücke 1. Vorkommen. Mit der vori-
gen Species in einem die Klaus-Schichten durchziehenden weissen
Kalkgang.
16. Rhy nchonella Rrentoniaca Opp.
Tab. 7, Fig. 12a, b, Fig. 13a, b, Fig. 14a— c.
Beschreibung. Schnabel klein, nach oben und etwas
nach vorn gerichtet mit wenig ausgesprochenen Schnabelkanten.
Von dem Deltidium sind nur Theile des früheren Umrisses ge-
blieben, während sich das Vorhandensein einer feinen Oeffnung,
durch das Heraustreten harter Gesteinsmasse kund giebt. Schale
deutlich faserig, in der Jugend nur mit feinen Anwachsstreifen
bedeckt, während sich später bei grösseren Individuen kurze ge-
wölbte Rippen oder Falten einstellen, welche den Rand umklei-
den, jedoch eine deutlich radiale Stellung einnehmen. Es lassen
sich bei einem der untersuchten Stücke über 12 solche Falten
von ungleicher Grösse unterscheiden, bei einem andern zeigt der
mittlere breite Theil deren neun. Die Muschel gleicht in die-
ser Hinsicht der im Vilser Kalke vorkommenden Rhynchonella
solitanea, bei welcher jedoch die kurzen Stirnfalten scharfkantiger
216
werden und etwas weiter hervorspringen, auch in geringerer Zahl
(5) vorhanden sind.
Ein wie es scheint noch nicht ganz ausgewachsenes Exem-
plar, bei dem gerade die ersten Anfänge der Stirnfalten zu sehen
sind, misst 13 Millim. Länge, 15 Millim. Breite und 7 Millim.
Dicke. Bei einem andern Exemplar, an dem sich die grössere
Klappe blosslegen liess, beträgt die Länge 13 Millim, die Breite
14j Millim. Trotz dieser geringeren Dimensionen sind hier die
Stirnfalten weiter entwickelt als bei dem zuvor gemessenen Stück,
auch erscheint die Wölbung der Schale stärker, wodurch sich
eine beträchtlichere Dicke für die ausgewachsene Muschel ergeben
würde als die oben erhaltene.
Untersuchte Stücke 6. Vorkommen. Obere Region
des alpinen Doggers. (Klaus -Schichten). Von Brentonico
bei Roveredo.
Erklärung der Figuren.
Taf. 5.
Fig. 1 a, b, c Terebratula Gerda Opp. Oberer Dogger. Aus
den Posidonomyen - Schichten von Brentonico in Süd-
Tyrol.
Fig. 2 a — c Terebratula laticoxa Opp. Oberer Dogger. Aus
den Klaus- Schichten von der Mitter wand bei Hall-
stadt.
Fig. 3 a, b und Fig. 4 a, b Terebratula Fylgia Opp. Oberer
Dogger. Aus den Klaus-Schichten von der Kl aus -Alp
bei H alls t adt.
Fig. 5 a — e Terebratula Gefion Opp. Aus einem weissen Kalk-
gang von der Klaus-Alp bei Hallstadt; Fig. a, b
in natürlicher Grösse, Fig. c — e vergrössert.
Fig. 6 a— -g. Terebratula curviconcha Opp. Oberer Dogger.
Posidonomyen - Schichten von Brentonico bei Rovere-
d o. Fig. a- d in natürlicher Grösse, Fig. e— g vergrössert.
Fig. 7 a, b und Fig. 8 a — c Rhynchonella Berchta Opp. Oberer
Dogger. Aus den Klaus-Schichten von der Mitter wand
bei H alls tadt.
Fig. 9a— c Rhynchonella Berchta var. microptycha. Eben-
daher.
217
Tab. 6.
Fig. 1 a — c und Fig. 2. Rhynchonella Atla Opp. Oberer Dog-
ger. Aus den Klaus - Schichten von der Mitterwand
bei H a 1 1 s t a d t.
Fig. 3 a, b. Rhynchonella Atla, vor. polymorphe. Ebendaher.
Fig. 4 a — c. Rhynchonella coar data Opp. Oberer Dogger. Aus
den Klaus - Schichten von der Klaus-Alp bei Hall-
stadt.
Fig. 5 a, b. Rhynchonella coarctata* var. miscella. Ebendaher*
Fig. 6a, b, c und Fig. 7. Rhynchonella Zisa Opp. Oberer
Dogger. Aus den Klaus - Schichten von der Mitter -
wand bei Hallstadt.
Fig. 8a — c, Fig. 9a, b, Fig. 10a— d. Rhynchonella subechinata
Opp. Oberer Dogger, Klaus-Schichten. Fig. 8a — c ver-
grössert. Fig. 9a, b in natürlicher Grösse; von der JVlit-
terwa-nd bei Hallstadt. Fig. 10a, b. Junges Indi-
viduum in natürlicher Grösse. Fig. 10c, d dasselbe ver-
grössert; ebendaher.
Fig. Ha — d. Rhynchonella Etalloni Opp. Oberer Dogger. Aus
den Klaus-Schichten von der Klaus-Alp bei Hallstadt
Fig. IIa Exemplar in natürlicher Grösse. Fig. Üb — d
dasselbe vergrössert.
Tab. 7.
Fig. 1 — 4. Rhynchonella defluxa Opp. Oberer Dogger, Klaus-
Schichten. Fig. 1, 2. Aus den Bachgeschieben über der
Klaus-Alp. Fig. 3, 4 von der Mitterwandbei Ha 11-
stadt.
Fig. 5 — 7. Rhynchonella orthoptycha Opp. Aus einem weissen
Kalkgang von der Klaus-Alp bei Hallstadt.
Fig. 8 — 10. Rhynchonella micula Opp. Mit der vorigen Art.
Fig. 8a, b. Exemplar in natürlicher Grösse. Fig 8 c — f
vergrössert.
Fig. IIa — d. Rhynchonella aduncaÖPP. Mit der vorigen Art.
Fig. IIa Exemplar in natürlicher Grösse. Fig. Hb — d
dasselbe vergrössert.
Fig. 12 — 14. Rhynchonella Brentoniaca Opp. Oberer Dogger.
Aus den Posidonomyen- Schichten von Brentonico bei
Ro vered o.
218
4. Einige Bemerkungen über die Zusammensetzung
der krystallinischen Gesteine.
Von Herrn W Sartorius von Waltershausen in Göttingen.
Durch diese Zeilen erlaube ich mir auf die Kritik des Herrn
Roth in Bezug auf meinen Aufsatz „Ueber die Berechnung der
quantitativen und mineralogischen Zusammensetzung der krystal-
linischen Gesteine vornehmlich der Laven" Folgendes zu erwidern.
Während man bis jetzt bei der Lösung dieser Aufgabe ein ganz
unwissenschaftliches Probiren anwandte , habe ich es versucht an
die Stelle desselben eine vollkommen strenge Methode zu setzen,
die uns zahlreiche Controllen zur Prüfung der gemachten Vor-
aussetzungen an die Hand giebt. Diese Methode besteht nämlich
in der Aufstellung eines Systemes linearer Gleichungen, welches
mehrere unbekannte Grössen involvirt und dessen Form ausser
von den Sauerstoffmengen , von den Atomengewichten und von
gewissen Voraussetzungen abhängt, welche ich sogleich namhaft
machen werde.
Es ist bei dieser Methode wesentlich, dass die Zahl der Un-
bekannten geringer als die Zahl der Bedingungsgleichungen ist,
ein Verhältniss, welches Herr Roth gänzlich übersehen zu haben
scheint. Werden daher falsche Voraussetzungen gemacht, so kann
begreiflicher Weise den überschüssigen Gleichungen gar nicht
oder nur unvollständig entsprochen werden.
Die Ansichten mögen verschieden sein, welchen Werth man
für Mineralogie und Geologie der obenerwähnten Aufgabe zuge-
steht ; will man dieselbe aber überhaupt in Betracht zieh-en, so
ist nur von der hier zu besprechenden Methode Erfolg zu er-
warten. Die Voraussetzungen, die von der molecularen Beschaffen-
heit der einzelnen Mineralkörper abhängen und über welche, wie
ich gern einräume, die Ansichten verschieden sein können, sind
von der Methode der Berechnung unserer Aufgabe unabhängig.
Die Voraussetzungen, welche ich gemacht habe und die theil-
weise weiter unten etwas näher besprochen werden, sind folgende:
219
1) Es wird Berzeltus' Gesetz der chemischen Proportionen
zu Grunde gelegt.
2) Mitscherlich's Gesetz des Isomorphismus, welches ich
ganz allgemein angewandt wissen möchte. Es handelt sich in
unserm Falle jedoch nur um die Vertretung von Thonerde durch
Eisenoxyd und von Kali durch Kalk , Natron , Magnesia und
Eisenoxydul, und von Titanoxyd durch Eisenoxyd.
3) In den Augiten und Hornblenden habe ich mit Scheerer
die Vertretung eines Theiles der Kieselerde durch Thonerde nach
dem Sauerstoffverhältniss 2 : 3 angenommen. Obgleich ich mich
zu dieser Annahme, die etwas räthselhaftes enthält, nur ungern
entschlossen habe, so weiss ich doch an ihre Stelle nichts Besseres
zu setzen. So weit meine Erfahrungen und Beobachtungen rei-
chen, stimmen dieselben mit jener Hypothese in befriedigender
Weise überein. Sollte es demnächst gelingen eine andere Erklä-
rungsweise aufzufinden, so werden die von mir aufgestellten Glei-
chungen gewisse Abänderungen erleiden.
4) Es wird angenommen, dass in den titanhaltigen Magnet-
eisensteinen Titanoxyd und Eisenoxyd sich isomorph vertreten.
Nimmt man eine andere Art der Zusammensetzung für diesen
Mineralkörper an, so wäre dann auch hier die Art der Rechnung
abzuändern , ohne dass dadurch das Endresultat von dem von
mir erhaltenen sich merklich verschieden gestalten würde.
Gegen diese Annahme scheint Herr Roth nichts einwenden
zu wollen.
5) Die nun folgende Voraussetzung dagegen erregt den eigent-
lichen Anstoss und auf sie werde ich näher eingehen. Es wird
zur Erklärung der Beobachtungen angenommen, dass ein jeder
Feldspath aus zwei Grenzgliedern, aus einem neutralen und einem
basischen Salze, ersteres nach den Sauerstoff- Verhältnissen 1.3. 12,
letzteres nach den Sauerstoff -Verhältnissen 1.3 .4 zusammen-
gesetzt sei.
Es handelt sich hier offenbar nicht um Dinge, die man mit
den Händen greifen kann, sondern um die moleculare Beschaffen-
heit eines Mineralkörpers und wir müssen, wie dieses in der
ganzen Molecularphysik der Fall ist, von den Wirkungen auf die
Ursachen zurückschliessen. Ich habe hier zu der Allgemeinerung
des Princips die beiden äussersten Grenzglieder als Componenten
für alle Feldspathe angenommen, indess ist es einleuchtend, dass
ein jeder Feldspath, bei dem nach meiner Bezeiehnungsweise
220
z. B. x — 7, 5 ist, ebenso gut aus Oligoklas und Labrador, als
aus Anorthit und Orthoklas oder Albit bestehend gedacht wer-
den kann.
Wenn uns räthselhafte Erscheinungen in der Natur entgegen-
treten, so suchen wir dieselben entweder durch bekannte Natur-
gesetze zu erklären oder wir ziehen neue Hypothesen hinzu, deren
Haltbarkeit an den Beobachtungen geprüft werden muss. Es
wäre denkbar, dass zur Erklärung eines Phänomenes von zwei
verschiedenen Personen zwei verschiedene Hypothesen aufgestellt
würden. Welche derselben den Vorzug verdient, wird auf dem
Boden der exacten Naturforschung nach der Methode der klein-
sten Quadrate entschieden.
Will sich daher Herr Roth der von mir aufgestellten Feld-
spathhypothese nicht anschliessen, so ist es ein billiges Verlangen,
dass er statt der meinigen eine andere Hypothese aufstelle, welche
dann nach der Methode der kleinsten Quadrate zu prüfen sein wird.
Wenn Herr Roth diesen Weg nicht betreten will, so stehe
ich im Vergleich zu ihm auf einem so durchaus verschiedenen
Boden, dass jede weitere Verständigung über unsern Gegenstand
unmöglich wird.
Schon vor mehr als 12 Jahren habe ich es versucht nach
dem angegebenen Princip 100 verschiedene Felds pathanalysen zu
berechnen , bei denen der mittlere Fehler der Kieselerde zu
± 0,502, der der Thonerde zu ± 0,428 und der der Alkalien
zu ± 0,863 sich ergiebt. Es war mir damals sehr wohl bekannt,
dass in dieser Reihe schlechte und gute Analysen gemischt waren.
Wollte man an die Stelle der ältern die seitdem gemachten zu-
verlässigen neuern setzen, so würden die eben angeführten mitt-
leren Fehler vielleicht auf die Hälfte herabgedrückt werden können.
Aus der ganzen Reihe dieser Beobachtungen geht hervor, dass
der Sauerstoff der beiden Basen sich überall nahe zu wie 1 : 3
verhält, während die Kieselerde, welche continuirlich wächst, durch
eine Function , die vom Sauerstoffverhältniss der Säure zu den
Basen und gewissen Constanten abhängt, dargestellt werden kann.
Für diese Erscheinung, welche sich nicht ignoriren lässt, verlange
ich eine wissenschaftliche vollkommen zufriedenstellende Antwort
und zwar in Zahlen ausgedrückt, deren Endresultat mit dem
meinigen zu vergleichen ist. Nehmen wir in der herkömmlichen
Weise unter den Feldspathen als charakteristische Species Anor-
221
thit, Labrador, Oligoklas und Orthoklas oder Albit an, so haben
wir folgende Sauerstoffverhältnisse und Kieselerdegehalte :
x Si
Anorthit 1 3 4 43 Procent in runden Zahlen
Labrador 1 3 6 53
Oligoklas 1 3 9 62
Orthoklas 1 3 12 69
Berechnet man nun diese hundert Feldspathanalysen in ge-
wöhnlicher Weise nach den bekannten stöchiometrischen Formeln,
so werden mittlere Fehler hervorgehen, welche die von mir ge-
fundenen eben angegebenen vielleicht um das Fünffache übertreffen.
Schiebt man aber für jede neue Einheit im x eine neue Feld-
spathspecies ein, so erhält man für dieselben schwerfällige stöchio-
metrische Formeln, die mit gerechtem Misstrauen anzusehen sind,
da der mittlere Fehler zwar etwas kleiner als vorhin wird, aber
jedenfalls sehr viel grösser bleibt als nach meiner Theorie. Die
einzige Hypothese, ausser der meinigen, welche numerisch be-
trachtet dasselbe leistet, besteht in der Annahme, dass allen oder
doch den meisten Feldspathen eine gewisse Quantität freier Kiesel-
säure beigemischt sei. Ich habe hierauf, namentlich bei den Ge-
steinen, wo x > 12 ist Bedacht genommen, auch Herr Roth
deutet dies an.
Dagegen sprechen aber folgende sehr wesentliche Gründe :
1) Berechnen wir z. B. einen Feldspath, dessen Kieselerde-
Gehalt etwa 48 pCt. beträgt (Anorthit vom Hekla) nach der
Anorthitformel, so haben wir einen Ueberschuss von 5 pCt. Kiesel-
säure, berechnen wir ihn auf Labrador, so fehlt dieselbe Quanti-
tät Kieselsäure.
Im ersten Falle haben wir es mit einem unangenehmen Ein-
dringling zu thun, der das Gesetzmässige der Analysen verdirbt ;
im andern Falle müssen wir uns dazu bequemen anzunehmen,
dass durch Verwitterung oder Auswaschung die für die Formel
nöthige Kieselerde verloren gegangen sei. Beides klingt wenig
ermunternd für das Studium der Mineralchemie.
Wenn man in allen Silicatanalysen auf eine zufällige Bei-
mischung von 5, auch nur von 3 pCt. Kieselsäure, die man als
Quarz gar nicht erkennen kann, oder auf einen eben so grossen
problematischen Verlust desselben Körpers gefasst sein muss, so
222
verlieren die stöchiometrischen Formeln allen Werth und sinken
zu einer müssigen Spielerei herab.
2) Die unbeholfenen Formeln für die verschiedenen Feld-
spathe stellen die Analysen in ganz ungenügender Weise dar;
die übrig bleibenden Fehler sind viel grösser als die, welche wahr-
scheinlicherweise bei den Analysen begangen werden können.
Für meine Hypothese sprechen folgende wesentliche Gründe :
1) Alle bekannten Analysen über Feldspathe lassen sich
durch eine Theorie darstellen, welche das Gesetz der chemischen
Proportionen und die gegenseitige Substitution der isomorphen
Bestandtheile vollkommen bestätigt; dabei wird der mittlere Fehler
für alle Beobachtungen kleiner als bei der herkömmlichen Art
der Berechnung.
2) Es ist zwar bekannt, dass manche Feldspathe im Laufe
der Zeit Zersetzungen erlitten haben, für gute, harte, glänzende
oder gar durchsichtige Krystalle ist dieses aber nicht oder doch
nur in einem sehr geringen Grade anzunehmen. Jedenfalls zeigt
die Discussion jener Beobachtungen, dass wir zu solchen An-
nahmen gar nicht oder nur in untergeordnetem Maasse gedrängt
werden.
3) In reinen Feldspathen , wie sie von vorsichtigen Chemi-
kern und Mineralogen zu quantitativen Analysen benutzt werden,
ist kein beigemischter Quarz zu erkennen.
4) Die neuern vulkanischen Gesteine z. B. die frischen Laven
von Island, vom Aetna, vom Vesuv u. s. w. sind absolut quarz-
frei. Obgleich ich auf diesen Punkt sehr grosse Aufmerksamkeit
verwandt habe , habe ich doch in keiner Lava des Aetna ein
sichtbares Körnchen von Quarz entdecken können.
5) Die Laven, welche in den letzten Jahren aus den Vul-
kanen hervorgedrungen sind, wie z. B. die Lava des Hekla von
1846 und die des Aetna von 1853, bei denen von einer später
eingetretenen Zersetzung der Bestandtheile keine Rede sein kann,
zeigen dieselben Eigentümlichkeiten wie die von mir untersuch-
ten Laven der Thiorsa und von Odaudahraun. Beide Laven sind
zwar nicht aus der neuesten Zeit , die letztere fällt aber jedenfalls
in den Bereich der neuern Geschichte.
6) Endlich sind auch eine Reihe krystallographischer Gründe,
die für meine Hypothese sprechen, nicht ganz ausser Acht zu
lassen. Indess würde es mich zu weit führen in diesen Gegen-
223
stand einzugehen, den ich mir für eine eigene Abhandlung vor-
behalte.
Nach diesen Bemerkungen wende ich mich nun zu den Be-
denken, welche Herr Roth über einzelne Theile meiner Abhand-
lung ausgesprochen hat. In dem ersten Beispiele, zu dem ich
den Granit aus der Nähe von Dublin wählte, habe ich selbst
erklärt, dass zu einer vollständigen Berechnung in meinem Sinne
das nothwendige Material mir gefehlt habe. Herr Roth hätte
daher sehr wohl einsehen können, dass es nicht von meiner Seite
auf ein definitives Endresultat abgesehen war, sondern dass ich
nur daran zeigen wollte, wie meine Methode anzuwenden und
die Rechnung zu behandeln sei.
Enthält ein solcher Granit verschiedene Glimmer, deren Zu-
sammensetzung bekannt ist, so lässt sich alsdann die quantitative
Zusammensetzung des Gesteins leicht ermitteln, indem nur noch
den von mir aufgestellten Gleichungen ein neues Glied hinzuge-
fügt wird.
Wenn ferner Herr Roth mir vorwirft, dass ich in den Laven
Mineralkörper erblicke, die bis jetzt Niemand gesehen hat, so habe
ich darauf Folgendes zu erwidern.
Wenn ich die genannten Laven als aus Augit, Olivin, Mag-
neteisenstein, Anorthit und Orthoklas zusammengesetzt betrachte,
so habe ich für das letzte Mineral keinen ganz passenden Aus-
druck gewählt, ich hätte besser Kalkalbit schreiben sollen. Im
Wesen der Sache wird dadurch aber nichts geändert.
Ich richte nun die Frage an Herrn Roth , was in einer
solchen Lava übrig bleibt, nachdem die Mineralkörper Augit,
Olivin und Magneteisenstein in Abzug gebracht worden sind.
Wir bekommen entweder gar keine Antwort oder vielleicht das
Wort Feldspath.
Auch ich nehme dieses an und zeige z. B., dass die Grund-
masse der Thiorsä-Lava 49,794 pCt. Feldspath von der nach-
folgenden Zusammensetzung enthalte:
Magnesia
Natron
Kali
Kieselerde
Thonerde
Eisenoxyd
Kalk
66,846
20,705
0,711
10,789
0,126
0,446
0,377
224
Dieser Feldspath ist z. B. einem von Domeyko, der unter
dem Namen Orthoklas aus Chili angeführt wird, sehr ähnlich.
Derselbe enthält nämlich :
Ist es ein Mal erlaubt an die Stelle von Kali oder Natron
Kalk zu substituiren, so ist kein Grund einzusehen, warum man
nicht von diesem Rechte im ganzen Umfang Gebrauch machen
sollte und worin der Verstoss besteht Kalk-Albit oder Kalkortho-
klas anzunehmen, denn es scheint einleuchtend zu sein, dass fast
alkalifreie Gesteine wie die isländischen Laven ihre Feldspathe
aus den zunächst verwandten Stoffen bilden müssen. Es ist eben-
so wenig einzusehen, warum in der eben angeführten Analyse
für deri Kalk die Grenze mit 2,633 festgestellt werden solle;
Orthoklase mit erheblichem Kalkgehalt sind nicht ganz unbekannt
oder gar undenklich. Will man sich aber mit einem einfachen
Feldspath begnügen, so liegt es dann auf der Hand, dass den
Bedingungsgleichungen nur in sehr unvollkommener Weise ent-
sprochen werden kann und unsere Theorie, welche mehr leistet,
verdient daher den Vorzug.
Herr Roth macht sodann zunächst einige Ausstellungen
über die Fehler, welche nach der Theorie bei den Alkalien in
der Thiorsälava übrig bleiben. Ich habe darauf Folgendes zu
bemerken. Eine Theorie mag beschaffen sein wie sie will, wird
die Beobachtungen, welche in allen menschlichen Verhältnissen
mit Fehlern behaftet sind, nie durchaus genau darstellen können.
Es handelt sich daher nur um die Grösse des mittlem Fehlers.
Jedenfalls ist es mathematisch unbillig, unter 28 von mir
mit der Theorie verglichenen Beobachtungen — 16 für die Thiorsä
— 12 für die Scalfandeüiothlava — diejenigen hervorzuheben, bei
denen die grössten Beobachtungsfehler bemerkbar werden.
Die mittlem Fehler für die 4 Analysen, jede für sich be-
trachtet, geben folgende Resultate:
Kieselerde
Thonerde
Kalk
Natron
Kali
66,205
20,731
2,633
4,051
6,380
Mittlerer Fehler
1) Grundmasse der Thiorsälava
2) Gesammtmasse der Thiorsälava
db 0,407 pCt.
± 0,712 -
225
Mittlerer Fehler
3) Gesammtmasse der Lava von Scalfandeflioth ± 0,549
4) Grundmasse der Lava von Scalfandeflioth ± 0,446
Der mittlere Fehler aus allen Beobachtungen findet sich ± 0,381
Ich glaube, dass dieses Resultat ein ganz zufriedenstellendes
genannt werden kann, da bei einer einzelnen Analyse der mittlere
Fehler ungefähr ein halbes Procent beträgt.
Wenn Herr Roth sich die Sache etwas überlegt hätte, so
würde er den Grund, weshalb der Fehler, oder die Differenz
zwischen Rechnung und Beobachtung in der Gesammtmasse der
Thiorsa für die Alkalien grösser ausfällt als für die übrigen Be-
standteile, leicht haben finden können.
Um dieses Verhältniss klarer hervorzuheben setze ich die
Berechnung der genannten Analyse noch einmal hierher.
Für dieselbe ergeben sich zunächst folgende Zahlen:
Gesammtmasse der Thiorsa-Lava.
Sauerstoff
Kieselerde
49,590
25,995
Thonerde
13,551
6,334
Eisenoxyd
9,031
2,707
Eisenoxydul
7,202
1,599
Kalk
12,347
3,511
Magnesia
5,521
2,204
Natron
1,565
0,404
Kali
1,193
0,202
100,000
Unter der Voraussetzung, dass sich durch die ganze Lava
Feldspath, Augit, Olivin und Fe Fe, deren Analysen in meiner
Abhandlung aufgeführt sind, befinden, gelangt man zunächst zu
folgenden 8 linearen Gleichungen:
xM + 1,8373 s + y
2,9353 M + 0,2441 s
0,0647 M
0,1559 z + 0,1297 y
0,9304 M + 0,4454 s
0,0153 M + 0,3987 z + 0,8703 y
0,0349 M
0,0194 M
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 1. 15
25,995
+
6,334
+
3/
2,707
/
1,599
3,511
2,204
0,404
0,202
226
Aus denselben findet man für die 5 Unbekannten schon sehr
genäherten Werthe, nämlich:
x = 9,500
M = 1,670
% == 5,350
V = 0,225
/ = 0,866
Hiermit ergiebt sich folgende Uebereinstimmung zwischen
Rechnung und Beobachtung:
Beob.
Berech.
Beob. — Ber.
25,995
25,920
+ 0,075
6,334
6,208
+ 0,126
2,707
2,706
+ 0,001
1,599
„ 1,729
— 0,130
3,511
3,937
- 0,426
2,204
2,354
— 0,150
0,404
0,058
+ 0,346
0,202
0,032
+ 0,170
Die berechneten Fehlergleichungen werden alsdann:
0= — 0,075+l,670^r+9,5000^+l,8373<fe+ dy
0 - —0,126 +2,9353 <M/+0,244 1 d%
0=— 0,001 +0,0647 dM +3df
0^+0,130 +0,1559</s+0,1297<fy+ df
0 = — 0,426 +0,9304^+0,4454^
0 = — 0,150 +0^0153 </itf+0,3987<fe+0,8703<fy
0= +0,346 +0,03*9 dM
0= +0,170 +0,0194 dM
Aus diesen Gleichungen findet man nach der Methode der
kleinsten Quadrate die folgenden 5 Normalgleichungen:
0 = - 0,1253 + 2,7891<fo + 15,865</i*f + 3,0680</s+ l,670rfy
0= -0,6992 + 15,8650^ + 99,736<*M + 18,5910tf*+ 9,513% + 0,1941tf/
0= -0,0184+ 3,0680^+ \8,59idM + 3,8170<fc+2,2045%+ 0,1559rf/'
0=+0,0715+ 1,6700^ -f- 9,513<Of + 2,2045tfs+l,7740%+ 0,1297c?/"
0= +0,1270 0,194</M + 0,1559<fc+0,1297%+10,0000d/"
227
Aus diesen Gleichungen findet man durch Elimination:
dx = + 0,21480
dy = — 0,01030
dz = — 0,37480
dM= 0,04370
df = — 0,00804
Nachdem diese Correctionen angebracht sind , ergeben sich
die definitiven Elemente:
x = 9,7148
M= 1,7137
y = 0,2147
% = 4,9752
/ = 0,8580
Mit Zuziehung der Zahlen, durch welche die isomorphe Ver-
theilung der Basen ausgedrückt wird, findet man:
Den Sauerstoff für die einzelnen Bestandtheile.
Feldspath Augit Olivin SeFe Ber. Beob. Beob.-Ber.
Kieselerde 16,647+ 9,141+0,215 =26,003 25,995-0,008
Thonerde 5,030+ 1,214 = 6,244 6,334-f 0,090
Eisenoxyd 0,104 -{-2,574= 2,678 2,707+0,029
Eisenoxydul 0,776+0,028+0,858 = 1,662 1,599-0,063
Kalk 1,594-f- 2,216 = 3,810 3,511-0,299
Magnesia 0,026-j- 1,983+ 0,187 = 2,196 2,204+0,008
Natron 0,060 = 0,060 0,404+0,344
Kali 0.033 = 0,033 0,202+0,169
Hieraus ergiebt sich endlich die quantitative mineralogische
Zusammensetzung :
Feldspath Augit Olivin ¥eFe Ber. Beob. Beob.-Ber.
Kieselerde 31,758+17,438+0,410 =49,606 48,590-0,016
Thonerde 10,757+ 2,598 = 13,355 13,551+0,196
Eisenoxyd 0,345 +8,589= 8,934 9,031+0,097
Eisenoxydul 3,494+0,125+3,866= 7,485 7,202+0,283
Kalk 5,607+ 7,792 =13,399 12,347-1,050
Magnesia 0,066+ 4,969+4,468 = 5,503 5,521+0,018
Natron 0,232 = 0,232 1,565+1,333
Kali 0,196 = 0,196 1,193+0,997
48,961+36,291+1,003+12,455= 98,710 100,000
In Bezug auf diese Rechnung sei hier bemerkt , dass ich
dieselbe noch ein Mal ausgeführt und zugleich einen kleinen Rech-
15*
228
nungsfehler verbessert habe, der vornehmlich auf die Olivinbe-
stimmung sich bezieht. Aus den vorliegenden Zahlen ergiebt
sich, dass in der Feldspathberechnung der Kalk fast ebensoviel
zu gross als Natron und Kali zu klein ausgefallen sind ; mit an-
dern Worten die von mir gemachte Voraussetzung , dass sich
durch die ganze Masse der Lava der Feldspath befinde, der in
einzelnen körnigen Krystallen ausgesondert und analysirt wurde,
ist nicht streng richtig. Auch an der Summe der Bestandtheile
fehlen 1,29 Procent.
Bringen wir, wie sich dieses leicht ergiebt, bei dem Sauer-
stoffgehalt des Kalks die Correction w -\- u = — 0,371, bei
dem des Natrons w = -f~ 0,273 und bei dem des Kali u =
-\- 0,098 in Rechnung, so findet man:
Den Sauerstoff der einzelnen Bestandtheile
Feldspath Augit Olivin jleFe Ber. Beob. Beob.-Ber.
Kieselerde 16,647-f 9,141+0,215
Thonerde 5,030+ 1,214
0,104 + 2,574= 2,678
0,776+0,028+ 0,858 == 1,662
2,216 = 3,439
1,983+0,187 = 0,008
— 0,333
= 0,131
Eisenoxyd
Eisenoxydul
Kalk
Magnesia
Natron
Kali
1,223
0,026
0,333
0,131
26,003 25,995—0,008
6,244 6,334+0,090
2,707+0,029
1,599-0,063
3,511+0,072
2,204+0,008
0,404 + 0,071
0,202+0,071
Die definitive quantitative mineralogische Zusammensetzung
mit dem Feldspath der Grundmasse wird alsdann:
Feldspath Augit Olivin ¥eFe Ber. Beob. Ber.-Beob.
Kieselerde 31,758+17,438 + 0,410 =49,606 49,590—0,016
Thonerde 10,757+ 2,598 =13,355 13,551+0,196
Eisenoxyd 0,345+ 8,589= 8,934 9,031+0,097
Eisenoxydul 3,494+0,125+ 3,866= 7,485 7,202-0,283
Kalk 4,300 7,792 = 12,092 12,347+0,255
Magnesia 0,066 4,969+0,468 = 5,503 5,521+0,018
Natron 1,298 = 1,298 1,565+0,267
Kali 0,772 = 0,772 1,193+0,421
49,296+36,291 + 1,003+12,455 = 99,045 100,000
Der mittlere Fehler, der vorhin = = 0,712 gefunden wurde,
ergiebt sich jetzt zu =fc 0,1755. Endlich leuchtet ein, dass auch
der kleine Magnesiagehalt in dem berechneten Feldspath ver-
schwinden kann, wodurch Kali und Natron noch höhere Werthe
erhalten, der mittlere Fehler etwas geringer und die Summe aller
Bestandtheile grösser werden wird.
229
In unserm Feldspath ist das Verhältniss des Sauerstoffs der
11 Säure zu dem der Basen genau wie:
k 4 V • • -:^QM: ^Amm^ <-.u • . . ;- -
9,7148 : 3 : 1.
Man zerlegt denselben in seine beiden Componenten Anor-
1 thit und Kalkalbit, und gelangt zuerst zu den drei Gleichungen:
iü + 12 JF = 16,647
3U + 3W= 5,134
U+ W= 1,711
Es wird also W = 1,225 ü = 0,487.
Eine der Anorthitanalysen Abich's ergiebt:
Kieselerde 43,642
Thonerde 35,370
Eisenoxyd 0,677
Kalk 18,865
Magnesia 0,339
Natron 0,568
Kali 0,539
100,000
Bei dieser Vertheilung der isomorphen Bestandtheile im
Anorthit findet man , dass die beiden Feldspathe sich folgender-
maassen verbinden:
Sauerstoff.
Anorthit Kalkalbit
Kieselerde
1,948 + 14,700 =
16,648
Thonerde
1,443 + 3,587 =
5,030
Eisenoxyd
0,018 + 0,086 =
0,104
Kalk
0,457 + 0,766 =
1,223
Magnesia
0,015 + 0,011 ==
0,026
Natron
0,012 + 0,321 ==
0,333
Kali
0,005 + 0,126 -
0,131
Diese Sauerstoffmengen verhalten sich in der ersten Ver-
ticalreihe beim Anorthit wie 4:3:1, in der zweiten beim Kalk-
albit wie 12 : 3 : 1. Die Summe beider entspricht dem Sauer-
stoff des vorhin gefundenen Feldspaths. Suchen wir nun zu
den berechneten Sauerstofftheilen die Erden, so findet man:
230
Kieselerde
Thonerde
Eisenoxyd
Kalk
Magnesia
Natron
Kali
Berechnet man endlich den Anorthit auf 100, so findet man
die Analyse Abich's, dagegen ergiebt sich für den Kalkalbit die
nachfolgende Zusammensetzung :
Kieselerde
68,873
Thonerde
18,843
Eisenoxyd
0,705
Kalkerde
6,616
Magnesia
0,068
Natron
3,072
Kali
1,823
100,000
Definitive Zusammensetzung der Gesammtmasse der Thiorsä-
lava :
Kalkalbit = 40,716
Anorthit = 8,580
Augit = 36,291
Olivin = 1,003
BeFe = 12,455
99,045
Der Leser dieser Blätter , insofern er nicht an grössere
Rechnungen gewöhnt ist, wird unsere eben mitgetheilte Methode
vielleicht sehr umständlich finden. Hierüber möchte ich einige
Bemerkungen hinzufügen. Ohne Beihülfe von Logarithmen , ich
benutze die mit 5 Stellen , ist die Rechnung kaum durchführbar.
Indess werden auch für unsere Zwecke vierstellige Logarithmen
ausreichen, durch deren Anwendung nicht wenig Zeit gewonnen
wird. Sodann ist es durchaus erforderlich zur Berechnung des
Sauerstoffs aus den Oxyden und umgekehrt constante, beständig
zu addirende Logarithmen zu benutzen. Die Methode der klein -
Anorthit Kalkalbit Feldspath
3,716 + 28,042 = 31,758
3,084 + 7,673 = 10,757
0,059 + 0,286 m 0,345
1,607 + 2,693 = 4,300
0,038 + 0,028 « 0,066
0,047 + 1,251 = 1,298
0,029 + 0,743 = 0,772
8,580 + 40,716 = 49,296
231
sten Quadrate lässt sich nicht einfacher ausführen, doch wird
man im Allgemeinen, wenn es sich nicht um die feinste Dar-
stellung der Beobachtungen handelt, mit den genäherten Elemen-
ten , wie ich sie zuerst gefunden habe, zufrieden sein können.
Ohne die ganze Rechnung aufzustellen , kann man bei einiger
Uebung an den genäherten Elementen gewisse Correctionen an-
bringen, die zwar nicht scharf genügen, die aber den Gleichun-
gen schon bei weitem besser entsprechen. Bei der ersten Berech-
nung unserer Elemente tritt der Umstand fast noch deutlicher
hervor als nachher, dass beim berechneten Feldspath die Werthe
von Kalk und Magnesia zu gross , die von Kali und Natron zu
klein sind.
Wir wollen der Vollständigkeit wegen die Atomengewichte
anführen, welche zu unsern Rechnungen benutzt worden sind :
Atomengewicht des Sauerstoffs
1,0000
m
der Kieselerde
5,7230
n
der Thonerde
6,4180
»i
des Eisenoxyds
10,0105
>i
des Eisenoxyduls
4,5052
»i
des Kalks
3,5165
n
der Magnesia
2,5019
ii
des Natrons
3,8972
ii
des Kali
5,8930
Aus der hier initgetheilten Untersuchung geht also hervor,
dass in quarzfreien krystallinischen Gesteinen, für welche man
die neuern Laven halten muss, die quantitative mineralogische
Zusammensetzung genau ermittelt werden kann. Im vorliegenden
Falle ist sie sogar so genau festgestellt, dass die noch übrig
bleibenden Fehler die, welche möglicher Weise in den Analysen
begangen werden können, nicht übertreffen. Herr Roth befindet
sich daher wiederum in einem Irrthum, wenn er glaubt, dass
das Kali und Natron in meiner Rechnung nicht untergebracht
werden könne und wird sich mit den 200 Procent Anorthit,
die nach meiner Theorie erfordert würden , auch wohl zufrie-
den geben.
Uebrigens stellt Herr Roth einer streng wissenschaftlichen
und in sich zusammenhängenden Methode seine subjectiven An-
sichten entgegen, ohne sich um das zu kümmern, was aus den
Bedingungsgleichungen notwendigerweise folgt. Wenn Herr
232
Roth raeine Methode als nicht empfehlenswerth bezeichnet, so
kann ich darauf erwidern , dass dieselbe nur aus wissenschaft-
lichem Interesse hervorgegangen ist und auf fremde Empfehlung
durchaus keinen Anspruch macht; sie wird sich auch mit der
Zeit ohne dieselbe Eingang verschaffen. Schliesslich erlaube ich
mir Herrn Roth daran zu erinnern , dass mit blossem Negiren
in der Wissenschaft nichts geleistet wird, es scheint mir daher
eine sehr billige Forderung, dass er die Mineralogie und Geo-
logie mit einer bessern Methode bereichere, deren Werth dann
nach den Principien der Wahrscheinlichkeitsrechnung beurtheilt
werden muss.
Es war mein Streben, in dieser Abhandlung möglichst ob-
jectiv zu verfahren, und ich habe daher die Sache obenangestellt,
davon überzeugt, dass sonst bei Polemik nichts herauskommt.
Der Sachkenner wird meine Untersuchung verstehen und ihre
Berechtigung nicht verkennen.
Anmerkung der Redaction.
Der bisher von der Redaction befolgten Praxis entsprechend enthält
sich der Unterzeichnete, welcher bei der Redaction betheiligt ist, an die-
ser Stelle jeder Antwort. Es wird ihm dies um so leichter als auch
nach seiner Meinung zwischen Herrn Sartorius und ihm jede Verständi-
gung über den fraglichen Gegenstand unmöglich ist und thatsächlich neues
Material nicht vorliegt. Roth.
5. <
Nächtrag zu Seite 81 (oben).
1. r. I, r. 1. r.
n: m, p, q n : m, p\ q' n : m", p", q"
fH8°36' 118°46' 118°32' 118°4i' 118°58'
96 9 96° 6' 96 9 93 56 95 56 98 8
93 54 93 29 90 41 94 35 90 4
90 13
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
*
Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
2. Heft (Februar, März, April 1863).
A. Verhandlungen der Oes elisehaft.
1. Protokoll der Februar - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 4. Februar 1863.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der Januar- Sitzung wurde verlesen und an-
genommen.
Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten:
Herr Berg-Assessor Niedner in Rüdersdorf,
vorgeschlagen durch die Herren Amelung, Roth,
Lottner;
Herr Dr. Drescher in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, Roth,
Beyrich;
Herr Othniel Charles Marsh aus New York,
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, Roth,
Peters.
Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen:
A. Als Geschenke:
Erste Lieferung der auf Kosten der Eidgenossenschaft her-
ausgegebenen Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, Vor-
wort, Beschreibung und geologische Karte des Baseler Jura von
Herrn Prof. A. Müller enthaltend. Von der schweizerischen
geologischen Commission.
B. Studer. Geschichte der physischen Geographie der
Schweiz. Bern und Zürich 1863.
B. Studer. Observations geologiques dans les Alpes du
lac de T/wune. Sep.
Zeits. d. d.geoI.Ges. XV. 2. IG
234
A. Favre. Carte gcologique et explication de la carte
geologique des parties de la Savoie, du Piemont et de la Suisse
voisine du Montblanc. Geneve 1862.
Beiträge zur Kenntniss des Russischen Reiches. Band 21
und 22. Geschenk des Herrn G. v. Helmersen.
G. v. Helmersen. Noch ein Wort über die Tulaer Stein-
kohle. — Die Alexandersäule zu St. Petersburg. Sep.
H. Trautschold. Ueber den Korallenkalk des Russischen
Jura. Sep.
Gümbel. Die Streitberger Schwammlager und ihre Fora-
miniferen-Einschlüsse. Sep.
B. Im Austausch :
Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 4. Nov.
und 16. Dec. 1862.
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft. V.
Jahrgang 1861.
Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthum
Nassau. XVI. 1861.
Sitzungsberichte der kön. bayerischen Akademie der Wissen-
schaften zu München. 1862. I. 4. II. 1. 2.
Notizblatt des Vereins für Erdkunde. 1862. No. 9—12.
Archiv des Vereins der P'reunde der Naturgeschichte in
Meklenburg. XVI. 1862.
Archiv für Landeskunde in den Grossherzogthümern Mek-
lenburg. XII. 9, 10. 1862.
Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen naturwissen-
schaftlichen Gesellschaft für 1861 und 1862.
Verhandlungen des botanischen Vereins für die Provinz
Brandenburg. III. und IV.
Bulletin de la societe gcologique de France. (2) XIX.
feuilles 21—58.
Mcmoires de la Societe de physique et d'histoire naturelle
de Geneve. XVI. 2.
Bulletin de la Societe imperiale des natur allstes de Moscou.
1862. I. II.
Quarter ly Journal of the Geological Soc. XVIII. No. 72.
Transactions of the Royal Irish Academy. XXIV. 2.
Dublin 1862.
235
Herr v. Carnall sprach über die geologischen Karten
und profilarischen Darstellungen , welche auf der letztjährigen
Londoner Industrie- Ausstellung in der Zollvereins- Abtheilung
der Klasse I. ausgehängt gewesen sind, und zwar in der Reihen-
folge, wie sie der — besonders ausgegebene — amtliche Ka-
talog (Official Catalogue of the Mining and Metallurgical
Products ; Class I. in the Zollverein Departe?nent of the inter-
national Exhibition 1862, compiled under the immediate di-
rectio?i of Mr. v. Dechen by Dr. Hermann Wedding. Ber-
lin 1862.) §. 12 Seite 104 und 105 aufführt.
Von der durch das Königl. Preuss. Handelsministerium ver-
anstalteten Herausgabe der grossen geologischen Karte der
Rheinprovinz und der Provinz Westfalen, welche be-
kanntlich von Herrn v. Dechen meisterhaft bearbeitet wird, wa-
ren die bis dahin erschienenen Sectionen zusammen ausgehängt.
Sie beweisen das rasche Fortschreiten dieses vortrefflichen Kar-
tenwerkes. Redner äusserte dabei nur, dass es sehr zu wün-
schen gewesen wäre, wenn der Katalog über dasselbe einige
nähere Nachrichten enthalten hätte.
Der Eschweiler Bergwerks -Verein hatte eine geologische
Karte (Flötzkarte) von den Kohlenbecken an der Inde
und Worin (Wurm) im Maassstabe von 1 : 20000 nebst spe-
cialen Darstellungen einzelner Kohlenfelder ausgestellt. Diese
Karten hat — wie Redner vernommen — der Direktor der Ge-
sellschaft, Herr Bauer angefertigt; sie sind mit grosser Ge-
nauigkeit und Sauberkeit bearbeitet, und ist dringend zu wün-
schen, dass diese ganz neuen Arbeiten recht bald publicirt wer-
den mögen.
Von dem Königl. Oberbergamte zu Dortmund war die
schon vor längerer Zeit im Buchhandel erschienene Flötzkarte
von dem Ruhrbecken ausgestellt, bei welcher vielfach be-
dauert wird, dass sie nicht in einem grösseren Maassstabe pu-
blicirt worden ist, wie dieselbe in einem solchen schon im Jahre
1^55 auf der Pariser Ausstellung (als Zeichnung) ausgestellt ge-
wesen ist; zu derselben gehört ein Querprofil der sämmtlichen
Flötz-Mulden und -Sättel, sowie eine Tafel von den Kohlen-
flötzen.
Neu war eine gut bearbeitete Flötzkarte von dem
Steinkohlengebirge bei Ibbenbüren nebst Durch-
schnitten.
16*
236
Die Berg-Direktion zu Saarbrücken lieferte eine Flötz-
karte von dem dortigen Kohlengebirge, bei derein etwas grösse-
rer Maassstab und eine Auswahl deutlicherer Farben zu wünschen
gewesen wäre; recht gut sind die dazu gehörigen Flötzprofile,
sowie zwei Grundrisse von Kohlenbauen.
Von dem Distrikte des Oberbergamtes zu Halle hatte dieses
eine geologische Uebersi ch ts k art e ausgestellt, ferner eine
Specialkarte von den Kohlenfeldern bei Wettin, Löbejün u. s. w.
und eine Mehrzahl von Gebirgsdurchschnitten , welche indessen
viele sehr hypothetische Annahmen enthalten. Die Mannsfeld-
sche Gewerkschaft lieferte eine Hauptkarte von ihren Berg-
baufeldern auf dem Kupferschiefern1 ötze.
In Betreff der Provinz Schlesien bemerkte der Redner,
wie er die bei S. Schropp erscheinende geologische Karte von
dem Niederschlesischen Gebirge in London sehr ungern vermisst
habe; eine Karte, welche schon im Jahre 1857 in der Breslauer
Gewerbe-Ausstellung (obwohl damals erst noch in Hand-Colori-
rung) ausgehängt gewesen sei, von welcher die bereits im Buch-
handel erschienenen 3 bis 4 Sectionen, die übrigen aber in dem
früheren Handcolorit hätten beigefügt werden können. Es scheint,
als wenn das Oberbergamt zu Breslau diesen Mangel habe da-
durch ersetzen wollen, dass es aus Blättern der REiMANN'schen
Karte eine Ueber sichtskarte von Schlesien zusammenge-
setzt und diese geognostisch colorirt hat. Ueber die Art, wie solches
geschehen, sprach sich Redner tadelnd aus. Dagegen rühmte
derselbe die von Herrn Runge zu Breslau ausgestellten zwei
geologischen Gebirgsdurchschnitte, der eine von dem
Ri e sen g ebirge und der andere von dem niederschle-
siseh-böhmischen Kohlenbecken. Diese beiden Profile
fanden schon auf der Breslauer Ausstellung, wo sie ausgehängt
waren, allgemeine Anerkennung. In dem ersteren sind die Län-
gen im Verhältniss von 1 : 25000, in dem letzteren von 1 : 12500
verjüngt, in beiden aber die Höhen doppelt so gross angenom-
men als die Längen. In den Durchschnitten selbst sind die
Gebirgsschichten lebhaft colorirt, im Hintergrunde aber die Hö-
hen mit blasseren, die Formationen anzeigenden Farben angege-
ben. Dem Verfertiger ist in London die Preis-Medaille zuerkannt
worden.
Das Oberbergamt zu Breslau hatte ferner eine General-
karte von den Steinkoh 1 enflötzen und Erzlagerstät-
237
ten in Oberschlesien ausgestellt, welche unter dessen Leitung
durch einen Markscheider gefertigt worden ist. Den grössten
Theil dieser Karte bildet die schon seit einigen Jahren publicirte
Flötzkarte von Herrn Mauve, welche man nach. dem zu dieser
Karte gehörigen Uebersichtsblatte geognostisch colorirt hat. Red-
ner nennt dies ein ganz verfehltes Unternehmen, weil die Auf-
schlüsse nicht genügen, um die geognostischen Grenzen in einem
so grossen Maassstabe (1:16000) angeben zu können; dabei hat
man Diluvium und Alluvium beides ohne Farbe gelassen, so
dass man von der Ablagerung dieser Schichten ein ganz falsches
Bild erhält und während das — für den Zweck der Karte min-
der bedeutende — Tertiärgebirge lebhaft grün angelegt ist, er-
scheint das sehr blasse Gelb des Kohlengebirges kaum sichtbar.
Dasselbe kann von dem nördlichen Theile der Karte gelten,
welcher nach einer vom Redner schon vor Jahren publicirten
Karte*) bearbeitet ist, wobei überdies die Uebertragung in einen
über dreifach grösseren Maassstab nicht ohne viele Fehler
möglich gewesen ist. Die Karte enthält auch noch andere grosse
Mängel und Auslassungen ; so fehlen u. a. die Streichlinien der
Kohlenflötze bei Gleiwitz, Ornontowitz, Lendzin u. s. w. und bei
Lagiewnik sind die Steichlinien unrichtig angezeigt. Auch die
auf der Karte verzeichneten Profile enthalten mehrfache Unrich-
tigkeiten, und es muss befremden, wie eine solche, im Wesent-
lichsten nur Bekanntes mangelhaft wiedergebende Darstellung
hat in London mit einer Preis-Medaille bedacht werden können.
Die Flötzkarte von dem niederschlesischen (Wal-
denburger) Steinkohlengebirge, angefertigt von Herrn
Dr. Huyssen und Herrn A. Segnitz, ausgestellt von dem Er-
steren, ist in demselben Maassstabe (1 : 16000) angelegt wie
die oben erwähnte MAUVE'sche Flötzkarte von Oberschlesien.
Sie besteht aus 12 Sectionen von gleicher Grösse wie die Blät-
ter jener Karte. Die topographische Grundlage mit den Mark-
scheiden der Gruben war bereits gestochen, alles übrige aber
vorerst nur gezeichnet, resp. mit der Hand colorirt. — Redner
bemerkte, dass der wesentlichste Zweck einer solchen Karte darin
bestehen müsse, durch dieselbe die bisher durch wirkliche
*) Geologische Karte von den Erzlagerstätten des Muschelkalksteins
in der Gegend von Tarnowitz und Beuthen in Oberschlesien von R. v. Car-
nall. * Zweite Auflage; Verlag von S. Scbropp in Berlin.
238
Aufschlüsse bekannt gewordenen Verhältnisse genau
festzustellen, um demnächst spätere Aufschlüsse nachtragen zu
können. Allerdings könne es dem Verständniss des Ganzen för-
derlich sein, wenn die Karte hier und da auch den nur muth-
masslichen Zusammenhang von Kohlenflötzen andeute, allein dies
müsse auch eben nur eine Andeutung sein und sich von der
Darstellung des Thatsächlichen klar und bestimmt unterscheiden.
Ferner lasse sich in einem so grossen Maassstabe, wie eine sol-
che Karte ihn erfordert, aus Mangel an genügenden Aufschlüssen
eine Angabe der geologischen Formationsgrenzen gar nicht durch-
führen. Betrachte man nun aus diesen Gesichtspunkten die in
Rede stehende Karte, so könne man die ganze Ausführung der-
selben nur als eine verfehlte bezeichnen; denn sie gebe in den
Flötzzügen und in der geognostischen Colorirung, welche letztere
der geologischen Karte von dem Niederschlesischen Gebirge ent-
lehnt sei, kaum mehr als ein allgemeines, vielfach ganz hypo-
thetisches Bild. Dasselbe enthalte überdies auch augenfällige
Unrichtigkeiten , namentlich in dem glätzer Theile des Kohlen-
gebirges. So entspreche die ganze Karte nicht dem obgedachten
Zwecke und es lasse sich wohl annehmen, dass dieselbe in der
ausgestellten Bearbeitung nicht publicirt werden, diese
Arbeit vielmehr ungeachtet der Londoner Prämiirung der Ver-
gessenheit anheimfallen werde.
Noch bemerkte Redner über die auf der Karte verzeichne-
ten Profile, dass mehrere derselben auch viel zu hypothetisch,
manche aber geradezu unrichtig sind, wie z. B. die Angabe,
dass die Flötze der Gustav -Grube im Einfallen vom Porphyr
absetzen. Für solche Durchschnitte, namentlich hinsichtlich der
räumlichen Verhältnisse der Porphyre im Kohlengebirge, sei ein
sehr reiches Material vorhanden, dieses aber in der hier bespro-
chenen Arbeit weder vollständig noch mit richtiger Auswahl zur
Benutzung gekommen.
Herr v. Bennigsen-Föbder legte Proben von thonigen Ge-
bilden des vaterländischen Bodens vor, die, einerseits dem Jung-
Tertiär-Thon aus der Gegend von Möckern und Königsborn an-
gehörig, dessen Gliederung in eine obere oder Süsswasser-Ab-
theilung und zwei marine Glieder, von welchen das untere ein
kalkfreies ist, während das obere die bekannten Septarien, häufig
Meeresmuscheln und überaus zahlreich ganz neue Arten von
Foraminiferen führt, nothwendig machen dürften, und die anderer-
239
/
£eits, dem alt-quartären Thonmergel bei Chorin unweit Neustadt-
Eberswalde angehörig, durch grosse Uebereinstimmung mit der
Nagelfluh der Schweizer Voralpen neben vielen andern Bewei-
sen, dafür sprechen, dass ein grosser Theil des vaterländischen
Bodens als Vorland eines früher in grössern Dimensionen be-
standenen scandinavischen Alpengebirges anzusehen sei.
Herr Ewald besprach die durch Alphokse Favre in
Genf neuerlich herausgegebene geologische Karte eines Theils
von Savoyen, der Schweiz und Piemont, welche, die Umgebun-
gen des Montblanc und den von der Arve durchflossenen Land-
strich zwischen diesem Berge und Genf im Maassstabe von
1 5 0'0 0 darstellend, die Frucht einer mehr als zwanzigjährigen
Forschung des Autors ist und einen wesentlichen Fortschritt in
der Kenntniss von der Verbreitung der Formationen und ihrer
Glieder in dem genannten Gebiete bezeichnet. Das Anthracit-
gebirge der westlichen Alpen, welches bekanntlich trotz der darin
enthaltenen Steinkohlenflora von einem Theil der Geologen zum
Lias gerechnet wird, dessen Zugehörigkeit zum alten Steinkohlen-
gebirge indess Favre in der der Karte beigegebenen Erläuterung
ausdrücklich anerkennt, findet man seinen Grenzen nach mit
grosser Vollständigkeit verzeichnet. Besondere Beachtung ver-
dient ferner die Ausdehnung, welche den auf der Karte von
Studer und Escher bereits angedeuteten Triasbildungen dieses
Theils der Alpen durch Favre's Untersuchungen gegeben wor-
den ist. Bei Behandlung der jüngeren Secundärformationen ist
in der Juraformation versucht worden, die Sonderung des Lias
von den anderen Juragebilden durchzuführen, in der Kreidefor-
mation aber nach Abtrennung des Neocoms die übrig bleibenden
Ablagerungen durch den als Horizont ausgezeichneten und daher
besonders angegebenen Gault in eine darüberliegende und eine
darunterliegende Schichtenfolge zu sondern. Aehnliche Sorgfalt
ist auf der Karte den Tertiär- und Diluvialvorkommnissen ge-
widmet. Eine ausführliche Beschreibung des dargestellten Ge-
biets, mit welcher Herr Favre jetzt beschäftigt ist, wird der
Karte nachfolgen.
Herr Rammelsberg berichtete über seine Untersuchung des
Glimmers von Gouverneur und über die Zusammensetzung der
Magnesiaglimmer im Allgemeinen (Bd. XIV. S. 758.)
Schliesslich legte Herr G. Rose noch einen neuen Meteori-
ten vor von der Sierra de Chaco in der Wüste Atacama im Nor-
240
den von Chile, den er von Herrn Domeyko in Chile durch den
Königl. Preuss. General -Consul für Chile Herrn Leven hagen
für das Berliner mineralogische Museum neuerdings erhalten hat.
Der Meteorit hat eine sehr merkwürdige mineralogische Beschaf-
fenheit. Er kommt nicht überein mit dem schon früher in der
Wüste Atacama gefundenen Meteorit, der ein Gemenge von
Nickeleisen und Olivin ist, und zu der Abtheilung der Pallasite
gehört, sondern gleicht auffallend dem vor 7 Jahren gefundenen
Meteorit von Hainholz im Paderbornschen , und ist wie dieser
ein meistens feinkörniges Gemenge von Nickeleisen, Magnetkies,
Olivin und Augit, worin wieder einzelne grössere Körner von
Nickeleisen und den beiden Silikaten liegen. Der Augit macht
diese Meteorite besonders bemerkenswerth , da er bisher nur in
der sonst seltenen Meteoritenart, dem Eukrite beobachtet ist, wozu
die Meteorite von Stannern, Juvenas und Jonzac gehören. Der
Meteorit von der Sierra de Chaco macht mit dem von Hainholz
offenbar eine besondere Meteoritenart aus, die mit einem beson-
dern Namen zu benennen ist, wofür nun Herr G. Rose von dem
Umstände ausgehend, dass diese Meteorite recht eigentlich in
der Mitte der Eisen- und Stein - Meteorite stehen, den Namen
Mesosiderit von [xsao? in der Mitte stehend, aiSr^po? Eisen,
vorschlägt.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. o.
G. Rose. Beyrtch. Roth.
2. Protokoll der März Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 4. März 1863.
Vorsitzender: Herr G. Röse.
Das Protokoll der Februar-Sitzung wurde verlesen und an-
genommen.
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke:
O. C. Marsh. Descriptio?i of the remains of a netv Ena-
liosaurian (Eosaurus Acadianus) form the coal formation of
Nova Scotia. — The Gold of Nova Scotia. Sep.
241
) n | Amtlicher Bericht über die Industrie- und Kunst- Aussellung
i zu London im Jahre 1862 erstattet nach Beschluss der Kom-
missarien der deutschen Zollvereins-Regierungen. I, Heft. 1. Classe.
Berlin 1863. Geschenk des Verfassers Herrn Wedding in Bonn,
i A. Zittel. Die obere Nummuliten-Formation in Ungarn.
( Sep.
! R. v. Bennigsen - Förder. Das nordeuropäische und be-
i sonders das vaterländische Schwemmland in tabellarischer Ord-
nung seiner Schichten und Bodenarten. Berlin 1863.
, B. Im Austausch :
Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. XII. 4.
Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Gör-
litz. XL
Archiv für Landeskunde in Meklenburg. XII. 11. 12.
Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
in Wien. Mathem. naturw. Classe I. XLV. 2. 3. 4. 5. IL XLV.
4. 5. XLVI. 1. 2.
Schriften der königl. physikalisch-ökonomischen Gesellschaft
zu Königsberg. III. 2. 1862.
Mittheilungen aus »I. Perthes' geographischen Anstalt.
1$62. 11. 12. Ergänzungsheft 9. 10.
Zeitschrift des Architekten - und Ingenieur- Vereins für das
Königreich Hannover. VIII. 3. 4.
Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche Maat-
schappij der Wetenschappen te Haarlem. Tweede Versame-
ling. Zwentiende Deel und Negentiende Deel. Berste stuk.
Bulletin de la Societe des sciences naturelles de Neucha-
tel VI. 1.
Annales des mines. (6.) Tome 2. livr. 1. 2.
The American Journal of science and arts. 35. 103.
The Canadian naturalist and geologist. VII. 6.
Memoirs of the Geological Survey of India. Vol. IV.
Part. 1. — Palaeontologia Indica. II. 1.2. — Annual report
of the Geological Survey of India for the year 1861 — 1862.
Calcutta 1862.
Der Vorsitzende erinnerte daran, dass der heutige Tag der
zehnjährige Sterbetag von Leopold v. Buch sei.
Herr Krug v. Nidda legte oktoedrische Krystalle von Stein-
salz aus den obersten Lagen des Steinsalzvorkornmens von Stass-
furth vor. Es wechseln dort die Steinsalzschichten anfangs mit
242
Kali- und Magnesiasalzen und da, wo diese letzteren überwiegen,
finden sich in ihnen die vorgelegten Oktaeder eingewachsen.
Herr Roth berichtete in eingehender Weise über das jüngst
erschienene Werk von Sir Charles Lyell: The antiquity of
man. London 1863.
Herr Lottner legte Stücke von krystallisirtem, innig mit
Quarzsand gemengten kohlensauren Kalk vor, welche sich bei
Brilon in Westfalen auf der Sohle von Sandgruben und in
Klüften des darunter lagernden (devonischen) Massenkalkes ge-
funden haben. Dieselben erinnern an die sogenannten krystalli-
sirten Sandsteine von Fontainebleau, stehen den letzteren jedoch
in der Grösse und Schönheit der Krystalle nach. Neben gut
ausgebildeten, bis zu j Zoll langen Rhomboedern zeigen sich
durch Zusammenhäufung von Krystallen allmälige Uebergänge
in ganz gerundete und knollige Concretionen. — Derselbe be-
richtete ferner über das auf Steinkohlengruben bei Dortmund
und Bochum neuerdings öfter beobachtete Vorkommen von Haar-
kies (Schwefelnickel); dieses Mineral tritt dort — ähnlich wie
nach Jordan in der Steinkohlen- Ablagerung von Saarbrücken
und der Pfalz — mit Kalkspath , Schwefelkies und zuweilen
Blende vergesellschaftet in Querklüften des Gesteins, sowie in
den Spalten von Nierenbildungen auf. Eine Stufe desselben
wurde vorgezeigt.
Herr Drescher legte ein neu gefundenes Exemplar des
Ammonites subtricarinatus d'Orb. aus dem oberen Quader-
sandstein von Kesselsdorf im Löwenberger Kreidebecken vor.
Bisher kannte man diesen Ammoniten nur als Seltenheit aus
dem Senon des südlichen Frankreichs. In der turonen Kreide
des nördlichen Schlesiens ist nach Mittheilung des Redners Bi-
radiolites cornu pastoris d'Orb. beobachtet worden.
Herr Ewald legte mehrere ihm vou Herrn Salinen-Direktor
v. Sfxkendorf zu Schöningen mitgetheilte Gesteinsproben vor,
welche aus einem in Cöslin gestossenen Bohrloch gefördert wor-
den sind. Dieselben bestehen aus grauem, theils dolomitischen,
theils ooliihischen Kalk, welcher sich sowohl nach seinem mine-
ralogischen Charakter wie nach den darin vorgefundenen organi-
schen Resten, namentlich Exogyren und Terebrateln, als oberer
Jurakalk, dem von Fritzow bei Cammin im Alter gleichend, zu
erkennen giebt. Das bis jetzt bekannt gewesene Verbreitungs-
243
gebiet des weissen Jura in Pommern wird durch dieses Vor-
kommen um ein Stück gegen Osten erweitert.
Herr v. Bennigsen- Förd er knüpfte zunächst die Bemer-
kung an den Vortrag des Herrn Rüth über die neue Arbeit
von Herrn Lyell, dass auch die Lagerungsverhältnisse bei St.
Acheul die Ansicht von einem vordiluvialen Alter des Menschen-
geschlechts in jener Gegend nicht unterstützen, da mit den Feuer-
steinäxten unter den Diluvial-Schichten auch rothe Lehmbeimen-
gung, die nur von der Oberfläche des dortigen Bodens abstammt,
deutlich zu beobachten ist. Demnächst überreichte Redner für
die Bibliothek der Gesellschaft seine so eben erschienene Arbeit
über das nordeuropäische, besonders vaterländische Schwemm-
land, welche aus der Absicht entstanden ist, zunächst durch
specielle Angabe der Schichten und Bodenarten desselben zu
einer sichern Begründung der geognostischen und geologischen
Kenntniss der neusten Zeitabschnitte der Erdoberfläche für das
bezeichnete Gebiet beizutragen ; zugleich lud Redner diejenigen
Mitglieder der Gesellschaft, welche sich eingehender mit der
Geognosie des bezeichneten Gebiets beschäftigen wollen, ein, die
Belegstücke und Proben von den in der jetzt veröffentlichten
tabellarischen Uebersicht genannten 60 Gebilden aus der Samm-
lung des Redners genauer untersuchen zu wollen.
Herr Klnth legte einige aus dem anstehenden Kieselschie-
fer des Bansberges bei Horscha unweit Görlitz stammende Grapto-
lithen vor. Redner bemerkte, dass dieses bereits von Glocker
erwähnte Vorkommen ein neues Licht auf die den Thonschiefern
Niederschlesiens beigesellten Kieselschiefer werfe. Ferner legte
derselbe säulenförmig abgesonderte Sandsteine aus einem Basalt-
bruche südlich von Lähn in Niederschlesien vor.-
Herr Schlönrach legte 3 neue Ammoniten-Species aus
dem mittleren Lias im Hannoverschen vor. Die erste, eine
sehr grosse und involute Form, schliesst sich zunächst an Am-
monites Buvignieri d'Orr. an, der nach Oppel im unteren
Lias mit Anmionites oxynotus Quekst. und raricostatus v. Ziet.
vorkommt, und fand sich nicht selten bei Calefeld unweit Nord-
heim in dem Eisenstein mit Ammonites Jamesoni Sow.
Die zweite, von der ein grösseres Bruchstück und die
Zeichnung eines wohlerhaltenen vollständigen Exemplares vor-
gelegt wurde, ist wenig involut mit eiförmiger Mundöffnung ; die
Windungen sind mit flachen abgerundeten Rippen versehen, welche
244
etwas oberhalb der Naht einen Knoten tragen und, nach oben
schwächer werdend, gerade über den Rücken verlaufen; zwischen
denselben und parallel zu ihnen verlaufen viele feinere Streifen,
welche auf dem Rücken von gleicher Stärke sind wie die Rip-
pen. Es wurden von dieser Art, welche derselben Schicht an-
gehört wie die vorige, Exemplare von Calefeld und Rottorf am
Kley in Hannover, mehrere aus Schwaben und eins aus dem
Canton Bern, im Ganzen 8, beobachtet.
Die dritte Art schliesst sich zunächst an Ammonites ca-
pricornus v. Schloth. an, unterscheidet sich von demselben aber
durch Schärfe der Rippen, die auf der Mitte des Rückens ge-
wöhnlich stark nach vorn gebogen sind, so dass dort eine schwa-
che Furche entsteht; auf der Seite tragen die Rippen je 2 starke
Dornenreihen. Diese Art findet sich sehr häufig an vielen Lo-
kalitäten mit Ammonites capricornus v. Schloth., Davoei Sow.
und margaritatus Montf. zusammen in einer Schicht, die etwas
höher liegt als die vorigen.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. o.
G. Rose. Beyrich. Roth.
3. Protokoll der April -Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 8. April 1863.
Vorsitzender Herr Gr. Rose.
Das Protokoll der März- Sitzung wurde verlesen und an-
genommen.
Als Mitglied ist beigetreten:
Herr Dr. phil. Küsel in Berlin,
vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, Ewald,
Roth.
Sr. kaiserliche Hoheit Erzherzog Ferdinand Maximilian,
Marine -Oberkommandant, haben der Gesellschaft ein Exemplar
des in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei zu Wien angefertigten
Abdruckes des plastischen Planes der Insel St. Paul im indi-
schen Ocean zu verehren geruht, welches vorgelegt wurde.
245
Für die Bibliothek sind eingegangen:
A. Als Geschenke:
A. Stopp am. Supplement a Vessai sur les conditions
g&nerales des couches a sivicula contorta. Milan 1 863.
R. Kker und F. Stein© achner. Neue Beiträge zur Kennt-
niss der fossilen Fische Oesterreichs. Wien 1863.
H. Fischer. Ueber die Verbreitung der triklinoedrischen
Feldspathe in den sogenannten plutonischen Gesteinen des Schwarz-
waldes. Sep.
M. v. Lipold. Die krystallinischen Schiefer- und Massen-
gesteine in Nieder- und Oberösterreich — Der Nickelbergbau
Nökelberg — Die Grauwacken - Formation im Kronlande Salz-
burg — Der Salzberg am Dürnberg nächst Hallein — Geolo-
gische Notizen aus der Umgebung des Salzbergwerkes zu Hall
in Tirol — Geologisches Vorkommen im Hüttenberger Erzberge
in Kärnten — Bemerkungen über Herrn Münichdorfer's Be-
schreibung des Hüttenberger Erzberges — Erläuterung geologi-
scher Durchschnitte aus dem östlichen Kärnten — Bericht über
die geologischen Aufnahmen in Oberkrain 1856 — Die Eisen-
stein-führenden Diluviallehme in Unterkrain — Bericht über die
geologische Aufnahme in Unterkrain 1857 — Geologische Ar-
beiten im nordwestlichen Mähren — Ueber Herrn Barrande's
Colonien — Das Steinkohlengebiet im nordwestlichen Theile des
Prager Kreises. Separatabdrücke.
B. Im Austausche:
Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussi-
schen Rheinlande und Westfalens. XIX. 1862.
Generalregister der ersten 10 Bände des Jahrbuchs der k. k.
geologischen Reichsanstalt. Wien 1863.
Abhandlungen herausgegeben von der Senckenbergischen
naturforschenden Gesellschaft. IV. 2.
Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Mos-
cou. 1862. III.
The American Jouinal of Science and arts. N. 104.
March 1863.
Herr Ehrenrerg legte das unter dem Titel: Manual of
Geology with special reference to American geological history
by James Dana. Philadelphia 1863. erschienene, reich mit Illustra-
tionen ausgestattete Werk vor. Derselbe berichtete ferner, dass es
Staatsrath Paeder gelungen sei, die früher nur in Hornstein-
geschieben des Kohlenkalkes bei Tula beobachteten Polythalamien
dort jetzt in einer Schicht von Thon und Lehm aufzufinden, in
welcher diese Organismen vollkommen gut erhalten und von allen
246
Seiten der Beobachtung zugängig auftreten. Die Polythalamien
aus diesen Thonen wurden vorgelegt.
Herr G. vom Rath sprach über die Zusammensetzung des
Mizzonits vom Vesuv. Der Mizzonit ist in seiner Krystallform
dem Mejonit verwandt, findet sich aber nicht wie letzteres Mineral
auf Kalkstein - Auswürflingen , sondern in Drusen von Blöcken,
welche vorzugsweise aus Sanidin bestehen. Das spec. Gewicht
des Mizzonits 2,623 ist erheblich geringer als dasjenige des Me-
jonits. Die^ Zusammensetzung ist folgende: Kieselsäure 54,70,
Thonerde 23,80, Kalkerde 8,77, Magnesia 0,22, Kali 2,14, Na-
tron 9,83, Glühverlust 0,13. Es verhalten sich demnach die
Sauerstoffmengen der Kieselsäure, der Thonerde, der einatomigen
Basen wie 5:2 : 1. Die Gattung Wernerit umfasst nun drei
bisher sicher erwiesene heteromere Species: den Mejonit mit der
Sauerstoffproportion 1:2:3, den Skapolith mit der Proportion
1 : 2 : 4, den Mizzonit mit der Proportion 1:2:5. — Der Wer-
nerit von Gouverneur (New York) besitzt auch diese letztere Sauer-
stoffproportion und muss demnach zu der Species Mizzonit ge-
rechnet werden.
Der Vorsitzende legte einige Gebirgsarten von den Vorber-
gen des hohen, wie es scheint, noch thätigen Vulkans auf der
Ostküste von Afrika, im Westen von Zanzebar, dem Kiliman-
scharo vor, die Herr v. d. Decken von seiner letzten Expedition
nach diesem Vulkan mitgebracht und Herrn Barth geschickt
hatte, durch den sie dem Vorsitzenden mitgetheilt wurden. Sie
bestehen grösstentheils aus Glimmerschiefer, der Quarz und klein-
schuppigen schwarzen Glimmer in dünnen Lagen wechselnd ent-
hält, und durch einen grossen Reichthum von rothem Granat
ausgezeichnet ist, der gewöhnlich nur in kleinen Krystallen in
den Quarzlagen liegt, aber in manchen Lagen grösser, und hier
fast Zoll-gross ist, in welchen dann auch der Glimmer grossblätt-
riger erscheint, und sich um den Granat herumlegt; — ferner
aus einem sehr merkwürdigen und frischen Hypersthenfels , und
von neueren vulkanischen Gesteinen aus Basalt und Trachyt ; er-
sterer ganz ähnlich unsern Basalten enthält Olivin und Augit ein-
geschlossen, letzterer in einer grauen Grundmasse grosse Krystalle
von glasigem Feldspath. Versteinerungsführende Gebirgsarten
sind in der Sendung gar nicht enthalten, die Basalte und Trachyte
scheinen also wie in der Auvergne unmittelbar aus den soge-
nannten primitiven Gebirgsarten hervorzubrechen. Herr Barth
fügte noch einige Bemerkungen über den Kilimanscharo und die
Expedition des Herrn v. d. Decken nach diesem Vulkane hinzu.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. o.
G. Rose. Beyrich. Roth.
247
B. Briefliche Mittheil ung.
Herr Zimmermann an Herrn Roth.
Hamburg, den 4 April 1863.
Herr Professor Ferd. Roemer hat in dieser Zeitschrift
(Bd. XIV. S. 575) eine sehr lehrreiche Abhandlung „Ueber die
Diluvial-Geschiebe von nordischen Sedimentär- Gesteinen in der
norddeutschen Ebene", veröffentlicht, die mich lebhaft interessirt
hat, da ich mich seit länger als vierzig Jahren vielfach mit den
Geschieben unserer Gegend, namentlich mit den darunter vor-
kommenden Petrefakten beschäftigt habe. Herr Professor Roe-
mer führt in seiner Abhandlung verschiedene Gegenden und
Oertlichkeiten an, von denen ihm Geschiebe von nordischen Se-
dimentär-Gesteinen bekannt sind; aus Holstein geschieht aber
nur der von Herrn Dr. Meyn beschriebenen Dolomit- Geschiebe
ausführlicherer Erwähnung Und doch ist auch Holstein beson-
ders reich, nicht nur an Findlings -Petrefakten der Kreide- und
Tertiär-Formation, sondern auch aus silurischen Schichten. Ich
habe schon im Jahre 1841, im N. Jahrbuch für Mineralogie
S. 643 einen Aufsatz „Ueber die Geschiebe der norddeutschen
Ebene und besonders über die Petrefakten , welche sich in dem
Diluvial- Boden der Umgebung Hamburgs finden", veröffentlicht;
in welchem ich nach dem Vorgange Klöden's und Quenstedt's
(über die Geschiebe der Umgegend Berlins, in N. Jahrb. 1838,
S. 136) die Petrefakten der Uebergangs-Formation beschrieben,
und auf ihre ursprüngliche Lagerstätte hinzuweisen versucht habe.
Seitdem hat sich meine Sammlung begreiflich sehr vermehrt,
wenn ich auch nur im Umkreise unserer Stadt in einer Entfer-
nung von 2 bis 3 Meilen habe sammeln können. Eine grössere,
einst von Herrn Koch zusammengebrachte Sammlung von Find-
lings - Petrefakten , befindet sich jetzt in unserm Museum. Ich
halte es nicht für überflüssig auf diese Thatsachen wieder auf-
merksam zu machen , um der etwaigen Meinung zu begegnen,
als ob auf diesem Boden der Forschung hier nichts geschehen
248
wäre. Darum erlauben Sie mir noch einige Mittheilungen über
das Vorkommen von Versteinerungen in den Gerollen unserer
Gegend. Die Hauptfundorte sind dei Lehm- und Mergelgruben
bei Wellingsbüttel, Poppenbüttel, Hoisbüttel, Bergedorf, Reinbeck
und die Gegend zwischen Blankenese und Schulau. Am häufig-
sten finden sich Kreide- Versteinerungen, meistens im Feuerstein,
seltener isolirt. Aus dem Nachlass eines vor einigen Jahren
verstorbenen Geistlichen in Lauenburg erhielt ich einige Jurä-
Versteinerungen , die in einer Mergelgrube bei Mölln gesammelt
worden sein sollen. Ich^bedaure es sehr, mir keine zuverlässige
Auskunft über die Gewissheit des Fundortes dieser Petrefakten
verschaffen zu können. Sie tragen indessen alle Zeichen der
Zusammenschwemmung an sich, denn sie sind meistens stark
abgeschliffen.
249
2 . €. Aufsätze.
1. Geognostische Beschreibung des Districtes der
Lindner Mark und ihrer nächsten Umgebung bei
I Giessen, mit besonderer Rücksicht auf das Vorkom-
men der Manganerze, sowie unter Aufzählung und
f Charakteristik sämmtlicher mit denselben auftreten-
den Mineralien.
Pilllp^; ■' fr m&r^-d >bM
Von Herrn Ottmar Hahn in Wetzlar.
Die Lindner Mark nimmt im Südosten und Süden der Stadt
Giessen ungefähr einen Raum von ij Quadratstunde ein und
bildet ein bergiges, zum grossen Theil von Wald bedecktes Ter-
rain, welches im Westen von dem preussischen Kreise Wetzlar,
im Norden von der Lahn und der in dieselbe fliessenden Wieseck,
im Osten von den Ausläufern der Basalte des Vogelsberges und
endlich im Süden von den Gemarkungen der Dörfer Steinberg
und Leihgestern begrenzt wird.
Der zur unteren Gruppe der devonischen Formation gehö-
rende Spiriferensandstein ist das älteste Sediment und besitzt zu-
gleich die grösste Ausdehnung und mächtigste Entwickelung in
derselben. Er streicht aus dem Kreise Wetzlar in genau nord-
östlicher Richtung und bildet bei seinem Eintritt in die Mark
eine nicht unbeträchtliche Erhöhung, verschwindet dann unter
dem Alluvium des Lahnthals, kommt erst wieder zu beiden Seiten
der Main- Weser- und Köln - Giessner Bahn zum Vorschein, ver-
breitet sich über den ganzen Seltersberg und verschwindet eines-
theils nach Nordosten unter den Tertiärsanden, anderntheils keilt
er sich mit dem Kalke im Westen von Kleinlinden aus. Die
Linie der Main- Weserbahn durchschneidet kurz vor dem Tannen-
walde hinter Kleinlinden zwei solcher Auskeilungen. Die süd-
lichste von ihnen setzt in der Richtung Südwest weiter fort und
erreicht ihr Ende in dem Kalke nahe der preussischen Grenze.
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 2. 17
250
Ungefähr in der Mitte der Mark tritt der Spiriferensandstein
wiederum hervor , wird hier jedoch grösstenthels von den ihn
überlagernden Tertiärmassen verdeckt, so dass er nur an der
Chaussee nach Grossenlinden und westlich von dem Braunstein-
bergwerke, wo er sich mit dem Kalke auskeilt, zu beobachten ist.
Ein drittes Vorkommen ist fast gänzlich vom Walde bedeckt
und befinden sich hier auch nur wenige deutliche Aufschlüsse.
Westlich von Kleinlinden an der Grenze des Spiriferensand-
steins tritt eine petrefactenführende Schicht von nur geringer
Breite zu Tage, welche genau das allgemeine Streichen von Süd-
west nach Nordost innehält. In der Nähe von Giessen kommt
sie nochmals zum Vorschein und zwar zwischen der Main-Weser-
bahn und der nach Wetzlar führenden Chaussee , ehe dieselbe
den Damm der Bahn durchschneidet ; doch ist sie jetzt durch die
an dieser Stelle vorgenommenen Eisenbahnbauten theilweise ver-
deckt.
Der Stringocephalenkalk aus der mittleren Gruppe der de-
vonischen Formation gewinnt im Osten und Süden Kleinlindens
seine grösste Ausdehnung und besitzt in seinem Streichen ganz
dieselbe Richtung des Spiriferensandsteins. Er ist zwar nicht,
wie es bei einem Blick auf die Karte erscheinen muss, überall
da zu Tage tretend, wo er auf derselben aufgeführt wird, allein
es zeigen Höcker und Kuppen desselben, welche an vielen Orten
aus der ihn fast beständig bedeckenden Thonschicht hervorragen,
sowie zahlreiche Schürfarbeiten , die ihn x an den verschiedenen
Stellen blossgelegt haben, hinlänglich sein Verbreitungsgebiet an.
Zwischen Kleinlinden und Lützellinden wird er von der Lücke-
bach durchbrochen und streicht sodann weiter über die Grenze
der Gemarkung hinaus.
An den verschiedensten Orten, so namentlich in der Nähe
des Braunsteinbergwerkes im Giessner Wald und auf dem Südab-
hange des Berges hinter Kleinlinden, ist er in Dolomit umgewan-
delt. Ein sehr interessantes Vorkommen desselben findet sich
unter den Diluvialmassen, welche die neue Eisenbahn, bevor sie
Giessen erreicht, durchschneidet. Er steht offenbar mit dem Kalke
von Kleinlinden in innigem Zusammenhang, da er sich genau auf
der Streichungslinie desselben befindet. Der übrige Theil der
Mark und zwar hauptsächlich der Nordwesten und Süden wird
von mächtigen Tertiärbildungen eingenommen , an welche sich
251
i auf dem Seltersberg und in der Nähe von Kleinlinden Geröll-
massen aus der Diluvialzeit anschliessen.
j. Spiriferensan dstein.
Die grosse Aehnlichkeit, welche dieses Gestein an allen Or-
I ten wo es auftritt unter sich zeigt, beweiset, dass das zu seiner
Bildung verwandte Material überall dasselbe gewesen sein musste.
Seine Masse ist meistens von bedeutender Härte und treten in
, derselben kleine abgerundete Quarz- und Kieselschieferstückchen
deutlich hervor, welche durch Thonschiefersubstanz, die in der
Regel von Eisenoxyd oder Eisenoxydhydrat durchdrungen ist,
verbunden sind. Die Fragmente sind von dem verschiedensten
, Korne , doch erreichen sie in unserer Gemarkung niemals die
Grösse, dass das Gestein ein grobes conglomeratartiges Ansehen
bekäme. Die Farbe ist bald gelbgrau, bald tief braun, je nach
den Körpern, durch welche sie hervorgerufen wird.
Auf dem Querbruche zeigt die Grauwacke ein feinsandiges
Ansehen ähnlich wie grober Sandstein, als welcher sie auch zu
betrachten ist. Doch findet sich im Gegensatz zu dem eigent-
lichen Sandsteine, bei dem eine rechtwinklige Absonderung vor-
herrschend ist, eine rhomboedrischeoder unregelmässige polyedrische
Zerklüftung, welche erstere besonders für das Gestein charakte-
ristisch ist. Manche sehr dichte Varietäten zeigen auf dem Bruch
eine feinerdige Beschaffenheit. Glimmerblättchen, die in der gan-
zen Masse regellos vertheilt sind, treten auf dem Bruch nur un-
deutlich hervor, lassen sich aber doch an ihren spiegelnden Flächen
erkennen. Auf der Ablagerungsfläche, dem sogenannten Haupt-
bruch, sind sie dagegen gewöhnlich deutlicher zu beobachten.
Nirgends befinden sich die Schichten in ihrer ursprünglichen
Lage, sondern sind unter den verschiedensten Winkeln emporge-
richtet und fallen mit Ausnahme einer Stelle, die weiter unten
beschrieben werden soll, alle gegen Süden und Südosten ein.
An dem westlichen Abhänge des Kleinlindener Berges der
Teufelsmühle gegenüber ist das Gestein stark verwittert und
mitunter in Letten umgewandelt. Es zeigen sich hier viele in
allen Richtungen kreuzende, oft zollbreite Quarzschnüre, welche
bald die Spalten, in denen sie sich befinden, ganz ausfüllen, bald
nur an den Wänden derselben in kleinen Krystallen abgesetzt
sind. Da diese Spalten ganz unabhängig von der Bildung des
17*
252
Gesteins sind und erst bei der Verschiebung desselben gebildet
wurden, so besitzt auch der durch Secretionen oder Infiltrationen |
in sie gelangte Quarz ein viel jugendlicheres Alter als der, wel- t
eher mit zur Constituirung der Grauwacke beiträgt. Etwas über
die Grenze der Gemarkung an der Chaussee nach Dutenhofen
ist der Spiriferensandstein durch einen Steinbruch schön aufge- "
schlössen, und tritt hier wechsellagernd mit Schichten von Thon-
schiefer auf, welche durch ihre dunklere Farbe, schon von Ferne
aus der helleren Grauwacke hervortreten. Eine derartige Auf-
einanderfolge von Thonschiefer und Grauwacke kann nur durch
die Existenz stärkerer und schwächerer Strömungen erklärt
werden , welche bald gröberes bald feineres Material mit sich
führten und abgelagert haben. Das Gestein fällt hier ungefähr
in einem Winkel von 60 Grad nach Südosten ein.
Weiter westlich von diesem Orte findet sich ein Steinbruch,
in welchem die Grauwacke durch eine grosse, plattenförmige Ab-
sonderung ausgezeichnet ist. Sie wechsellagert hier ebenfalls mit
Thonschiefer und fanden sich an mehreren Stellen breite, thonige
stark mangan- und eisenoxydhaltige Massen, welche die Zwischen-
räume von dem Gestein verkitteten. An deren Stelle mögen
früher Knollen und Schnüre von Kalk gewesen sein, der durch
eisen- und manganführende Gewässer aufgelöst und an dessen
Stelle die beiden Metalloxyde niedergeschlagen und oxydirt wurden.
In dem Spiriferensandstein des Seltersberges zeigen sich, ähn-
liche Absonderungen in den Klüften und Schichtungsflächen, nur
dass sie hier aus Rotheisenstein bestehen. Letzterer überzieht
das Gestein besonders an einem durch die neue Eisenbahn frei-
gelegten Punkte in dünnen Rinden, so dass man es mitunter für
compacten Rotheisenstein halten kann und erst beim Zerschlagen
lässt das Stück die unveränderte innere Masse erkennen.
Mit der fortschreitenden Verfeinerung des Materials der Grau-
wacke, durch welche ein allmäliges Verschwinden der Fragmente
bedingt wird, mit der Zunahme des thonigen Bindemittels und
der Glimmerschüppchen geht dieselbe in Grauwackenschiefer und
zuletzt in Thonschiefer über. Der Uebergang des Grauwacken-
schiefers in den Thonschiefer findet so allmälig statt, dass keine
scharfe Grenze zwischen beiden zu ziehen ist. Im Wesentlichen
unterscheidet er sich von letzterem durch die Structur, indem die
rhombischen Absonderungen desselben an den Enden mehr rund-
253
et if liehe Formen zeigen, während die Kanten' und Ecken des Thon-
in 11 Schiefers scharf ausgebildet sind. Der Thonschiefer ist als eine
I i Bildung der feinsten successiven Schlammabsätze zu betrachten,
in An den Orten, wo ich ihn zu beobachten Gelegenheit hatte,
d o sind dunkle Farben, bald dunkelgrau bis dunkelgrün, bald mehr
• ■! rothgrau, vorwaltend. Ueberall ist er mit äusserst kleinen Glim-
■• merschüppchen bedeckt, welche auf der Schichtungsfläche beson-
!9 ders deutlich hervortreten. Die Glimmerschüppchen stehen in
• innigem Zusammenhang mit der Schieferung, denn mit der Zu-
t nähme derselben wird die schiefrige Structur deutlicher. Der
i Thonschiefer tritt immer mit der Grauwacke wechsellagernd auf
i und erleidet wie diese mannigfache Verschiebung und Zerknickung.
i So findet sich z. B. der Sorgemühle gegenüber eine Schicht
desselben , welche diese Erscheinung zeigt. Etwas gegen
, Norden einfallend ist sie fast senkrecht in die Höhe gerichtet
und die wahre Schichtung nur dadurch deutlich zu erkennen,
] dass sich in der Mitte derselben eine ungefähr handbreite Lage
|i von Grauwacke befindet. Die Schiefer zeigen drei zu einander
schiefwinklig stehende Ablösungen, wodurch griffeiförmige oder
i rhombische Absonderungen entstehen, welche an den der Ver-
witterung am meisten ausgesetzten Stellen besonders deutlich her-
vortreten. Obgleich sich die Schieferung auf beiden Seiten der
Grauwacke mit unveränderter Richtung fortsetzt, sind an letzterer
doch durchaus keine ähnliche Ablösungsrichtungen zu bemerken.
Mit Ausnahme der einen petrefactenführenden Schicht, deren
Lage bei der Beschreibung der Mark angedeutet wurde, ist der
Spiriferensandstein arm, wenn nicht geradezu leer, an Versteine-
rungen. In der petrefactenführenden Schicht finden sich meistens
nur Steinkerne oder Abdrücke, häufig mit einer dünnen Rinde
von Eisenoxydhydrat überzogen. Neben den Thierüberresten
kommen häufig Abdrücke von Fucoiden vor, unter denen bis
jetzt Chondrites antiquus ^ bestimmt wurde. Herrn Professor
Knop verdanke ich Kenntniss sämmtlicher hier gefundenen Ver-
steinerungen. Es sind folgende:
Pleurodictyum problematicum ±
Cyathophyllum sp. ?
Crinoiden - Stiele
Fenestella infundiboliformis -f-
Vhonetes sarcinnlata \
254
Orthis striatula =f
Phacops latifrons =p
Phacops laciniatus _l
Von diesen neun gefundenen organischen Ueberresten kom-
men zwei (=f) sowohl Jn dem unteren als auch dem mittleren
devonischen System vor, vier (X) aber gehören nur dem un-
teren an und ist hierdurch hinlänglich bewiesen, dass die Schich-
ten, in welchen sie enthalten sind, den ältesten devonischen zu-
gerechnet werden müssen.
2) Stringocephalenkalk.
Der Stringocephalenkalk tritt in der Gegend von Wetzlar
in drei parallelen Zügen auf, die ungefähr eine Meile von einan-
der entfernt sind und das Hauptstreichen der devonischen For-
mation innehalten. Die beiden nördlichsten derselben beginnen
im Nassauischen und gehören dem einen die Kalke an der Bieber,
dem andern die der Lindner Mark an. Der dritte Zug kann hier
nur geringeres Interesse haben, da er bei weitem nicht das aus-
gedehnte Streichen der beiden ersteren besitzt und ausserdem zu
entfernt von der Grenze der Gemarkung ist, als dass er in die
Betrachtung hineingezogen werden könnte.
Im Aeussern zeigen alle in der Mark vorkommenden Kalke
eine grosse Aehnlichkeit. Der Bruch ist muschlig, die Farbe
gewöhnlich ein helleres oder dunkleres Graublau, die bei einem
Gestein in der Nähe Kleinlindens, welches beim Anschlagen einen
stinkenden Geruch erkennen lässt, fast in schwarz übergeht, je-
doch fehlt es auch nicht an gelblichen und röthlichen Varietäten.
Die der Luft am meisten ausgesetzten Theile sind von viel hellerer
Farbe als die tiefer liegenden desselben Gesteins, was bedingt
wird durch die Oxydation der färbenden bituminösen Substanzen.
Ueberall wo der Kalk zu Tage tritt, zeigt er eine unregel-
mässige stark zerklüftete und verwitterte Oberfläche, an welcher
gewöhnlich eine grosse Zahl von in Kalkspath umgewandelten
organischen Ueberresten gefunden wird , die mit den das Gestein
in allen Richtungen durchziehenden Kalkspathadern oft einen Zoll
hoch hervorragen. Mitunter bestehen die Conchylien und Ko-
rallen des Kalks aus Aragonit, was sich aus den Untersuchungen
von Necker und von Dana ergeben hat, welche die Härte und
das speeifische Gewicht derselben bestimmten.
255
Die Versteinerungen sind gewöhnlich so fest mit dem Kalk
verwachsen, dass es in den meisten Fällen nicht möglich ist sie
loszulösen. An frischen Bruchflächen sind sie nur undeutlich zu
sehen und bloss durch die weisse Färbung namentlich an den
Rändern kenntlich. Beim Poliren liefert dieser Kalk einen durch
seine Versteinerungen und die dadurch hervorgebrachten Gegen-
sätze schön gezeichneten Marmor.
Alle Kalke, besonders aber die der Uebergangsformation, sind
ausgezeichnet durch die häufig in ihnen vorkommenden Höhlen.
Im Bereiche der Lindner Mark finden sich zwar keine, doch
glaube ich, besonders da auf dem nördlichsten der oben angege-
benen Kalksteinzüge einige wenn auch nur von geringer Aus-
dehnung vorkommen, ihnen ein paar Worte widmen zu können.
Wo die Schichten des Kalks horizontal liegen, wie sie ge-
bildet wurden, hat man nur selten grössere Höhlen zu erwarten.
Sind sie aber wie bei uns mehr oder weniger gebogen oder gar
gebrochen, und ist somit die Bedingung gegeben, dass sich Spal-
ten im Innern derselben erzeugen konnten, die sodann durch die
Gewässer ausgewaschen und erweitert werden können, so ist es
immer gerechtfertigt auf derartige Bildungen zu schliessen. Bei
den meisten Höhlen spielten und spielen noch immer die Gewässer
eine grosse Rolle, was wir an den Tropfsteinbildungen sehen,
welche oft in den seltsamsten Formen in ihnen erscheinen.
Auf dem Boden einer -dieser Höhlen bei Wetzlar fand sich
ein brauner Mulm, welcher bei der Untersuchung die Fragmente
von Brustpanzern und Flügeln von Insecten zu erkennen gab.
In einer anderen wurden Knochen von Rhinoceros tichorhinus,
Equus und Hyaena spelaea gefunden.
An dem Kalke ist die Schichtung gewöhnlich nicht so deut-
lich wie an der Grauwacke oder gar dem Thonschiefer zu er-
kennen. Am deutlichsten ist sie in einem der Steinbrüche hinter
Kleinlinden zu beobachten.
Die Kalklager sind meistens von einer Menge Sprünge durch-
zogen, welche das Gestein nach der Oberfläche zu in kleiner
werdende, unregelmässige von Thon umlagerte Blöcke und Bänke
zertheilen. Diese Erscheinung lässt sich als eine Folge der Ver-
witterung unterstützt durch Frost erklären. Das vom Wasser
durchdrungene Kalkgebirge wird durch die Kraft, welche das beim
Gefrieren sich ausdehnende Wasser ausübt, in einzelne Stücke
256
zersprengt. Hierdurch wird dem Zerstörungsprozess von allen
Seiten der Zutritt erleichtert und die Isolirung eines Stückes,
welche anfangs nur durch einen Sprung hergestellt war, durch
zwischen gelagerten, sich theilweise aus dem Kalk ausscheidenden,
theilweise zugefuhrten Thon vergrössert, bis endlich das Stück
von dem Lager vollständig getrennt ist. Da die Ecken eines
solchen Stücks verhältnissmässig eine viel grössere Fläche bieten
als die übrige Masse, so wird an ihnen die Verwitterung am
stärksten vor sich gehen und muss mit dem allmäligen Verschwin-
den derselben eine Abrundung des ganzen Blockes in Verbindung
stehen.
Dichte und poröse Gesteinspartien finden sich oft nur wenige
Schritte von einander entfernt, so z. B. an dem Saume des Giessner
Waldes in der Nähe des Braunsteinbergwerks. Mehrere Kuppen
ragen hier über die Erdoberfläche empor, die theils in Dolomit
umgewandelt, theils aus dichtem unveränderten Kalksteine be-
stehen. Offenbar leistete letzterer vermöge seiner dichteren Struc-
tur den Einflüssen der Atmosphärilien erfolgreich Widerstand,
während der andere, der jedenfalls ganz denselben Einflüssen aus-
gesetzt war, sich bis in grössere und geringere Tiefen in Dolomit
umgeändert findet.
Zwei Analysen des Kalkes ergaben:
1. 2
dunkler sehr dichter heller weniger dichter
Kalkstein. Kalkstein.
CaO C02 98,233 98,050
MgO C02 0,256 0,352
MnO C02 0,093 0,168
FeO C02 0,096 0,201
P05 0,007 Spuren.
Thon 0,150 0,436
Bitumen 0,006 —
98,841 99,207
Die Spectralanalyse des zweiten Kalkes liess Strontian, Kali
und Natron erkennen.
Mit der Verwitterung des Kalkes in innigem Zusammenhang
steht die Umwandlung desselben in Dolomit. Kommen nämlich
die kohlensäurehaltigen Tagewasser mit einem Kalklager in Berüh-
257
rung, so wird der leicht löslichste seiner Bestandtheile zuerst
aufgenommen und fortgeführt werden. In unserem Falle ist dieses
die kohlensaure Magnesia, allein die Entfernung derselben wird
durch den kohlensauren Kalk gehindert, welcher mit ihr ein sehr
schwer lösliches Doppelsalz , den Dolomit bildet. Dieser bleibt
alsdann zurück und anstatt der Magnesia geht Kalk in Lösung.
Es findet dieser Umsatz übrigens nicht allein an der Oberfläche
des Gesteins statt, sondern in allen Klüften und Poren desselben,
die vermöge ihrer Kapillarität "das Lösungsmittel in dem ganzen
Gestein aufsaugen und verbreiten. Die fortwährend nachdrin-
genden Tagewasser vervollständigen die Umbildung des Kalks
mehr und mehr, er verliert bei stärkerer Dolomitisation seine ur-
sprünglichen Eigenschaften, der muschelige Bruch verschwindet
und macht einem feinkörnigen, je nach dem Grade der Umwand-
lung deutlich krystallinischen Platz. An den feinen Poren treten
Krystallisationen auf, das specifische Gewicht und die Härte nehmen
zu, bis endlich aus dem Kalkstein ein vollendeter Dolomit her-
vorgeht. Alle diese Vorgänge lassen sich, wo das Gestein durch
Sprünge bis tief in sein Inneres aufgerissen ist, so namentlich
auf dem Kalksteinzuge hinter Kleinlinden, ja selbst schon an
Handstücken beobachten.
Der Dolomit besteht aus einer deutlich krystallinischen bis
feinkörnigen Masse, welche aus lauter kleinen Bitterspathrhombo-
edern zusammengesetzt ist. Seine Farbe wechselt zwischen hell
gelbbraun bis tief dunkelbraun und ist er im letzteren Falle von
nicht unbeträchtlichen Mengen Manganoxyden begleitet. Die hel-
leren Varietäten führen jedoch gewöhnlich ebenfalls Manganoxyde,
obgleich diese sich deutlich oft erst unter der Lupe erkennen
lassen. Sie überziehen oder erfüllen die feinsten Höhlungen und
Poren des Gesteins mit dünnen krystallinischen Rinden und treten
mitunter auch in grösseren Ausscheidungen von strahlig krystal-
linischer Structur oder einzelnen breiteren Streifen in ihm auf.
An der Oberfläche bis tief in das Innere ist der Dolomit in der
Regel sehr porös und von grösseren oder kleineren Höhlungen
durchsetzt, welche dem Gestein ein ganz zerfressenes, cavernöses
Ansehen ertheilen. Zerschlägt man eine solche verwitterte Masse,
so fallen gewöhnlich eine Menge kleiner Bitterspathrhomboeder
heraus, sogenannter Dolomitsand und zeigt sich das Innere der
von ihm erfüllten Räume oft von zelliger Structur. Diese Er-
258
scheinung wird hervorgebracht durch die Poren, von welchen die <j
Dolomitisation ausging, und um welche sich eine Rinde von Do- d
lomit gebildet hat, so dass sie als lauter kleine, hohle Säulchen fi
sich zeigen. Nach der Tiefe hin wird der Dolomit compacter, \,
während er durch die Verwitterung an der Oberfläche in ein
loses Gefüge von eckigem Korne zerfällt.
Der Dolomit hat wie der Kalk eine sehr unebene Oberfläche, j
bald tritt er in zerrissenen , zackigen Höckern über den Boden, j
bald sinkt er wieder tief unter denselben und ist alsdann immer ,
von einer viele Fuss mächtigen Thonlage bedeckt. Schichtung |
lässt sich an ihm nur sehr undeutlich, für gewöhnlich gar nicht
erkennen.
Der bei der Dolomitbildung aufgelöste kohlensaure Kalk wird
theils gänzlich weggeführt, theils setzt er sich in den Klüften
und Höhlungen des Gesteins als Kalksinter oder Kalkspath ab
und giebt in letzterem Falle Veranlassung zu jenen durch die
Mannigfaltigkeit ihrer Krystallformen ausgezeichneten Drusen, wie
sie in den Kalken von Kleinlinden gefunden werden. Bald ist in
denselben das Skalenoeder (R3), bald das Rhomboeder vorherr-
schend und tritt letzteres in vielfachen Combinationen auf, von
denen — {R und oo R die häufigsten sind. Oft sind die Kry-
stalle mit einer dünnen Rinde von Bitter- oder Braunspath über-
zogen, oft bestehen sie nur aus denselben. In einer kleinen Ska-
lenoederdruse fanden sich alle Krystalle von Mangan überkleidet.
Die Krystalle des Kalkspaths zeigen ein eigentümliches Verhal-
ten. Je reiner dieselben nämlich von fremden Bestandteilen
sind, um so flächenreicher werden im Allgemeinen ihre Formen.
Treten aber die dem Kalk isomorphen Körper Magnesia, Man-
gan, Eisen in chemische Verbindung mit ihm, so werden seine
Krystalle je nach der Menge Anwesenheit dieser Körper immer
einfacher und krystallisiren bei wachsender Zunahme derselben
nur noch in Rhomboedern. Zuweilen kommt in den Höhlungen
des Dolomits Halloysit vor, von gelblich bis röthlich - weisser
Farbe und muscheligem schwach glänzenden Bruch.
Am günstigsten für die Dolomitisation sind, wie schon her-
vorgehoben, poröse Kalksteine und horizontale Flächen desselben,
auf welchen das Wasser vor zu schnellem Abfluss geschützt ist.
An senkrechten oder stark geneigten Felswänden geht die Dolo-
mitisation zwar auch, aber nur äusserst langsam von Statten,
259
deDn das Wasser spült dieselben eigentlich mehr aus und reisst
die weniger dichten Theile des Kalks mit sich fort, während die
festeren stehen bleiben und zuletzt als Reliefs an den Wänden
hervorragen. Durch diesen schnellen Abzug wird der chemischen
Action zu wenig Zeit gelassen in Wirkung zu treten , und es
findet desshalb auch kein Austausch zwischen Kalk und Magnesia,
in Folge dessen auch keine Dolomitisation statt. Daher konnte
ich an solchen Orten, deren zollhoch aus der Felswand hervor-
ragende Versteinerungen auf eine kräftige Verwitterung hindeute-
ten, uiemals eine Dolomitisation beobachten.
Wie bekannt enthält das Wasser des Meeres sowohl, als das
der Flüsse und Bäche stets eine grössere oder geringere Menge
von Substanzen aufgelöst oder schwebend, und finden sich die
hexagonalen Karbonate kohlensaurer Kalk, kohlensaure Magnesia,
kohlensaures Eisenoxydul und Manganoxydul fast immer in dem-
selben aufgelöst. Sind nun Verhältnisse gegeben, wo Gesteine
im Verwitterungszustande begriffen, die einige oder alle diese
Körper und zwar in nicht unbedeutender Menge enthalten wie
z. B. Basalte und Diabase und finden sich Kalklager in deren
Nähe, so wird nicht allein die Dolomitisation derselben eine viel
-energischere , sondern auch von Eisen- und Manganoxydnieder-
schlägen begleitete sein. Denn die kohlensauren Salze dieser
beiden Metalle werden, sowie sie mit dem Kalklager in Berührung
kommen, ausgefällt und durch den Sauerstoffgehalt der Gewässer
in Oxyde übergeführt. Da nun diese Umstände im Bereiche der
Lindner Mark alle aufs Günstigste vorhanden sind, so verdankt
dieselbe gewiss einen Theil ihres grossen Erzreichthums den sie
begrenzenden Basalten des Vogelbergs. Allein auch der Kalk
enthält kohlensaures Eisen- und Manganoxydul, wie aus den oben
angeführten Analysen desselben hervorgeht und mag die grössere
Menge des sich jetzt auf dem Dolomit findenden Mangans ur-
sprünglich in ihm als kohlensaures Salz verbreitet gewesen sein
und erst nach Auflösung des Kalks an seine jetzige Stelle ge-
langt sein.
Der Thon, welcher sich in dem Kalke befindet, wird bei der
Verwitterung ausgeschieden und breitet sich anfangs als dünne,
mit der Zeit mächtiger werdende Decke über dem Kalke aus.
Obgleich der Thon in Anbetracht seiner Menge nur ein unterge-
ordneter Bestandtheil desselben ist, trotzdem aber die Mächtigkeit
260
seiner Lagen sich an vielen Orten über achtzig Fuss und darüber
herausstellt, so müssen die Kalkmassen, aus denen er entstanden
ist, ehemals eine viel bedeutendere Höhe als heutzutage gehabt
haben.
Aus dem Thongehalt derselben, der sich im Mittel auf ein
Hundertstel oder etwas weniger herausstellen wird, — unter acht
verschiedenen Proben wurden in zweien über ein Procent gefun-
den — und die durchschnittliche Dicke der Thonschichten zu
15 — 20 Fuss genommen, lässt sich ungefähr die ehemalige Höhe
des Kalks berechnen. Hundert Fuss Kalk würden hier nahezu
einer einen Fuss starken Thonlage entsprechen und zur Bildung
einer Thonlage von 15 — 20 Fuss Mächtigkeit ein Kalkgebirge
von 1500 — 2000 Fuss gehört haben, welche Höhe zu gross ist,
da, wie ich später zeigen werde, nicht aller Letten aus dem Kalke
hervorgegangen, sondern theilweise vom Wasser zugeführt wurde.
Durch die unebene Beschaffenheit der Oberfläche des Kalk-
gebirges und der dadurch bedingten Kuppen- und Sattelbildung
wurde der auf letzteren sich ausscheidende Thon durch Gewässer
in die Vertiefungen herabgeschwemmt, die er mit der Zeit aus-
füllte und dadurch eine allmälige Ebenung des Terrains herbei-
führte. Deshalb findet sich auch die Lettendecke von so verschie-
denartiger Dicke, die auf den Kuppen oft nur wenige Zoll beträgt
oder gänzlich verschwunden ist, in den Mulden aber zu bedeuten-
der Mächtigkeit heranwächst. Die Farbe derselben ist ausser-
ordentlich verschieden, so dass man bald weisse, bald rothe oder
schwarze sowie alle dazwischenliegende Modifikationen antrifft.
Für gewöhnlich bildet -der Letten eine zähe, äusserst plastische
Masse und nur stellenweise kommen einzelne sich nach der Tiefe
zu auskeilende Lagen vor^ wo ihm diese Eigenschaft abgeht, da
er sich mit grösseren und kleineren Quarzstücken und Sand er-
füllt zeigt. Geschlemmt hinterliess dieser sandige Thon neben
Quarz eine Menge Kieselschieferstückchen ganz ähnlich denen,
wie sie auf dem Trieb- und Seltersberg in den Tertiärmassen
sich vorfinden. Offenbar wurden dieselben von Gewässern, welche
theils Thon mit sich führten, theils denselben von den Erhöhun-
gen des bereits gebildeten Verwitterungsletten wegspülten mit
letzterem in den muldenförmigen Vertiefungen desselben abgesetzt,
weshalb dieser Thon auch niemals in grösserer Tiefe aufzufinden
ist. Der Verwitterungsletten enthält niemals erhebliche Mengen
261
i Sand und zeigt unter dem Mikroscop dasselbe lamellare Gefüge
i wie der Thon, welcher bei der Auflösung des Kalkes in Säuren
i zurückbleibt, wodurch beide ihre nahe Verwandtschaft verrathen.
Da es gerade von Wichtigkeit ist, den Ursprung des Sandes in
i dem Verwitterungsletten zu ermitteln, weil, wenn derselbe vom
! Wasser zugeführt ist, der Schluss sehr nahe liegt, dass auch der
Thon auf dieselbe Weise hierher gekommen und nicht aus dem
i Kalke durch Verwitterung entstanden ist, so muss hier noch be-
i merkt werden, dass sich auch in dem Thone, welcher durch Auf-
i lösen des Kalkes in Säuren erhalten wurde, ebenfalls geringe
Mengen Sand gefunden haben.
Im Allgemeinen sind die tieferen Schichten des Thons die
1 sandärmsten, während nach der Oberfläche zu, wo der Thon viel-
fach mit fliessenden Gewässern in Berührung gekommen sein mag,
öfters sand- und grandartige Geschiebe auftreten, deren Verbrei-
tungsgebiet aber immerhin nur ein beschränktes ist.
Im schwarzen Thon, der diese Farbe durch die Masse des
imprägnirten Mangans erhält , sind grössere Ausscheidungen
, des letzteren oft von mehreren Fussen Durchmesser zu beobach-
ten, doch bilden Stücke von der Grösse einer Linse oder I3ohne
durchaus die Mehrzahl. Der rothe Letten umschliesst zuweilen
Anhäufungen von Braun- oder Rotheisenstein, die jedoch niemals
die Grösse erreichen, dass sie bauwürdige Lager bildeten. Ein-
zelne Rotheisensteinstücke auf der Oberfläche des Thons, die durch
ihr abgerundetes Aeussere sich als Geschiebe zu erkennen geben,
hinterliessen beim Auflösen in Säuren einen bedeutenden grössten-
theils aus Kieselsäure bestehenden Rückstand und gaben am Stahle
Funken.
Einige Thonanalysen, welche ich ausgeführt habe, mögen
hier ihren Platz finden.
262
i.
2.
3.
4.
Sand
20,679
1,095
0,481
1,534
Si 03
30,792
22,653
54,360
60,622
Al2 03
16,119
14,788
36,780
32,559
Fe2 O3
22,012
18,525
0,065
0,052
Mn2 O3
0,227
32,311
—
—
KO j
NaOj
0 277
CaO
—
0,127
0,022
1,505
BaO
—
—
—
0,73
MgO
0,030
S03
2,243
HO
8,814
9,594
6,977
98,696
99,400
98,688
98,588
In den drei ersten Themen waren ausserdem noch Spuren
von Ammoniak und salpetersauren Salzen nachzuweisen.
1. Thon. Roth. Fühlte sich sandig an und hinterliess beim
Schlemmen vielen Sand.
2 Thon. Schwarz. Die ausgeschiedenen grösseren Manganerz-
stücke wurden vor der Analyse möglichst entfernt.
Beim Schlemmen hinterliess er wenig Sand.
3. Thon. Weiss. Aeusserst plastisch, hinterliess beim Schlem-
men keinen Sand.
4. Thon. Rückstand aus dem Kalk durch Auflösen desselben
in Salzsäure erhalten.
Aus der zweiten Analyse ersieht man, dass das Eisen einen
bedeutenden Bestandteil auch in dem schwarzen manganhaltigen
Thone bildet, wie es denn überhaupt in der Mark ausserordent-
lich verbreitet ist, aber nur seltener, wie schon bemerkt, in com-
pacten grösseren Massen auftritt. Die beiden letzten Analysen
sind bis auf den Gehalt an schwefelsauren Salzen und Wasser
ziemlich übereinstimmend und würde sich das Verhältniss noch
günstiger herausstellen, wenn nicht der Thon 4. vor der quanti-
tativen Untersuchung zur Verjagung der organischen Substanzen
hätte geglüht werden müssen. Ist auch durch die Analyse des-
selben nicht vollständig bewiesen, dass die jetzigen Thonlager
über dem Kalk aus der Verwitterung desselben hervorgegangen
sind, so kann man dieselbe doch immer als ein Glied in der
Kette der Thatsachen betrachten, welches mit dazu beiträgt den
Beweis zu vervollständigen.
263
An einer Stelle einer senkrechten Thonwand fanden sich
Efflorescenzen eines Salzes, das sich bei der qualitativen chemi-
schen Untersuchung aus salpetersaurer Magnesia, Kalk und Kali,
| Spuren von schwefelsauren Salzen und Chlormetallen zusammen-
gesetzt zeigte. (Es ist möglich, dass bei der Analyse einzelne
Körper übersehen wurden, da nur geringe Mengen des Salzes
I zur Verfügung standen.) Die Ursache dieser Erscheinung lässt
sich folgendermaassen erklären.
Durch Herrn Dr. Engelbach wurde ich zuerst darauf auf-
■ merksam gemacht, dass die Kalke an der Bieber geringe Mengen
I salpetersaurer Salze enthalten und habe ich in Folge dessen auch
die der Lindner Mark auf einen Gehalt an denselben geprüft und
I deren Anwesenheit auch in ihnen constatirt. Es ist somit leicht
erklärlich, dass bei der Verwitterung des Kalkes der zurückblei-
bende Thon einen Theil dieser Salze aufnimmt und so zu der
obigen Erscheinung Veranlassung giebt. Selbst in den Mangan-
erzen sind sie noch nachzuweisen, so dass bei der Prüfung der-
selben mittelst Eisenvitriol und Chamäleon der Gehalt derselben
beständig um ein Geringes zu hoch gefunden wird.
Uebrigens lässt sich noch eine zweite Erklärung der An-
wesenheit dieser Salze in dem Thone geben und ist anzunehmen,
dass auch auf diese Weise Mengen derselben gebildet wurden.
Alle Thone nämlich haben die Fähigkeit je nach ihrer porösen
Beschaffenheit mehr oder weniger Ammoniak, für dessen Ent-
stehung in der Natur die mannigfaltigsten Bedingungen anzu-
treffen sind, zu absorbiren, und durch Flächenwirkung zu Salpe-
tersäure zu verbrennen. Die Gegenwait eines Alkalis, welches
im Thone selten fehlen wird , da er die charakteristische Eigen-
schaft besitzt Kali in seiner Masse zurückzuhalten, anfangs viel-
leicht nur durch mechanische Kräfte, denen sich später noch
chemische hinzugesellen, von alkalischen Erden oder deren koh-
lensauren Salzen werden die Oxydation des Ammoniaks zu Sal-
petersäure und Wasser beschleunigen vermöge ihres Vereinigungs-
strebens zu einer starken Säure, der sogenannten prädisponiren-
den Verwandtschaft. Allein auch der Stickstoff der atmosphäri-
schen Luft kann bei Gegenwart starker Basen in porösen Körpern
zu Salpetersäure verbrennen, wie Versuche französischer Chemi-
ker gezeigt haben, und ist auch hierdurch eine Quelle zur Bil-
dung von salpetersauren Salzen im Thone gegeben. Durch die
264
Capillarität wird alsdann die Lösung dieser Salze an die Ober-
fläche geführt und zwar an die Stelle derselben, wo die Ver-
dunstung am stärksten ist und wittern sie alsdann, nachdem das
Lösungsmittel verdampft, an derselben aus.
Ist die Dolomitisation des Kalkes soweit fortgeschritten, dass
die nachdringenden Wasser wenigstens in den oberen Regionen
keinen Kalk mehr vorfinden, so ergreifen sie, indem sie unauf-
hörlich ihren Auflösungsprocess fortsetzen, die anderen löslichen
Körper, den Dolomit, das kohlensaure Mangan- und Eisenoxydul.
Die Oberfläche des Dolomits muss daher tiefer und tiefer sinken
in der sie bedeckenden Thonschicht und mit ihr die beiden koh-
lensauren Metalloxyde. Da aber das kohlensaure Eisenoxydul
ausserordentlich leicht oxydirbar ist, die Gewässer aber stets
atmosphärische Luft aufgelöst enthalten, so wird dieses auf dem
Wege in die Tiefe grösstentheils oxydirt werden und in dem
Thon zurückbleiben müssen, wodurch sich auch seine ausser-
ordentliche Verbreitung in demselben erklärt. Das kohlensaure
Manganoxydul unterliegt zwar auch der Oxydation, doch ist es
weit beständiger als das Eisensalz und soll hierauf später zurück-
gekommen werden. Mit wachsender Tiefe verliert das Wasser
durch diese Oxydation der Oxydulsalze seinen Sauerstoffgehalt,
indem es zugleich immer reicher an Kohlensäure wird, die bei
diesem Processe freigegeben, von ihm absorbirt, sein Lösungs-
vermögen bedeutend erhöht. Trifft es jetzt, nachdem aller auf-
gelöste Sauerstoff verschwunden ist, mit den beiden kohlensauren
Salzen zusammen, so findet natürlich keine Oxydation derselben
statt, sondern sie werden gezwungen dem Laufe des sie lösen-
den Wassers zu folgen, bis sie z. B. mit Kalk in Berührung
kommen und durch denselben ausgefällt werden.
In letzterem findet man zuweilen Sprünge und Klüfte, wel-
che durch Spatheisenstein ausgefüllt sind , dessen Entstehung
in denselben gewiss obigen Umständen zuzuschreiben ist. Er
fand sich nämlich an allen von mir beobachteten Punkten immer
tief unter der Oberfläche in noch von der -Dolomitisation nicht
oder nur wenig ergriffenen Kalksteinen. Sobald einmal die Be-
dingung für den Niederschlag oder die Krystallisation eines ge-
lösten Körpers gegeben ist, so führt das Bestreben der Lösungen
die ungleiche Dichtigkeit auszugleichen, die Diffusionskraft, un-
aufhörlich von allen Seiten her jenen Körper hinzu, und ist so-
265
mit, auch wenn die Bewegung der Gewässer nach einer anderen
Seite hin gerichtet ist, dem Niederschlag stets neue Zufuhr ge-
sichert. Zuweilen ist nur die Mitte der Spalten in kohlensaures
Eisenoxydul umgewandelt, während auf beiden Seiten die unver-
änderte Katkspathmasse, die früher die Klüfte ausgefüllt hat,
c zu beobachten ist ; eine Erscheinung, welche sich dadurch erklärt,
dass der Kalkspath dieselben nicht gänzlich erfüllte, wodurch
grössere oder kleinere Zwischenräume, je nachdem die Krystalle
I von beiden Seiten mehr oder weniger sich einander näherten,
I oder auch nur porösere Schichten gebildet wurden, von denen
aus alsdann die Umwandlung in kohlensaures Eisenoxydul statt-
I gefunden hat.
Der Spatheisenstein zeigt sich häufig in Pseudomorphosen
nach Kalkspath, was man besonders erkennt, wenn man ein Stück
desselben zerschlägt, bei welcher Gelegenheit im Innern häufig
noch Kalkspath gefunden wird. Eine Analyse von ihm, die ich
ausgeführt habe, zeigt deshalb auch einen sehr hohen Kalkgehalt,
obgleich ich vor derselben bemüht war, den Kalk möglichst zu
entfernen.
FeO C02 29,153
MnOC02 3,424
CaOC02 66,560
MgO C02 0,263
Thon 0,328
99,728.
Ausserdem fanden sich noch Spuren von Eisen - und Mangan-
oxyden.
Je tiefer die Doloraitisation in den Kalk eindringt, je an-
haltender also die Oberfläche des Dolomits mit den Gewässern
in Berührung kommt, um so mehr wird sich der Oxydations-
process an dem kohlensauren Eisen- und Manganoxydul geltend
machen. Das kohlensaure Eisenoxydul eignet sich vermöge sei-
ner leichtern Oxydirbarkeit zuerst den im Wasser gelösten Sauer-
stoff an, indem es mit ihm Oxyd bildet, und wie wir gesehen
haben, äusserst fein vertheilt im Thon zurückgelassen wird.
Durch dieses Verhalten schützt es das Mangansalz theilweise vor
einer ebenfallsigen Oxydation, so dass sich letzteres in dem tiefer
sinkenden Dolomit mehr und mehr anhäufen wird, da es als
kohlensaures Salz an denselben gebunden ist. Würde grade so-
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 2. 18
266
viel kohlensaures Eisenoxydul aufgelöst werden als nöthig um
allen in dem Wasser gelösten Sauerstoff zu absorbiren, so müsste trr:
das Mangan grösstenteils vor der Oxydation geschützt nnd nur
Eisenoxyd in dem Thon zurückbleiben. Es steht hiermit gewiss ^
das fast gänzliche Fehlen des Mangans in den stark eisenschüssi- |n
gen Thonen in Verbindung. lue
Da das Eisen aber in verhältnissmässig geringer Menge b
vorhanden nur selten ausreicht allen Sauerstoff zu binden, so E
muss die Oxydation auch auf das Mangan übergehen, des- ^
sen ausgezeichnete Krystallisationstendenz es aber nöthigt sich $
zu grösseren und kleineren Theilen zu vereinigen, die entweder
in der weichen Thonmasse zurückbleiben oder auch durch ihre \\:
Schwere auf den Dolomit herabsinken werden. Die in dem n
schweren Thon gefundenen Manganstücke, in Grösse so äusserst L
verschieden, sind einestheils auf diese Weise entstanden, andern- L
theils mag sich ihr Ursprung von im Thon zurückgebliebenen L
Kalk- und Dolomitkernen herleiten, auf welchen das kohlensaure L
Manganoxydul aus seiner Lösung abgeschieden und oxydirt lj
wurde und deren ursprüngliche Substanz nach und nach gelöst, ,
durch Mangan ersetzt, endlich vollständig in dasselbe umgewan-
delt wurde.
In verschiedenen Dolomitanalysen glaube ich den Beweis
für das Gesagte gefunden zu haben, denn es zeigte sich mit dem
Grade der Verwitterung ein unverhältnissmässiges schnelleres
Anwachsen des Mangans als des Eisens und zugleich kohlen-
saures Manganxydul selbst noch in den verwittertsten Varietäten,
während das Eisen nur noch als Oxyd nachzuweisen war.
1.
2.
3.
Sehr fester, gelb
grauer Dolomit.
CaO C02 56,382
MgO C02 40,213
MnOC02 1,386
Mn203
Dunkelbraun,
zerfressen.
50,004
36,934
2,056
0,805
2,692
stark
Schwarz, fast ganz
zerfallen.
38,769
25,657
Spuren
2,914
10,656
Mn02
Fe O 0,794
Fe2 03
2,439
1,203
4,218
100,351.
5,579
1,782
12,637
97,994.
Al2 03 0,101
Thon 0,087
98,963.
267
1 ' Bei der Spectralanalyse wurde gefunden in Dolomit 1. Na-
tron und Kali, und im 2. Kali, Natron, Lithion und Strontian.
1 In dem Vorhergehenden wurde gesagt, dass bei der fort-
schreitenden Zersetzung des Dolomits grosse Mengen von kohlen-
saurem Manganoxydul sowohl auf seiner Oberfläche als in seinem
Innern concentrirt und zuletzt oxydirt werden. Nun muss es
'aber auffallend erscheinen, dass niemals in dem Braunstein Pseudo-
morphosen nach kohlensaurem Manganoxydul, aus dem er doch
hervorgegangen, auftreten. Bischof giebt hierfür folgende Er-
klärung.
Viele Analysen haben gezeigt, dass reines kohlensaures
Manganoxydul nicht existirt, sondern dass der Manganspath stets
unbestimmte Mengen der isomorphen Carbonate von Kalk, Magne-
sia, Eisenoxydul enthält. Bei der Umwandlung der Manganspäthe
in Manganoxyde mussten daher die genannten isomorphen Car-
bonate ausgeschieden und die Manganspäthe zersetzt werden. Da-
mit war auch eine Zerstörung der Krystallform verbunden, weil
sich jene Manganoxyde nicht in der Form des Kalkspaths finden ;
abgesehen davon, dass die Krystalle desselben überhaupt nur
klein sind und er häufig nicht krystallinisch vorkommt. Es ist
demnach sehr wahrscheinlich, dass der Manganspath nach der
Ausscheidung der isomorphen Basen und der Kohlensäure und
nach Aufnahme von Sauerstoff und Wasser als Manganit kry-
stallisirte, dessen Krystallform sich bei späterer Umwandlung in
Pyrolusit, Hausmannit und Braunit häufig erhielt.
Herr Dr. Volger ist in seiner Abhandlung über die Lage-
rungsverhältnisse und Entwicklungsgeschichte der Manganerze
des Lahngebiets der Ansicht, dass die im Thon ausgeschiedenen
Manganoxyde durch eine Reihe von Oxydationen und Reductionen
(mit letzteren die Ueberführung in kohlensaures Salz und der da-
durch bedingten Auflöslichkeit in Wasser verbunden) immer tiefer
geführt würden, bis der Letten endlich frei von ihnen und die
ganze Masse derselben sich auf der Oberfläche des Dolomits
angesammelt hätte. Es muss aber mehr als unwahrscheinlich
erscheinen, dass neben der kräftigen Oxydation, die sich überall
in den Erzen im Thon geltend macht, auch noch gleichzeitig re-
ducirende Processe an denselben stattfinden sollen, durch etwa
anzunehmende organische Substanzen, die aber nirgends im Thone
nachzuweisen sind. Wären auch wirklich geringe Mengen der-
18*
268
selben vorhanden, die nicht leicht aufzufinden, so kann diesen
doch gewiss nicht ein so umfassender Reductionsprocess an den
ausserdem schwer reducirbaren Manganoxyden zugeschrieben wer-
den, als es diese Erklärung voraussetzt.
Ausserdem lässt sich nirgends für dieselbe ein Beweis auf-
finden, ja es sprechen im Gegentheil mehrere Thatsachen dagegen,
wie z. B. die, dass die Erze in den oberen Lagen im Allgemei-
nen die in die höchsten Oxydationsstufen übergeführten sind, wie
die Erfahrung gelehrt, an denen daher kein Reductionsprocess
wirksam sein konnte. Dicht unter einer Vegetationsdecke oder
auch in einem mit organischen Materien stark erfüllten Boden
lässt sich dieses annehmen, gewiss aber nicht in unserem Falle.
Es sei mir noch vergönnt eine Abhandlung Gutberlet's
im Jahrbuch für Mineralogie und Geognosie von Leonhard und
Bronn zu erwähnen, in welcher die Ansicht vertheidigt ist, dass
das kohlensaure Manganoxydul ein leichterer oxydirbarer Körper
sei als das kohlensaure Eisenoxydul, und auf welche gestützt
Erklärungen für das verschiedenartige Verhalten dieser beiden
Körper in der Natur gegeben sind.
Unter mehreren angeführten Gründen sind die hervorragend-
sten mit den eignen Worten des Verfassers hier angeführt.
1) Die electro-chemische Reihe, sein ganzes chemisches Ver-
halten zeigt das Manganmetall electro - positiver als das Eisen
und seine Oxydationsfähigkeit ist die grösste nach den Metallen
der Alkalien und Erden.
2) Das Eisen besitzt nur zwei einfache Sauerstoffverbindun-
gen, das Mangan dagegen fünf, unter diesen zwei Säuren.
3) In den Sümpfen scheidet sich zu Tage kein Mangan-
oxydhydrat ab, dagegen ohne Ausnahme Eisenoxydhydrat, ein
Beweis wie jener Körper schon im Wasserlauf unter der Erde
oxydirt und abgesetzt wurde, während dieses einen viel weiteren
Weg zurückgelegt, ohne der Oxydation zu verfallen.
4) Die Fundstätten des Mangans und Eisens an der Lahn
gehören den devonischen Kalken und Dolomiten an und zeigt
sich eine höchst eigenthümliche unverkennbare Gesetzmässigkeit
in ihren gegenseitigen Lagerungsverhältnissen. Es giebt dort
gewisse Centren, auf welchen die Manganerze vorkommen, rings
um dieselben concentrisch verbreitet in wachsender Entfernung
liegen die Eisenerze. Anfangs als das Eisen und Mangancarbo-
269
nat dem Sauerstoff in der Atmosphäre und dem Wasser unmittel-
bar ausgesetzt war, vermengten sich die Eisen- und Mangan-
oxydhydrate, wobei sich jedoch das Eisenoxydhydrat schon weiter
von seinem Ursprung entfernte; später aber als die entstehende
schwer durchlassende Thondecke dem auflösenden Processe unter
ihr einen regelmässigeren Gang vorschrieb, schieden sich die
Manganabsätze schärfer und immer schärfer von den Eisennieder-
schlägen, das kohlensaure Manganoxydulcarbonat ging offenbar
nicht weit, während das Eisenbicarbonat in ferner gelegene Stel-
len auswanderte.
Was nun die angeführten Gründe betrifft, so kann weder
das Verhalten des Manganmetalls zum Sauerstoff, noch die vielen
Oxydation s stufen desselben uns berechtigen hieraus Schlüsse auf
die leichte Zersetzbarkeit seines kohlensauren Salzes zu ziehen.
Giebt es doch Körper, wie z. B. das Chrom, welches im metalli-
schen Zustande beständiger als Eisen, dessen Oxydulsalze aber
trotzdem äusserst zersetzbar und als kräftig desoxydirende Kör-
per bekannt sind und doch besitzt das Chrom mehr Oxydverbin-
dungen als das Eisen, von denen ebenfalls zwei Säuren sind.
Dass sich in den Sümpfen nur Eisenoxydhydrat und kein Man-
{ ganoxydhydrat absetzt, liefert uns gewiss nicht den Beweis, dass
das Mangan auf dem Wege in dieselben unter der Erde oxydirt
und abgesetzt wurde, denn darüber lässt sich wohl gar nichts
bestimmen ; das Mangan braucht in den Gewässern gar nicht oder
nur in verschwindend kleinen Theilen vorhanden gewesen sein.
Dieses Verhalten zeigt uns nur, dass das Eisen in weit bedeu-
tenderer Menge als das Mangan auf der Erde sich findet und
dass es daher, wo die Bedingung zu seiner Ausscheidung gege-
, ben, auch in verhältnissmässig grösserer Masse als ersteres auf-
treten wird. Für die unter 4. angegebenen Erscheinungen wurde
die Erkläruug bereits gegeben, auch sei hier noch Folgendes be-
merkt. Wäre wirklich das kohlensaure Manganoxydul leichter
oxydirbar als das kohlensaure Eisenoxydul, so müsste sich letz-
teres alsdann unter dem Mangan ausgeschieden finden. Denn
bei der Berührung mit den oxydirenden Gewässern würde das
zuerst angegriffene Mangancarbonat durch Kohlensäure - Abgabe
und Sauerstoff- Aufnahme in dem Thon als Oxyd ausgeschieden
werden, während das schwerer zersetzbare Eisencarbonat sich
auf dem Dolomit nach und nach concentriren muss, weil es aus-
270
fällbar durch denselben sich nicht zu entfernen vermag. Nach
erfolgter Oxydation würde alsdann ein Lager von Braun- oder
Rotheisenstein dem Dolomit direct aufgelagert erscheinen. Nir-
gend aber, wo diese beiden Metalle in der Natur zusammen vor-
kommen und wo ihre Bildung unter ähnlichen Umständen, wie
wir sie hier voraussetzen, erfolgte, findet sich das Eisen unter
dem Mangan, sondern stets über demselben ausgebreitet.
Aus dem Lehrbuch von Bischof (III. 1369) sei hier noch
eine Stelle angeführt, welche einen weiteren Beweis gegen die
Ansicht Gutberlet's liefert.
Fresenius wies durch Analyse eines von der äusseren brau-
nen Schicht befreiten Sinters aus dem Kochbrunnen zu Wies-
baden nach, dass das doppelt kohlensaure Manganoxydul in die-
sem Thermalwasser nicht, wie das entsprechende Eisensalz, durch
den Sauerstoff der Luft, sondern durch die entweichende Kohlen-
säure, welche das einfach kohlensaure Salz gelöst enthält, zer-
setzt wird. Der von jener äusseren Schicht nicht befreite Sinter
enthielt aber eine höhere Oxydationsstufe des Mangans, und die-
ser Sauerstoff war also erst nach dem Entweichen der Kohlen-
säure aus der Luft aufgenommen worden. Aus diesem Koch-
brunnenwasser und wahrscheinlich ebenso aus andern eisen- und
manganhaltigen Gewässern fällt demnach zuerst vorzugsweise
Eisenoxydhydrat und erst später kohlensaures Manganoxydul mit
den Carbonaten der alkalischen Erden nieder. Daher nimmt der
Sinter desto mehr an Eisenoxyd ab und an Carbonaten von
Kalkerde, Magnesia und Manganoxydul zu, je weiter von der
Quelle er sich ablagert.
Dies ist eine wichtige Thatsache, welche erklärt, wie sich
aus denselben Gewässern Eisenerze und Manganerze an ver-
schiedenen Orten absetzen, und wie es daher möglich ist, dass
Manganerze abgesondert von Eisenerzen auftreten können, ob-
gleich in Gebirgsgesteinen und ebenso auch in Gewässern Man-
gan stets in Gesellschaft von Eisen vorkommt.
Ich habe Versuche über die beiderseitige Oxydirbarkeit der
Carbonate des Eisens und Mangans angestellt und stetg, was
vorauszusehen war, gefunden, dass das Eisensalz leichter zersetzt
wird als das Mangansalz.
27!
Erster Versuch.
In fünf numerirte Glasröhren von gleicher Weite wurden
abgewogene Mengen von schwefelsaurem Manganoxydul einge-
bracht, dasselbe darin gelöst und in der Siedhitze mit kohlen-
saurem Ammoniak ausgefällt. Nachdem das kohlensaure Man-
ganoxydul sich abgesetzt hatte, wurde die überstehende Lösung
mit der Pipette abgenommen und der Niederschlag zweimal mit
frisch ausgekochtem destillirten Wasser decantirt. Dasselbe ge-
schah mit fünf abgewogenen Mengen schwefelsauren Eisenoxydul-
Ammoniaks. - Aus den angewandten Mengen der schwefelsauren
Salze Hess sich dann leicht die jetzige Menge kohlensauren Sal-
zes berechnen. Da- alle Röhren gleich weit, so musste auch für
die in denselben vorhandenen Niederschläge eine wenigstens
nahezu gleiche Oberfläche vorausgesetzt werden und mithin war
eine wesentliche Bedingung zur Erlangung eines sicheren Resul-
tats gegeben. Ueber jedem Niederschlag blieb ungefähr eine
Schicht Wasser von 4 — 6 Linien Höhe stehen.
Nach Verlauf von sechs Tagen nahm ich je eine Röhre mit
Eisen- und Manganoxydulsalz heraus und bestimmte die in Oxyd
übergegangenen Mengen. Das kohlensaure Eisenoxydul wurde
in Salzsäure gelöst und mit Chamäleon titrirt. Das kohlensaure
Manganoxydul mit stark verdünnter Salpetersäure behandelt, die
zurückgebliebenen von der Salpetersäure nicht angreifbaren Oxyde
abfiltrirt, ausgewaschen, geglüht und gewogen. Nach 48 Stun-
den wurden zwei weitere Röhren untersucht und sofort mit im-
mer zwei Tagen Zwischenraum, bis Alles analysirt war.
Das Resultat war folgendes.
In kohlensaurem Eisenoxydul In kohlensaurem Manganoxydul
fanden sich oxydirt: fanden sich oxydirt:
nach 6 Tagen in 0,2282 Gr. 24,1 £ 0,6232 Spuren
- 8 - - 0,1933 - 32,8£ 0,8251
- 10 - - 0,5108 - 30,9 £ 0,6195
- 12 - - 0,4161 - 36,0 £ 0,5530 0,18
- 14 - - 0,3590 - 51,8 1 0,6567 . unwägbare Mengen.
Zweiter Versuch.
In frisch gefällten kohlensauren Kalk wurde eine kleine
bekannte Menge kohlensauren Eisenoxyduls, auf obige Weise er-
272
halten, gebracht und der Niederschlag abfiltrirt. Mit einer an-
deren nahezu gleichen Menge kohlensauren Kalkes, die mit einem
bekannten Gewicht kohlensauren Manganoxyduls vermischt war,
wurde auf dieselbe Weise verfahren. Das Verhältniss von Kalk
zu Eisen und Mangan war ungefähr wie 100 zu 1. Die Nieder-
schläge, welche sich auf gleich grossen Trichtern und Filtern
befanden, wurden sechs Tage lang unter öfterem Befeuchten mit
Wasser der Oxydation preisgegeben.
Bei der Untersuchung zeigte sich folgendes Resultat.
In kohlensaurem Eisenoxydul In kohlensaurem Manganoxydul
fanden sich oxydirt: fanden sich oxydirt:
von 0,3659 . . . Alles. von 0,6784 .... 3,5 f
Wie man aus der Vergleichung beider Versuche ersieht,
war die Oxydation der Carbonate im letzteren Falle viel kräfti-
ger, was jedenfalls der Porosität des Kalkniederschlages zuzu-
schreiben ist, durch welche dem Sauerstoffgehalt der Luft der
Zutritt erleichtert wurde. Obgleich es zwar längst bekannt war,
dass das Eisencarbonat an der Luft sich schneller mit einer
Rinde braunen Oxydhydrats überzieht als das Mangancarbonat,
so sind doch vielleicht insofern diese Versuche nicht ganz ohne
Interesse, als durch sie annähernd das Verhältniss der Oxyda-
tionsfähigkeit dieser beiden Salze festgestellt wurde.
Wie aus dem früher Gesagten hervorgeht, findet sich die
Hauptmasse des Mangans dem Dolomit direct aufgelagert und
bildet hier besonders in den muldenförmigen Vertiefungen Lager
von öfters beträchtlicher Mächtigkeit. (In einer Grube im Kreise
Wetzlar erreicht das Lager an einzelnen Stellen eine Dicke von
30 — 36 Fuss.) Sie folgen dem Dolomit in allen seinen Uneben-
heiten und ziehen sich häufig bis tief in die Spalten desselben
hinein. Obgleich das Mangan auf seiner Fundstätte in verschie-
denen Oxydationsstufen auftritt, so ist doch das Superoxyd, der
Pyrolusit, vorwaltend und hat die Erfahrung gelehrt, was mit
der Bildung der Erze vollständig im Einklang steht , dass an
solchen Orten , wo die überlagernden Thonschichten weniger
mächtig, die Erze also den Atmosphärilien leichter zugänglich
sind, dieselben im Allgemeinen als die höchst oxydirten auftreten.
Der Braunstein kommt häufig in Stücken von einem und
mehr Fuss Durchmesser vor, in deren Innern sich gewöhnlich
grössere Drusenräume befinden, die bald traubige, nierenförmige
273
oder stalactitische Bildungen enthalten, bald mit Mulm ausgefüllt
Ii sind. Zerschlagen zeigen die Stücke ein strahlig faseriges Ge-
i füge von metallähnlichem eisengrauen Glanz, welches mitunter
auch kleinkörnig bis stahlähnlich wird. Die Stücke leisten im
letzteren Falle den mechanischen Einflüssen einen grösseren Wi-
i derstand, da mit dem kleinkörnigen Bruch eine grössere Härte
verbunden zu sein scheint. Mitunter beobachtet man tiefschwarze
sammtähnliche Flächen, welche durch die dicht zusammenge-
drängten Kanten microscopischer Krystalle hervorgerufen werden.
Die grösseren Ausscheidungen liegen gewöhnlich in einer wei-
chen, leicht zerdrückbaren Masse, dem sogenannten Mangan-
i mulm, in welchem man bei darauf fallendem Lichte eine Menge
kleiner glänzender Punkte bemerkt, die sich unter dem Microscop
als Krystallblättchen von Pyrolusit zu erkennen geben. Sowohl
die mulmige Masse als auch die grösseren Stücke sind niemals
oder doch nur selten gänzlich in Pyrolusit umgewandelt, und
habe ich bei drei verschiedenen Versuchen das Verhältniss des
Superoxyd zum Oxyd ausgemittelt.
Stückchen aus dem Aus dem Lager. Auf dem Dolomit,
schwarzen Thon. Feinkörnig. Strahlig faserig.
Sehr hart.
Mn02 49,269 . . . 65,731 .... 76,314
Mn2 0, 8,515. . . . 12,195 4,953.
Der Pyrolusit tritt in den mannigfaltigsten Pseudomorphosen
auf, bald nach Manganit , deren Erkennung aber schwierig ist,
da die Krystallformen beider sehr ähnlich und grössere Indivi-
duen nur selten ausgebildet sind, bald nach Kalkspath oder
Bitterspath. Besonders ausgezeichnet an Schönheit sind die
Pseudomorphosen nach dem Skalenoeder, die nicht gerade häufig
gefunden werden und deren Inneres häufig noch aus Kalkspath
besteht. Mitunter überzieht der Pyrolusit die Kluftflächen des
Dolomits und erkennt man bei näherer Beobachtung, dass die
Rhomboeder des letzteren theils vollständig in Pyrolusit umge-
wandelt, theils nur von einer dünnen Rinde desselben überzogen
sind. Oefters aber auch ist die ganze Masse des Dolomits von
Mangan durchdrungen, oder gänzlich durch dasselbe ersetzt, so
dass die Structur des Dolomits zwar erhalten geblieben, die Be-
standtheile aber andere geworden sind. Die Erze sind immer
weniger von Eisen begleitet, was sich aus ihrer Bildungs-
274
weise erklärt, und ist dasselbe bald in porösen Rinden um die
krystallisirten Manganpartien ausgeschieden, bald durchdringt es
die Masse derart, dass es der Beobachtung entgeht und nur noch
durch die Analyse nachgewiesen werden kann.
Einzelne Stücke hinterlassen beim Auflösen in Salzsäure
neben Thon auch geringe Mengen von schwefelsaurem Baryt,
und habe ich dieses namentlich bei der feinkörnigen Varietät
beobachtet, welche das Material zur Bestimmung von Oxyd und
Superoxyd geliefert hat. Die qualitative Analyse dieses Stücks
Hess Thonerde, Eisenoxyd, Baryt, Kalk, Magnesia und schwefel-
sauren Baryt erkennen. Es scheint, dass letzterer in geringer
Menge ziemlich allgemein in den hiesigen Manganerzen verbreitet
ist und wurde vor längerer Zeit ein schön ausgebildeter, hell-
blauer Krystall desselben in dem Drusenraum eines Braunstein-
stücks aufgefunden. In dem Rückstand, welcher beim Auflösen
des Kalks in Säuren zurückbleibt, hat sich, wie die Thonanalyse 4.
gezeigt hat, schwefelsaurer Baryt gefunden und ist es gerecht-
fertigt anzunehmen, dass der Barytgehalt der Manganerze aus jenem
Thone herstammt, obgleich auch noch andere Ursachen sein hie-
siges Vorkommen bedingen können.
Wad kommt stellenweise auf kleinen Nestern vor, in knolli-
gen aufgeblätterten Absonderungen, die stark abfärbend sind
und mit einem glatten Gegenstand gerieben glänzend werden.
Im getrockneten Zustande bildet es eine leichte korkähnliche
Masse, die mit grosser Begierde Feuchtigkeit aus der Luft an-
zieht. Mitunter findet man auf Pyrolusit, Psilomelan oder Braun-
eisenstücken einen schwarzen, glänzenden, traubigen Ueberzug,
der aus Stilpnosiderit besteht, einem Mineral von der chemischen
Zusammensetzung Fe2 03 HO.
Obgleich der Psilomelan auch mit den oben angeführten
Erzen in Gemeinschaft auftritt, so findet sich doch sein Haupt-
vorkommen auf dem Dolomit hinter Kleinlinden, wo er Abson-
derungen oft von mehreren Centnern Schwere bildet. Aus der
Art seines Vorkommens über Dolomit mit der stets überlagern-
den Thondecke geht hervor, dass seine Bildungsweise eine ähn-
liche wie die der anderen Manganerze gewesen sein muss. Vor-
herrschend sind kuglige, traubige, zuweilen stalactitische Formen
desselben, deren Oberflächen von einer Menge stecknadelknopf-
grosser Erhöhungen überzogen sind. Die Zwischenräume der
275
letzteren sind gewöhnlich von einem durch eingemengten Dolo-
mitsand sich rauh anfühlenden Thone ausgefüllt. Die Stücke
sind äusserst hart (HartmanganerzJ und zeigen auf dem meist
schwarzen Bruch eine feinkörnige oder muschlige Beschaffenheit,
s und lassen öfters durch dunkle der Oberfläche parallele Streifen
schalige Absonderungen erkennen , die mitunter von Wad über-
i zogen sind. In einer qualitativen Analyse desselben fanden sich
! folgende Körper: Thon, Kupfer, Kobalt, Nickel, Eisen, Mangan,
i Kalk, Baryt, Strontian, Magnesia, Kali und Natron und 0,015
schwefelsaurer Baryt.
Da einzelne dieser Bestandtheile wie Kupfer, Kobalt und
Nickel im Kalke gar nicht vorkommen, so muss angenommen
werden, dass sie durch Gewässer zugeführt wurden, welche die-
selben vielleicht aus dem Spiriforensandstein aufgenommen haben,
der fast immer geringe Mengen von Kupfer enthält und in wel-
chem im Kreise Wetzlar auch Nickel gefunden worden ist.
Leberhaupt ist es bekannt, dass die Grauwacke ein reiches erz-
führendes Gestein ist, und daher leicht erklärlich, dass einzelne
dieser Erze sich in dem Psilomelan, der auf zwei Seiten von
der Grauwacke Umschlossen ist, vorfinden.
Ueber den Ablagerungen der Manganerze finden sich immer
Stücke von Roth- und Brauneisenstein, die zuweilen durch grössere
Anhäufung lagerartige Ausscheidungen bilden. Die Erze sind
gewöhnlich stark manganhaltig und gehen stellenweise in Psilo-
melan über. Derbe, schalige oder faserige Brauneisensteine mit
traubigen und stalactitischen Formen, die auf ihren Absonde-
rungsflächen mitunter Ueberzüge von Eisenoxyd zeigen, über-
wiegen meistens die Rotheisensteine. Die Aussen- und Innen-
flächen einzelner Stücke der letzteren zeigen sich mitunter von
feiner glänzender Beschaffenheit und wurden sie dem Anschein
nach durch den Absatz eines äusserst feinen, sehr eisenreichen
Thones gebildet. Bei Rodheim an der Bieber sind grosse Lager
von Rotheisenstein aufgeschlossen worden, welche mitunter stark
kalkspathhaltig sind und in denen die Versteinerungen des Kalks
gänzlich in Eisenmasse umgewandelt gefunden wurden. Ein Be-
weis, dass auch sie wie die Manganerze durch Verdrängung des
Kalks entstanden sind.. Der Kalkspath, der sich in diesen Eisen-
lagern findet, ist zuweilen ganz dunkelgrün gefärbt, und alsdann
die ganze Masse desselben von Aphrosiderit durchdrungen. Be-
276
handelt man diesen Kalkspath mit stark verdünnter Salzsäure,
so löst sich der Kalk auf und der Aphrosiderit scheidet sich als
ein dunkelgrünes Pulver aus, welches aus lauter äusserst kleinen
sechsseitigen Täfelchen besteht.
Die in der Nähe auftretenden Diabase, krystallinische Ge-
steine, welche wesentlich als ein Aggregat von Oligoklas, La-
brador, Chlorit und Pyroxen zu betrachten sind und in welchen
hauptsächlich durch letzteren Bestandtheil eine Menge Eisen-
oxydulsilikat sich befindet, liefern durch ihre Verwitterung eine
nie versiegende Eisenquelle, durch welche jene Eisenlager ge-
bildet sein mögen.
Weder die auf dem Kalke sich findenden Mangan- noch die
Eisenerze können der devonischen Formation zugerechnet wer-
den, da mit der Bildung des Kalks die Umwandlung desselben
in Dolomit u. s. w. nicht Hand in Hand gehen konnte, doch
wurden sie hier abgehandelt, weil ihr stetes gemeinschaftliches
Vorkommen mit Kalk und Dolomit eine Trennung nicht gut
möglich machte.
2. Tertiärformation und Diluvium.
Den Sandsteinen und Kalken der devonischen Formation
sind direct Tertiär- und Diluvialmassen aufgelagert.
Zu der Tertiärbildung gehörig treten an der Grenze der
Lindner Gemarkung mehrere Braunkohlenlager auf, so z. B. bei
Steinberg, Leihgestern und Annerod, sie erreichen aber weder die
Mächtigkeit noch die Güte der Wetterauer oder gar der Lau-
bacher Kohlen und sind deshalb zum gewinnreichen Abbau we-
nig geeignet. Diese Braun kohlenflötze müssen grösstentheils an
dem Ort ihrer Entstehung zur Ablagerung gekommen sein , da
sich dieselben in den meisten Fällen äusserst rein von Sand
und Geschieben erwiesen haben, Beimengungen, die gewiss nie-
mals fehlen würden, wenn man das Material zur Kohlenbildung
als Anschwemmungsproduct von Strömungen betrachten wollte.
Einzelne Kohlenlager jedoch, in deren Innerem häufig Sand und
Gesteinstrümmer gefunden werden, lassen hierdurch erkennen,
dass bei ihrer Bildung Strömungen theils nur mitgewirkt, theils
das ganze Lager durch successive Anschwemmung gebildet haben.
Die Kohlen wechsellagern häufig mit Lagern von Basalt oder
aus deren Verwitterung hervorgegangenen Thonen, mit sandigen
277
Thonen und Schichten vulcanischer Aschen. Diese Erscheinung
; erklärt sich leicht aus der Nähe des Vogelsbergs, der damals in
i der vollen Kraft seiner vulcanischen Thätigkeit dieselben theils
mit Laven, theils mit Aschenauswürfen Übergossen hat.
Alle Kohlenlager sind von mehr oder weniger mächtigen
Thon- oder Sandschichten überdeckt, die besonders in der Nähe
i derselben von bituminösen Substanzen dunkel gefärbt erscheinen.
Obgleich diese Thonlagen oft hundert und mehr Procent Wasser
i aufzunehmen im Stande sind, so gestatten sie den Wasserwechsel
doch nur äusserst schwer und daher kommt es, dass organische
Substanzen, welche von ihm eingehüllt sind, einer nur langsamen
.Oxydation unterliegen. Der Letten ist theils aus übergelagerten
verwitterten Basalten entstanden, dessen Structur und unveränderte
Stücke sich mitunter noch vorfinden, theils ist er durch Ge-
wässer hier zum Absatz gekommen.
Ein schöner Aufschluss der Tertiärmassen in der Lindner
Mark findet sich in dem Durchschnitt der Main- Weser- Bahn
hinter Kleinlinden. Die hier blossgelegten Thone haben eine
Höhe von 60 — 70 Fuss und lassen mitunter deutliche Schich-
tung erkennen. Die weisse Farbe ist die vorherrschende und
nur untergeordnet treten rothe und graue Varietäten auf. Er be-
sitzt plastische Eigenschaften nicht in dem Grad wie der Ver-
witterungsletten des Stringocephalenkalkes , da er sich überall
mit Sand und gröberen Quarzstückchen bis zur Nuss- und Faust-
grösse vermischt findet. Nach Norden geht er in Sandlager
über, die ein feines schneeweisses Korn besitzen und als Streu-
sand benutzt werden können.
In der Nähe von Steinberg treten mehrere Basaltkuppen aus
den Tertiärmassen hervor, die bei ihrem Durchbruch eine inter-
essante Umwandlung erlitten haben. Sie zeigen nämlich eine
blasige, poröse, bimsteinartige Beschaffenheit, ähnlich wie wenn
geschmolzene Schlacke in Wasser gegossen wird und verrathen
dadurch , dass ihre Erhebung in die Zeit fiel , als die Tertiär-
massen noch vom Wasser bedeckt waren, welches letztere obige
Erscheinung hervorgebracht hat.
Voltz bespricht in seiner Abhandlung über die geologischen
Verhältnisse des Grossherzogthums Hessen einen Durchbruch des
Basalts durch die Grauwacke bei Steinberg, den ich aber nicht
auffinden konnte mit folgenden Worten.
278
In der Nähe des Dorfes Steinberg durchbricht Basalt die
Grauwackenschichten an der Grenze des Diluvialterrains. Die
ganze Masse der letzleren hat ein gänzlich verändertes Ansehen.
Das sandsteinartige ist verschwunden und an seiner Stelle ist
das Gestein steingutähnlich geworden. Seine Masse ist dicht,
graulich, splitterig im Bruch und fettglänzend auf demselben.
Diese Umänderungen beweisen, dass die Hitze, welche auf dieses
Gestein wirkte, sehr intensiv gewesen ist.
Obgleich nun der ganze Vogelsberg aus den Tertiärsedi-
menten hervorgedrungen ist, so findet sich in dem Gebirge doch
selten ein so deutlicher Beweis als der oben angeführte, da hier
die Laven der Sedimente vollständig Überflossen und verdeckt
haben.
Ein äusserst interessanter Aufschluss der Tertiärmassen findet
sich hinter "Wieseck in den dortigen Sandgruben. Die obere Lage
besteht aus grauem Sand und Gerollen, untermischt mit grossen
abgerundeten Stücken bunten Sandsteins. Die darauf folgende
sandig - thonige Schicht enthält eine Lage von thonigem Sphäro-
siderit, in allen Graden der Umwandlung in Eisenoxydhydrat be-
griffen. Stücke desselben von schaliger Absonderung, die im Innern
einen thonigen Kern einschliessen, welcher durch einen glücklich
geführten Schlag leicht bloszulegen ist, werden hier häufig gefun-
den. Die nächste, stark thonige, durch Eisenoxydhydrat gelb ge-
färbte und von dunklen Streifen durchzogene Lage geht allmälig
in reinen weissen sehr feinen Sand über. Das Sphärosideritlager
erlangt bei nur geringer Mächtigkeit eine nicht unbedeutende Aus-
breitung, was daraus hervorgeht, dass es auch in den Tertiär-
sanden Kurhessens aufgefunden worden ist.
Bei Garbenteich wurde eine schneeweisse, abfärbende, dem
Aeusseren nach von Kreide nicht zu unterscheidende Masse auf-
gefunden, die sich aber bei der Analyse als ein thoniger Dolomit
zu erkennen gegeben hat. Höchst wahrscheinlich wurde dieses
Lager durch die Zersetzungsproducte der hier überall auftretenden
Basalte gebildet. Letztere zeigen nämlich bei ihrer Verwitterung
an der Oberfläche oft grosse weisse Flecken, die aus der Ferne
gesehen sich wie Flechten ausnehmen und meistens aus Dolomit,
zuweilen auch aus kohlensaurem Kalk bestehen. Werden diese
Körper vom Wasser weggeführt und an anderen Orten wieder
abgesetzt, so kann als Endresultat ein Lager gleich dem oben be-
279
schriebenen entstehen- Der Garbenteicher Dolomit besitzt einen
i muscheligen Bruch auffallend ähnlich dem des Sphärosiderits bei
Wieseck und ist es wahrscheinlich, dass letzterer ehemals ein Süss-
wasserdolomit gewesen, der durch Verdrängung seiner Substanzen
durch kohlensaures Eisenoxydul in Sphärosiderit umgewandelt
wurde.
Nördlich und nordwestlich von Giessen erheben sich zwei
Berge, der Hangelstein und der Gleiberg, die sich in ihrem Schich-
tenbau vollkommen ähnlich sind. Die Spitzen beider bestehen
aus Basalt, der sich auf den darunter folgenden horizontalen Ter-
tiärmassen erhebt, welche letztere die steil aufgerichteten devoni-
schen Schichten überdecken. Augenscheinlich waren die beiden
Berge ehemals nicht durch das jetzt dazwischenliegende breite
Thai getrennt, sondern bildeten ein zusammenhängendes Ganze.
Die Lahn, welche durch Erosion diese Trennung hervorgebracht,
was man an der steil abfallenden Westseite des Hangelsteins er-
sieht, an welcher sich eine deutliche Zerfressung und Ausnagung
durch Wasser kundgiebt, muss daher ehemals ein viel höheres
Bett als jetzt besessen haben. Plutonische Kräfte konnten keinen
oder einen nur höchst geringen Antheil daran gehabt haben,
was daraus hervorgeht, dass sich an den Tertiärablagerungen
nirgends eine Zerreissung oder Verschiebung nachweisen lässt.
Von Marbug südwärts bis in die Nähe des Staufenbergs
tritt bunter Sandstein auf, der mit den massenhaften Ablagerun-
gen desselben im Osten des Vogelbergs in Verbindung steht.
Die Trümmerproducte desselben hat die Lahn, deren Wasser sich
ehemals in die Wetterau ergossen und die sich erst später ihren
jetzigen Weg durch Nassau erzwungen hat, ihren Lauf hinab
abgelagert. Sie finden sich in mitunter bedeutender Mächtigkeit
hauptsächlich an der Nord- und Nord-Ost Grenze der Lindner
Mark abgelagert. Durch den Bau der Köln-Giessner Eisenbahn
werden dieselben kurz vor dem Giessner Bahnhof durchschnitten
und erreichen hier eine Höhe von 12 — 15 Fuss. Unter ihnen
tritt Dolomit in einzelnen zu Sand zerfallenen Buckeln hervor,
der, wie ich schon bei der Beschreibung der Mark gezeigt habe,
höchst wahrscheinlich mit den Kalken von Kleinlinden zusammen-
hängt. In den Schuttmassen treten häufig Sandsteinblöcke oft
von einigen Fussen Durchmesser auf, die durch ihre abgerundete
Oberfläche zu erkennen gaben , dass sie ebenfalls vom Wasser
280
hierher gebracht wurden und muss letzteres desshalb an dieser
Stelle eine starke Strömung besessen haben.
Auf dem Trieb , dem Seltersberg , bei Kleinlinden treten
überall Massen von klastischen Gesteinen auf, welche aus Quarz,
Grauwacke, buntem Sandstein, Eisenkiesel und Kieselschiefer be-
stehen und öfters durch Kieselsäure, Thon und Eisenoxyd zu
einem sehr festen Conglomerat verbunden sind. Diese Gerölle
sind als die Ueberbleibsel grosser Sandlager zu betrachten, die
zurückgeblieben, während die feinen Massen derselben von den
fliessenden Gewässern fortgeführt wurden.
Der Kieselschiefer zeigt selten so abgerundete Ecken und
Kanten wie die übrigen Gesteine, was dafür spricht, dass er nicht
weit vom Wasser weggeführt sein kann. Da er auch in unserer
Nähe am Dunstberg und weiter hin ansteht, so ist anzunehmen,
dass er von dort hierher geschwemmt wurde. Es muss aber
dann ein Wasser neben der Lahn, welche die Trümmerproducte
des bunten Sandsteins herbeiführte, existirt haben, dessen Lauf
vielleicht die jetzige Bieber noch anzeigt, oder das gerade die ent-
gegengesetzte Richtung, welche jetzt die Lahn unterhalb Giessen
besitzt, gehabt haben muss. Da diese Gerölle und Conglomerate
120 — 150 Fuss über dem jetzigen Wasserspiegel liegen, so er-
ersieht man daraus, welche bedeutende Niveauveränderung derselbe
seit jenen Zeiten erlitten hat.
281
2. Zur Frage, ob Hebung oder Senkung bei dem
Entwicklungsgänge unserer Erde vorwaltend thätig
gewesen sei.
Von Herrn von Seckendorfs in Schöningen.
Eine Frage, welche sich bei Betrachtung der unverkennbar
stattgefundenen Katastrophen, denen unsere Erdoberfläche ausge-
setzt war, aufdrängt, ist die, ob die Hebung oder die Sen-
kung die Hauptrolle spielte. Ihr etwas näher zu treten ist die
Aufgabe dieser Zeilen.
Seitdem L. von Buch das Wort der Erhebung in Gang
gebracht hat, schreibt man der Erhebung alle Rechte einer wohl-
begründeten Ansicht zu, und drängt die Senkungstheorie als
ziemlich nichtig in den Hintergrund. Man lässt sich hauptsäch-
lich durch den Umstand für die Hebung der Schichten gewinnen,
dass die über dem Meeresniveau befindlichen Schichten den Blicken
der Geologen blossgelegt wurden. So praktisch nun diese An-
schauung auch erscheint, so manche Einwendungen möchten sich
doch dagegen aufstellen lassen. Es wird dabei nur der kleine
Theil der festen Erdkruste in Betrachtung gezogen, welcher über
den Meeresspiegel hervortritt und deshalb der Beobachtung zu-
gänglich geworden ist, es bleibt aber dabei der ungleich grössere
vom Meere überdeckte, unsern Blicken entzogene Theil derselben
völlig unbeachtet. Die Schwierigkeiten aber, welche mit der Er-
forschung des Meeresbodens verknüpft sind, dürfen uns nicht ab-
halten unsere Forschungen so weit als irgend möglich auch dahin
auszudehnen , und es unterbleibt dies auch bei vorkommenden
Gelegenheiten , wie z. B. bei den Korallenriffen u. s. w. nicht.
Es fällt Niemandem ein eine untermeerische Hebung deshalb ab-
zuleugnen, weil sie die Fläche des Meeresspiegels nicht über-
schritt.
Schon hieraus ergiebt sich, dass der Meeresspiegel bei sol-
fceüs. d. d. geul. Ges. XV. 2. 19
282
eben Erscheinungen nicht maassgebend sein kann. Sehen wir
nun aus den Meereskarten, welche für die verschiedenen Forma-
tionsperioden entworfen sind, dass der Meeresspiegel früher einen
viel grössern Flächenraum eingenommen hat, als er gegenwärtig
umschliesst, so ergiebt sich auch hieraus, dass derselbe nicht als
Anhalt bei solchen Verhältnissen dienen kann , weil er keine
stabile, sondern eine sehr variable Grösse ist, wenn diese Ver-
änderlichkeit auch für unsere Zeit und unsere Beobachtungen zu
einem Minimum herabsank.
Für die Frage, ob Hebung oder Senkung stattgefunden habe,
kann daher nur, so scheint es uns, der Mittelpunkt der Erde
zum Anhalten dienen, so dass Alles, was sich m den verschie-
denen Katastrophen von ihm entfernte, als gehoben angesehen
werden muss, während alles das, was sich ihm näherte, als ge-
sunken zu betrachten ist, gleichviel ob es auf diese Weise über
den Meeresspiegel gelangte oder nicht. Auch bei der Betrach-
tung des Verhältnisses des über den Meeresspiegel hervortreten-
den Festlandes zu dem vom Wasser bedeckten Flächenraume
wird man füglich darauf hingeführt, dass die Senkung als vor-
waltend anzusehen sein dürfte.
Eben so möchte die von Vogt vorgetragene Vorstellung von
der Erkaltung des Erdkernes und dem periodischen Zusammen-
stürzen der Kruste keine der Senkung sehr förderliche und den
Verhältnissen entsprechende sein. Die dagegen erhobenen Be-
denklichkeiten: dass man nicht wissen könne, ob solche in Folge
der Erkaltung und Zusammenziehung eingetreten sei, weil man
kein Mittel habe die Senkungen zu messen, treffen eben so gut
die befürwortete Hebung. Es ist wohl zu beachten, dass Die-
jenigen , welche der Senkung das Wort reden, den bestehenden
Verhältnissen genau eben so Rechnung getragen wissen wollen
wie die Verehrer der Hebungstheorie, dass es sich daher nicht
um eine Aenderung dieser Verhältnisse, sondern um die Klärung
und Begründung der Anschauungen handelt.
Es kann daher auch nicht die ganz besonders praktische
Seite sein, welche der allerdings genialen Idee der Hebung der
Gebirgsmassen ihren Stützpunkt gab und ihr so bereitwillige
Aufnahme verschaffte, vielmehr muss dieser in einem andern
tieferliegenden Grunde gesucht werden und möchte derselbe wohl
hauptsächlich darin zu finden sein, dass der bei der Hebung an-
genommenen thätigen Kraft für ihre Wirksamkeit nach der
283
Qberfläche der Erde hin ein freier unbeschränkter Raum gegönnt
ist, während man bei der Senkung sich bisher vergeblich bemühte,
zu erklären, wie solche ohne künstlich geschaffene, hohle Räume
etc. möglich sei. Die grossartige originelle Idee der Erhebungs-
theorie führte dabei über die Nach Weisung der erforderlichen
Kraft hinweg; sie wurde ganz einfach den hervorgebro-
chenen ungeschichteten Gesteinen beigelegt! Man
übersah dabei nur, da man es in der Geologie immer mit gross-
artigen Erscheinungen zu thun bat, dass die hervorgebrochenen
Gesteine niemals als eine in die Bildnngsgeschichte der Erde ein-
greifende thätige Kraft angesehen werden können, weil sie in
der That nur Producte dieser Kraft sind wie alle andern Ge-
steine, dass man also, wenn man von erhebenden Gesteinen spricht,
eine durchaus unstichhaltige Ansicht aufstellt. So lange also die
Kraft nicht nachgewiesen ist, durch welche die sogenannten er-
hebenden, in der That aber gehobenen Gesteine an ihren Platz
geführt wurden, so lange hat die Hebungstheorie trotz ihrer
Verbreitung durchaus nicht mehr Werth als eine unbegründete
Senkungstheorie.
Indem wir nun in dem Vorhergehenden die völlige gleiche
Berechtigung der beiden Anschauungsweisen herzustellen suchten,
dürfte sich gleichzeitig ergeben, dass diejenige Theorie, welche
die erforderliche Kraft nachweist und auf die einfachste unge-
suchteste Weise alle Erscheinungen erklärt , allein auf Geltung
wird Anspruch machen können. Es wird nun allgemein aner-
kannt :
1) Ein heissflüssiger Urzustand unserer Erde;
2) eine allmälige Abkühlung derselben;
3) dass die Erde sich in Folge dieser Abkühlung mit einer
erstarrten Kruste umgab , welche mit der Zeit an Stärke zu-
nahm, während der innere, von der Abkühlung noch nicht getrof-
fene Theil im ursprünglich heissflüssigen Zustande verblieb;
4) dass die in Folge der Abkühlung sich bildende Erdkruste
nach dem allgemein geltenden physikalischen Grundsatze, wonach
jeder aus dem flüssigen in den festen Zustand übergehende Kör-
per sein Volumen verringert, an ihrer ursprünglichen Ausdehnung
verloren hat ;
5) dass hierdurch eine unendlich mannigfache Zerklüftung
der festen Erdrinde veranlasst wurde ;
19*
284
6) dass alle sedimentären Gesteine sich ursprünglich hori-
zontal ablagerten;
7) dass diejenigen geschichteten Gebirgsmassen, welche nicht
mehr horizontal liegen-, durch spätere Einflüsse in ihre jetzige
Stellung gebracht wurden ;
8) dass die nicht geschichteten , krystallinisehen , massigen
Gesteine heissflüssigen Ursprunges sind und durch eine bis jetzt
nicht hinlänglich ermittelte Kraft an ihren jetzigen Ort gebracht
wurden ;
9) dass das auflagernde Gestein im Allgemeinen nothwendig
jünger ist als das überlagerte.
Von diesen allgemein anerkannten Sätzen kommen die sub 4
und 5 zu unserm Zwecke hauptsächlich in Betracht, weil die Zer-
spaltung der Erdkruste in der Erdbildungsgeschichte eine sehr
wesentliche Rolle spielt. Es ist Thatsache, dass man der Zer-
spaltung in allen Regionen der Gebirgsmassen vom jüngsten
Gletschereise bis zum ältesten Gesteine begegnet, dass man sie
in den feinsten Haarklüften, wie in den mächtigsten Gebirgsspal-
ten, dass man sie offen, wie mannigfach gefüllt antrifft. Es ist
daher sehr wichtig sich über die Natur dieser Spalten Aufschluss
zu verschaffen, wozu die Erzgänge schon lange Gelegenheit
gegeben haben. Man lernte die Natur derselben, ihr gesell-
schaftliches Auftreten in langhin zu verfolgenden Gang-
zügen, ihre Verwerfungen und die nach der Längenrichtung hin
sehr häufig damit verbundenen Niveauveränderungen kennen, wo-
durch die eine Hälfte des ältern Ganges von dem verwerfenden
jüngern Gange aus seiner normalen Lage gebracht ist. Diese
Niveauveränderungen sind nach den beim Steinkohlenbergbau ge-
machten Erfahrungen oft bedeutend, selbst bis zu 1500 Fuss, ja
man hat am Harze ein Beispiel (S. die Wiederausrichtung ver-
worfener Gänge, Lager und Flötze von Dr. Christ. Zimmer-
mann, Darmstadt und Leipzig bei C. W. Leske 1828) wonach
solche Verwerfungen in neuerer Zeit während des Bergwerksbe-
triebes (seit 1720) vor sich gegangen sind, indem daselbst die
von Klüften durchsetzten Geschwornenstufen — von den Betriebs-
beamten nach bestimmten Gesetzen zu bestimmten Zwecken zur
Zeit des Betriebes in einen der Ortsstösse eingehauene Zeichen —
wie ältere Gänge verworfen sind, wobei der ganze Ort unter der
Einwirkung dieser Verwerfungen um mehrere Zolle aus der ur-
sprünglichen Stellung gebracht worden ist. Man erkannte ferner
285
in den oft beobachteten Gangspiegeln die Folgen stattgefundener
Reibung der aufeinander hingeglittenen Gangtheile und sah, dass
die spaltende Kraft, wenn sie auch bei einem Gange eine be-
stimmte Richtung verfolgte, doch unter besondern Einflüssen, nament-
lich durch offnere Schichtungsflächen u. s. w., recht oft von ihrer
Hauptrichtung abgelenkt wurde.
Diese Beobachtungen führten nun zu der naturgemässen An-
sicht, dass bei den beobachteten Verwerfungen die eine Seite der
Gangspalte, das Liegende des Ganges, im Ruhezustande ver-
blieben sei, dass die andere dagegen, das Hangende, dem Ge-
setze der Schwerkraft folgend, sich gesenkt habe. Als man nun
aber auch Beispielen begegnete, woraus eine Hebung des Liegen-
den hervorzugehen schien und man sich dafür eine Erklärung
nicht sofort geben konnte, so huldigte man auch bei den Gang-
theorien nur zum Schaden für die Wissenschaft der Erhebungs-
theorie und verliess die Senkungstheorie hauptsächlich wohl des-
halb, weil man sich von der dabei erforderlichen Beweglichkeit
der erstarrten Kruste, wie sie aus den beobachteten Verhältnissen
hervorleuchtete, keine richtige Vorstellung zu verschaffen wusste.
Es handelt sich nun darum darzuthun , wie man diese Beweg-
lichkeit der Erdkruste mit Hülfe der Schwerkraft zur Erklärung
der Erscheinungen anzuwenden hat.
Es konnte wohl nicht fehlen, dass bei den vielfachen Zer-
Spaltungen der festen Erdkruste einzelne Theile derselben, die
bis dahin von ihrer Umgebung unterstützt und gehalten wurden,
diese .Unterstützung vollständig verloren, so dass sie mit ihrem
Gewichte auf die darunter befindliche heissflüssige Masse ein-
wirkten. Hierzu ist nur die Annahme erforderlich, dass die be-
treffenden Spalten, welche solche Massen umschlossen, die Kruste
in ihrer vollen Mächtigkeit durchsetzten. Diese An-
nahme selbst aber ist in der Kraft, welche man für die Entste-
hung der Spalten aufruft, durchaus begründet.
Nimmt man nun der Einfachheit wegen für eine solche
Masse ein rechtwinkliges Viereck (Fig. 1 a) an, so ergiebt sich,
286
Figur t.
1 — - 1
wenn der Druck ganz normal von oben nach unten erfolgt, dass
die feste sieb senkende Masse nach hydrostatischen Gesetzen auf
die heissflüssige Masse des Erdkernes mit ihrem Gewichte drückt,
bis das Gleichgewicht hergestellt ist oder andere Umstände das
Aufhören des Druckes veranlassen. Es ergiebt sich ferner, dass
die gedrückten heissflüssigen Massen so lange durch die Spalten-
öffnungen aufsteigen mussten, als der mechanische Druck fort-
dauerte, dass daher die aufwärts gedrückten Massen in genauem
Verhältnisse zu der sich senkenden festen Masse und dem dadurch
ausgeübten Drucke stehen, dass namentlich dem Räume nach so
viel heissflüssige Masse verdrängt wurde, als feste in sie einsank.
War die drückende Masse horizontal geschichtet, so wurde an ihrer
horizontalen Lagerung hierbei nichts geändert.
Anders gestalten sich aber die Verhältnisse, wenn der Druck
ein ungleichmässiger ist, wenn z. B. in dem rechtwinkligen
Viereck a (Fig. 2) der Druck nur bei a thätig wird. In Folge
Figur 2.
dessen senkt sich nur an dieser Stelle die Masse, während sie
auf der Seite ß in ihrer ursprünglichen Lage beharrt. Die Spalte
an dieser Seite öffnet sich nach oben hin und schliesst sich nach
unten, während auf der Seite a ein umgekehrtes Verhältniss ein-
tritt. An den oben angedeuteten mechanischen Grundsätzen und
287
,Folgen wird dadurch nichts geändert. Es wird so viel heiss-
flüssige Masse, als durch den Triangel oc ß 8 angedeutet wird, in
die Spalten bei oc und ß eingedrängt werden als der Raum ge-
stattet, das Ueberschüssige wird aber entweder an beiden Spal-
tenseiten über a hervortreten, oder aber, wenn die Spalte bei oc
wegen festen Verschlusses ein Austreten derselben hier nicht zu-
lässt, so werden sich die gepressten Massen nur an der ß Seite
ergiessen, bis das Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Waren
die Massen in a ursprünglich horizontal geschichtet , so ergiebt
sich nun erstens eine von ß nach a gerichtete Falllinie, zweitens
ein mit der Längenricbtung der Spalten oc und ß parallel laufen-
des Streichen der Schichten.
Betrachtet man nun dieselbe Masse a nach ihrer horizontalen
Projection von oben (Fig. 3) so ergiebt sich, dass das Fallen der
Figur 3.
. • — — y ™ - -
Ct oc
Schichten und das davon abhängende Streichen derselben allerlei
Veränderungen unterworfen sein wird, je nachdem man den vor-
waltenden Druck nach den Punkten 1,2,3 und 4 oder nach *(
oder 5 hinrückt. In den letztern beiden Fällen würde die Maxi-
mal-Abweichung eintreten , d. h. die Streichungslinie würde von
oc nach ß gerichtet sein, während das Fallen entweder von y nach
o oder umgekehrt hinzielen würde, je nachdem der Hauptdruck
nach dem einen oder dem andern Punkte hinverlegt wird. Es
ist diese Betrachtung insofern wichtig , als darin locale Abwei-
chungen eine Erklärung finden.
Wenn man nun diese rein mechanischen Verhältnisse weiter
ausführt , wenn man z. B. neben einer mittlem Hauptspalte oc
288
(Fig. 4) zwei parallele Nebenspalten ß und -f herlaufen lässt
und die Druckkraft für die Massen a und b nach diesen Seiten
Figur 4.
verlegt, so erkennt man, dass die Hauptspalte a sich bedeutend
öffnet, dass wenn die Nebenspalten [3 und ~{ fest verschlossen sind
und den heissflüssigen Massen einen Ausgang nicht gestatten,
diese entweder bei a in die Höhe steigen müssen, oder aber die
festen Massen a und b werden dem Unterdrncke bei a nachgeben,
d. h. sie werden um so viel in die Höhe gehen (gehoben werden)
als erforderlich ist, um das Gleichgewicht wieder herzustellen.
Aus allem diesen ergiebt sich, dass diese mechanischen Ver-
hältnisse sich bis ins Unendliche ausspinnen lassen. Wir zogen
bei der Betrachtung derselben der bequemern Behandlung wegen
nur ein Minimum von Spalten ins Spiel und gaben den thätig
werdenden Massen ganz ebene mathematische Begrenzungen. Es
liegt aber auf der Hand, dass sich die Natur darauf nicht be-
schränkte, dass in der Anzahl und der Bedeutenheit der Spalten,
in deren Geneigtheit gegen den Horizont und in der Unebenheit
und Ungleichförmigkeit der Spaltenwandungen die verschieden-
artigsten Abweichungen sich denken lassen. Man erkennt aber
auch, dass man bei der damit möglich gewordenen Beweglichkeit
der zerborstenen Erdkruste in dem Gewichte der sich senkenden
Massen für das Hervordrängen der ursprünglich heissflüssigen
Massen (der massigen Gesteine) und für die vorkommende ein-
seitige Aufrichtung der geschichteten Gesteine eine den Erschei-
nungen völlig entsprechende, proportionale Kraft besitzt. Während
die Erhebungstheorie ohne nachgewiesene Kraft zu verwerfen ist,
erscheint dagegen die von uns befürwortete Senkungstheorie der
289
Beachtung werth, weil sie eine bestimmte Kraft nachweiset, die
für alle Epochen der Erdbildung vorhanden war.
So ergeben sich bei dieser Annahme in den neben den Cen-
tralspalten herlaufenden Gebirgsmassen die Druckfelder zu
den durch sie hervorgebrachten Oberflächenveränderungen ; wenn
man will, so lässt sich sogar die Ansicht vertreten, dass der
vom Meere verdeckte Theil der Erde das Druckfeld für die über
den Meeresspiegel hervortretenden festen Massen abgebe. Man
erkennt überhaupt leicht, dass neben grossen, für ganze Gebirgs-
züge maassgebenden Druckfeldern für particulare Abweichungen
kleinere, beschränktere Druckfelder gedacht werden können, welche
in das beobachtete Hauptstreichen und Fallen der geschichteten
Massen allerlei Abweichungen hineinzubringen vermögen. Man
erkennt, welche unendliche Verschiedenartigkeit an der Erdober-
fläche hervorgerufen werden muss, je nachdem man sich nur die
Senkung nach der einen Seite des Druckfeldes (Fig. 2) oder
Senkung nach der einen, und Hebung nach der andern in
Thätigkeit gesetzt denkt, je nachdem neben der Centralspalte ein
einseitiges Druckfeld, oder Druckfelder annimmt, die an beiden
Seiten derselben hinlaufen.
So wichtig wie sich hiernach die Spalten überhaupt zeigen,
eben so wichtig ist deren Geneigtheit gegen den Horizont und
die Unebenheit ihrer Wandungen. Man braucht in den gege-
benen Figuren die lothrecht dargestellten Spalten nur nach ver-
schiedenen Seiten hin zu richten, um zu erkennen, dass die Ver-
schiedenheit ihrer Neigungen auf die Beweglichkeit der Masse
einen Einfluss ausüben musste. Wenn schon die Erzgänge, welche
sich sowohl nach dem Streichen wie nach dem Fallen hin bald
mächtig öffnen, bald dicht verschliessen, nur im grossen Ganzen
als plattenförmige Körper angesehen werden können, so ist an-
zunehmen, "dass die Spalten, welche bei der Gestaltung der Erd-
oberfläche thätig wurden , noch ungleich mehr Verschiedenheit
boten. Während sich im Allgemeinen die Centraispalten nach
oben öffnen und nach unten schliessen, bei den äussern Spalten
aber ein umgekehrtes Verhältniss sich ergiebt, können hierin
unendliche Modificationen eintreten. Es werden an der einen
Stelle auf grössere oder geringere Erstreckung hin offene weite
Verbindungen mit dem Centraikerne hergestellt werden, während
an andern Stellen diese Communication zwar direct, aber in un-
gleich geringem Dimensionen vorhanden ist. An einer dritten
290
Stelle ist solche nur auf grossen Umwegen zu denken, und an
andern, wo die Wandungen fest auf einander treffen, findet ein
hermetischer Abschluss statt. So kann hier der Fall eintreten,
dass die Friction der sich berührenden Wandungen sich dem
Drucke der sich senkenden Massen entgegenstellt, dass sie aber
unter dem stetigen Einflüsse dieses Druckes und der heraufge-
drängten heissflüssigen Massen zum Nachgeben gebracht werden,
und so eine periodische Abwechselung von Senkung und Hebung
erfolgen konnte, bis die Abkühlung und Erstarrung der einge-
drungenen Massen die Stabilität an diesem Punkte feststellte.
\
291
3. Ueber die Kreide - Bildungen der Gegend von
Löwenberg.
Die eigentümliche Entwickelung der Gebirgsarten und geo-
gnostischen Formationen am Nordrande des Riesengebirges hat
schon seit dem Beginn des laufenden Jahrhunderts die Aufmerk-
samkeit der Geognosten erregt.
Schon im Jahre 1819 widmete v. Raumer in seiner Schrift
„Ueber das Gebirge Niederschlesiens u. s. w. "*) auch diesem
Theil der Sudeten eine eingehende Betrachtung. Nach ihm be-
handelte v. Dechen in einer ausführlichen und gründlichen Ab-
handlung „das Flötzgebirge am nördlichen Abfall des Riesen-
gebirges"**) denselben Gegenstand und gab zugleich ausser vie-
lem Anderen die erste Kunde von dem verschiedenartigen petro-
graphischen Charakter und der verhältnissmässig grossen geogra-
phischen Verbreitung der Kreideschichten in diesem Theil des
Gebirges.
Die erste genauere Altersbestimmung dieser Schichten ver-
suchte A. Roemer in den „Versteinerungen des norddeutschen
Kreidebirges, 1841", wo S. 128 dieselben insgesammt zur Ab-
theilung des Quaders gestellt werden, ohne Berücksichtigung der
kalkigen und thonig-sandigen Kreidegesteine sammt ihren gänzlich
verschiedenen organischen Einschlüssen, deren schon v. Dechen
(S. 140) Erwähnung gethan hatte.
Drei Alterstufen unterschied in denselben Ablagerungen bald
darauf im Jahre 1843 Geinitz in den geognostischen Skizzen,
welche den „Petrefakten von Kieslingswalda " vorausgeschickt
sind; er sonderte auf Grund seiner Beobachtungen in dem Gebiet
der sächsischen Kreide- Ablagerungen unteren und oberen Quader-
sandstein , getrennt durch die Zwischenstufe des Pläners. Ihm
Von Herrn R. Dreschek in Berlin.
Hierzu Tafel VIII. und IX.
*) S. 128 bis 130. Berlin 1819.
*) Kahsten's Archiv. 1838. S. 84.
292
konnte es damals aber noch begegnen, dass er die Aufeinander-
folge der Schichten gerade umgekehrt annahm, wie sie wirklich
stattfindet. Er erklärte den Sandstein von Giersdorf für unteren
Quadersandstein unter Erwähnung zum Theil derselben organi-
schen Einschlüsse*), derenwegen wir ihn heute als „oberen
Quadersandstein" bezeichnen, und umgekehrt den Quadersand-
stein von Waltersdorf und anderen Orten für oberen Quader-
sandstein wegen genau derselben Leitformen, derenwegen wir ihn
jetzt unteren Quadersandstein nennen.
Doch schon ein Jahr später ertheilte E. Beyrich in seiner
Schrift „Ueber die Entwickelung des Flötzgebirges in Schlesien"**)
wenigstens einem Theil der besprochenen Kreide- Ablagerungen
die richtige Stellung. Derselbe setzte nämlich den Quadersand-
stein von Moys bei Löwenberg und dessen Aequivalente wegen
gleichartiger Einschlüsse in ein gleiches Niveau mit dem, von
Habelschwerdt und somit in das Niveau des für Schlesien unte-
ren Quadersandsteins. Ausserdem stellte er die bis dahin be-
zweifelte Altersgleichheit der Kohlen - Ablagerungen und Thon-
eisensteine von Wenig - Rackwitz , Ottendorf und Wehrau fest.
Derselbe Verfasser gab ein Jahrzeh ent später eine detaillirte Be-
schreibung der Lagerungsverhältnisse, sowie die endliche Fest-
stellung der unter diesen Ablagerungen zu unterscheidenden
geognostischen Alterstufen in einer Abhandlung „Ueber die La-
gerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge." ***)
Hierin wies er das Vorhandensein von vier Haupt- Schichten-
Systemen nach, welche im Alter den drei D'ORBiGNY'schen Ab-
theilungen des oberen Kreidegebirges, den Etages Ceno?nanien,
Turonien und Senonien entsprechen. Die genauere Begrenzung
und Verbreitung dieser vier Systeme wurde aber erst in neuester
Zeit nach den geognostischen Aufnahmen desselben Geologen zur
Anschauung gebracht auf den beiden Sektionen Löwenberg und
Liegnitz des geognostischen Kartenwerkes vom niederschlesischen
Gebirge und den umliegenden Gegenden.
Durch alle diese Arbeiten war jedoch über die organischen
*) Er erwähnt S. 1 Nerinea Borsoni, eine Rostellaria und einen
Conus, womit nur die Nerinea Büchi, Actaeonella Beyrichii und irgend
eine- Omphalia gemeint sein können.
**) Karsten's Archiv 1844, S. 45.
***) Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu
Berlin 1855, S. 60 und 61.
293
Einschlüsse der nordschlesischen Kreide- Ablagerungen bisher nur
äusserst wenig, noch viel weniger aber über deren Beziehungen
zu den organischen Einschlüssen verwandter Kreidegebilde in
anderen Gegenden Deutschlands bekannt geworden. Diese Lücken
in der Literatur nach Kräften auszufüllen, ist der Zweck der
folgenden Mittheilungen. Sie beruhen theils auf eigenen Beob-
achtungen und Sammlungen während eines zweimaligen Besu-
ches der betreffenden Gegenden, theils auf Benutzung der Mate-
rialien in den reichen Sammlungen des mineralogischen Museums
der Universität zu Berlin und in dem Mineralien -Kabinet der
Königl. Ministerial-Abtheilung für Berg- und Hüttenwesen, wel-
che mir durch die Güte des Herrn Professor Beyrich zugäng-
lich gemacht wurden, dem ich auch in anderer Beziehung noch
wegen seiner freundlichen und vielfältigen Unterstützung bei der
Abfassung des Nachfolgenden zum grössten Danke verpflichtet
bin. Vieles verdanke ich auch der gütigen Berücksichtigung des
Herrn Dr. Ewald und meines Freundes Kunth. Endlich darf
ich der grossen Bereitwilligkeit nicht zu erwähnen vergessen,
mit der die Herren Sachse und Mohr, und in noch höherem
Grade Herr Dresler in Löwenberg mir ihre werthvollen
Sammlungen von Petrefakten der Löwenberger Kreide-Ablagerun-
gen zur Benutzung anvertrauten.
I. Gliederung- der Äreideformation bei
Eiöwenberg.
Wie überall in Sachsen, Böhmen und in anderen Gegenden
Schlesiens sind auch am Nordrande des Riesengebirges nur sol-
che Kreideschichten vertreten, welche jünger sind als der Gault,
unter diesen aber alle drei Abtheilungen der oberen Kreide, die
Cenoman-, Turon- und Senon-Gruppe d'Orbignk's. Sie wurden
in zwei von einander vollständig getrennten Hauptmulden abge-
lagert, einer nördlichen und einer südlichen. Die südliche, nach
dem Städtchen Lähn benannt, ist theils durch besondere Lage-
rungsverhältnisse, theils dadurch ausgezeichnet, dass in ihr bis
jetzt keine jüngeren als turone Ablagerungen nachgewiesen wer-
den konnten. Ich lasse diese Lähner Mulde , welche durch
Kutnth genauer erforscht wurde, hier völlig unberücksichtigt.
Die nördliche Hauptmulde, welche ich die Löwenberger
294
Mulde nennen will, ist von weit grösserer Ausdehnung und folgt
der Hauptrichtung des ganzen Sudetenzuges von Südosten nach
Nordwesten. Sie ist in ihrer südöstlichen Hälfte noch von be-
deutenderen Bergen begrenzt, endet aber zwischen Klitschdorf
und Görlitz unter den Tertiär- und Diluvial - Ablagerungen der
nordostdeutschen Ebene. Die Unterlage der Kreide - Bildungen
besteht grösstenteils aus buntem Sandstein, stellenweise auch
aus Muschelkalk, wo diese beiden fehlen, aus dem Rothliegenden
oder, wo auch dieses noch fehlt, unmittelbar aus dem primitiven
Thonschiefer, dem Fundamente aller Flötzgebirgs - Formationen
am Nordrande der Sudeten.
A. Die Ablagerungen des Cenoman - Systems.
Die Ablagerungen dieses Systems sind am ganzen Nordrande
der Sudeten nur durch eine einzige Schicht vertreten:
Den Cenomanen unteren Quadersandstein.
(= gs z. Th. auf der geogn. Karte des niederschl. Gebirges.)
Dieser Sandstein bildet in dem grössten Theile der Löwen-
berger Mulde einen meist schmalen, oft durch Diluvial-Bedeckung
unterbrochenen Saum, der nach dem Mulden-Innern zu meist von
jüngeren Kreideschichten überlagert wird. Nur unweit Lö-
wenberg bei Plagwitz tritt er ein wenig in das Mulden-Innere
hinein , wie es scheint in Folge einer Störung seiner ursprüng-
lichen Lagerung. Fast immer ist der Sandstein von grobem
Korn, zuweilen selbst conglomeratisch, auf dem frischen Bruch
von weisser bis gelblichgrauer oder gelbbrauner, stets von heller
Färbung.
Die Quarzkörner hält meist ein weisses thoniges Bindemittel
zusammen. Westlich von Neuwiese und nördlich von Herms-
dorf*) schliesst er starke Bänke eines sehr mürben, feinkörnigen ^
weissen Sandsteins ein , der stellenweise stark mit Kohlentheil-
chen gemischt ist. Im Uebrigen ist er gerade durch seine ver-
hältnissmässig bedeutende Festigkeit selbst in den gröbsten Con-
glomeraten ausgezeichnet und wird durch diese Eigenschaft ein
*) Der Quadersandstein «nördlich von Hermsdorf gehört indess mög-
licher Weise einer jüngeren Altersstufe an, wie weiter unten gezeigt
werden wird.
295
beliebtes Material zu Bauten und zur Verfertigung von Mühl-
steinen. Seine stellenweise zahlreichen organischen Einschlüsse
zeichnen sich durch meist sehr mangelhafte Erhaltung und ge-
ringe Mannigfaltigkeit der Arten aus. Doch charakterisiren ihn
Exogyra columba, Pecten asper. Pecten aequicostatus, Ammo-
nites Rotomagen sis*) und andere Versteinerungen zur Genüge
als Aequivalent des unteren Quadersandsteins in Sachsen und
Böhmen, des englichen oberen Grünsands und des Etage ceno-
manien von d'Orbigny.
Die fossile Fauna dieses Sandsteins besteht aus folgenden
Formen :
Saut ilus elegans Sov.
Ammonites Rotomagerisis Brongn-.
Dentalium glabrum Gehst.
Inoceramus Cutneri Scnv.
Pecten serratus Nils.
Pecten asper Lam.
Pecten quinquecostatus Sovr.
Pecten aequicostatus Lam.
Lima Hoper i Mant.
Exogyra columba Lam.
Rhynchonella sp. ind.
Nicht zu übersehen ist das verhältnissmässig häufige Vor-
kommen des Ammonites Rotomagensis. nach welchem v. Strom-
beck in jüngster Zeit die obersten Cenoman-Schichten am Nord-
rande des Harzes benannt hat. Nicht minder merkwürdig ist
das Auftreten von Lima Hoperi, welche bisher sowohl in Sach-
sen und Böhmen, als auch in Norddeutschland als eine der am
meisten charakteristischen Formen für den turonen Pläner ange-
sehen wurde.
Die reichsten Fundorte für diese Fauna waren bisher die
Steinbrüche bei der Stadt Löwenberg und bei Nieder-Moys, in
welchen nicht allein Exogyra columba und Pecten asper, son-
dern auch Lima Hoperi, Ammonites Rotomagensis und Nau-
tilus elegans häufig gefunden werden.
*) Der Name ist von Ronen, Rotomagus. abzuleiten; die gewöhnliche
Schreibart Rhotomagensis scheint unmotivirt.
296
B. Die Ablagerungen des Turon-Systems.
(= e -\- d2 z. Tbl. -f- g3 z. Thl. der geogn. Karte vom niederschlesi-
schen Gebirge.)
Die Turon-Bildungen erlangen in der Löwenberger Kreide-
mulde nur eine räumlich beschränkte Entwickelung. Indem sie
mit Ablagerungen von sandfreiem plastischen Thonmergel begin-
nen, nach oben zu allmälig Sand in sich aufnehmen und end-
lich mit einer Lage festen mergeligen Kalksteins enden, zerfal-
len sie ihrem petrographischen Charakter nach in zwei Haupt-
Unterabtheilungen, welche sich auch in ihrer Fauna wesentlich
unterscheiden.
1. Kalkig-thonige Ablagerungen.
Von diesen ist eine untere und eine obere Ablagerung zu
unterscheiden. Die untere besteht aus einem plastischen, mit
Glimmerblättchen fein gemengten Thonmergel von grauer, im
frischen Zustande dunkelblaugrauer Farbe, dessen unmittelbare
Auflagerung auf dem cenomanen Quadersandstein nordöstlich von
Langenvorwerk in einem Hohlwege beobachtet wurde.*) Der
Uebergang vom cenomanen Quadersandstein in den Thonmergel
wird hier in einer sich öfters wiederholenden Weise durch einen
von Eisenoxydhydrat gelbroth gefärbten Thon und eine Lage
von sandigem festen Thoneisenstein, beide zusammen nur 12 bis
15 Zoll mächtig, vermittelt. Die Schichten fallen mit 25 Grad
nach Nordosten ein.
Auf der Höhe des Kretscham-Berges bei Deutmansdorf, an
dessen südlichem Abhänge dieselben Mergel durch einen Hohl-
weg entblösst sind, finden sich zahlreiche Bruchstücke von Thon-
eisenstein, welche auf das Vorhandensein eines Zwischengliedes wie
bei Langenvorwerk schliessen lassen und es wahrscheinlich ma-
chen, dass die grobkörnigen Sandsteine der östlichen Hälfte des
Kretscham-Berges noch dem Cenoman-System angehören.
Aehnliche Umstände machen es auch wahrscheinlich, dass
von den grobkörnigen Quadersandsteinen des Hainwaldes nur
etwa der Theil südlich der Chaussee dem Cenoman-Systeme zu-
*) In dem Kreidebecken von Lähn siebt man die Auflagerung des-
selben Thonmergels auf dem cenomanen Quadersandstein sehr schön auf
der Höhe des Lerchenberges bei Mittel-Langenau in einem Hohlwege.
297
zurechnen sein dürfte; denn dieselben Mergel wie bei Langen-
vorwerk zeigen bei Neuwiese deutlich ein dem südlichen Mulden-
rande paralleles Streichen von Westen nach Osten und auch
dort finden sich Stücke sandigen Thoneisensteins, besonders süd-
_ lieh von der Chaussee und längs der Südgrenze des Mergels
selbst im Walde zerstreut umher liegend.
Die Stellen, an welchen ich die unteren plastischen Thon-
mergel der Abtheilung überhaupt anstehend beobachtete, sind
folgende: 1*) bei Langenvorwerk , 2) nordwestlich dicht an der
Stadt Löwenberg südlich von der Strasse nach Langenvorwerk
in zwei Mergelgruben , nur wenige Schritte entfernt von dem
cenomanen Quadersandstein des Schiesshausberges, 3) südlich vor
dem Burgthore der Stadt Löwenberg, wo er von den jüngeren
Turon- Gebilden des Hospital-Berges alsbald bedeckt wird; 4) als
unterste Schicht der Turon- Bildungen des Vorwerks -Busches,
5) am rechten Boberufer am untersten Abhänge des Lettenberges
gegenüber dem Vorwerks - Busch ; endlich 6) in der Nähe des
nordöstlichen Muldenrandes, am Südabhang des Kretscham-Ber-
ges bei Deutmansdorf. Besonders mächtig zeigen sich die Mergel
bei Langenvorwerk und am Vorwerks-Busch.
Auf diesem plastischen Mergel ruht, wie am Vorwerks-Busch
sehr deutlich zu beobachten, getrennt durch eine nur 2 bis
3 Zoll betragende Zwischenlage von feinblättrigem, blaugrauen
Schieferthon ein mächtiger Mergelschiefer von hellbläulich grauer
Färbung, dünn geschichtet, welcher entweder nach oben immer
zahlreicher werdende kuehenförmige Concretionen von festerer
Beschaffenheit einschliesst, wie z. B. am Vorwerks- Busch, oder
endlich ganz in einen solchen festen Mergelschiefer übergeht, wie
nördlich vom Hirseberge, bei Pilgramsdorf und bei Neuwiese.
Dieser Mergelschiefer kann zwar stellenweise sehr fest und sogar
klingend werden, wie an einer Stelle östlich von Pilgramsdorf,
verliert jedoch nie die schiefrige Struktur und bricht mindestens
stets in dünnen Platten. An den drei zuletzt genannten Punkten
treten nur diese oberen Ablagerungen zu Tage und die plasti-
schen Mergel fehlen entweder ganz oder sind durch Ueberlage-
rung dem Anblick entzogen. Bei Pilgramsdorf bilden die Mergel-
schiefer eine schmale von Nordwesten nach Südosten streichende
Zone nordöstlich vom Sieinberge und haben eine Längenausdeh-
nung von \ Meile.
An organischen Resten sind diese kalkig-thonigen Ablage-
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 2. 20
298
rungen grösstenteils ausserordentlich arm, und ich verdanke die
Kenntniss der daraus erhaltenen Formen fast nur dem Fund-
punkte der Mergelgruben am Vorwerks- Busch, wo zahlreiche
Schwefelkies-Concretionen das Vorkommen der organischen Reste
begleiten. Die arme Fauna besteht hauptsächlich aus zahlreichen
Zähnen und anderen Resten von Fischen, neben denen nur we-
nig Anderes gefunden wurde. Die mir bekannt gewordenen
Formen sind folgende:
f Osmeroides Lewesiensis Mant. (Schuppen) »
Aulolepis Reussü Gein. (Schuppen und Skelettheile)
Macropoma Mantelli Ag. (Koprolithen)
Pycnodus scrobiculatus Reuss (Zähne)
| Corax heterodon Reuss (Zähne)
\Otodus appendiculatus Ag. (Zähne)
■fOxyrkina Mantelli Ag. (Zähne)
Oxyrhina angustidens Reuss (Zähne)
Lamna raphiodon Ag. (Zähne)
Placoiden-Wirbel
Inoceramus mytiloides Mant.?
Pecten Dresleri Dr.
■fPecten orbicularis Nils.
f Mano?i megastoma Roem.*)
Von diesen Formen fanden sich die meisten in den Mergeln
des Vorwerks-Busches. Nur bei Neuwiese und am Nordrande
des Hirseberges fand ich mit Sicherheit Manon megastoma.
2. Die sandigen Mergel und Mergelkalksteine.
Ueber den beschriebenen thonig-kalkigen Schichten folgt an
mehreren Stellen, zwar in grösserer räumlicher Ausdehnung, aber
auf einen kleineren geographischen Distrikt beschränkt, eine
mächtige Ablagerung von wesentlich anderer Gesteinsbeschaffen-
heit. Gemeinsam mit der vorigen Gruppe hat sie nur durch
alle ihre Modifikationen hindurch die sparsame Beimengung von
feinen Glimmerblättchen. Sie besteht zu unterst aus einer mäch-
tigen Schicht eines sehr mürben, leicht zerreiblichen und fein-
*) In dem Mergelschiefer gleichen Niveaus am Lerchenberge bei
Langenau im Läbner Kreidebecken fand ich 1862 den ersten und bisher
einzigen Belemniten aus schlesischen Kreide- Ablagerungen ; leider ist er
nicht sicher bestimmbar, vielleicht zn Belemnites lanceolatus gehörig.
körnigen thonig-kalkigen Sandsteins mit nur geringem Kalkgehalt
von vorherrschend hellgrauer Farbe und ohne deutliche Schich-
tung. Nach oben geht derselbe stets in ein weniger mürbes
Mergelgestein von sehr wechselnden Eigenschaften über, dessen
durchgehends reichlicher Kalkgehalt sich zuweilen so steigert,
dass es stellenweise ein fast reiner körniger und fester Kalkstein
wird. An andern Stellen dagegen herrschen der Thon- und
Sandgehalt so stark vor, dass das Gestein seiner Unterlage wie-
der ähnlich wird. Nur selten findet man darin einige glauco-
nitische Körner. Die Farbe wechselt auf die mannigfaltigste
Art zwischen lichtem Gelblichgrau, Bläulichgrau und Dunkelgrau.
Nach oben schliesst es an den meisten Stellen, so am Hospital-
berge, dem Popelberge und dem Steinberge, mit einer festen
mergeligen Kalksteinbank von 2 bis 2\ Fuss Mächtigkeit ab.
Diese Ablagerung hat im Vergleich mit ihrer Unterlage
eine nur äusserst beschränkte geographische Verbreitung. .Die
grösste Entwickelung besitzt sie nordwestlich von Löwenberg,
wo sie auf dem älteren Mergel ruhend, mit einem Einfallen von
15 bis 25 Grad nach Nordosten in einer Streichungslinie von
Nordwesten nach Südosten sowohl den Popelberg als die Kette
der Mittelberge in ihren Hauptmassen zusammensetzt, und be-
sonders in ihren Schichtungsköpfen an den Südwest- Abhängen
dieser Berge vielfach entblösst und aufgedeckt ist. Ihre Schich-
ten verbreiten sich hier, obwohl auf dem Rücken der genannten
Berge von jüngeren Absätzen bedeckt, bis an das Boberthal und
erleiden dort am Abhang der Gross-Rackwitzer Harte von Neuem
eine Entblössung. Erstaunlich ist besonders in diesem Gebiet,
und zwar in der kalkreichen oberen Schicht, das massenhafte
Vorkommen von Inoceramus Brongniarti und verschiedenen
Echinodermen.
In der Verlängerung dieses Zuges finden sich dieselben Ge-
steine südlich von Löwenberg am Nordabhange des Hospitalber-
ges, wo sie, ebenfalls auf dem älteren Mergel ruhend, nur in
räumlich beschränkter Ausdehnung auftreten ; sie enthalten hier
die einzigen in schlesischen Kreide - Bildungen bisher gefundenen
Rudisten, Biradiolites cornu pustoris d'Orb. Am Vorwerks-
Busch scheinen sie über den unteren Mergeln zu fehlen. Dage-
gen bilden sie auf letzteren ruhend am gegenüberliegenden Ab-
hänge des Lettenberges einen schmalen Saum längs des rech-
ten Boberufers und im Zusammenhange damit einen breiteren
20*
300
am Westabhange des Steinberges bis an das Dorf Plagwitz
heran.
Man findet diese Schichten ferner am Süd- und West-Ab-
hange des Kappelberges zwischen Ludwigsdorf und Braunau,
endlich noch am Süd- und Nordwest - Abhänge des Braunauer
Berges zwischen Sirgwitz und Braunau. Damit hört aber ihre
ganze Verbreitung auf und ist ihr Auftreten demnach lediglich
beschränkt auf. die Umgebung der Boberufer zwischen Wenig-
Rakwitz und Löwenberg auf der linken, und zwischen Sirgwitz
und Löwenberg auf der rechten Boberseite.
Die Fauna dieser Schichten ist zwar keineswegs artenreich,
aber ausgezeichnet durch die Massenhaftigkeit des Auftretens
einzelner unter ihren Formen , von denen besonders der durch
ihre beiden Modifikationen hindurch gehende lnoceramus Bron-
gniarti und in der oberen Schicht Micraster cor anguinum und
Holaster suborbicularis hervorzuheben sind. Die Bestimmung
der in ihnen enthaltenen Petrefakten ist häufig sehr erschwert
durch ihre Verquetschung, besonders der Inoceramen und Echi-
nodermen. Doch ist diese unter allen nordschlesischen Kreide-
Ablagerungen die einzige, in welcher der grösste Theil der vor-
kommenden Formen mit der Schale erhalten auftritt.
Die Fauna besteht aus folgenden Formen:
Krebse (Familie Macrura) sp. ind.
Serpula gordialis Schloth.
Nautilus sp. ind.
Natica canaliculata Mant.
Natica vulgaris Reüss
f Pleurotomaria perspectiva d'Orb.
Goniomya designata Gold f.
f Lucina lenticularis Gold f.
Cucullaea glabra Sow.
Modiola siliqua Math.
| lnoceramus Brongniarti Sow.
Pecten quinqueco status Sow.
Lima canalifera Gein.
Lima aspera Mant.
f Spondylus spinosus Sow.
•fOstrea semiplana Sow.
\Exogyra lateralis Nils.
t Rhynchonella plicatilis Sow.
301
f Rhynchonella Martini (pisum) Bronn.
Biradiolites cornu pastoris d'Orb.
Cyphosoma granulosum Goldf. ?
•fMicraster cor anguinum Lam.
Micraster lacunosus Goldf.?
Holaster suborbicularis Defr.
Holaster granulosus Goldf.?
Micrabacia coronula d'Orb.
\Scyphia heteromorpha Reuss .
■\Scyphia radiata Mant.
In vorstehendem Verzeichniss , ebenso in dem früheren der
unteren Abtheilung sind diejenigen Arten mit einem f bezeichnet,
welche als besonders bezeichnend für die Turonbildungen der
Löwenberger Gegend gelten können. Davon gehören die meisten
zu den hauptsächlichsten Leitformen des deutschen Plänerkalkes
von turonem Alter und lassen daher auch keinen Zweifel über
die Gleichstellung der betrachteten Ablagerungen bei Löwenberg.
Zu einer weiteren Vergleichung der wichtigeren ostdeutschen
Turonbildungen möge die nachfolgende Uebersicht dienen:
Versteinerungen
der Turon- Bildungen
in der Löwenberger Kreidemulde
Pläner-
Kalk
von
Strehlen
Pläner-
Kalk bei
Quedlin-
burg
Plan er-
Bildun-
gen in
Böhmen
Pläner-
Kalk
von
Oppeln
Osmeroides Leivesiensis Mant.
t
t
t
Aulolepis Reussii Gein. . .
t
Macropoma Mantelli Ag. .
t
t
t
Pycnodus scrobiculatus Reuss
t
Corax heterodon Reuss . .
t
f
t
Otodus appendiculatus Ag. .
t
t
t
Oxyrhina Mantelli Ag. . .
t
t
t
t
Oxyrhina angustidens Reuss
t
Lamna raphiodon Ag. . .
t
t
t
t
t
Krebs sp. ind. (Familie Macrura)
Serpula gordialis Schloth.
t
t
t
Nautilus sp. ind. (elegans?)
Natica canaliculata Mant. .
t
t
Natica vulgaris Reuss . .
t
t
Pleurotomaria perspectiva d'Or.
t
t
t
Goniomya designata Goldf.
Lucina lenticularis Goldf.
t
t
t
302
Versteinerungen
der Turon - Bildungen
in der Löwenberger Kreidemulde
Planer-
Kalk
von
Strehlen
Pläner-
Pläner-
Kalk bei
Bildun-
Quedlin-
gen in
burg
Böhmen
—
t
4-
I
T
t
t
t
—
t
—
t
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t
t
+
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t
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t
t
t
—
t
—
—
t
t
t
t
Cucullaea glabra Sow. .
Modiola siliqua Math. .
Inoceramus Bro?igniarti Sow.
Inoceramus mytiloides Mant
Inoceramus latus Mant. .
Pecten orbicula?is Nils. .
Pecten Dresleri Dr. . .
Pecten quinquecostatus Sow
Lima canalifera Gein. .
Lima aspera Mant. . .
Spondylus spinosus Sow.
Ostrea semiplana Sow. .
Exogyra lateralis Nils. .
Rhynchonella plicatilis Sow
Rhynchon. Martini (pisum ) Br.
Biradiolites cornu pastoris d'Or.
Cyphosoma granulosum Goldf.
Micraster cor anguinum Lam.
Micraster lacuzwsus Goldf.
Holaster suborbicularis Defr.
Micrabacia coronula d'Orr.
Scyphia heteromorpha Reuss
Scyphia radiata Mant. . .
Manon megastoma Roem. .
Unter den Kreideschichten am Nordrande des Harzes ent-
sprechen augenscheinlich v. Strombeck's Schichten mit Scaphi-
tes Geinifzii*) den Turonbildungen bei Löwenberg am meisten.
Zugleich scheinen dieselben aber auch das Niveau des weissen
Pläners mit Inoceramus Rrongniarti zu vertreten, wie aus dem
ausnehmend häufigen Auftreten dieser Art zu schliessen ist. Die
rothen Pläner, desgleichen der Pläner mit Galerites albogalerus,
welche noch als Ablagerungen von turonem Alter am Nordrande
des Harzes unterschieden werden, fehlen hier gänzlich.
Bekanntlich erklärte Ewald zuerst, dass der deutsche Pläner-
kalk im Alter den Hippuritenkalken der Alpen entspäche, und
*)- v. Strombeck, Beitrag zur Kenntniss des Pläners über der we6t-
phälischen Steinkohlenformation. Zeitschr. der deutsch, geol. Gesellsch.
Berlin 1859. Bd. XI. S. 27.
303
| somit den Turonbildungen von d'Orbiginy*). Eine glänzende Be-
stätigung für diese Parallelstellung liefern die in den Turonbil-
dungen bei Löwenberg zuerst im Jahre 1861 gefundenen Exem-
plare von Biradiolites cornu pastoris, einer der wichtigsten Leit-
formen für die Turonbildungen im südlichen Frankreich. Ihr
Vorkommen erscheint als lokale Ausnahme von der Theorie des
Herrn Ewald über die von der geographischen Verbreitung abhän-
gigen Grössenverhältnisse der Rudisten**) in der deutschen Kreide,
wonach in Schlesien nur Rudisten von höchstens 3 Zoll Länge
auftreten dürften. Der Biradiolites cornu pastoris erreicht bei
Löwenberg die Länge von 8 bis 9 Zoll bei fast 4 Zoll Durch-
messer, und übertrifft hierin sogar südeuropäische Vorkommnisse.
C. Die Ablagerungen des Senon - Systems.
Die Senonbildungen der Löwenberger Kreidemulde nehmen
als ein vielfach, aber scharf gegliedertes System von bald thoni-
gen, bald sandigen Schichten, im Innern derselben zum Theil
von jüngeren Bildungen überdeckt , bei Weitem den grössten
Raum ein. Sie scheinen von den Diluvial-Fluthen stark zerstört
zu sein, denn Bruchstücke aus ihren festeren Lagen finden sich
sehr häufig als Geschiebe in den Diluvial -Bedeckungen der
Mulde, vermischt mit allen Arten nordischer Gesteine, darunter
auch zahlreichen Feuersteinen der Rügener Kreide. ***) In ihren
einzelnen Abtheilungen verbreiten sie sich durch die ganze Länge
der Mulde und werden in nordwestlicher Richtung erst da räum-
lich beschränkt, wo die jüngeren Sedimente anfangen vorzuherr-
schen. Ihre grösste Entwickelung besitzen sie im Centrum der
Mulde in der Gegend zwischen Naumburg a. d. Q , Löwenberg
und Bunzlau. Sie zerfallen nach petrographischen sowohl als
nach Unterschieden ihrer Fauna in drei streng gesonderte Glieder.
*) Siehe Zeitschr. der deutsch, geol. Gesellsch. Bd. I. S. 84.
**) Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu
Berlin. December 1856.
***) So in den Kiesgruben östlich von Hohlstein und nördlich von
Ludwigsdorf, wo sich in ganz besonderer Häufigkeit abgerundete Stücke
aus den Schichten von Neu- Warthau mit zahlreichen Petrefakten, sowie
Stücke vom oberen Quadersandstein mit Nerineen u. a. vorfinden.
304
1. Die Schichten von Neu-Warthau.
(= da z. Thl. und ga z. Thl. djer geogn. Karte des niederschlesischen
Gebirges.)
Ueber den oben beschriebenen Schichtengruppen von turonem
Alter lagert an den meisten Stellen ein System von mannigfach
entwickelten Sandsteinen, deren Fauna beweist, dass sie einer
andern Altersstufe angehören. Nur an einigen Stellen ruhen
dieselben anscheinend unmittelbar auf cenomanem Quadersand-
stein. Wegen ihrer verschiedenen Entwickelung ist es nöthig
die Stellen einzeln aufzuführen, wo sie auftreten. *
Am Popelberg, nordwestlich von Löwenberg, fallen gegen
den Gipfel zu in einem Hohlwege die Schichten der turonen
Gesteinsgruppen unter einem Winkel von 15 Grad nach Nord-
osten. Ueber der festen Bank von Mergelkalkstein folgt ein
äusserst feinkörniger, stark thoniger und sehr mürber Sandstein
mit sparsam beigemengten Glimmerschüppchen, von derselben
gelblicbgrauen Farbe wie seine Unterlage und auch noch häufig
den Inoceramus Brongniarti einschliessend. Darauf ruht in
ansehnlicher Mächtigkeit ein fester, nicht mehr thoniger Sand-
stein von weniger feinem Korn und hell gelblichbrauner Farbe,
hier und da mit rothbraunen Flecken oder Adern ; er umschliesst
an demselben Hohlwege nahe dem Gipfel eine nur 1 Fuss mäch-
tige Lage eines gleich gefärbten lockeren und sehr grobkörnigen
Sandsteins. Hiermit endet die Reihenfolge nach oben. In der
ganzen Ablagerung fand sich ausser Inoceramus Brongniarti
nur eine kleine unbestimmbare Janira.
Die turonen Mergel des Vorwerks-Busches werden von einem
Sandstein bedeckt, der zwar weniger mürbe ist, aber im Uebri-
gen, auch im Mangel an Versteinerungen , völlig mit jener sehr
grobkörnigen Lage auf dem Rücken des Popelberges überein-
stimmt.
In nordwestlicher Richtung vom Popelberge auf dem Kamm
der Mittelberge liegt über den obersten Turon-Mergeln ein Sand-
stein von etwas anderer Beschaffenheit. Er ist von gröberem
Korn als der obere thonfreie Sandstein des Popelberges, durch-
gehends von hell gelblichgrauer Farbe, und enthält ebenso häufig
den Inoceramus Brongniarti. Der unterste thonigsandige und
glimmerführende Sandstein des Popelberges ist hier nicht zu
beobachten.
305
Ein Sandstein von gleichem Korn mit dem der Mittelberge,
aber von etwas dunklerer Farbe und mit kalkigem Bindemittel
bedeckt am Südabbang des Braunauer Berges die obersten Tu-
ronbildungen. Nach dem Rücken des Berges zu jedoch verliert
auch dieser Sandstein, ohne sich sonst zu ändern, den Kalkgehalt
und wird dadurch dem Gesteine der Mittelberge völlig gleich.
In ihm fanden sich nur Bruchstücke von Inoceramus-Schalen.
Auf dem Rücken des Kappelberges (südlich von Ludwigs-
dorf) und dessen östlicher Verlängerung bis nördlich vom Hirse-
berge ruht auf den Turon-Mergeln eine mächtige Schicht eines
Sandsteins von hellgrauer Farbe von ungefähr ebenso grobem
Korn wie der grobkörnigste Sandstein auf dem Rücken des
Popelberges. Er unterscheidet sich jedoch durch ein weisses
thoniges Bindemittel, welches den Bruchflächen ein fein getüpfel-
tes Aussehen giebt. Dies ist eine petrographische Eigenthüm-
lichkeit, die in Schlesien nur gewissen grobkörnigen Sandstein-
Varietäten vom Alter der Schichten von iseu- Warthau zukommt.
Von organischen Formen fanden sich nur Spuren von verkiesel-
ten Schalenresten. Hier scheinen eben so wie am Braunauer
Berge jene untersten feinkörnigen Sandsteinlagen des Popelber-
ges zu fehlen.
Ein petrographisch genau übereinstimmender Sandstein findet
sich auch über den Turon-Mergeln am Südabhang des Steinber-
ges bei Plagwitz, jedoch nur in grossen Blöcken, eingeschlossen
in einer grösseren Diluvial -Ablagerung , zusammen mit Feuer-
steinen, nordischen und dem Sudetengebirge entstammenden Ge-
schieben.
Die grobkörnigen Sandsteine des Buchberges südlich von
Deutmannsdorf und des Hainwaldes in dem Theile desselben
nördlich von der Löwenberg- Goldberger Chaussee gehören aller
Wahrscheinlichkeit nach demselben Niveau an; dafür spricht einer-
seits ihre Lage in der südöstlichen Verlängerung des Zuges vom
Kappelberge, andrerseits das zahlreiche und genau einer Richtung
folgende oben erwähnte Vorkommen von sandigem Thoneisenstein
im Hainwalde südlich von der Chaussee.
Zweifellos finden sich diese charakteristischen Sandsteine bei
Pilgramsdorf und Hermsdorf wieder. Hier ist östlich nahe an
Pilgramsdorf der cenomane Quadersandstein von hellgrauer Farbe
wie ein Riff aufgerichtet mit deutlich unter 40 Grad nach Nord-
osten einfallenden Schichten. Er zieht von hier in einer schma-
306
len Zone am Basalte des Steinberges vorüber, und zeigt sich;
nach einer Unterbrechung durch Diluvial-Bedeckung wieder am,
Ufer der Katzbach bei Taschenhof', hier genau mit demselben
Einfallen wie bei Pilgramsdorf und erfüllt von Exogyra columba
und Pecten asper. Auf diesem cenomanen Quadersandstein ruht
vom Beginn seines Auftretens an bis zur Strasse zwischen Herms-
dorf und Steinberg hin mit demselben Streichen und Fallen die
oben erwähnte schmale Zone von festem Mergelschiefer. Darüber
folgt zunächst an ihrem Anfangspunkte bei Pilgramsdorf ein fester
Sandstein von mittelfeinem Korn und gelblichweisser Farbe, wel-
cher in mehreren Steinbrüchen Gegenstand technischer Verwen-
dung wird*) und ebenso riffartig emporragt wie der benachbarte
cenomane Sandstein, mit dem er auch unter gleichem Winkel
einfällt. Den Zug dieses jüngeren Sandsteins habe ich nur bis
in die Gegend des Katzbach-Thales verfolgt. In einem felsigen
Seitenthale unweit der Katzbach nahe Hermsdorf erinnert das
Gestein, dessen Schichten hier flach unter 10 Grad nach Nord-
osten einfallen , durch sein fein weissgetüpfeltes Aussehen auf!
der frischen Bruchfläche, sowie durch seine Farbe und gleiche
Grobkörnigkeit sehr an den Sandstein am Kappelberg, als dessen
Verlängerung er anzusehen ist. Zwischen diesem Punkte und;j
Pilgramsdorf tritt ausserdem auch noch über dem Mergelschiefer
als Unterlage des eben beschriebenen ein andrer feinkörniger,
stark thoniger Sandstein von gelbbrauner Farbe zu Tage, den
ich für das Aequivalent der untersten thonigen Sandsteinlage
des Popelberges halte.
Jenseits der Katzbach trifft man den grobkörnigen Sandstein
des linken Ufers in seiner Verlängerung noch grobkörniger wie-
der, und zugleich in solchem Grade mürbe, dass er völlig der
grobkörnigsten Sandsteinlage des Popelberges gleich wird. Der-
selbe Sandstein bildet auch nahe dabei dicht am nördlichen Mul-
denrande, wo man cenomanen Quadersandstein vermuthen sollte,
die senkrechte Felswand und die merkwürdigen Felsbildungen
der Rabendocken, an deren Fuss ein Steinbruch betrieben wird.
An dieser Stelle fand ich in dem Sandstein ausser der häufigen
Lima canalifera ein Exemplar der Asterias Schuhii Cotta.
Da nun im Löwenberger Kreidebecken die Lima canalifera sich
*) Aus einem dieser Steinbrüche rührt muthmaasslich A. Roemer's
Venus lata her, Norddeutsche Kreide S. 72, Taf 9, Fig. 10.
307
bisher noch nicht in der Cenoman-Fauna , um so häufiger aber
in der Turon- und Senon-Fauna gefunden hat, während die Ce-
noman-Fauna niemals die Hauptformen Pecten asper oder Exo~
gyra columba vermissen lässt, da ferner die Asterias Schuhii
ebensowohl in den senonen Schichten von Kieslingswalde auf-
tritt*) wie in dem Quader-Sandstein bei Tharand in Sachsen**),
somit also mindestens nicht zu den Leitformen der Cenoman-
Fauna gehört , da endlich auch die petrographische Beschaffen-
heit dieser Sandsteine dieselbe ist wie die der benachbarten jün-
geren Sandsteine im Mittelpunkte des Beckens, so glaube ich
für jetzt das cenomane Alter des Sandsteins der Rabendocken
bezweifeln zu müssen, und halte ihn vielmehr für ein Aequivalent
der Schichten von Neu- Warthau.
Verfolgt man von letzterer Stelle den nördlichen Mulden-
rand nach Westen , so findet man bei Hermsdorf und Pilgrams-
dorf hellfarbige, grobkörnige Sandsteine von grosser Festigkeit
auf dem Urthonschiefer gelagert , aber keinen Anhalt ihr Alter
zu bestimmen. Nur die zahlreichen thonigen Einschlüsse, welche
ausser solchen von Sandstein in dem Basaltconglomerat des
Haselberges östlich von Pilgramsdorf vorkommen, lassen ver-
muthen, dass hier auch Turon-Mergel vom Basalt durchbrochen
und eingeschlossen wurden.
Bessere Aufschlüsse gewährt erst weiter westwärts am nörd-
lichen Muldenrande der Sandsteinzug des Hockenberges. Hier
findet sich ein gleichförmig fester Sandstein von wechselnder
Feinheit des Korns, jedoch niemals grobkörnig, von vorherrschend
gelblich brauner Farbe und auf allen Bruchflächen in gleicher
Weise fein weiss getüpfelt wie der Sandstein des Kappelberges.
In zahlreichen Steinbrüchen liefert das häufige Vorkommen von
Inoceramus Brongniarti nebst einigen anderen ausgezeichneten
Versteinerungen den Beweis, dass man dieselben Schichten vor
sich hat wie auf dem Rücken des Popelberges und der Mittel-
berge. Der cenomane Sandstein scheint hier, wie bei Nieder-
Hermsdorf, am nördlichen Muldenrande gar nicht vertreten
zu sein.
Den nördlichen Muldenrand westwärts weiter verfolgend,
*) Exemplare davon finden sich im mineralogischen Museum der
Berliner Universität aus der OnVschen Sammlung.
- **; Geinitz, Quadereandsteingebirge, 1850, S. -228.
308
trifft man auf dem Kretschamberge nördlich von Ober -Deut-
mannsdorf einen Sandstein, der sich nur durch ein wenig grö-
beres Korn von dem Sandstein des Hockenberges unterscheidet,
unter diesem aber einen stark thonigen, sehr mürben, Glimmer-
schüppchen führenden und feinkörnigen Sandstein, der in einem
Hohlwege deutlich auf turonem Mergel aufliegend zu beobachten
ist. Dieser letztere Sandstein gleicht einerseits vollständig dem
untersten thonigen Sandstein des Popelberges, zugleich aber
auch dem versteinerungsreichen Gestein ven Neu- Warthau, dem
Hauptvertreter dieser Stufenreihe, aus dessen reicher Fauna er
auch einige charakteristische Arten einschliesst.*)
Vom Kretschamberge aus gegen Norden gelangt man zu
dem wichtigsten Punkte für die in Rede stehende Altersstufe,
nach Neu- Warthau. Hier findet man östlich von Neu -Warthau
den zuletzt beschriebenen Sandstein in einer schmalen Zone an-
stehend mit einem Streichen von Nordwest nach Südost und
flachem südwestlichen Finfallen. Er ist hier von festerer Be-
schaffenheit als an den meisten anderen Stellen seines Auftretens.
Oestlich ruht er anscheinend unmittelbar auf cenomanem Quader-
sandstein , und westlich wird er durch einen feinkörnigen , jün-
geren Quadersandstein überlagert. Die so mächtige und aus-
gedehnte Bildung des grobkörnigen und versteinerungsarmen obe-
ren Sandsteins, die wir an fast allen vorher beschriebenen Punk-
ten überwiegen oder sogar allein herrschen sahen, scheint hier
ganz zu fehlen. Auffallender Weise vermisst man unter den
ausserordentlich zahlreichen Versteinerungen an dieser Fundstelle
den Inoceramus Brongniarti , der in den gleichalterigen Sand-
steinen des Popelberges, der Mittelberge und des Hockenberges
noch so häufig auftritt.
Neu- Warthau ist der letzte Punkt, wo diese Abtheilung am
nördlichen Muldenrande vertreten ist. Einige Beobachtungen
sind nur noch nachzutragen über ihr Vorkommen am entgegen-
gesetzten Muldenrande in der Richtung von Kesselsdorf über
Sirgwitz nach Gähnsdorf hin.
Nördlich von Kesselsdorf steht der feinkörnige thonige Sand-
*) Es fanden sich hier Turritella multistriata Reuss und ein Bruch-
stück einer nicht näher bestimmbaren Pyrula. Erstere ist eine der Haupt-
Leitformen der Senon- Abtheilung im Löwenberger Becken. Auch die
Gattung Pyrula tritt innerhalb dieses Beckens nicht tiefer auf als in
Schichten senonen Alters.
309
"' siein längs des untersten Abhanges der das Thal begrenzenden
'" Höhe zu Tage und wird in seiner ganzen Erstreckung von der
(nächtigen Ablagerung eines mürben Sandsteins überlagert, der
"in seinem etwas groben Korn und seiner gelblich braunen Farbe
""sehr an den oberen Sandstein vom Kretschamberge erinnert, Öhri-
ngens auch anscheinend versteinerungsleer ist und nicht weit von
lflhier in nördlicher Richtung unter sehr feinkörnigen oberen Qua-
n dersandstein einfällt. Der thonige Sandstein, welcher hier keines-
'"wegs versteinerungsleer ist, zeigt sich hier von eben so mürber
'Beschaffenheit als am Kretschamberge, zeichnet sich aber durch
einen geringen Gehalt an kohlensaurem Kalk aus.
J Dass gleichartige Ablagerungen auch bei Sirgwitz dem obe-
' ren Quadersandstein zur Grundlage dienen und nur an ihrem
'Ausgehenden von Diluvial-Schutt bedeckt sind, ergiebt sich dar-
aus, dass in dem Basaltconglomerat von Sirgwitz ausser Bruch-
stücken von weissem feinkörnigen oberen Quadersandstein auch
' zahlreiche Brocken und selbst grosse Blöcke des thonigen Sand-
,: Steins von Neu-Warthau mit ihren leitenden Versteinerungen vor-
1 kommen, die Schichten dieses Gesteins also augenscheinlich auch
vom Basalt durchbrochen worden sind.
Zwischen Hohlstein und Gähnsdorf nördlich längs des Fahr-
weges tritt ein sehr mürber, grobkörniger Sandstein von gelb-
brauner Farbe, anscheinend versteinerungsleer, zu Tage. Der-
1 selbe fällt flach nach Norden ein und erinnert auffallend an den
1 Sandstein, welcher nördlich von Kesselsdorf über dem thonigen
9 Sandstein lagert. Ferner steht am Nordrande des Weges von
Gähnsdorf nach dem Gähnsdorfer Steinbruch in der streichenden
Verlängerung des eben beschriebenen Vorkommens ein am Aus-
gehenden sehr mürber Sandstein an, der von noch gröberem Korn
als jener an den Sandstein vom Kappelberge erinnert. Dieser
Sandstein bildet, wie hier sehr gut zu beobachten, die unmittel-
bare Unterlage des feinkörnigen oberen Quadersandsteins in dem
Gähnsdorfer Steinbruch. Endlich findet sich noch wenige Minu-
ten südöstlich von diesem Punkte, östlich dicht am Wege von
Ludwigsdorf nach Seitendorf, eine kleine Entblössung von dem
unteren thonigen Sandstein , der sich hier durch relativ starken
, Kalkgehalt und damit zusammenhängende grössere Festigkeit
i auszeichnet.
Von organischen Einschlüssen lieferten bisher die in Vor-
gehendem verfolgten Schichten die folgenden Formen:
310
Versteinerungen
aus den Schichten von Neu-Warthau.
Knochenfischwirbel
f Mesostylus Faujasi Bronn . .
Pollicipes angustatus Gein. .
fSet^pula filiformis Sow. . . .
f Ammonites Orbignyanus Gein. .
f Baculites incurvatus Düjard.
\ Turritella multistriata Reüss .
f Turritella nerinea Roem.
f Turritella inique-ornata Dr.
f Avellana Jrchiaciana d'Orb.
■\JSatica canaliculata Mant. . .
^Natica Roemeri Reuss . . .
f Trochus plicato-carinatus Goldf.
f Rostellaria vesperiilio Goldf. .
Rostellaria papilionacea Goldf.
Rostellaria crebricosta Zekeli .
^Fusus Nereidis Münst. . . .
^Pyrula coronata Roem. . . .
Cerithium Requienianum d'Orr. ?
Dentalium glabrum Gein. . .
Gastrochaena Amphisbaena Goldf
f Panopaea Gurgitis Sow. . . .
t Pholadomya caudata Roem. . .
t Pholadomya nodulifera Mant. .
Magdala Germari Giebel . .
Teilina plana Roem
Teilina costulata Goldf. .
t Venus Goldf us si Gein. . . .
t Venus faba Sow. .....
Venus ovalis Sow
t Venus caperata Sow
Cytherea elongata Reuss . . .
Cytherea subdecussata Roem. (Ve-
nus lata)
Cytherea plana Sow
■fCardium tubuliferum Goldf. .
\lsocardia cretacea Goldf. . .
Astarte acuta Reuss ....
f Crassatella arcacea Goldf. . .
f Lucina lenticularis Goldf. .
311
Versteinerungen
aus den Schichten von Neu-Warthau.
1
Sand-
stein von
Ries-
lings,
walde
Mergel
des
Salz-
Sand-
stein von
Kreibitz
und
Kamnitz
Trigonia aliformis Park
t
t
t
r Pectunculus ventruosus Gein. . .
—
t
Area (conf. Area Raulini d'Orb. .
—
—
t
t
t
\ Pinna diluviana Schloth. . . .
t
t
—
—
Modiola semiornata d'Orb. . . .
—
\ Modiola radiata Münst. Goldf. .
—
t
—
~4vicula pectiniformis Gein. . . .
~ —
t
t
t
t
—
—
Perna lanceolata Gein.? ....
—
— .
—
f Inoceramus Brongniarti Sow. . .
t
—
t
t
t
t
t
■t
t
Pecten decemcostatus Goldf. . .
— -
—
t
Pecten quinqueco Status Sow. .
—
—
—
*\ Pecten quadricostatus Sow. . . .
t
t
t
—
—
—
f Lima canalifera Goldf
t
t
t
t
t
t
—
—
t
—
—
JSucleolites carinatus Goldf.
—
—
—
Micraster lacunosus Goldf. . . .
t
- t
t
Holaster suborbicularis Defr.
t
| Asterias tuber culif er a Dr. ...
f Asterias Schulzii Cotta . . . * .
T
Eschara dichotoma Goldf.- . . .
Heteropora dichotoma Goldf. . .
Zu diesen Versteinerungen kommen noch zwei vegetabilische
Formen hinzu, von denen die eine wahrscheinlich Credneria den-
ticulata Z. und die die andere Geinit%ia cretacea Endl. ist.
Beide gehören Schichten gleichen oder nahe verwandten Alters
an , nämlich dem Sandstein von Kieslingswalde und dem oberen
Quadersandstein am Nordrande des Harzes.
Die in vorstehendem Verzeichniss zugleich gegebene Ver-
gleichung dieser Fauna mit anderen ostdeutschen Kreideablage-
312
rungen liefert den Beweis für ihre nahe Verwandtschaft mit dem
Sandstein von Kieslingswalde , dem Salzbergmergel bei Quedlin-
burg und dem thonigen Sandstein von Kreibitz in Böhmen.
Von den Versteinerungen aus den Schichten von Neu -Warthau
finden sich 60,5 auch in dem Sandstein von Kieslingswalde,
42 £ in den Salzbergmergeln bei Quedlinburg und 50,7 £ in dem
thonigen Sandstein von Kreibitz in Böhmen.
Die im Verzeichniss mit einem f bezeichneten Arten stellen
sich für die Schichten von Neu -Warthau als die häufigsten und
am meisten bezeichnenden heraus. Davon sind 16 , nämlich
Mesostylus Faujasi, Serpula filiformis , Baculites incurvalus,
Avellana Archiaciana, Trochus plicato-carinatus , Rostellaria
vespertilio, Pyrula coronata, Venus Goldfussi, Venus cape-
rata, Modiola radiata^ Avicula triloba, Pecten virgatus, Pecten
quadricostatus , Lima granulata, Asterias Sc/iuhii, Asterias
tuberculifera , im Löwenberger Kreidebecken ausschliesslich auf
das Niveau der Schichten von Neu -Warthau beschränkt. Fast
ohne Ausnahme gehören jene Hauptleitformen auch zu den be-
zeichnendsten Arten der mit den Neu- Warthauern verglichenen
Schichten. Man kann daher auch nicht zweifeln, dass die Schich-
ten von Neu-Warthau mit denen des Salzberges bei Quedlinburg
und den thonigen Sandsteinen von Kreibitz und Kieslingswalde
von gleichem Alter und mit diesen in das Senon- System von
d'Orbigny zu stellen sind. Indess ist für Kieslingswalde und
Kreibitz zu bemerken, dass die dortigen Sandsteine in ihren
oberen Schichten auch Arten enthalten, welche zu den wichtigsten
Leitformen für das nächst höhere Niveau gehören , so dass sie
auch in letzteres hinaufzureichen scheinen.
Inoceramus Brongniarti, nach welchem Herr von Strom-
beck eine Abtheilung des Turon- Systems am Nordrande des
Harzes benennt, reicht hier ebenso wie in den südschlesischen
Ablagerungen von gleichem Alter, dem Sandstein von Kieslings-
walde, auch in diese unterste und wie wir weiter unten sehen
werden, auch noch in die nächst höhere Stufe des Senon-Systems
hinein.
Belernnitella quadrata d'Okb., nach der von Strombeck
die unteren senonen Ablagerungen vom Alter der Salzbergmer-
gel benennt, findet sich weder in dem Sandstein von Kieslings-
walde, noch in dem von Kreibitz und den Schichten von Neu-
Warthau.
313
2. Der obere Quader san d stein (Beyrich).
(= d1 der geogn. Karte des niederschlesischen Gebirges.)
Das folgende zweite Glied der Senon - Abtheilung in der
Löwenberger Kreidemulde ist der von Herrn Beyrich so ge-
nannte ,, Obere Quadersandstein". Es ist dies im Allgemeinen
eine einzige, stets sehr mächtige Schicht eines sehr feinkörnigen
Sandsteins, dessen Massen sich hauptsächlich im mittleren Theile
der Löwenberger Mulde concentriren, den südöstlichen Theil der-
selben gar nicht berühren und im nordwestlichen sich nur an
zahlreichen vereinzelten Stellen in der Nähe beider Muldenrän-
der zeigen. Er bildet, abgesehen von den jüngeren Ueberdeckun-
gen, mit dem über ihm folgenden Ueber- Quader zusammen vor-,
nehmlich die innerste Ausfüllung des Muldenraumes. Nur an
wenigen Stellen, bei Herzogswalde, Kesselsdorf, Sirgwitz, Gähns-
dorf und Neu-Warthau, ist seine Lagerung auf älteren Schichten
wahrzunehmen, oder doch aus deren unmittelbarer Nähe und
gleichgerichtetem Einfallen mit Sicherheit zu folgern. Obwohl
vorherrschend von gelblich weisser Farbe, ist dieser Sandstein
doch zuweilen rothbraun gestreift, ja bei Neu-Warthau und
Kesselsdorf sogar in mächtigen Lagen gleichmässig hellbraun
gefärbt. Unter allen Kreidelagern der Löwenberger Mulde bil-
det er über dem cenomanen Quadersandstein die einzige For-
mationsabtheilung, welche in keiner ihrer Lagen Glimmer-
schüppchen beigemengt enthält. An den meisten Stellen besitzt
er eine nicht unbedeutende Festigkeit, die ihn zur technischen
Verwendung geeignet macht. Bei Giersdorf und Neu-Warthau
wird er von einer nur wenig mächtigen Schicht eines weissen
mit Sand vermischten Thons bedeckt, der bei Giersdorf durch
Zunahme des Sandgehaltes allmälig in die Nerineen-Schicht, die
oberste des oberen Quadersandsteines, übergeht, und daher nicht
wohl von diesem getrennt werden kann. Stets an den Rändern
seines Ablagerungs - Gebietes zeigt er sich mehr oder weniger
erfüllt mit Versteinerungen , so in den Steinbrüchen von Hoch-
kirch bei Görlitz, von Waldau und Ullersdorf bei Naumburg
a. Q., von Kesselsdorf, Gähnsdorf und Giersdorf bei Löwenberg.
Die im Ganzen Arten-arme Fauna dieses Sandsteins giebt
das folgende Verzeichniss, welchem ich wieder eine Vergleichung
mit andern verwandten Schichten zugefügt habe.
Zeit», d.d. geol.Ges. XV. 2. 21
.314
Sand-
stein
von
Kreibitz
Schich-
Sand-
Versteinerungen
ten
stein
aus dem oberen Quadersandstein
von
von
Kies-
lings-
walde
Neu-
Warthau
oviriiil/i crny fli /1I1 e Sout ^ f i 1 cj
»c5C-/ UUvll i( VI llltl Iii OtnLU 1 Iii . • •
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"f Ammomtes Orbignyanus Gein. . •
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y Ammomtes subtricarinatus d'Orb. .
•X* W f* fl 41 n 1 t/> O t -///V t/t 1 *» f\ f A T
y &LUJJfllltS 171TIUIUS XiUtM
*f* Omphalia ventricosa Dr
°s* f im Tin n li/i 1/n fit/l rt t fi T^R
| \r HipilllLlUi llflllllllllll i/n. ...»
T
■j* Purritellu multistriata Rkuss . •
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"}* Turritella nerinea Roem. . . .
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~\ Nerinea Huchi Zekeli ....
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4* J\/>T,i/n/>/i in /Titln tri Rorv^JNi
J J.JOI l/IVLl IflCUl/lllCl IJtxV IX • • . •
-j* Actaeonella Beyrichii Dr. . . •
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Gastrochaena Amphisbaena Gol df.
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fCytAerea subdecussata (Venus lata)
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*f" Protocardta hillana Sow.
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Cardium tubuliferum Goldf.
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C?'assatella arcacea Roem.
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Pectunculus ventruosus Gein. . .
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h^/?f* ti/*yi /*■!/ Iii p 1 otvi o IxTtt p
reu, U/TiL uiiis lens imls. ....
mT*f.1lf*1//lfl0ft cvlfi/lrfi f~\ \ ir
T
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Pinna diluviana Schloth.
t
1
•fAvicula pectini formt's Gein. . . .
t
t
flnoceramus Brongniarti Sow. .
T
t
Ostrea (cf. Ostrea Aippopodium Nils.)
Holaster suborbicularis Defr.? . .
T
315
Dazu ist noch anzuführen das Vorkommen von Blattab-
drücken in dem oberen Quadersandstein von Ottendorf Unter
diesen finden sich Formen, die sich wahrscheinlich mit Phyllites
Geinit%ianus Göpp. identisch herausstellen werden ; ferner eine
Blattform, erinnernd an Credneria subtriloba Zenk., doch deutlich
von ihr verschieden. Häufig sind auch versteinerte Hölzer mit
Spuren von Bohrmuscheln , welche nach Geinitz von Gastro-
chaena Amphisbaena Goldf. herrühren.
Der Sandstein von Giersdorf ist durch den Einschluss einer
überaus grossen Menge von Versteinerungen ganz besonders aus-
gezeichnet. Die Nerinea Ruchi Zek. setzt dort in Gemeinschaft
mit Actaeonella Beyrichii eine starke Bank in den oberen La-
gen fast allein zusammen. Actaeonella Beyrichii ist ausschliess-
lich und Nerinea Buchi fast ausschliesslich auf diesen Fundort
beschränkt. Als Seltenheit findet sich diese Nerinea noch in
dem nahen Gähnsdorfer Sandstein, ausserdem noch in grösserer
Ferne bei Kaupe an der Lausitzer Neisse in einem bräunlich
gefärbten Sandstein. Endlich fand ich sie noch als Diluvial-
Geschiebe bei Hohlstein. Ausserdem ist der Fundort Giersdorf
noch dadurch merkwürdig, dass er in grosser Häufigkeit die ein-
zigen Omphalien dieser Formations-Abtheilung liefert. Der Fund-
ort Kesselsdorf ist ausgezeichnet durch das Vorkommen von Am-
monites Orbignyanus und Jmmonites subtricarinatus , sowie
der einzigen ächten Turritellen in dieser Abtheilung. Jmmoni-
tes subtricarinatus war bisher nur in den Senon-Bildungen des
südlichen Frankreichs als Seltenheit beobachtet. Auch Ptero-
donta infiata kennt d'Orbigny nur aus Kreide-Bildungen des
südlichen Frankreich*.
Aus der vorangestellten Vergleichung ergiebt sich, dass in
den Sandsteinen von Kreibitz und Kieslingswalde von den Ver-
steinerungen des nordschlesischen oberen Quadersandsteins je
22 pCt. und in den seine Unterlage bildenden Schichten von
Neu-Warthau 46 pCt. zugleich enthalten sind.
Die häufigsten und für das Niveau des oberen Quadersand-
steins besonders bezeichnenden Arten sind die mit einem f ver-
sehenen des Verzeichnisses. Von ihnen gehören in Schlesien
dem oberen Quadersandstein ausschliesslich die folgenden 9 Arten
an: Ammonites subtricarinatus, Scaphites inflatus, Omphalia
ventricosa und undul 'ata, Nerinea Buchi und incavata, Actaeo-
nella Beyrichii, Pterodonta inflata und Goniomya designata.
21*
316
Drei Arten, Ammonites subtricarinatus , Ompkalia ventricosa
und Pterodonta itiflata, wurden anderwärts in Deutschland noch
nicht gefunden. Die neue Art Ompkalia undulata ist auch in
den jüngsten Senon - Bildungen am Nordrande des Harzes bei
Weddersieben vorhanden. Inoceramus Brongniarti erscheint in
der Fauna zum letzten Male, jedoch nicht mehr in seiner frühe-
ren Häufigkeit.
Aus Allem geht hervor, dass nach seiner Fauna der nord-
schlesische obere Quadersandstein in demselben Grade mit den
Sandsteinen von Kieslingswalde und Kreibitz verwandt ist, als
dies sich oben für die Neu -Warthauer Schichten herausstellte;
dagegen ist seine Verwandtschaft mit den Neu-Warthauer Schich-
ten eine etwas geringere als mit den Sandsteinen von Kieslings-
walde und Kreibitz, indem er mit ersteren insbesondere noch
die wichtige Actaeonella Beyrichii und den Scaphites inflatus,
mit letzterem ausser der Actaeonella die nicht minder wichtige
Nerinea Buchi gemein hat. Man darf hieraus folgern, dass der
Absatz der Kiesliugswalder und Kreibitzer Sandsteine die Zeit
mit umfasst, in welcher der obere Quadersandstein am Nordrande
der Sudeten seinen Ursprung erhielt.
Gleiche Beziehungen werden sich wahrscheinlich zu dem
oberen Quadersandstein am Nordrande des Harzes herausstellen,
welcher am Papenberge bei Blankenburg die Actaeonella Bey-
richii in denselben Abänderungen führt wie der Giersdorfer
Sandstein, und ausserdem eine der Nerinea Buchi anscheinend
nahe verwandte Nerinea. Auf die merkwürdige Uebereinstim-
mung dieser beiden Formen mit denen von Giersdorf machte
Beyrich schon im Jahre (849 aufmerksam**) Ich fand ausser
ihnen in der Sammlung der Universität zu Berlin noch 4 andere
Formen, Trigonia aliformis, Natica canaliculata, Pholadomya
caudata und Pinna diluviana, welche der obere Quadersand-
stein des Harzes mit dem nordschlesischen gemein hat. Hierzu
kommt, dass Ewald schon ausdrücklich auf den geringen Unter-
schied in den Faunen des Harzer oberen Quadersandsteins und
der Salzberg-Mergel hingewiesen hat. **)
*) Zeitschr. der deutsch, geol. Gesellschaft Bd. I. S. 288.
**) Zeitschr. der deutsch, geol. Gesellschaft Bd. VII. S. 7.
3. Der schlesische U eb er - Qua d e r (Beyrich).
d der geogn. Karte des niederschlesischen Gebirges.)
Schon bei Giersdorf und Neu-TVarthau sahen wir den obe-
ren Quadersandstein mit einer thonigen Schicht von weisser
Farbe nach oben enden. Dieselbe bildet augenscheinlich den
Uebergang zu den jüngsten, im Folgenden zu schildernden Ab-
lagerungen senonen Alters, welche vorzugsweise einen thonigen
oder thonigsandigen Charakter besitzen. Es sind dies die Abla-
gerungen, denen Beyhich den für ihre Lagerungsverhältnisse
völlig passenden Namen „Ueber-Quader" beilegte.
Sie treten in zwei streng geschiedenen Modifikationen auf,
entweder in einem System von mürben, feinkörnigen, mehr oder
weniger thonigen Sandsteinen, abwechselnd mit plastischem kalk-
freien Thon und schwachen Kohlen- und Thoneisensteinlagen,
oder in Gestalt lockerer Anhäufungen eines sehr harten kieseli-
gen Sandsteins, ausgezeichnet durch eine glänzende, wie polirte
Oberfläche.
In der ersten Modifikation nimmt der Ueber-Quader einen
verhältnissmässig nur unbedeutenden Kaum ein, indem er sich,
wie der obere Quadersandstein, hauptsächlich im mittleren Theile
der Mulde concentrirt , und ausserdem nur an sehr vereinzelten
und räumlich beschränkten Stellen an den Rändern des nord-
westlichen Theiles der Mulde auftritt. So treffen wir ihn in der
Nähe des nordöstlichen Muldenrandes bei Kunzendorf, Loosnitz,
Bunzlau, Doberau, Bienitz, Aschitzau und TVehrau, und in der
Nähe des südwestlichen Muldenrandes bei Sirgwitz, Wenig-Rak-
witz, Ottendorf, Langenau und Kaupe. Dass der Ueber-Quader
dieser Modifikation ursprünglich einen grösseren Flächenraum
bedeckte, und noch an manchen anderen Stellen der Löwenberger
Kreidemulde sich abgesetzt haben mag , scheint sich aus der
Thatsache zu ergeben, dass in dem Basaltconglomerat der Keu-
ligen Berge bei Ludwigsdorf vielfach auch Blöcke und Knollen
eines petrographisch veränderten Thons enthalten sind, worin
Turritella nodosa, Eulima turrita und andere Leitformen des
Ueber-Quaders gefunden wurden. Schichten von letzterem muss-
ten demnach an dieser Stelle früher anstehen und wurden vom
Basalt durchbrochen.
In der zweiten Modifikation bedeckt der Ueber-Quader be-
sonders an beiden Ufern des Queis zwischen Lauban und "Wehrau
318
weit ausgedehntere Oberflächengebiete. Dabei ist auffallend, dass
seine Verbreitung nicht an die Grenzen der Löwenberger Kreide-
mulde gebunden bleibt, sondern weit über dieselbe nach Süd-
westen hinaus schweifte, indem sie mehr dem Lauf des Queis-
Flusses als der Richtung der Mulde folgt. Jedenfalls ist jene
erste Modifikation für die geognostische Betrachtung von ungleich
grösserer Wichtigkeit. Denn ausser verkieseltem Holz und darin
vorkommenden Spuren von Bohrmuscheln führt der glasige Sand-
stein nichts von organischen Resten und bietet somit einen nur
sehr zweifelhaften Anhalt zur Bestimmung seines Alters, wäh-
rend der Ueber-Quader in seiner anderen Modifikation eine sehr
eigentümliche und reiche Fauna von entschieden senonem Alter
einschliesst.
An den meisten Stellen, wo die erste Modifikation des Ueber-
Quaders auftritt, führt derselbe einige schwache Lagen einer
meist schlechten , durch Thon stark verunreinigten Steinkohle
nebst mehreren noch schwächeren Lagen von Thoneisenstein,
welche beide bei Wehrau, Ottendorf, Neuen - Walditz , Wenig-
Rakwitz und Sirgwitz , zw meist vergeblichen Versuchen eines
Bergbaues Veranlassung gegeben haben. Da die Zusammen-
setzung der hierher gehörigen Schichten im Wesentlichen an
allen Punkten dieselbe ist, so halte ich es zu ihrer allgemeinen
Charakteristik für genügend die Schichten aufzuführen, wie ich
sie am Boberufer entlang zwischen Wenig -Rakwitz und Wenig-
Walditz anstehend beobachtete in der Mitte desjenigen Zuges
von Ueber-Quader, der mit nordwest-südöstlichem Streichen und
sehr flachem Einfallen nach Nordosten ohne grössere Unterbre-
chungen von Nieder-Ottendorf bis Hohlstein hinläuft.
Dicht bei der Mühle von Wenig -Rakwitz sieht man etwa
100 Schritt lang am Boberufer den oberen Quadersandstein mit
16 Grad nach Nordosten einfallen. Zunächst über ihm lagert
in ansehnlicher Mächtigkeit ein mürber thoniger Sandstein, der
auf dem frischen Bruche hellgrau, getrocknet aber graulichweiss
erscheint, übrigens wie alle nachfolgenden Schichten im Wesent-
lichen dasselbe Einfallen behält wie seine Unterlage. Schon die-
ser thonige Sandstein führt Cyrena cretacea und Cardium Ottoi
in sehr grosser Häufigkeit, und noch zahlreiche andere Petrefakten
am jenseitigen Boberufer, wo er östlich von der Chaussee zwischen
Sirgwitz und Gross- Walditz auftritt. An beiden Stellen sind ihm
zahlreiche Glimmerschüppchen beigemengt. Stellenweise ist er
319
gelblich oder bräunlich gefleckt, nach seiner oberen Grenze zu
auch meist durch Eisenoxydhydrat rothbraun gefärbt und dann
von bedeutender Festigkeit. Sehr häufig enthält er Kohlenspuren,
Ueber ihm folgt regelmässig eine nur 8 bis 10 Zoll mächtige
Lage von rostfarbenem sandigen und festen Thoneisenstein mit
unregelmässig schaliger Absonderung. Diese bildet den Ueber-
gang zu einer nur 6 Fuss mächtigen Lage eines wieder sehr
mürben, aber weniger feinkörnigen Sandsteins von ebenfalls rost-
brauner Farbe und mit zahlreichen kohligen Einschlüssen.
Auch dieser Sandstein ist reich an Cardium Ottoi und Cyrena
cretacea, enthält aber seltener die übrigen Formen der Fauna.
Er ist auch am jenseitigen Ufer bei Sirgwitz auf einer längeren
Erstreckung entblösst.
Hierauf folgt auf beiden Seiten des Bobers eine zweite feste
Lage von sandigem, glimmerreichen, in dünnen Platten brechen-
den Thoneisenstein von rostbrauner Farbe, bei Sirgwitz kaum
einen Zoll, auf der anderen Boberseite durchschnittlich 4 Zoll
mächtig. Auch in ihm finden sich häufig Cardium Ottoi, sowie
Spuren von verkohlten Pflanzenresten. Darüber liegt mehr als
20 Fuss mächtig ein plastischer, kalkfreier, zahlreiche Glimmer-
schüppchen enthaltender Thon, der anfangs blaugrau, nach oben
allmälig eine rothbraune Färbung annimmt und zugleich immer
sandiger wird. In seiner unteren Hälfte schliesst er das erste
3 Zoll mächtige Kohlenflötz ein.
Nur bis zu dieser Thonschicht ist die Aufeinanderfolge der
Schichten bei Sirgwitz beobachtbar; indess macht es der Um-
stand, dass hier in neuerer Zeit eben so wie bei Wenig-Rakwitz
ein Bergbau auf Steinkohlen betrieben wurde, wahrscheinlich,
dass auch hier die übereinstimmende Folge die Schichten werden
entwickelt sein, welche über jenem Thon bei Wenig-Rakwitz
gelagert sind. Dort folgt zunächst darüber eine festere Bank
eines bräunlichen glimmerreichen Sandsteins, dann eine schwä-
chere Lage von eisenschüssigem mürben Sandstein, hierauf das
Kohlenflötz von 10 bis 12 Zoll Mächtigkeit, auf welchem der
Bergbau bei Wenig-Rakwitz betrieben wird; darauf eine Thon-
lage von 12 bis 15 Fuss Mächtigkeit, unten sepiafarben, darüber
hellgelblichgrau , im frischen Zustande jedoch schmutziggrau;
darauf eine 4 Fuss mächtige Lage von abwechselnd eisenschüssi-
gem Sand und verschieden gefärbten Thonen ; dann eine dritte
3 bis 4 Zoll starke Schicht sandigen Thoneisensteins ; über diesem
320
eine an 25 Fuss mächtige Lage von ockergelbem ziemlich grob-
körnigen Sandstein mit einer schwachen feinkörnigen Zwischen-
lage von gelblich bis graulichweisser Farbe; hierauf eine vierte
Lage von sandigem Thoneisenstein von 2 bis 3 Zoll Stärke,
eine gelblichgraue Thonschicht von gegen 10 Fuss Mächtigkeit,
eine eben so starke Schicht von hellblauem Thon, eine festere
Sandsteinbank, grobkörnig, etwas mürbe und von gelbbrauner
Farbe, eine fünfte 2 bis 3 Zoll starke Lage von sandigem Thon-
eisenstein, eine an 25 Fuss mächtige Lage von farbigem Thon
und endlich als letzte aller Schichten die sehr mächtige Lage
eines durchgehends sehr grobkörnigen, stellenweise sogar con-
glomeratartigen, ziemlich festen Sandsteins von gelblichgrauer
Farbe.
In der Mehrzahl dieser Schichten finden sich in grösserer
oder geringerer Anzahl dieselben Petrefakten wie in den zuerst
angeführten, zugleich auch fast immer zahlreiche Kohlenspuren
und mannigfaltige Pflanzenreste. Ausser der obersten giebt es
kaum eine Schicht, in .der man nicht Cardium Ottoi oder Cy-
rena cretacea vorfände, die sich somit in der Löwenberger
Kreidemulde als Hauptleitformen für dieses Niveau herausstellen.
Die festeren unter den angeführten Schichten findet man ausser
am Boberufer auch noch an sehr zahlreichen Stellen auf der
Höhe zwischen Andreasthal und Wenig -Rakwitz anstehend- und
einen grossen Theil von ihnen in Bruchstücken auf Halden der
Steinkohlengrube „Georg Wilhelm" wieder. Bei Ottendorf und
am Ziegelberge bei Wehrau tritt eine der Thoneisensteinlagen
in der oberen Abtheilung der Schichten ohne sandige Beimen-
gung auf und ist fast ganz erfüllt mit Cyrena cretacea.
Die Fauna des Ueber-Quaders besteht aus den Formen des
nachstehenden Verzeichnisses, welchem ich wieder die Verglei-
chung mit Ablagerungen von verwandtem Alter anreihe.
321
Versteinerungen
ßchlesischem Ueber- Quader.
.5 <»
Ganoiden-Schuppe
Krebs (Familie Macrura) sp. ind. .
Serpula sp. ind
■fTurritella multistriata Reuss . . .
\Turritella nodosa Roem
\Turritella inique-ornata Dr. . . .
\Omphalia ornata Dr
\Eulima lurrita Zekrli
\Rostellaria ornata d'Orb
j-Voluta semiplicata Münst
■{Fusus Nereidis Münst
■\Dentalium glabrum Gein
^Leguminaria truncatula Reüss . .
Panopaea Gurgitis Goldf. . . . .
\Pholodomya nodulifera Goldf. . .
\Pholodomya caudata Roem. . . .
\Mactra Carter oni d'Orb
-j- Anatina lanceolata Gein
\Tellina plana Roem
Teilina royana d'Orb
Arcopagia numismalis d'Orb. . . .
Venus ovalis Sow
f Venus faba Sow
\Cytherea plana Sow
\ Cyrena cretacea Dr
Cyrena? sp ind
Protocardia hillana Sow.
Cardium lineolatum Reüss . . . .
~f Cardium produetum Sow
^Cardium tubuliferum Goldf. . . .
4 Cardium Ottoi Gein. ......
\Isocardia cretacea Goldf
\Crassatella arcacea Roem
\Lucina lenticularis Goldf
Lucina campaniensis d'Orb. . . .
\Trigonia aliformis Park
Area (confer Area Raulini d'Orb.)
\Cucullaea glabra Sow
\Cucullaea propinqua Reüss . . . .
Pinna diluviana 8chloth
■\Mytilus Gallienei d'Orb
Modiola siliqua Math
\Avicula pectiniformis Gein . . .
\Perna lanceolata Gein
Pecten sp ind
•fLima plana Roem.
Plicatula Roemeri d'Orb
322
Zu dieser Reihe gesellen sich noch einer näheren Bestim-
mung harrende zahlreiche Pflanzenreste ebensowohl aus den tho-
nigen als den sandigen Lagen. Darunter sind Coniferenzweige,
die wahrscheinlich ebenso wie die der Schichten von Neu- War-
thau der im Kieslingswalder Sandstein so häufigen Geinitzia
cretacea En dl. angehören werden; ferner vielleicht dazugehö-
rende verzweigte Coniferen-Stamm- oder Ast-Fragmente mit spi-
ralförmig gestellten Blattbasen, die bei schlechterer Erhaltung
in den Sandsteinen formlosen Wülsten gleichen und dann lebhaft
an die Spongia Saxonica Getnitz erinnern; endlich noch zahl-
reiche verschiedene Blattformen aus den Thoneisensteinen, beson-
ders von Wenig-Rakwitz.
Von den oben aufgeführten Versteinerungen sind die mit
einem f bezeichneten die häufigsten und für das Niveau des
Ueber - Quaders besonders bezeichnenden. Zwei Drittel davon
gehören ebenfalls zu den häufigsten Versteinerungen in allen hier
mit dem Ueber-Quader verglichenen Schichten.
Im Ueber-Quader allein fanden sich innerhalb des Gebietes
der nordschlesischen Kreide die folgenden 12 Arten: Turritella
nodosa, Omphalia ornata, Eulima turrita, Rostellaria ornata,
Voluta semiplicata, Mactra Carter oni, Anatina lanceolata,
Cardium productum und Ottoi, Cucullaea propinqua, Mytilus
Gallienei und Lima plana. Von diesen kommen jedoch 7 Ar-
ten auch im Sandstein von Kieslingswalde vor: Turritella no-
dosa, Rostellaria ornata, Voluta semiplicata , Leguminaria
truncatula , Anatina lanceolata, Cardium Ottoi und Mytilus
Gallienei; und 4 Arten auch im Sandstein von Kreibitz: Tur-
ritella nodosa, Leguminaria truncatula, Anatina lanceolata
und Cardium Ottoi. Drei Arten : Turritella nodosa, Rostellaria
ornata und Cardium Ottoi gehören auch zu den wichtigsten
Formen in den obersten senonen Bildungen am Nordrande des
Harzes, den sogenannten oberen Mergeln vom Plattenberge und
Ilsenburg, den plastischen Thonen von Weddersieben u. s. w.
Hieraus scheint sich zu ergeben, dass der Absatz der Sand-
steine von Kieslingswalde und Kreibitz auch noch bis zur Bil-
dung des nordschlesischen Ueber-Quaders fortgedauert hat, und
dass auch die jüngsten Senon - Bildungen am Nordrande des
Harzes denen der Sudeten im Alter gleichstehen. Nahe ver-
wandt, wenn auch in geringem Grade, sind auch die Faunen
des nordschlesischen oberen Quadersandsteins und der Schichten
323
Von Neu- Warthau. Es treten im Ueber-Quader nur die eigen-
tümlichen Formen hinzu, während im Uebrigen die Fauna we-
sentlich dieselbe bleibt wie in den älteren Senon-Schichten. Ich
glaube daher auch von den drei Altersstufen des Senon- Systems
am Nordrande der Sudeten fast wörtlich dasselbe sagen zu kön-
nen, was Ewald über die entsprechenden Kreideschichten am
Nordrande des Harzes ausgesprochen hat*), dass nämlich der
grössere Theil der Petrefakten keiner von den drei Abtheilungen
allein zukommt, sondern theils mit denen der zweiten, theils der
dritten übereinstimmt, während auch eine nicht unbeträchtliche
Anzahl durch alle drei Abtheilungen hindurchgeht. Diese sind
daher durch drei, wenn auch nicht vollkommen identische, so doch
sehr verwandte Faunen eng verbunden, und vertreten in ihrer
Gesammtheit nur einen Theil und zwar den unteren des über
dem Pläner folgenden Senon-Systems.
Ausgezeichnet ist der schlesische Ueber-Quader vor allen
anderen Kreide-Ablagerungen durch die in seinen Thonen oder
Sandsteinen allein anzutreffende einzige sichere Vyrena der Kreide-
Formation, die ich darum Cyrena cretacea genannt habe. Be-
merkenswerth ist auch das Auftreten einer neuen Omphalia- Art.
lln den jüngsten Senon- Bildungen am Harze, welche bei Wed-
dersleben auch petrographisch dem nordschlesischen Ueber-Quader
ähnlich sind, treten zwar mehrere Omphalia- Arten auf, darunter
Omphalia undulata Dr., aber nicht die Omphalia ornata des
schlesischen Ueber-Quaders.
Uebrigens ist zu erwarten, dass die Fauna des nordschlesi-
schen Ueber-Quaders in Zukunft noch wesentliche Bereicherun-
I gen erhalten wird, da sie von allen bisher am wenigsten erforscht
wurde. Die Verwandtschaft mit den beiden anderen Abtheilun-
gen senonen Alters wird sich dann ohne Zweifel in no' h höhe-
rem Grade herausstellen.
Anhangsweise lasse ich noch einige genauere Angaben über
das in Vorgehendem schon mehrfach erwähnte Vorkommen von
Basaltconglomeraten folgen , deren Einschlüsse besonders beach-
tenswert!] werden , in sofern sie Aufschlüsse über ursprünglich
grössere Verbreitung einzelner Glieder der Kreideformation in
*) Zeitschr. der deutsch, geol. Gesellschaft Bd. VII. S. 7.
324
der Löwenberger Mulde gewähren oder Andeutungen geben über
deren Vorhandensein in Gegenden , wo sie jetzt an der Tages-
oberfläche nicht beobachtbar sind. Im Ganzen sind solche Con-
glomerate an vier Stellen beobachtet, bei Hermsdorf, Pilgrams-
dorf, Ludwigsdorf und Sirgwitz.
In der Nähe von Hermsdorf, dicht an der Nordostgrenze
der Mulde, sieht man grobkörnigen Quadersandstein, Muschel-
kalk, bunten Sandstein und Urthonschiefer in einem Steinbruche
von etwa 280 Schritt Länge in steiler Stellung gerade in um-
gekehrter Reihenfolge auf einander ruhen. Alle zusammen fallen
in Folge einer Ueberstürzung im westlichen Theil des Bruches
mit 45 Grad, im östlichen mit 65 bis 70 Grad nach Nordnord-
osten ein*). Im östlichen Theile des Bruches allein sind die
Schichten des Muschelkalks wellenförmig gebogen oder geknickt,
auch fehlt hier die schon im westlichen Theil nur an 15 Fuss
mächtige Lage von buntem Sandstein.
Alle erwähnten Schichten sind von den jsüdlich angrenzen-
den Quadersandsteinen durch ein gangartig auftretendes Basalt-
conglomerat getrennt, welches man südlich von dem Bruche in
einer Länge von 300 Schritten nicht genau parallel mit dem
Streichen der Schichten des Bruches bis zu dessen Westende
verfolgen kann, und das zugleich mit Ausnahme des mittleren
durch Haldenschutt bedeckten Theils den ganzen etwa 80 Fuss
hohen Abhang gegen Hermsdorf hin bildet. Seine Mächtigkeit
dürfte etwa 30 bis 40 Fuss im Durchschnitt betragen. Längs
der ganzen Erstreckung besteht das Conglomerat ausser kugeligen
und sich schalig absondernden Basaltknollen in allen Grössen
nur aus Trümmern der vom Basalt durchbrochenen Gesteine,
Urthonschiefer, bunter Sandstein, Muschelkalk und grobkörniger
Quadersandstein, welche durch ein fein poröses, leicht zerreib-
liches Bindemittel zusammengehalten werden. Die Trümmer
haben alle mehr oder weniger abgerundete Ecken und Kanten,
und finden sich in Blöcken von 1 bis 1 j Cubikfuss bis zu Bruch-
stücken von Wallnussgrösse herab. Compacter Basalt war in
dem Gange nirgends wahrzunehmen.
Nur in viertelstündlicher Entfernung von hier nach West-
*) Nach v. Dechen beträgt das Einfallen am westlichen Ende 60 bis
70 Grad nordnordöstlich, nach Lütke und Ludwig überhaupt 55 Grad
nach Nordosten. Karsten's Archiv 1838, S. 123.
325
Nordwesten zeigt sich am Haselberge bei Pilgramsdorf, ebenfalls
dicht an der Nordostgrenze der Mulde, eine isolirte, nicht gang-
förmige, compacte Basaltmasse umgeben von ähnlichen Conglo-
meraten. Einschlüsse von Muschelkalk fehlen hier, dagegen fin-
den sich besonders häufig Einschlüsse eines überaus grobkörnigen
conglomeratartigen Quadersandsteins und stark veränderter tho-
niger Gesteine, sowie noch eines feinkörnigen Quadersandsteins,
woraus zu folgern ist, dass hier plastische Mergel von turonem
Alter zugleich mit durchbrochen wurden.
Im Mittelpunkte der Mulde bei Ober - Ludwigsdorf erhebt
sich eine ziemlich langgestreckte augenscheinlich gangartige Ba-
saltmasse theils massig, vorherrschend aber säulenförmig abge-
sondert. An beiden Längsseiten war sie, wie in einem Stein-
bruche sehr gut zu beobachten, von einer mächtigen Conglomerat-
decke umgeben, die gleich den vorher geschilderten Conglomeraten
aus kugeligen basaltischen Absonderungen und zahllosen Bruch-
stücken durchbrochener Gesteine gebildet wird. Letztere bestehen
hier ausschliesslich aus einem stark veränderten thonigen Gestein,
welches nach seinen Petrefakten , Turritella nodosa, Eulima
turrita u. a., nur der Formation des Ueber-Quader# angehören
konnte. Dieser muss demnach zur Zeit der Basalteruption im
Centrum 'der Löwenberger Mulde mit seinen Ablagerungen auch
diese Gegend bedeckt haben, in welcher jetzt nur Diluvial- und
Alluvial-Schichten zu beobachten sind.
Endlich bei Sirgwitz, wo der ganze West- und Südabhang
der hier befindlichen Anhöhe von eruptiven Gesteinen gebildet
wird, tritt eine compacte Basaltmasse von ansehnlicher Mächtig-
keit ebenfalls gangförmig zu Tage, längs des südlichen Berg-
abhanges von mächtigen Conglomeratmassen umgeben und be-
deckt. In dem einen grossen Steinbruche jenes Abhanges zeigt
sich der durchgehends säulenförmig abgesonderte Basalt nach
den Seiten und oben von einer mächtigen Conglomeratschicht
bedeckt, in welcher sich wieder ausser kugel- und knollenförmi-
gen Ausscheidungen eines basaltähnlichen Gesteins auch zahllose,
theils noch eckig und kantig begrenzte, theils mehr oder weniger
abgerundete Bruchstücke von durchbrochenen Gesteinen in den
verschiedensten Grössen vorfinden. Diese gehören theils einem
blaugrauen meist stark veränderten Gestein von rein thoniger
Beschaffenheit an, theils einem gelblichweissen feinkörnigen Sand-
stein, theils einem gelblichgrauen thonigen Sandsteine, dessen
326
petrographische Uebereinstimmung mit dem untersten thonigen
Sandstein aus dem System der Schichten von Neu-Warthau un-
verkennbar ist. Bestimmter noch wird die Uebereinstimmung er-
wiesen durch die in den Einschlüssen gefundenen Versteinerun-
gen: Turritella nerinea, Avellana Archiaciana? , Pectunculus
ventruosus ? , Lucina Lenticularis und Pecte?i virgatus. Diese
gehören ausser der nicht sicher bestimmbaren Avellana Archia-
ciana sämmtlich, unter ihnen Pecten virgatus ausschliesslich zur
Fauna der Schichten von Neu-Warthau, welche demnach bei
Sirgwitz die Unterlage des angrenzenden oberen Quadersandsteins
bilden müssen und von dem Basalt durchbrochen wurden. Die
anderen Einschlüsse gehören vielleicht zum Theil dem oberen
Quadersandstein und den Thonen des Ueber-Quaders an, was
bei dem Mangel an Versteinerungen nicht sicher entschieden
werden konnte.
II. Kritische Aufzählung der Äreide- Versteine-
rungen in der Ij&'wenberger Mulde.
1. Fischwirbel.
Kleine runde Wirbel von 3 bis 8 Mm. Durchmesser und
um ein bis zwei Drittel geringerer Länge, beiderseits stark ver-
tieft, die flach concaven Aussenwände dicht mit feinen Längsfur-
chen bedeckt, finden sich häufig in dem plastischen Mergel am
Vorwerksbusch. Ganz ähnliche Wirbel schreibt Agassi z (Pois-
sons foss. Vol. III. p. 360) dem Otodus appendiculatus und
der Oxyrhina Mantelli zu.
Einen ähnlichen Fischwirbel von 10 Mm. Länge und 8 Mm.
Durchmesser mit ungleicher Concavität an der Vorder- und Hin-
terseite fand ich in dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau.
2. 0 smeroides Lew es iensis Makt.
Salmo Lewesiensis Mantell, Geol. of Sussex t. 33, f. 12; t.34, f. 1-3;
t. 40, f. 1. Osmeroides Lewesiensis Geinitz, Quad. p. 84.
Schuppen von 4 Mm. Länge und 3 Mm. Breite nicht selten
in dem Mergel am Vorwerksbusch.
327
3. Aulolepis Reussi Gein.
Cycloiden-Schuppen Geinitz, Char. t. 2, f. 2. Aulolepis Reussi Gei-
nitz, Quad. p. 86.
Einzelne Schuppen von 14 Mm. Länge bei 7 Mm. Breite
und von 4 bis 5 Mm. Länge bei 3 bis 4 Mm. Breite, mit diesen
zusammen auch Kieferfragmente fanden sich in dem plastischen
Mergel am Vorwerksbusch.
4. Ganoiden-Schuppen.
Eine rhomboidale Fischschuppe von schwarzer Farbe mit
„ glänzend glatter Oberfläche, auf der nur zwei schwache Längs-
streifen parallel den seitlichen Rändern zu sehen, 8 Mm. lang,
5 Mm. hoch, mit scharfen Rändern, fand sich in einem Schiefer-
thon des Ueber-Quaders bei Wenig-Rakwitz.
5. Macropom a Mantelli Ag.
Agassiz, Poiss. foss II. p. 174. t. 65 a, b, c, d. Gewitz, Quad. p. 86.
Koprolithen von 15 bis 20 Mm. Länge, völlig der Beschrei-
bung und Abbildung von Reuss I. p. 11. t. 4, £.68 bis 76;
t. 5, f. 1 bis 6 entsprechend, sehr häufig in dem Mergel des
Vorwerksbusches.
6. Pycnodus scr obiculatus Reuss.
. '•■ -Vi* *
Reuss, Verst. der böhm. Kreidef. I. p. 10. t. 4, f. 15-25 u. 64. Gei-
isitz, Quad. p. 88.
Fünf deutliche Zähne und zahlreiche Bruchstücke fanden
t sich in einer Schwefelkiesconcretion in dem plastischen Mergel
am Vorwerksbusche. Die Zähne 3j bis 7 Mm. lang und durch-
schnittlich eben so breit, von unregelmässig rundlichem Umriss,
alle mehr oder weniger flach gewölbt, die Ränder durch scharfe
Kanten begrenzt und senkrecht abfallend. Höhe \ bis 1 Mm.
Oberfläche mit zahlreichen unregelmässigen Grübchen bedeckt.
Sie sind von schwarzem hornigen Ansehen.
7. Corax heterodon Reuss.
Reuss I. p. 3. t. 3, f. 49-71. Geinitz, Quad. p. 90.
Zähne von 3 bis 7 Mm. Länge und gleicher Breite an der
Basis fanden sich mehrfach in dem plastischen Mergel am 'Vor-
werksbusch.
328
8. Otodus appendiculatus Ag.
Agassiz HI, p. 270. t. 32, f. 1—25. Geinitz, Quad. p. 92.
Zähne von 9 bis 13 Mm. häufig in dem plastischen Mergel
am Vorwerk sbusch.
9. 0 xyrhina Mantelli Ag.
Agassiz III p. 280. t. 33, f. 1-9. Geinitz, Quad. p. 94.
Zähne von iO bis 15 Mm. Länge häufig in dem plastischen
Mergel am Vorwerksbusch.
10. Oxyrhina angustidens Reuss.
Reuss I. p. 6. t. 3, f. 7—13. Geinitz, Quad. p. 94.
Ein Zahn von 11 Mm. Länge in dem plastischen Mergel
am Vorwerksbuscb.
11. Lamria r aphiodon Ag.
Agassiz III. p. 296. t. 37 a, f. 11 — 16. Geinitz, Quad. p. 94. Lamna
plicatella Reuss I. p. 7. t. 3, f. 37 44.
Ein einzelner Zahn von 3 Mm. Länge, der Abbildung und
Beschreibung von Lamna plicatella Reuss entsprechend, fand
sich in dem plastischen Mergel am Vorwerksbusch.
0 12. Mesostylus Faujasi Bronn.
Bronn, Leth. geogn. 1851. Vol. V. p. 354. t. 27, f. 23. Callianassa
Faujasi Des.marest, Crust. foss. t. 11, f. 2. Callianassa antiqua
Otto, A. Roemer, Verst. des norddeutsch. Kreidegeb. p. 106. t. 16,
f. 25. Geinitz, Quad. p. 96.
Die hierhergehörigen Individuen aus den Schichten von
Neu-Warthau entsprechen in der relativ grösseren Länge ihrer
Theile sämmtlich der Varietät b von Bronn (Callianassa antiqua)
und gleichen hierin so wie in ihrem Erhaltungszustande völlig
den Individuen von Kieslingswalde, wie diese gewöhnlich auftre-
ten. Jedoch besitze ich besonders gut erhaltene Stücke von Kies-
lingswalde, welche bei völlig übereinstimmender Form in folgen-
den Merkmalen der Varietät a von Bronn (Callianassa Fau-
jasi) gleichen: 1) An den beiden grossen Vorderfüssen sind die
Finger sowohl an ihrem innern als an dem äusseren Rande fein
gezähnelt; 2) die Finger des kleineren Vorderfusses sind mit
grobgekörnten stumpfen Seitenkanten an der innern Seite verse-
329
hen ; 3) die scharfkantigen oberen und unteren Ränder der Hände
an beiden Vorderfüssen sind fein gezähnelt; auch befindet sich
1 1 längs des oberen Randes der Handaussenseite bei dem grösseren
Vorderfuss eine Reihe von fünf gleichgrossen runden und feinen
Poren in gleichgrossen Abständen ; 4) bei dem grösseren Vorder-
fusse sind an dem Carpus und dem davor liegenden länglichen
Gliede die ebenfalls scharfkantigen unteren Ränder fein gezäh-
( nelt und die stumpfen Seitenkanten grob gekörnt.
Fundort der thonige Sandstein bei Neu- Warthau.
13. In den sandigen Mergeln der Mittelberge bei Langen-
vorvverk fand sich ein unbestimmbarer Krebsschwanz, von
I dem sich nur angeben lässt, dass er einem Macruren Deeapoden
angehört.
14. Krebse an Glyphea ornata Phill., Roemer p. 105
1 t. 16, f. 23, erinnernd, fanden sich mehrfach in den Thonen des
| Ueber-Quaders bei Wenig-Rakwitz, Sie bleiben einer späteren
' Beschreibung vorbehalten.
15. Pollicipes angustatus Gein.?
Geinitz, Kiesl. p. 7. t. 14. f. 10; Quad. p. 104.
Das vorliegende Individuum entspricht in Allem der Be-
schreibung und Abbildung bei Geinitz, nur verflacht sich der
stumpfe Kiel, der bei den Exemplaren von Strehlen längs der
( Rückenlinie fortläuft, hier deutlich nach dem unteren Rande zu.
i Aus Diluvial-Geschieben vom Alter der Schichten von Neu-
Warthau bei Hohlstein.
, 16. Serpula gordialis Schloth.
( Schlotheim, Petref. p. 96 z. Th. Serpula plexus Sow. Geinitz, Quad.
p. 104.
Von sehr variirender Grösse und Form bis zu 3 Mm. Durch-
messer und mit erhaltener Schale in dem sandigen Mergel der
Mittelberge.
Wahrscheinlich gehört hierher auch eine meist peitschen-
i förmig geschwungene Serpula von kreisförmigem Durchschnitt
i an der Mündung, 25 bis 30 Mm. lang bei 2 bis 3 Mm. Weite,
i deren Schale nie erhalten. Häufig im oberen Quadersandstein
bei Kesselsdorf.
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 2. 22
330
17. Serpula filiformis Sow.
Som'Erby bei Fittoiy, Transact. of the Geol. Soc. of London IV. t. 16,
f. 2. Geinitz, Quad. p. 106.
Von Fadenstärke bis zur Dicke von l bis 5 Mm., bald ein-
zeln, bald in Knäueln zusammengehäuft. Häufig in dem thoni-
gen Sandstein bei Neu- Warthau.
18. In dem weissgrauen zum Ueber-Quader gehörigen Sand-
stein unweit der Eichhornschenke bei Sirgwitz fand ich das
Fragment einer Serpula mit elliptischem Durchschnitt von 3 Mm.
längerem Durchmesser, wegen unvollkommener Erhaltung nicht
näher bestimmbar.
19. Nautilus elegans Sow.
Sowerby, t. 116. Geinitz, Quad. p. 110.
Die charakteristischen Falten auf den letzten Kammern meist
wohlerhalten. Steinkerne mit 6 bis 8 Zoll Durchmesser, nicht
selten im cenomanen Quadersandstein bei Nieder-Moys und an
der Neuj/inder Harte.
In dem sandigen Mergel der Mittelberge sind nicht selten
Steinkerne eines Nautilus bis 10 Zoll im Durchmesser, die we-
gen fehlender Skulptur nicht näher bestimmbar sind.
20. Ammonites Orbig nyanus Gein. Taf. VIII. Fig. 1.
Geinitz, Quad. p. 114. t. 4, f. 1.
In dem oberen Quadersandstein bei Kesselsdorf fanden sich
Individuen bis zu der ungewöhnlichen Grösse von 315 Mm.
Durchmesser. Kleinere fanden sich in dem oberen Quadersand-
stein bei Herzogswalde und in dem thonigen Sandstein bei Neu-
Warthau.
Zu der von Geinitz gegebenen Beschreibung habe ich nur
zuzufügen, dass bei Individuen, welche über 200 Mm. Durch-
messer haben, sowohl die Rückenkanten als auch die seitliche
Abplattung der Schale gegen die Mündung hin allmälig ver-
schwinden, so dass der Durchschnitt an der Mündung ein ge-
streckt ovaler wird. Die gute Erhaltung der nordschlesischen
Stücke gestattete ausserdem eine genauere Zeichnung der Loben-
linie, deren Beschreibung ich folgen lasse.
Die Lobirung symmetrisch, sehr tief ausgeschnitten. Jeder-
331
seits sieben von ungleichen Theilen gebildete Loben und Sättel.
Dorsallobus breit und von nur massiger Länge, jederseits mit
zwei vielfach gezähnelten Lappen, von denen der hintere der
längste und grösste ist. Dorsalsaüel an Grösse dem Dorsal-
lobus gleich, ungefähr doppelt so gross als die fünf ersten La-
teralsättel, vorn durch fünf ungleiche Lappen in eben so viel
ungleiche Theile zertheilt. Die Lateralsättel mit Ausnahme des
sechsten alle von ungefähr gleicher Grösse. Der erste Lateral-
lobus halb so gross, aber etwas länger als der Dorsallobus, ge-
rade, durch zahlreiche Einschnitte und Zähne unregelmässig ge-
formt. Der erste Lateralsattel durch einen kleinen accessorischen
Lobus in zwei fast gleich grosse Hälften getheilt. Der zweite
Laterallobus um ein Viertel grösser als der erste, gerade, durch
fünf Lappen in fünf ungleiche Theile getheilt. Der zweite La-
teralsattel in Grösse und Form dem ersten fast gleich. Der
.dritte Laterallobus ist der grösste, etwa um ein Viertel grösser
als der zweite, gerade, zunächst durch zwei Lappen in zwei
ganz ungleiche Theile und diese wieder in zahlreiche kleinere
Lappen zerspalten. Der dritte Lateralsattel durch einen kleinen
accessorischen Lobus in zwei ungleiche Theile getheilt, von de-
nen der untere der grössere ist. Von dem vierten, fünften und
sechsten Laterallobus ist der vierte der grösste, ungefähr halb
so gross als der dritte, und in fünf fein gezähnelte Lappen von
ungleicher Grösse und Form getheilt. Der fünfte und sechste
Laterallobus sind beide fast symmetrisch dreilappig. Der vierte
und fünfte Lateralsattel sind von ungleicher Grösse und Form,
jeder in der Mitte getheilt durch einen kleinen geraden accesso-
rischen Lobus. Der sechste Lateralsattel endlich ist nur halb
so gross als die vorhergehenden ; auf ihn folgen noch drei kleine
feingefranzte Auxiliarloben, welche durch Sättel von fast gleicher
Grösse miteinander verbunden werden. — Die Linie bei a in
der Zeichnung bedeutet die Kante, von welcher die Schale trep-
penförmig nach der Naht abfällt, die Linien bei bb die beiden
parallelen Rückenkanten und c die Lage des Sipho.
21. Ammonites sub tric arin atus d'Orb.
Taf. VIII. Fig. 2 bis 4.
d'Orbigny, Prodrome Et. 22. No. 9. Ammonites tricarinatus Pal. fr.
Cret. I. p. 307. t. 91, f. 1—2.
Flach scheibenförmig. Durchmesser 140 bis 160 Mm., sehr
22*
332
wenig involut. Dicht über der Naht entspringen zahlreiche ge-
rade zum Rücken laufende Rippen, die gleich an ihrem Anfange
je einen starken stumpfen Höcker und einen zweiten gleich star-
ken gegen den Rücken hin tragen. Da einige der Rippen sich
ohne Regel in der Hälfte ihrer Länge gabeln, so ist die Zahl
der Höcker am Rücken grösser als an der Naht. Rücken breit
und flach gewölbt, mit drei parallelen stumpfen Kielen, deren
mittelster etwas grösser ist als die andern. Die Mündung ist
abgestumpft vierseitig, bei jungen Individuen etwas breiter als
hoch, bei älteren umgekehrt etwas höher als breit, weil mit zu-
nehmendem Alter die Windungen allmälig eine mehr zusammen-
gedrückte Gestalt annehmen.
Lobirung jederseits gebildet aus drei Loben und drei Sätteln.
Der obere Laterallobus ist der grösste und längste, gerade,
unsymmetrisch fünffach getheilt. Der Dorsallobus etwas kürzer
als der obere Laterallobus. Der Dorsalsattel etwas breiter als
der obere Laterallobus, durch einen geraden, kurzen, accessori-
schen Lobus in zwei ungefähr gleiche Hälften getheilt. Der
obere Lateralsattel etwas grösser als eine der Abtheilungen des
Dorsalsattels, ungetheilt. Der untere Laterallobus etwas grösser
als der accessorische Lobus des Dorsalsattels, schief nach unten
gerichtet. Der untere Lateralsattel erheblich kleiner als der
obere. Der erste Auxiliarlobus etwas kleiner als der untere
Laterallobus, ebenfalls schief nach unten gerichtet. Darauf folgt
noch ein kleiner Auxiliarsattel, und endlich noch ein sehr kurzer
zweiter Auxiliarlobus zur Seite des grossen Ventrallobus. Alle
Loben enden unpaarig, obwohl nicht völlig symmetrisch. Ueber-
haupt ist die mangelnde Symmetrie in der Theilung der Loben
und Sättel ein charakteristisches Merkmal für diesen Ammoniten.
Er offenbart darin, wie auch in der Zahl und den Grössenver-
hältnissen der Hauptloben, und in der Gabelung eines Theils
seiner Rippen eine Verwandtschaft mit dem Ammonites varians
Sow. Die parallelen Linien bei a und b an Fig. 2, Taf. VIII.
deuten den mittelsten und einen der beiden seitlichen Kiele des
Rückens an.
Aus dem oberen Quadersandstein von Kesselsdorf unweit
Löwenberg, und von Ullersdorf bei Naumburg am Queis.
333
; 22. Ammonites Ro tomagensis Brongn.
Brongisiart, Eiiv. de Par. t. 4, f. 2. Geinitz, Quad. p. 112.
Iu sehr abgeriebenen Individuen bis 2 Fuss im Durchmesser,
nicht selten im cenomanen Quadersandstein bei Nieder-Moys.
23. Scaphites in flatus Roem.
A. Roemer, Kreidegeb. p. 90. t. 13, f. 5. Geinitz, Quad. p. 116."
Selten im oberen Quadersandstein bei Waldau und Hochkirch.
24. Baculites ineur vatus Duj.
d'Orbigny I. p. 564. t. 139, f. 8—10. Geinitz, Quad. p. 122.
Nur ein einziges Individuum, dessen längerer Durchmesser
10 Mm. beträgt, fand sich bisher in dem thonigen Sandstein bei
Neu-Warthau. «
25. Turritella multistriata Reuss.
Reuss I. p. 51. t. 10, f. 17; t. 11, f. 16. Geinitz, Quad. p. 124.
Typische Exemplare fanden sich bisher im oberen Quader-
sandstein bei Kesselsdorf und Gähnsdorf, im Sandstein des Ueber-
Quaders bei Sirgwitz und in dem thonigen Sandstein am Kret-
schamberge bei Deutmannsdorf. Die zahlreichen Exemplare aus
dem thonigen Sandstein bei Neu - Warthau haben durchgehends
die Gestalt der Varietät Turritella quinquecineta Goldf. 1. 196,
f. 17 c. Eigenthümlich ist ihnen auch die Regelmässigkeit, mit
der stets unter den feinen Zwischenstreifen einer in der Mitte
besonders deutlich hervortritt.
26. Turritella inique-ornata Dr. Taf . IX. Fig. 1.
Thurmförmig. Sechs bis acht Umgänge, höher als breit,
wenig gewölbt, fast flach , an den Nähten stark zusammenge-
schnürt, mit fünf gleichstarken gekörnten Gürteln. Die Zwischen-
räume zwischen den drei obersten Gürteln sind gleich , grösser
als die unteren und tragen ausser vielen feinen Spirallinien je
einen schwächeren wenig hervorragenden und fein gekörnten
Zwischengürtel in der Mitte. Die darunter folgenden drei Zwi-
schenräume sind von ungleicher Grösse und nur mit feinen Spi-
rallinien versehen; der oberste ist der grösste und der unterste
dicht über der Naht der kleinste. Der letzte Umgang gegen
334
die Basis hin durch eine scharfe Kante begrenzt, trägt dicht über
dieser Kante noch einen sechsten, etwas schwächeren, gekörnten
Gürtel. Die Basis schwach gewölbt, trägt 10 bis 12 feine Spi-
ralstreifen mit etwas breiteren Zwischenräumen. Ueber Gürtel,
Streifen und Linien hinweg laufen zahlreiche gewellte, stärkere
und schwächere, rückwärts gebogene Anwachsstreifen, welche die
Körnung der Gürtel und Zwischengürtel hervorrufen.
Individuen von 30 bis 70 Mm. Länge sehr häufig in dem
Sandstein des Ueber-Quaders bei Sirgwitz, in dem thonigen Sand-
stein bei Neu- Warthau und Ludwigsdorf und in den Geschieben
gleichen Alters bei Hohlstein.
27. Turritella nerinea Roem.
Roemer p. 80. t. Ii, f. 21. Geinitz, Quad. p. 124.
In Individuen bis zu 40 Mm. Grösse häufig im oberen
Quadersandstein bei Kesselsdorf und vereinzelt in den Geschieben
vom Alter der Schichten von Neu-Warthau bei Hohlstein.
28. Turritella nodosa Roem.
Roemer p. 80. t. 11, f. 20. Geinitz, Quad. p. 124. d'Orbigny, Prodr.
Et. 22. No. 122.
Häufig im Ueber -Quader bei Ober -Langenau bei Görlitz
und in den Thoneisensteinen des Ueber-Quaders bei Wehrau
am Queis.
29. Omphalia ventricosa Dr. Taf. IX. Fig. 2 und 3.
Diese und die folgenden, der Gattung Omphalia zugerech-
neten Arten besitzen zwar nicht den Nabel und die kreisrunde
OefFnung, auf welche Zekeli bei Aufstellung seiner Gattung
besonderes Gewicht legte; sie entsprechen derselben jedoch in
allen übrigen Merkmalen und unterscheiden sich von Turritella
hinreichend durch ihre bauchige oder doch minder lang gestreckte
Form. Die tief ausgerandeten Anwachsstreifen besitzt auch die
im Ueber-Quader häufige Turritella nodosa. Alle schlesischen
Omphalien finden sich nur in Steinkernen oder Abdrücken.
Die Gestalt der O. ventricosa ist kegelförmig mit sechs schnell
an Grösse zu nehmenden breiten Umgängen. Die Nähte sanft
ansteigend. Die Umgänge in der Mitte flach concav, nur durch
Verquetschung stärker vertieft, an ^der oberen und unteren Naht
zu einer Anschwellung erweitert, die ich Gürtel nennen will.
Der untere Gürtel stets weniger hervortretend als der obere.
335
Der letzte Umgang tritt bei jungen Individuen kantig hervor
und trägt an seiner flach convexen Basis drei scharfe feine Gür-
tel, deren unterer am schärfsten ist. Oberfläche im Uebrigen
glatt. Bei alten Individuen rundet sich die Kante an dem letz-
ten Umgange ab und die Basalgürtel werden undeutlich. Zu-
gleich verschmilzt jeder obere Nahtgürtel mit dem unteren des
vorhergehenden Umganges und verlaufen die Umgänge scheinbar
ohne Trennung ineinander. Die Pleurotoma-artig ausgerandeten
Anwachsstreifen , besonders auf der Oberfläche des letzten Um-
gangs mehr oder minder deutlich. Der inntre Mündungsrand
löst sich ein wenig von der Schale ab. Mündung nicht erhalten,
an den Steinkernen oval mit einer Verengung nach unten.
Aus dem oberen Quadersandstein bei Giersdorf.
30. Omphalia undulata Dr. Taf. IX. Fig. 4 und 5.
Gestalt spitz kegelförmig. Mit sechs bis sieben Umgängen
und glatter Oberfläche. Bei alten Individuen treten die tief aus-
gerandeten Anwachsstreifen besonders auf den beiden letzten
Umgängen stark hervor. Die Mündung oval, verengt sich ein
wenig nach unten. Der vorigen Art sehr nahe verwandt, doch
weniger bauchig und länger gestreckt, die Nähte etwas steiler
ansteigend, die Anwachsstreifen viel tiefer ausgerandet. An
dem oberen Nahtgürtel des letzten Umgangs zeigt sich bei jün-
geren Individuen eine Reihe von unregelraässig gestellten , un-
deutlichen, flachen Höckern. An der Basis desselben Umganges
vier schmale Gürtel, welche mit zunehmendem Alter immer un-
deutlicher werden und endlich ganz verschwinden.
Aus dem oberen Quadersandstein von Giersdorf bei Löwen-
berg. Auch in den mit farbigen Thonen wechsellagernden mür-
ben Sandsteinen des Ueber-Quaders von Weddersieben bei Qued-
linburg.
31. Omphalia ornata Dr. Taf. IX. Fig. 6 und 7.
Gestalt thurmförmig. Mit neun bis zwölf breiten und lang-
sam an Grösse zunehmenden Umgängen. Auf der im Uebrigen
glatten Oberfläche eines jeden Umganges zwei Gürtel an der
unteren und oberen Naht, von denen der untere am stärksten
'st und bei jungen Individuen sogar kantig hervortritt. (Taf. IX.
ig. 7.) Bei gutem Erhaltungszustande (Taf. IX. Fig. 6) be-
ginnt der untere Gürtel erst in einer kleinen Entfernung über
336
der Naht und beide Gürtel sind in regelmässigen Abständen mit
flachen Höckern besetzt. Die tief ausgerandeten Anwachsstreifen
auf den letzten beiden Umgängen deutlich wahrnehmbar. Mün-
dung breit oval, nach unten verengt, ihr innerer Rand ein wenig
von der Schale abgelöst. An der Basis des letzten Umgangs
drei feine Gürtel, von denen eler mittlere sehr schwach ist. Mit
zunehmendem Alter verschwinden die Höcker auf den Gürteln
und diese selbst werden undeutlicher. Unterscheidet sich von
der vorhergehenden Art durch ihre länger gestreckte Gestalt,
durch andere Anordnung der Gürtel, durch die regelmässigen
Höcker auf denselben, und dadurch, dass die Anwachsstreifen
weniger tief ausgerandet sind.
Häufig in den verschiedenen Sandsteinen des Ueber-Quaders
bei Sirgwitz und Wenig-Rakwitz.
32. Eulima turrita Zek.
Zekeli, Gast, der Gosaug. p. 31. t. 3, f. 6a— c.
In den Variationen der Grösse und Form genau mit der
Schilderung von Zekeli übereinstimmend, häufig in dem Sand-
stein des Ueber-Quaders bei Sirgwitz, auch in aus Ueber-Quader
herrührenden Thoneinschlüssen im Basaltconglomerat der keuli-
gen Berge bei Ludwigsdorf.
33. Nerinea Bucht Zek.
Zekeli, Gast, der Gosaug. p. 34. t. 4, f. 3. Nerinea bicincta Bronn,
Geinitz, Quad. p. 126; d'Orbigny, Prodr. Et. 22. No. lbO, Et. 21.
N6. 31.
Individuen von 50 bis 90 Mm. Länge sehr häufig zusam-
men mit Actaeonella Beyrichü in dem oberen Quadersandstein
von Giersdorf, selten in dem gleichen Sandstein bei Gähnsdorf
und bei Kaupe an der Lausitzer Neisse.
34. Nerinea incavata Bronn.
Bronn in Jahrb. 1836. p. 533. t. 6, f. 22. Goldfuss t. 177, f. i a und b.
Ein Fragment von 30 Mm. Länge, bestehend aus drei er-
haltenen Umgängen, an der Mündung nur, wie bei Goldfuss,
mit zwei starken Spindelfalten, von denen die untere stärker
hervorragt. Oberfläche glatt.
Selten im oberen Quadersandstein bei Giersdorf.
337
35. Actaeonella Beyrichii Dr. Taf. IX. Fig. 8 bis 11.
Eiförmig, kreiseiförmig, mit sechs bis sieben Umgängen bei
ausgewachsenen Individuen, welche eine Höhe von 90 bis 100 Mm.
erreichen. Der letzte Umgang verkehrt kegelförmig, in der Mitte
sanft eingedrückt, schliesst entweder alle übrigen der Art ein, dass
dieselben aus ihm nur wenig in der Mitte hervorragen, oder es
erhebt sich aus ihm ein mehr oder minder hoch kegelförmiges
Gewinde, wodurch die ganze Gestalt mehr gestreckt kreiseiförmig
wird. An der oberen Hälfte der Umgänge eine Reihe von
stumpfen Höckern in gleichen Entfernungen, von denen je acht
auf einen Umgang kommen. Mit zunehmendem Alter werden
die Höcker immer undeutlicher und lassen bei den grössten aus-
gewachsenen Individuen nur noch Spuren zurück Sie bildet wie
Actaeonella Lamarki Zek. und A. Renauxiana d'Orb. eine
ganze Reihe mehr oder weniger erhöhter Formen. Die ausge-
wachsenen Individuen würden mit Actaeonella Renauxiana so-
gar zusammenfallen , wenn die Höcker auch an dieser nachge-
wiesen werden könnten.
Aus dem oberen Quadersandstein bei Giersdorf; aus dem-
selben Sandstein des Papenberges bei Blankenburg; aus dem
Sandstein von Kieslingswalde bei Habelschwerdt.
36. Avellana Archiaciana d'Orb.
d'Orbigny, Cret. III. p. 137. t. 169, f. 7 — 9. Ringicula Archiaciana
d'Orb. Geinitz, Quad. p. 128.
Der Mündungsrand nach aussen verdickt und an der Spindel
von einem glatten Wulst begrenzt. An der unteren Hälfte der
Spindelseite eine einzige Falte.
Häufig in dem thonigen Sandstein bei Neu -Warthau und
den gleichen Diluvial Geschieben bei Hohlstein.
37. Natica canaliculata Mant.
Ampullaria canaliculata Mantell 1822. p. 111. t. 18, f. 11. Natica
canaliculata Geinitz, Quad. p. 128.
Sehr häufig in Individuen bis zu 25 Mm. Höhe in den tho-
nigen Sandsteinen bei Neu-Warthau. Zuweilen in dem sandigen
Turon-Mergel der Mittelberge, selten im oberen Quadersandstein
bei Giersdorf u^l Kesselsdorf.
338
38. Natica vulgaris Reuss.
Rbdps, Geogn. Sk. II. p. 209. Gbinit,:, Quad. p 128.
In dem sandigen Mergel der Mittelberge wurden mehrfach
Individuen bis zu 10 Mm. Höhe gefunden; ein Individuum von
32 Mm. Höhe aus dem oberen Quadersandstein von Giersdorf
schwankt in der Form zwischen Natica canaliculata und Na-
tica vulgaris.
39. Natica Roemeri Gein.
Geinitz, Quad. p. 128.
Bis zu 25 Mm. Höhe nicht selten in dem thonigen Sand-
stein bei Neu- Warthau.
40. Trochus plic ato-carinatus Goldf.
Goldfuss t. 161, f. 11. Geinitz, Quad. p. 122.
Selten, bis zu 20 Mm. Durchmesser des letzten Umganges,
im thonigen Sandstein bei Neu- Warthau und den entsprechenden
Geschieben bei Hohlstein.
41. Pleurotomaria per spectiva d'Orb.
d'Orbigny , Cret. II. p. 255. t. 196. Pleurotomaria linearis Mant.,
Geinitz, Quad. p. 134.
Herr Sachse fand ein Individuum von 50 Mm. Durchmesser
in dem sandigen Mergel des Popelberges.
42. Rostellaria v esper tilio Goldf.
Goldfuss t. 170, f. 5. Geinitz, Quad p. 136.
Während die Individuen aus dem Sandstein von Kieslings-
walde die Grösse von acht Umgängen erreichen, zählen die von
Neu- Warthau niemals mehr als sechs. Die obersten beiden Kiele
am Flügel sind hier besonders stark entwickelt. Die scharfen
und schmalen Längsrippen mit ihren doppelt so breiten Zwischen-
räumen sind bei gutem Erhaltungszustande stets schwach sichel-
förmig gekrümmt und reichen ohne aufzuhören an der im Uebri-
gen glatten Schale von einer Naht zur anderen.
Nicht selten in dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau.
43. Rostellaria papilionac ea Goldf.
Goldfuss t. 170, f. 8. Geinitz, Quad. p. 186.
Ein einziges typisches Individuum fand si<^ in einem Dilu-
339
vial-Geschiebe vom Alter der Schichten von Neu-Warthau bei
Hohlstein.
44. Rost ellaria ornata d'Orb.
d'Orbigny, Cret. II. p. 291. t. 209, f. 1 und 2 Geimtz, Quad. p. 136.
In den verschiedensten Grössen und bis zu einer Länge von
40 Mm. in dem Ueber - Quadersandstein bei Sirgwitz und den
Ueber-Quadertbonen bei Wenig-Rakwitz. Sie stimmen in allen
Beziehungen mit der D'ORBiGNv'schen Beschreibung und Abbil-
dung überein mit Ausnahme der Tuberkelreihen auf und über
dem Kiel (bei d'Orbigny en andere de la carene), welche sich
hier auch deutlich auf der Oberfläche des zweiten und dritten
Umganges fortsetzen.
45. Rostellar ia crebricosta Zek.
Zekeli, Gast, der Gosaug. p. 35. t. 6, f. 4.
Da an den beiden einzigen Individuen von Neu-Warthau
ein Flügel nicht erhalten ist, so bleibt auch hier zweifelhaft, ob
die Art zu Fusus oder Rostellaria zu rechnen sei. Bei 18 Mm.
Länge kommen auf den letzten Umgang 21 bis 22 feine Längs-
rippen.
46. Pterodonta in f lata d'Orb. Taf. IX. Fig. 12.
d'Orbigny, Cret II. p. 31S. t. 219.
Nur als Steinkern beobachtet. Dieser ist eiförmig, bauchig.
Höhe 99 Mm. Mit sechs bis sieben glatten , wenig convexen
Umgängen, deren letzter fast noch einmal so gross ist als alle
übrigen zusammen. An der Mündung reicht der Eindruck des
nach innen verdickten Aussenrandes abwärts etwa nur bis zur
halben Höhe des vorletzten Umganges. Ein entsprechender Ein-
druck ist auch an dem vorletzten Umgange, und an dem dritt-
letzten wenigstens eine Andeutung davon an sich gegenseitig
entsprechenden Stellen ; dies stimmt mit d'Orbigny's Angabe,
dass die Verdickung sich mit zunehmendem Alter wiederholt.
Aus den geringen Abständen der Umgänge ergiebt sich , dass
die Schale sehr dünn war. An den beiden letzten Umgängen
des Steinkerns sind deutliche Spuren der Nähte sichtbar; sie
hören auf bei dem letzten Eindruck des verdickten Mündungs-
randes.
Selten intern oberen Quadersandstein von Giersdorf.
340
47. Voluta sem (plicata Münst.
Pleurotoma semiplicata Münster, Goldfuss t. 170, f. lt. Voluta se-
miplicata Geinitz, Quad. p. 138.
Ein Individuum mit zwei erhaltenen Spindelfalten fand sich
in dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
48. Fusus Nereidis Münst.
Goldfuss t. 171, f. 20. Geinitz, Quad. p. 140.
In dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau, dem Sand-
stein des Ueber-Quaders bei Sirgwitz und dem Thoneisenstein
des Ueber-Quaders bei Wehrau.
49. Pyrula coronata Roem.
Roemer p. 78. t. 11, f. 13. Fusus coronatus Geinitz, Quad. p. 140.
Nicht selten in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau;
nicht ganz sicher aus demselben Sandstein am Kretschamberge
bei Deutmannsdorf.
50. Cerithium Requienianum d'Orb. ?
d'Orbigny, Cret. II. p. 377. t. 232, f. 4-5.
Schale spitz kegelförmig mit sechs bis sieben wenig gewölb-
ten Umgängen. Auf jeden Umgang kommen zehn, durch gleich
grosse Zwischenräume getrennte Längswülste, die von einer Naht
zur andern reichen und sich in allen Umgängen entsprechen.
Darüber laufen in gleichen Abständen abwechselnd fünf stärkere
und fünf schwächere feine Spiralstreifen. Mündung oval, nach
oben sich verengend. Kanal kurz.
Aus den Diluvial-Geschieben von thonigem Sandstein bei
Hohlstein.
51. Dentalium glabrum Gein.
Geinitz, Char. p. 74. t 18, f. 28. — Quad. p. 142.
Findet sich im cenomanen Quadersandstein bei Taschenhof,
in dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau, dem Ueber-Quader-
Sandstein bei Sirgwitz und dem Ueber - Quaderthon zu Ober-
Langenau bei Görlitz.
341
52. Gastrochaena Amphisbaena Goldf.
Serpula Amphisbaena Goldf. t. 70, f. 16. Gastrochaena Amphisbaena
Geinitz, Quad. p. 144,
Freie Individuen von 9 Mm. Durchmesser in Serpula- artig
unregelmässig gebogener Form fand ich in dem röthlich gefärb-
ten oberen Quadersandstein bei Sirgwitz. Das städtische Mine-
ralien-Kabinet und die Sammlung des Herrn Dresler in Löwen-
berg enthalten Stücke, wo 10 bis 12 Individuen von einer ge-
meinsamen Fläche aus nach derselben Richtung gebohrt haben.
Spuren dieser Muschel (Geinitz Cerambycit. p. 13. t. 3 — 6) in
versteintem Holze finden sich sehr häufig in dem thonigen Sand-
stein bei Neu- Warthau, dem oberen Quadersandstein ebendaselbst
und in dem glasigen Sandstein des Ueber-Quaders bei Wehrau.
53. Leguminaria truncatula Reuss.
Solen truncatulus Reuss, Geogn. Sk. II. p. 201. Leguminaria trunca-
tula Geinitz, Quad. p. 146.
Die charakteristische Leiste in der Schale ist hier stets
schief nach hinten gerichtet wie bei Reuss, Verst. IL t. 36, f. 13.
Nicht selten von 18 bis 19 Mm. Länge in dem Ueber-
Quadersandstein bei Sirgwitz und dem oberen Quadersandstein
bei Kesselsdorf.
54. Panop aea Gurgitis Goldf. .
Goldfuss t. 153, f. 7. Panopaea plicata Sow. Geinitz, Quad. p. 146.
In den verschiedensten Grössen bis zu 115 Mm. Länge bei
16 Mm Höhe, häufig in dem thonigen Sandstein bei Neu- War-
thau, in den gleichen Geschieben bei Hohlstein und in dem obe-
ren Quadersandstein bei Giersdorf und Kesselsdorf; zweifelhaft
im Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz, wo eine sehr kleine un-
bestimmbare Panopaea auftritt.
55. Pholadomy a nodulifer a Münst.
Goldfüss t. 158, f. 2. Geinitz, Quad. p. 148.
Nicht selten in den thonigen Sandstein-Geschieben bei Hohl-
stein; häufig in dem oberen Quadersandstein bei Hochkirch,
Waldau und Kesselsdorf, wo die grössten Individuen eine Länge
von 60 bis 70 Mm. besitzen; ausserdem noch in dem Ueber-
Quadersandstein bei Sirgwitz.
j
342
56. Pholadomy a c au data Roem.
Roemer p. 76. t. 10. f. 8. Geinitz, Quad. p. 14S. Cardita Goldfussi
Müller, Petref d. Aach. Kreidef. I. p. 20.
Eine der wichtigsten Formen in allen Abtheilungen des
Senon-Systems. Sie findet sieh in den thonigen Sandsteinen bei
Neu-Warthau und Kesselsdorf und den entsprechenden Diluvial-
Geschieben bei Hohlstein, in dem oberen Quadersandstein bei
Giersdorf, Hochkirch, Waldau und Kesselsdorf und in dem Ueber-
Quadersandstein bei Sirgwitz und Wenig -Rakwitz, überall in
grosser Häufigkeit.
57. G oniomy a designata Goldf.
Lysianassa designata Goldfuss t. 154 f. 13. Pholadomya designata
Geinitz, Quad p. 148.
Als Seltenheit in dem sandigen Mergel der Mittelberge, und
im oberen Quadersandstein bei Waldau.
58. Mactra Car teroni d'Orb.
d'Orbigny, Cret. III. p. 367. t. 368, f. 6—9.
Sehr häufig in dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
59. A7iatina lanceolata Geijs.
Corbula lanceolata Geinitz, Kiesl. p. 12 t. 2, f. 3. Anatina lanceolata
Geinitz, Quad. p. 148.
Nicht selten im" Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
60. Magdala Germari Giebel.
Lyonsia Germari Giebel, Geinitz, Quad. p. 150. t. 10, f. 9 — 11.
Selten in dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau.
61. Teilina plana Roem.
Roemer p. 74. t. 9, f. 19. Geinitz, Quad. p. 150.
Die vorliegenden schlesischen Individuen stimmen genau mit
der Abbildung bei d'Orbigny (Paleont. III. t. 380, f. 6 — 8)
und unterscheiden sich von der Abbildung bei Reuss (II. t. 36,
f. 22) durch grössere Höhe und eine sanftere Abrundung der
Vorderseite.
Nicht selten in dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau
und dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
343
62. T ellin a royana d'Orb.
d'Orbigny, Cret. III. p 422. t. 380, t. 9—11.
Nicht selten im Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
63. Tellina costulata Goldf.
Goldfüss t. 147, f. 19. Geinitz, Quad. p. 150.
Häufig in dem thonigen Sandstein bei Neu -Warthau und
den entsprechenden Diluvial-Geschieben bei Hohlstein.
64. Ar copagia numi smalis d'Orb.
d'Orbigny, Cret. III. p. 415. t. 379, f. 1-5.
Ein typisches Individuum von 60 Mm. Durchmesser in dem
Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
65. Venus f aba Sow;
Sowerby t. 567, f. 3 und 4. Geinitz, Quad. p. 152.
Diese sehr verbreitete Species, welche durch alle Abthei-
lungen des Senon Systems in der Löwenberger Mulde hindurch-
geht, wechselt ausserordentlich in ihrer Form, indem sie alle
Uebergänge von einer fast kreisförmigen bis zu einer gestreckt
ovalen Gestalt aufweist, und bald eine kürzere bald eine längere
Vorderseite hat; jedoch ist sie constant in ihrer sehr flachen
Wölbung und dem sehr kleinen nur wenig über den Schlossrand
vorragenden stumpfen Wirbel. *
Häufig in dem thonigen Sandstein bei Neu - Warthau und
den entsprechenden Diluvial-Geschieben bei Hohlstein, in dem
oberen Quadersandstein bei Gähnsdorf und Kesselsdorf, und in
dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
66. Venus caperata Sow.
Sowerby t. 518, f. 1 4. Geinitz, Quad. p. 152.
Häufig in dem thonigen Sandstein bei Neu -Warthau und
den diesem entsprechenden Diluvial-Geschieben bei Hohlstein.
67. Venus ovalis Sow.
Sowerby t. 567, f. 1. Geinitz, Quad. p. 152.
Häufig in dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau ; zweifel-
haft in dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz und Wenig-
Rakwitz.
344
68. Venus G oldfus si Geik.
Geinitz, Quad. t. 10, f. 7 und 8. Venus nuciformis Müller, Petref.
der Aach. Kreidef. Suppl. p. 13. t 7, f. 14.
Zahlreiche Individuen in xlen verschiedensten Grössen aus
dem Sandstein von Kieslingswalde und dem thonigen Sandstein
bei Neu- Warthau zeigen, dass Venus Goldfussi Gein. nur ein
Jugendzustand von Venus nuciformis Müll. ist. Individuen
von 8 bis 9 Mm. Länge sind noch völlig gleichförmig und massig
gewölbt und glatt; von 10 Mm. Länge zeigen sie den ersten
Treppenabsatz gegen den Rand hin, von 15 Mm. Länge deren
zwei, so dass noch grössere Individuen, wie sie Müller be-
schreibt, deren drei und vier besitzen können. Mit jedem Trep
penabsatz nimmt auch deutlich die Wölbung an Höhe zu.
69. Cytherea plana Sow.
Venus plana Sowekbv t. 20, f. 2 und 3. Geinitz, Quad. p. 152. Cy-
therea plana Goldfuss t. 148, f. 4.
Die Art geht durch alle drei Abtheilungen des Senon-Systems
in der Löwenberger Kreidemulde hindurch. Im oberen Quader-
sandstein ist das Cythereen-Schloss häufig gut erhalten. Sie tritt
auf in dem thonigen Sandstein bei Neu -Warthau, im oberen
Quadersandstein bei Kesselsdorf und Giersdorf und im Ueber-
Quadersandstein bei Sirgwitz.
70. Cy therea sub decus s ata Roem.
Venus lata Roemer p. 72. t. 9, f. 10. Geinitz. Quad. p. 152. Venus
subdecussata Geinitz, Quad. p. 152.
Diese Art ist auf die untersten beiden Stufen des Senon-
Systems beschränkt. Das Cythereen-Schloss fast stets vortrefflich
erhalten im Ober-Quadersandstein. Jedoch entsprechen alle In-
dividuen in der Gestalt nur der Venus lata Roem. insofern, als
ihre Vorderseite weit mehr hervortritt als bei Cytherea subde-
cussata Roem. Roemer führt sie an aus dem Quadersandstein
von Pilgramsdorf; ich fand sie nur im oberen Quadersandstein
bei Giersdorf und Kesselsdorf.
71. Cytherea elong ata Reuss.
Venus elongata Reuss II. p. 20. t. 41, f. 9. Geinitz, Quad. p. 152.
Cytherea elongata Giebel, Deutschi. Petr. p. 4 1 3.
Nicht selten in dem thonigen Sandsteine bei Neu-Warthau.
Sie entspricht nur der Beschreibung, aber nicht der Abbildung
345
von Reuss, welche von einem verzerrten Individuum herzurüh-
ren scheint. Der Schlossrand ist nämlich an der hinteren Seite
nur sehr schwach gebogen und fast geradlinig wie bei Cytherea
decussata.
Hierher gehört wahrscheinlich auch eine Cytherea mit wohl
erhaltenem Schloss aus dem oberen Quadersandstein bei Giers-
dorf und Kesselsdorf, welche ein wenig höher gewölbt ist als
die typischen Individuen von Neu- Warthau, obwohl. nicht so hoch
als Cytherea decussata, deren Schloss auch der Mitte mehr ge-
nähert ist. Wie bei Venus faba, Cytherea plana u. a. sind
auch hier in Folge des groben Versteinerungsmaterials die zarten
Anwachsstreifen der Oberfläche nicht erhalten.
72. Cyrena cretacea Dr. Taf. IX. Fig. 13.
Abgerundet dreiseitig, nach hinten bald mehr, bald weniger
schief verlängert, so dass der Wirbel vor der Mitte liegt. Länge
sehr wechselnd im Vergleich zur Höhe; im Maximum 28 Mm.
lang bei 20 Mm. Höhe. Schale dünn, nur mässig gewölbt, an
den Wirbeln ein wenig eingedrückt. Die sanft gerundete vor-
dere Seite mit einer kleinen herzförmig vertieften Lunula. An
der nach hinten sich allmälig stark verschmälernden Hinterseite
läuft von den Wirbeln aus eine stumpfe Kante schräg nach hin-
ten abwärts dem unteren Rande zu, hinter welcher die Schale
steil nach dem hinteren Rande abfällt. Oberfläche vorn und auf
dem Rücken mit regelmässigen scharfen und schmalen concentri-
schen Rippen bedeckt, welche durch eben so schmale Zwischen-
räume von einander geschieden werden; an der Hinterseite glatt
und nur mit unregelmässigen starken Anwachsstreifen versehen.
Unter den fast spitzen und kleinen Wirbeln , welche nur wenig
über den Schlossrand hervorragen, zwei kleine Zähne, ausserdem
noch zu beiden Seiten je ein leistenförmiger Seitenzahn. Innere
Schalseite glatt, Rand scharf und ganz.
In allen sowohl den thonigen als den sandigen Schichten
und den Thoneisensteinen des Ueber-Quaders mit Ausnahme der
glasigen Sandsteine, meist in Gesellschaft von Cardium Ottoi und
stellenweise von ausnehmender Häufigkeit.
73. Cyrena? sp. indet.
Im Ueber - Quadersandstein bei Sirgwitz findet sich nicht
selten eine zweite, in Form und Grösse der vorigen sehr ähn-
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 2. 23
346
liehe, wahrscheinlich zu Cyrena gehörende Form, welche sich
durch glatte, nur mit zarten Anwachsstreifen versehene Oberfläche
auszeichnet. Unter den Wirbeln stehen drei schwache Zähne,
jederseits ein langer leistenförmiger Seitenzahn.
74. Protocardia hillana Sow.
Cardium hillanum Sowerby t. 14, f. 1. Protocardia hillana Geinitz,
Quad. p. 154.
Nicht selten im oberen Quadersandstein bei Kesselsdorf.
Hierher gehören auch wahrscheinlich glatte Cardien- Stein-
kerne, bald stark, bald nur massig gewölbt, mit scharfem vorde-
ren, aber gekerbten hinteren Rande und deutlich eingedrückter
Hinterseite aus dem oberen Quadersandstein bei Giersdorf und
dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
75. Car dium lineo latum Reuss.
Reuss II. p. i. t. 35, f. 17. Geinitz, Quad. p. 154.
Ein Individuum von 22 Mm. Länge fand sich in dem Ueber-
Quadersandstein bei Sirgwitz.
76. €a?^ dium productum Sow.
Sowerby 1831. d'Orbigny, Cret. III, p. 31. t. 247. Geinitz, Quad. p. 154.
Häufig ausschliesslich in dem Ueber-Quadersandstein bei
Sirgwitz. Jüngere Individuen unterscheiden sich von ausge-
wachsenen durch die grössere Länge im Verhältniss zur Höhe,
wodurch der Wirbel vor die Mitte zu stehen kommt.
77. Cardium tubuliferum Goldf. Taf IX. Fig. 14.
Goldfuss t. 144, f. 7. Geinitz, Quad. p. 154.
Fast kreisrund, nur wenig schief nach hinten verlängert.
Höhe sehr schwankend, bis zu 70 Mm. Fast ebenso lang wie
hoch. Wirbel in der Mitte, etwas nach vorn gebogen, über den
Schlossrand weit vorragend. 70 bis 75 schmale feine Radial-
rippen, mit nach dem Rande zu sich erweiternden, um das Vier-
fache breiteren Zwischenräumen. In denselben liegen regelmässig
gestellte, tiefe, stets mit Gesteinsmasse erfüllte Poren, die nach
dem Rande hin an Grösse zu- und allmälig einen abgerundet
seitigen Umriss annehmen. Auf den Querleisten zwischen diesen
Poren entspringt stets dicht neben der vorherstehenden Rippe je
ein feiner Stachel, nach unten an Länge und Stärke zunehmend,
nicht hohl wie Goldfuss beschreibt. Die in Reihen geordneten
Tuberkeln der Steinkerne sind Ueberbleibsel der von der Ge-
347
Steinsmasse gebildeten Ausfüllungen der Poren, welche übrigens
stets nur die äussere Schalschicht durchsetzen. Die Schale er-
reicht zuweilen die ansehnliche Dicke von 5 Mm. Der Rand der
sonst glatten Innenfläche gekerbt. Es finden sich alle Ueber-
gänge von einer sehr stark zu einer nur mässig gewölbten Form.
Besonders bei jnngen Individuen stets eine sehr starke Wölbung.
Aus dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau und den ent-
sprechenden Diluvial - Geschieben bei Hohlstein , aus dem oberen
Quadersandstein bei Giersdorf und dem Ueber-Quadersandstein
bei Wenig-Rakwitz.
78. Cardium Ottoi Geik. Taf. IX. Fig. 15.
Card'mm Ottonis Geinitz, Kiesl. p. 14. t. I, f. 31 u. 32; Quad. p. 154.
d'Orbigny, Prodr. Et. 21. No. 123.
Schief oval, ungleichseitig ; mit kleinem, vor der Mitte lie-
genden, fast spitzen, über den Schlossrand nur schwach hervor-
ragenden Wirbel; mässig gewölbt, hinten steiler abfallend als
vorn. Mit dem Alter nimmt die Wölbung an Stärke ab , die
grössten werden 33 Mm., die meisten sind nur 10 bis 15 Mm.
hoch. 25 bis 26 breite, flach gewölbte Radialrippen werden auf
dem Rücken allmälig kantig, die hinteren selbst dachförmig.
Feine concentrische Anwachsstreifen mit gleichgrossen Zwischen-
räumen geben den Rippen ein schuppiges Ansehen. Die An-
wachsstreifen sind bei den Individuen von Kieslingswalde durch-
gängig etwas feiner als bei denen des nordschlesischen Ueber-
Quaders. Der Rand ist den Radialrippen entsprechend gekerbt.
Mit Cyrena cretacea zusammen ungemein häufig in allen
Thonen und Sandsteinen des Ueber - Quaders mit Ausnahme der
glasigen Sandsteine. Die grössten Individuen finden sich in den
Thoneisensteinknollen des Ueber-Quaders am Nordrande des Harzes.
79. Isocardia cretacea Goldf.
Goldfüss t. 141, f. 1. Geinitz, Quad. p. 154.
Von sehr wechselnder Form und Wölbung nicht selten in
dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau und den entsprechen-
den Diluvial- Geschieben bei Hohlstein, endlich in dem Ueber-
Quadersandstein bei Sirgwitz.
80. Astarte acuta Reuss.
Recss II. p. 3. t. 33, f. 17 ; t. 37, f. 14. Geinitz, Quad. p. 156.
Nicht selten in dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau.
23*
348
81. Crassatella arcacea Roem.
Roemer p. 74. t. P, f. 24. Geinitz, Quad. p. 156. d'Orbigny, Prodr.
Et. 22. No. 573. Crassatella regularis d'Orb. Cret. III. p. 80.
t. 266, f. 4-7.
Gestalt bald mehr, bald weniger verlängert. Der Rand der
ausnehmend dicken Schale bei ausgewachsenen Individuen gleich-
massig fein gekerbt, scharf und ungekerbt bei jüngeren Individuen.
Sehr häufig in dem thonigen Sandstein von Neu -Warthau
und den entsprechenden Diluvial-Geschieben bei Hohlstein, nicht
minder auch in dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
Hierher gehört wahrscheinlich auch der Steinkern einer
Crassatella aus dem oberen Quadersandstein bei Giersdorf, des-
sen zwei starke Schlosszähne, stumpf dreiseitiger Umriss, Wöl-
bung, fein und gleichmässig gekerbter Rand sehr an Crassatella
arcacea erinnern.
82. Lucina lenticularis Goldf.
Goldfüss t. 146, f. 16. Geinitz, Quad. p. 158.
In allen Grössen bis zu 60 Mm. Durchmesser, sehr häufig
in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau, den Diluvial-Ge-
schieben von gleichem Alter bei Hohlstein, dem oberen Quader-
sandstein bei Giersdorf, Gähnsdorf und Kesselsdorf und in dem
Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
83. Lucina Cornueliana d'Orb.?
d'Orbigny, Cret. III. p. 116. t. 281, f. 3-5.
Eine in Gestalt, Wölbung und Berippung der Lucina Cor-
nueliana d'Orb. gleichende Form, deren innere Charaktere aber
bis jetzt noch nicht beobachtbar waren, ist häufig in dem oberen
Quadersandstein bei Giersdorf.
84. Lucina campaniensis d'Orb.
d'Orbigny, Cret. III. p. 122. t. 283, f. 11 u. 12.
Aus dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
85. Trigonia aliformis Park.
Parkinson, Org. Rem. III. t. 12, f. 9. Geinitz, Quad. p. 158.
Durch alle drei Abtheilungen des Senon-Systems hindurch-
gehend. Sehr häufig in dem thonigen Sandstein bei Neu-War-
thau, in den entsprechenden Diluvial-Geschieben bei Hohlstein,
349 *
in dem oberen Quadersandstein bei Giersdorf, Gähnsdorf und
Jf Kesselsdorf und in dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
86. Pectunculus ventruosus Gein.
et | Geinitz, Char. p. 77. t. 20, f. 20 u. 42; Quad. p. 162.
k • Mit 25 bis 30 flachen radialen Rippen. Häufig verzerrt
d. und schief nach hinten verlängert. Sehr gemein in dem thonigen
id i Sandstein bei Warthau und Ludwigsdorf, in den entsprechenden
il i Diluvial-Geschieben bei Hohlstein und in dem oberen Quader-
sandstein bei Kesselsdorf.
J, 87. Pectunculus Lens Nils.
Nilsson 1827. t. 5, f. 4. Geinitz, Quad. p. 162.
In typischer Form aus dem oberen Quadersandstein bei
I Giersdorf.
88. Area cf. Raulini d'Orb.
d'Orbigny, Cret. III. p. 204. t. 310, f. 1 u. 2.
Eine Form von unbekanntem Schloss mit Ausnahme der
feinen und sparsamen Radialstreifen mit Area Raulini d'Orb.
übereinstimmend, fand sich in dem thonigen Sandstein bei Neu-
Warthau.
Zu derselben Art dürfte auch ein glatter Steinkern aus dem
Thoneisenstein des Ueber-Quaders bei Ottendorf gehören, der bei
gleicher Gestalt eine etwas stumpfere Kante an der hinteren
Seite hat mit deutlich erhaltenem Arca«-Schloss.
89. Cucullaea glabra Sow.
Sowerby t. 67. Area glabra Geinitz, Quad. p. 162.
Diese sehr verbreitete Art tritt in den nordschlesischen Kreide-
schichten in den mannigfachsten Variationen der Form sowohl als
der Grösse und Wölbung auf. Der Wirbel ist bei manchen Indi-
viduen fast mittelständig (C. glabra), bei andern weit nach vorn
gerückt, wobei zugleich die Gestalt nach hinten verlängert und
schief rhomboidal erscheint (Area Ligeriensis).
Aus dem sandigen Mergel der Mittelberge, aus dem thoni-
gen Sandstein bei Neu-Warthau und unter den Diluvial-Geschie-
ben bei Hohlstein, aus dem oberen Quadersandstein bei Giers-
| dorf und dem Ueber Quadersandstein bei Sirgwitz,
350
90, Cucullaea propinqua Reuss.
Reuss, Geogn. Sk. II. p. 194; Verst. der Böhm. Kr. II. p. 12. t. 34, f 34.
Area propinqua Geinitz, Quad. p. 164.
An einem Individuum aus dem Ueber-Quadersandstein bei
Sirgwitz ist die Analfläche etwas steiler und kürzer als sie Reuss
darstellt. Zwei andere, das eine ebendaher, das andere aus dem
Thoneisenstein bei Ottendorf, sind völlig typisch.
91. Pinna diluviana Schloth.
Pinnites diluvianus Schlotheim 1820, Petref. p. 303. Pinna diluviana
Geinitz, Quad. p. 166.
Diese Art fand ich nur in den Ablagerungen des Senon-
Systems in folgenden Varietäten :
1) hochgewölbt mit sieben bis acht feinen Radialrippen auf
der hinteren und drei oder vier auf der vorderen Seite. Zahl-
reich in dem Quadersandstein des Hockenberges. — Ein Indi-
viduum aus dem oberen Quadersandstein von Ullersdorf bei Naum-
burg unterscheidet sich bei gleicher Berippung durch flache
Wölbung. m
2) In der Mitte kantig und so hoch gewölbt, dass der
Durchschnitt fast rhombisch wird. Auf der vorderen Seite neun
oder zehn, auf der hinteren nur drei Radialrippen. Nicht selten
in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau.
Bruchstücke einer Finna mit feinen Längsrippen und feiner
concentrischer Streifung fand ich auch nicht selten in dem Ueber-
Quadersandstein bei Sirgwitz.
92. Myoconcha gracilis Dk. Taf. IX. Fig. 16.
Länglich oval, sehr flach gewölbt, mit kleinem zusammen-
gedrückten Wirbel. Höhe 15 Mm. bei 7 Mm. Länge. Schloss-
rand gerade, von zwei Drittel der ganzen Schalenlänge durch
eine Furche umsäumt und deshalb leistenartig hervorstehend.
Die Furche ist gegen den Rücken hin durch eine niedrige aber
scharfe Kante begrenzt, welche bewirkt, dass der hintere Rand
mit dem unteren einen stumpfen Winkel bildet. Von der Kante
aus ziehen nach vorn feine, regelmässige, concentrische Streifen,
welche durch zwölf feine Radialrippen unterbrochen werden. Die
Abstände der Radialrippen nehmen nach vorn allmälig an Grösse
ab. Die Art hat grosse Aehnlichkeit mit Myoconcha striatula
(Mytüus striatulusjMüNS i, aus dem Unter-Oolith von Thurnau,
351
Goldfuss t. 131, f. 1, und unterscheidet sich von dieser nur
durch ihre grössere Schmalheit und dadurch, dass bei ihr die Ra-
dialrippen über die ganze Oberfläche hinweglaufen.
Findet sich als Seltenheit in dem thonigen Sandstein bei
Neu- Warthau.
93. Mytilus Gallienei d'Orb.
d'Orbigny, Cret. III. p. 273. t. 339, f. 1 u. 2. Geinitz, Quad. p 166.
Nicht selten in dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
94. Mytilus cf. lanc eolatus Sow.
Sowerby t. 439, f. 2.
Die dem Mytilus lanceolatus Sow. ähnliche Art unter-
scheidet sich darin, dass sie weniger spitz am Wirbel ist und
an der senkrecht abgestutzten, vom Rücken durch eine falt scharfe
Kante getrennten Vorderseite einige feine Radialstreifen besitzt.
Aus dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
95. Modiola siliqua Math.
Matheron 1842, d'Orbigny, Cret. III. p. 274. t. 339, f. 3 und 4. My-
tilus siliqua Geinitz, Quad. p. 168. t. 10, f. 14.
In dem sandigen Mergel der Mittelberge und im Ueber-
Quadersandstein bei Sirgwitz.
96. Modiola radiata Mükst. Goldf.
Mytilus radiatus Goldfuss t. 138, f. 6. Geinitz, Quad. p. 166.
In Individuen von 10 bis 12 Mm. Höhe nicht selten in
dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau.
97. Modiola semiornata d'Orb.
Mytilus semiornatus d'Orbigny, Cret. III. p 279. t. 341, f. 9 u. 10.
Diese zierliche Art, welche zugleich auffallend an Mytilus
plicatus Sow., M. C. t. 248 aus dem weissen Jura erinnert,
ist nicht selten in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau.
98. Avicula pectinif ormis Gein.
Geinitz, Char. p. 79. t. 20, f. 37. Quad. p. 170.
Die rechte Klappe ist stets flacher gewölbt als die linke,
aber nicht bei allen in gleichem Verhältniss. Bei den Individuen
aus dem Ueber-Quader ist die linke Klappe nur massig, bei de-
nen aus dem Sandstein des Hockenberges dagegen hoch gewölbt.
352
In den Ablagerungen von senonem Alter finden sich alle von
Reuss beschriebenen und abgebildeten Varietäten.
Aus dem Sandstein des Hockenberges und dem oberen Qua-
dersandstein bei Giersdorf, besonders häufig aber in den Thonen
und Sandsteinen des Ueber - Quaders bei Wenig - Rakwitz und
Sirgwitz.
99. Avicula triloba Roem.
Roemer p. 64. t. 8, f. 13. Geinitz, Quad. p. 170.
Nicht selten in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau.
100. Perna cretacea Reuss.
Reuss 1844, Geogn. Sk. II. p. 185; Verst. II. p. '24. t. 32, f. 18- 20,
t. 33, f. 1. Geinitz, Quad. p. 172.
Häufig in typischer Form und stets mit regelmässigen und
deutlich ausgebildeten Ligamentfurchen, in den Geschieben vom
Alter der Schichten von Neu- Warthau bei Hohlstein.
101. Perna lanceolata Gein.
Geinitz, Char. p. 80. t. 21, f. 18; Quad. p. 172. d'Orbigny, Prodr.
Et. 20. No. 467.
Die Schalenaxe bildet mit dem Schlossrand einen Winkel
von 40 bis 45 Grad. Der grosse Muskeleindruck liegt nicht,
wie Reuss hervorhebt, am Rande, sondern genau in der Mitte.
In Schlesien nur aus Ablagerungen von senonem Alter, so
aus dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz und dem oberen
Quadersandstein bei Giersdorf. Zweifelhaft ist ein Stück aus
dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau.
102. Inoceramus Cuvieri Sow.
Sowerby t. 441, f. 1. Geinitz, Quad. p. 176.
Im unteren cenoraanen Quadersandstein der Neuländer Harte.
103. Inoceramus B ro?igniarti Sow.
Sowerby, M. C. t. 441, f. 2—4. Geinitz, Quad. p. 172.
Ueberall in den sandigen Mergeln von turonem Alter in
der Gegend von Löwenberg als eine der häufigsten Formen und
in typischer Gestalt; so auf den Mittelbergen, auf dem Popelberg,
dem Hospitalberge, Steinberge, Braunauer Berg, Lettenberg u.s.w. ;
ferner ebenfalls in typischer Gestalt in den_ Sandsteinen vom Alter
der Schichten von Neu- Warthau auf dem Hockenberge, dem Po-
353
pelberge und den Mittelbergen, endlich noch in den Diluvial-
Geschieben von demselben Alter bei Hohlstein und dem oberen
Quadersandstein bei Herzogswalde und Hochkirch.
104. Inocer amus latus Mant.
Mantell 1822, p. 216. t. 27, f. 10. Geinitz, Quad. p. 176.
In dem thonigen Sandstein von Neu- Warthau, in den Dilu-
vial-Geschieben gleichen Alters bei Ludwigsdorf und dem san-
digen Mergel der Mittelberge und des Popelberges.
105. Inocer amus mytiloides Mant.?
Mantell 1822. p. 215. t. 28, f. 2; t. 27, f. 3. Geinitz, Quad. p. 176.
Ein Inoceramus von 25 bis 30 Mm. Länge, sehr flach ge-
wölbt, von gestreckt ovalem Umriss und mit zahlreichen concen-
trischen Falten von gleicher Grösse, dessen Wirbel aber nicht
völlig erhalten ist, aus dem Mergelschiefer des Vorwerksbusches
dürfte wahrscheinlich dieser Species angehören, vielleicht auch
einige verdrückte Inoceramen aus den Mergelschiefern am Nord-
abhange des Hirseberges und bei Neuwiese.
106. Pecten sp. indet.
Ein glatter flach gewölbter Steinkern ähnlich Pecten Cottal-
dinus d'Orb. und Pecten laevis Nu s. aus dem Ueber-Quader-
sandstein bei Sirgwitz.
107. Pecten orbicularis Nils.
Nilsson 1827, Petref. p. 23. t. 10, f. 12. Pecten Nilssuni Goldf. Gei-
nitz, Quad. p. 178.
Häufig mit erhaltener Schale in dem plastischen Thonmergel
am Vorwerksbusch bei Löwenberg.
108. Pecten virgatus Nils,
Nilsson 1827, p. 22. t. 9, f. 15. Pecten curvatus und virgatus Geinitz,
Quad. p. 180.
Sehr häufig in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau
und den entsprechenden Diluvial-Geschieben bei Hohlstein.
109. Pecten serratus Nils.
Nilsson 1827, t. 9, f. 9. Geinitz, Quad. p. 182.
Nicht selten in dem cenomanen Quadersandstein bei Nieder-
Moys und Taschenhof.
354
110. Pecten asper Lam.
Sowerby t. 370, f. 1 u. 2. Geinitz, Quad. p. 184.
Sehr häufig in dem cenomanen Quadersandstein bei Nieder-
Moys, Taschenhof, des Steinfjerges, des Hirseberges, der Neu-
länder Harte u. s. w.
111. Pecten decemco Status Goldf.
üoldfcss t. 92, f. 2. Pecten sqvamifer Geinitz, Quad. p. 184.
Mit neun glatten, radialen Rippen, die sich nach unten flach
ausbreiten und gleich grosse glatte Furchen zwischen sich haben.
Ueber die ganze Oberfläche laufen feine Anwachsstreifen.
Aus dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau.
112. Pecten aequico Status Lam.
Goldfuss t. 92, f. 6. Geinitz, Quad. p. 186.
Häufig in dem cenomanen Quadersandstein bei Nieder-Moys.
113. Pecten quinquecostatus Sow.
Sowerby t. 56, f. 4 — 8. Geinitz, Quad. p. 186.
Aus dem untern cenomanen Quadersandstein des Steinbru-
ches am Schiesshause bei Löwenberg, dem sandigen Mergel der
Mittelberge, so wie aus dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau.
114. Pecten' quadrico status Sow.
Sowerby t. 56, f. 1, 2. Geinitz, Quad. p. 186.
In den verschiedenartigsten Varietäten in Bezug auf die
Grösse der Zwischenrippen häufig in dem thonigen Sandstein bei
Neu-Warthau.
115. Pecten Ufr es Ter i Dr. Taf. IX. Fig. 17.
Eine Janira von abgerundet dreiseitigem Umriss, stets höher
als lang, selbst in ausgewachsenem Zustande nicht höher als
15 Mm. bei 12 Mm. Länge. Die rechte Klappe stark gewölbt,
mit spitzem, stark zusammengedrückten, weit über den Schloss-
rand vorragenden Wirbel. Sechs starke, dachförmig steil empor-
ragende Hauptrippen mit je drei schwächeren Zwischenrippen.
Diese Zwischenrippen zeigen in den verschiedenen Feldern die
grösste Verschiedenheit. In den drei mittleren Feldern ist die
eine der Zwischenrippen nur schwach und stets dicht an die Ab-
dachung der angrenzenden Hauptrippe gedrängt, ohne Regel bald
auf der einen bald auf der anderen Seite gelegen; die mittelste
355
ist stets die am stärksten entwickelte. Auf den viel breiteren
vier Seiten feldern stehen die drei Zwischenrippen in grösseren
und gleichen Zwischenräumen, und sind stets die zwei seitlichen
Rippen von gleicher Grösse , während die mittlere auch hier
stärker ist. Ohren verhältnissmässig klein, an der Innenfläche
mit zahlreichen feinen Radialfurchen bedeckt. Innere Schalen-
fläche mit zahlreichen feinen Radialfurchen, welche den Radial-
rippen auf der Oberfläche entsprechen. Die linke Klappe ist
völlig flach, theilt aber sonst alle Eigenschaften der gewölbten
Klappe. Zwischen dem Rand- und der Schalenmitte läuft über
die Oberfläche beider Klappen ein starker Anwachsstreifen.
Diese Art unterscheidet sich von jungen Individuen des
nahe verwandten Pecten quadricostatus durch die schmälere
Gestalt, die stärker gewölbte rechte Klappe, die weit stärker
hervortretenden sechs Hauptrippen, die anders geordneten Zwi-
schenrippen, und durch kleinere Ohren. Sie findet sich sehr
häufig in Individuen von 3 bis 15 Mm. Höhe in den plastischen
Mergeln am Vorwerksbusche bei Löwen berg. Wahrscheinlich
gehört dazu auch eine Form von 25 Mm. Höhe bei 21 Mm.
Länge aus dem thonigen Sandstein bei Neu-Warthau, welche sich
nur durch etwas weniger starke Wölbung und ausserdem dadurch
unterscheidet, dass auf der inneren Schalseite je zwei feine Ra-
dialfurchen dicht neben einander je einer Radialrippe der Ober-
fläche entsprechen.
116. Lima plana Roem.
Roemer 1836, Ool. p.80. t. 13, f. 18; Kr. p. 59. Geinitz, Quad. p. 192.
Die punktirten Radialfurchen reichen nicht, wie Roemer von
den westphälischen Individuen beschreibt, bis zum Schalenrande,
sondern die Schale ist in der Nähe des Randes wieder völlig glatt.
Nicht selten in dem Ueber-Quadersandstein bei Sirgwitz.
117. Lima Hoperi Mant.
Plagiostoma Hoperi Mantell 1822, p. 204. t. 26, f. 2, 13, 15. Lima
Hoperi Geinitz, Quad. p. 192.
In Individuen von typischer Form und 90 bis 100 Mm.
Höhe nicht selten im cenomanen Quadersandstein bei Nieder-Moys
und im Lähner Becken bei Schmottseifen.
118. Lima asper a Mant.
Mantell 1822, p. 129, t. 26, f. 18. Geinitz, Quad. p. 192.
Aus dem sandigen Mergel der Mittelberge.
356
119. Lima gr anulat a Nils.
Plagiostoma granulata Nilsson 1827, t. 9, f. 4. Lima granulata Gei-
nitz, Quad. p. 190.
In kleinen Individuen von 10 bis 14 Mm. Höhe nicht sel-
ten in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau.
120. Lima canalifera Goldf.
Goldfcss t. 104, f. 1. Geinitz, Quad. p. 190.
Diese in Form und Zahl ihrer radialen Rippen ausserordent-
lich veränderliche Art tritt in der Löwenberger und Lähner Mulde
nicht tiefer als in den Turon-Bildungen, und nicht höher als in
den Schichten von Neu -Warthau auf. Die Individuen aus dem
thonigen Sandstein von Neu- Warthau zählen 22 bis 24 Rippen,
und erreichen dabei nur eine Höhe und Länge von höchstens
30 Mm., während die Individuen aus dem sandigen Mergel der
Mittelberge und des Popelberges häufig eine Länge von 65 Mm.
und nahe 45 bis 50 Mm. Höhe besitzen, stets mit 23 bis 24
Rippen versehen und dabei zugleich am meisten in der Längs-
richtung ausgedehnt sind; die Individuen aus dem Sandstein der
Rabendocken zeigen nur 18 Rippen bei 60 bis 65 Mm. Länge
und Höhe und gleichen demnach in der Form den Individuen
von gleichem Alter von Neu- Warthau.
Stets in grosser Häufigkeit an den angeführten Punkten *).
121. Spo?idylus spinosus Sow.
Geinitz, Quad. p. 196. Plagiostoma spinosum Sowerby t. 78.
Mit erhaltener Schale aus dem sandigen Mergel der Mittel-
berge.
122. Plicatula Roemeri d'Orb.
d'Orbigny, Gret. III. p. 681. t. 462, f. 8—10. Geinitz, Quad. p. 196.
Nicht selten in den Thonen des Ueber-Quaders bei Wenig-
Rakwitz.
123. Ostrea semiplana Sow.
Sowerby t. 489, f. 1, 2. Geinitz, Quad. p. 198.
In dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau häufig in der
Grösse von 10 bis 15 Mm.; ebenso häufig mit erhaltener Schale
*) Die Individuen von Kieslingswalde zählen 22 bis 24 Rippen, die
von Kreibitz 21 bis 23, die vom Salzberge bei Quedlinburg 18 bis 20
357
in dem sandigen Mergel der Mittelberge von durchschnittlich
30 bis 40 Mm. Grösse.
124. Ostrea Larva Lam.
Lamarck, An. s. v. VI. p. 216. Geinitz, Quad. p. 198.
Nur in jungen 18 bis 22 Mm. langen Individuen von sehr
verschiedener Krümmung aus dem thonigen Sandstein von Neu-
Warthau.
125. Ostrea hippopo dium Nils.?
Nilsson 1827. t. 7, f. 1. Geinitz, Quad. p. 200.
Glatte Steinkerne von 100 bis 120 Mm. Höhe und 30 bis
40 Mm. Länge, von zusammengedrückter und verbogener Form,
sehr flach gewölbt, mit wohlerhaltenem Abdruck des Schlosses ;
die eine Klappe flacher gewölbt als die andere. Muskeleindruck
ungefähr in der Mitte der Schalenhöhe. Bei den längsten In-
dividuen verhält sich die Höhe zur Länge wie 2:1.
Häufig in dem oberen Quadersandstein bei Giersdorf*).
126. Exogyra columba Lam.
Gryphaea columba Lamarck 1819. — Sowerby t. 383, f. 1—4. Ostrea
columba Geinitz, Quad. p. 202.
Sehr häufig und in den verschiedensten Grössen von 25 bis
zu 110 Mm. im cenomanen Quadersandstein bei Nieder -Moys
und Taschenhof, nicht selten bei Alt - Warthau , am Steinberg,
Hirseberg und der Neuländer Harte.
127. Exogyra lateralis Nils.
Ostrea lateralis Nilsson 1827, t. 7. f. 7—10. Geinitz, Quad. p. 202.
Von typischer Form, mit einfachem oder seitlich eingeroll-
ten Wirbel mit oder ohne flügelartige Ausbreitung an der Vor-
derseite, mit concentrisch abblätternder Oberfläche. Häufig in
dem sandigen Mergel der Mittelberge, des Popelberges und in
dem thonigen Mergel nördlich von Hirseberge.
*) Aus dem plastischen Mergel am Vorwerksbusch befindet sich in
der Berliner Sammlung ein auf Ostrea diluviana deutbares Stück, dessen
Erhaltung eine sichere Bestimmung nicht gestattet.
358
128. Rhynchonella plicatilis Sow.
Terebratula plicatilis Sowerby t. 1 18, f. 1. Terebratula octoplicata
Sow. Gewitz, Quad. p. 108. Rhynchonella octoplicata d'Orbig.ny,
Prodr. Et. 22. No 948.
Nicht selten in dem sandigen Mergel der M ittelberge.
129. Rhynchonella Martini Bronn.
Bronn, Lethaea V. p. 218. t. 30, f. 7. Terebratula pisum Sow, Gei-
nitz, Quad. p. 210.
Aus dem sandigen Mergel der Mittelberge.
130. Rhynchonella sp. indet.
Eine neue eigentümliche Rhynchonella findet sich in dem
cenomanen Quadersandstein bei Nieder-Moys und Schmottseifen,
sehr häufig in der benachbarten Kreidemulde von Lähn, woher
sie Kunth näher beschreiben wird.
131. Biradiolit es cornu pastoris d'Orb.
Hippurites cornu pastoris Desmoulins, Essai sur les sph. p. 141 t. 10.
Biradiolites cornu pastoris d'Orbigny, Cret. IV. p. 231. t. 573.
Zwei Fragmente der grösseren Klappe, das eine 70, das
andere 110 Mm. lang bei 100 Mm. Durchmesser, rühren von
Individuen her^ die ergänzt eine Länge von 200 bis 250 Mm.
besitzen konnten, verbunden mit einer gestreckten Gestalt, etwa
wie Fig. 1 bei d'OrbigiN Y. Der Durchmesser der kreisrunden
inneren Höhlung beträgt bei dem besser erhaltenen Stück von
70 Mm. Länge oben 60 Mm., unten 50 Mm., die Abnahme
des äusseren Umfanges nach unten nur 5 Mm. Die beiden cha-
rakteristischen äusseren Längsbänder sind 30 Mm. von einander
entfernt, das eine 16 Mm., das andere 1 1 Mm. breit. Die Schale
mit ihrer eigentümlichen Struktur ist vortrefflich erhalten.
Beide Individuen wurden 1861 von Herrn Dresler in dem
sandigen Mergel des Hospitalberges gefunden.
132. Cyphosoma granulosum Goldf.?
Cidaris granulosa Golüfuss t. 40, f. 7. Geinitz. Quad. p. 220.
Nicht selten in dem sandigen Mergel der Mittelberge, jedoch
bisher nur in unvollkommener Erhaltung gefunden und nicht
sicher bestimmbar.
359
133. Nucleolites carinatus Goldf.
Goldfuss t. 43, f. 11. Geinitz, Quad. p. 224.
Steinkerne häufig in dem Quadersandstein des Hockenberges,
gewöhnlich von verzerrter, quer verlängerter Gestalt, so dass der
After statt hinten an der Seite zu liegen scheint.
134. Micraster coranguinum Lam.
Spatangus coranguinum Lamarck, An. s. vert. III. p. 32. Geinitz,
Quad. p. 224.
Sehr geraein in dem sandigen Mergel der Mittelberge und
des Popelberges.
135. Micraster lacuno sus Goldf.
Spatangus lacunosus Goldfuss t. 49, f. 3. Geinitz, Quad. p. 224.
Nicht selten in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau,
vielleicht auch in dem sandigen Mergel der Mittelberge und des
Popelberges. Die Stücke von letzteren Orten sind verzerrt, doch
erkennt man, dass der vertiefte Scheitel hinter der Mitte liegt,
dass der Rücken hinten stark gewölbt und gekielt ist, endlich
dass die Basis gewölbt und die hintere Abstumpfungsfläche ein-
| gedrückt ist.
136. Holaster suborbicularis Defr.
Spatangus suborbicularis Defhance 1821. Geinitz, Quad. p. 226.
Sehr gemein in dem sandigen Mergel der Mittelberge und
des Popelberges, nicht selten in dem Quadersandstein des Hocken-
berges.
Ein bei Hochkirch im oberen Quadersandstein vorkommender
Holaster unterscheidet sich dadurch, dass die Fühlergänge kaum
bemerkbar vertieft sind. Ein anderer Holaster, stark gewölbt
mit centralem Scheitel, vielleicht Holaster granulosus, findet sich
häufig in dem sandigen Mergel der Mittelberge und des Popel-
berges, wegen Verzerrung nicht sicher bestimmbar.
137. Asterias Schulzii Cotta.
Schulze, Betrachtung der versteinerten Seesterne 1760, t. 2, f. 6. Gei-
nitz, Quad. p. 228. t. 12, f. 5.
Mit fünf kurzen Strahlen, Unterseite vertieft. Zwischen zwei
Strahlen stehen 36 bis 38 Randtäfelchen bei einem Individuum
von 47 Mm. Radius. Bei den mittleren verhält sich die Länge
zur Breite wie 1:4. Im Quervertikalschnitt sind sie von stumpf-
360
dreiseitiger bis halbkreisförmiger Gestalt, oben gewölbt, unten
platt, nach innen steiler abfallend als nach aussen ; im Längsver-
tikalschnitt schmal und hoch, nach oben hochgewölbt, wodurch
zwischen den angrenzenden Täfelchen tiefe Einsenkungen und
an den Steinkernen dicke Scheidewände zwischen den den Täfel-
chen entsprechenden Gruben entstehen.
Aus dem mürben Quadersandstein der Rabendo'ken bei
Hermsdorf.
138. Asterias tuber culif er a Dr. Taf. VIII. Fig. 5.
Fünfeckig mit fünf kurzen Strahlern Die Scheibe mit zahl=
reichen, kleinen, polygonalen Täfelchen bedeckt, von denen die
im Centrum grösser sind als an den Rändern. Zwischen zwei
Strahlen stehen 28 Randtäfelchen bei einem Individuum von
46 Mm. Radius, 32 bei einem andern von 49 Mm. Radius. Im
Quervertikalschnitt sind die Täfelchen von abgestumpft drei- oder
vierseitiger Form, nach aussen gewölbt, nach innen durch eine
horizontale scharfe Kante begrenzt und unter einem Winkel von
90 Grad abgestutzt; im Längsvertikalschnitt nach oben schwach
gewölbt, daher die Einsenkungen zwischen den angrenzenden
Täfelchen weniger tief und breit als bei Asterias Schuhii; über
den Scheitel entlang, mit 8 bis 9, etwa j Mm. grossen, meist
in zwei unregelmässigen Reihen geordneten Körnchen besetzt.
Bei den mittleren Randtäfelchen, verhält sich die Länge zur Breite
wie 1:2; gegen die Strahlenenden hin verändert sich die Form,
so dass die letzten Randtäfelchen gerade doppelt so lang als
breit sind.
Aus dem Quadersandstein des Hockenberges.
139. M icrab acta coronula d'Orb.
d'Orbigny, Prodr. Et. 20. No. b95. Fungia coronula Goldf. Geinitz,
Quad. p. 230.
Aus dem sandigen Mergel der Mittelberge.
140. Heter op ora dichotoma Goldf.
Ceriopora dichotoma Goldfüss t. 10, f. 9 a — f. Geinitz, Quad. p. 242.
Sehr häufig und bisweilen wohl erhalten in dem thonigen
Sandstein bei Neu -Warthau und den entsprechenden Diluvial-
Geschieben bei Hohlstein.
361
141. Eschara dichotoma Goldf.
Goldflss t. 8. f. 15. Geimtz, Quad. p. 248.
Schmale, gabelig-ästige, flachgedrückte Stämmchen mit Zellen
von fast kreisförmigem Durchschnitt in alternirenden Reihen. Die
Mündungen nicht erhalten.
Nicht selten in dem thonigen Sandstein bei Neu- Warthau.
142. Scyphia radiata Mant.
Ventriculites radiatus Mantell 1822, G. S. t. 10 — 14. Scyphia ra-
diata Geimtz, Quad. p. 258.
Aus dem sandigen Mergel der Mittelberge.
143. Scyphia heter omorpha Reuss.
Reuss H. p. 74. t. 18, f. 1-4. Geinitz, Quad. p. 258.
Unregelmässig knollige verästelte Individuen mit der von
Reuss beschriebenen eigenthümlichen Beschaffenheit des Innern
und der Oberfläche finden sich häufig in dem sandigen Mergel
der Mittelberge. Die innere Höhlung von oval- zusammenge-
drückter oder ganz unregelmässiger Form entweder mit der um-
gebenden kalkigen Gesteinsmasse oder mit Feuerstein ausgefüllt.
Der Querschnitt der bald dünneren bald dickeren Wandungen
zeigt ein nur mit bewaffnetem Auge deutlich erkennbares Ge-
webe von äusserst kleinen, vier- oder dreieckigen Maschen, wel-
che von sehr zarten runden Kalkstäbchen gebildet werden, deren
Zwischenräume ich ebenfalls mit Kalkspath ausgefüllt fand. Merk-
würdig ist an dieser Schwammform die regelmässig zu beobach-
tende Erhaltung von ganzen Massen äusserst zarter weisser
Kieselnadeln sowohl in der innern Höhlung als auch in der un-
mittelbaren Umgebung des Schwammkörpers. Sie liegen unregel-
mässig durch einander in der Gesteinsmasse und vermindern sich
mit zunehmender Entfernung von den Wänden des Schwammes.
Zum Theil erreichen sie eine Länge von 2 Mm., sind aber meist
nur mit bewaffnetem Auge zu erkennen.
144. Manon megastoma Roem.
Roemer t. 1, f. 9. Geinitz, Quad. p. 262. Manon monostoma Roe-
mer t. 1, f. 8. Geinitz, Quad. p. 262.
Sowohl kreisrunde Individuen mit nur einer grossen kreis-
runden Oeffnung (Manon monostoma) als auch länglich scheiben-
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 2. 24
362
förmige mit drei bis vier solchen Oeffnungen finden sich häufig
in den Mergelschiefern nördlich vom Hirseberge, seltener bei
Neuwiese.
Die folgende tabellarische Zusammenstellung hat zum Zweck,
die Verbreitung der im Vorgehenden genauer aufgeführten For-
men in den verschiedenen Formationsgliedern der Löwenberger
Kreidemulde übersichtlich zur Anschauung zu bringen. Man
ersieht aus derselben, dass nur eine einzige Form, Dentalium
glabrum, von den tiefsten bis zu den höchsten Schichten herauf-
reicht. Vom Cenoman bis in die erste Stufe des Senon-Systems
reicht mit Sicherheit nur Pecten quinquecostatus. Ueberhaupt
findet sich in der Löwenberger Mulde keine Janira höher als in
den Schichten von Neu-Warthau, und selbst in diesen nur noch
durch verkümmerte Arten von höchstens 25 bis 28 Mm., meist
nur von 10 bis 15 Mm. Länge vertreten. Vom Turon- System
durch alle nächst höheren Schichten hindurch gehen: Lucina
lenticularis und Cucullaea glabra. Dem Turon- und Senon-
System gemeinsam gehören an: Natica canaliculata , Natica
vulgaris?, Goniomya designata, Modiola siliqzia, Inoceramus
Brongniarti, Inoceramus latus, Pecten Dresleri? Lima canali-
fera, Osirea semiplana, Holaster sub orbikularis und Micraster
lacunosus? Auffallend ist das gänzliche Fehlen von Brachio-
poden und Schwämmen in allen Abtheilungen des Senon-Systems.
Ceno-
Turon-
Senon-Syst
em
man-
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Systematisches Verzeichniss
System
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aller Versteinerungen in der Kreidemulde
von Löwenberg
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Sandstein
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2. Osmeroides Lewesiensis Mant. (Schuppen)
t
3. Aulolepis Reussii Gein. (Schuppen und
Skelettheile)
+
t
5. Macropoma Mantelli Ag. (Koprolithen) .
t
6. Pycnodus scrobicularis Rrauss (Zähne) .
t
7. Corax heterodon Rruss (Zähne) . . . .
f
8. Otodus appendiculatus Ag. (Zähne) • .
t
363
Systematisches Verzeichniss
aller Versteinerungen in der Kreidemulde
von Löwenberg
Ceno-
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Turon-
System
Senon-System
1^
9. Oxyrhina Mantelli Ag. (Zähne) . . .
10. Oxyrhina angustidens Reuss (Zähne)
11. Lamna raphiodon Ag. (Zähne) . . •
12. Mesostylus Faujasi Bronn
13. Krebs (Unter-Ordnung Macrura) sp.ind
14. Krebs (Unter-Ordnung Macrura) sp ind.
15. Pollicipes angustatus Gein. ? . . . .
16. Serpula gordialis Schloth
17. Serpula filiformis Sow
18. Serpula sp. ind
19. Nautilus elegans Sow. .......
20. Ammonites Orbignyanus Gein. . . .
'21. Ammonites subtricarinatus d'Orb. . .
22. Ammonites Rotomagensis Brongn. . .
23. Scaphites inßatus Roem
24. Baculites incurvatus Duj
25. Turritella multistriata Reuss ....
26. Turritella inique-ornata Dr
27. Turritella nerinea Roem. ......
28. Turritella nodosa Roem. ......
29. Omphalia ventricosa Dr
30. Omphalia undulata Dr
31. Omphalia ornata Dr
32. Eulima turrita Zekkli
33. Nerinea Buchi Zekeli
34. Nerinea incavata Bronn
35. Aclaeonella Beyrichü Dr
36. Avellana Archiaciana d'Orb
37. Natica canaliculata Mant
38. Natica vulgaris Reuss
39. Natica Roemeri Reuss
40. Trochus plicato-carinatus Goldf. . .
41. Pleurotomaria perspectica d'Orb. * .
42. Rostellaria vespertilio Goldf
43. Rostellaria papilionacea Goldf. . . .
44. Rostellaria ornala d'Orb
45. Rostellaria crebricosta Zek
46. Pterodonta inflata d'Orb
47. Voluta semiplicata Münst
48. Fusus Nereidis Münst .
49. Pyrula coronata Roem
50. Cerithium Requienianum d'Orb.? . .
51. Dentalium glabrum Gein
52. Gastrochaena Amphisbaena Goldf.
53. Leguminaria truncatula Reuss . . .
54. Panopaea Gurgitis Goldf
55. Pholodomya nodulifera Goldf. . . .
364
Systematisches Verzeichniss
aller Versteinerungen in der Kreidemulde
von Löwenberg
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Senon-System
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56. Pholodomya caudata Roem.. ....
57. Goniomya designata Goldf
58. Mactra Carter oni d'Orb.
59. Anatina lanceolata Gein
bO. Magdala Germari Giebel
61. Tellina plana Roem.
62. Tellina costulata Goldf
63. Tellina royana d'Orb. ......
64. Arcopagia numismalis d'Orb. . . .
65. Venus faba Sow
66. Venus caperata Sow :
67. Venus ovalis Sow
68. Venus Goldfussi Gein
69. Cytherea plana Sow
70. Cytherea elongata Reüss
71. Cytherea subdecussata (Venus lata)
Roem
72. Cyrena cretacea Dr. .
73. Cyrena? sp ind
74. Protocardia hillana Sow.
75. Cardium lineolatum Reüss
76. Cardium productum Sow. .....
77. Cardium tubuliferum Goldf. . . .
78. Cardium Ottoi Gein.
79. Isocardia cretacea Goldf. .....
80. Astarle acuta Reüss .......
81. Crassatella arcacea Roem. ....
82. Lucina lenticularis Goldf
83. Lucina Cornueliana d'Orb. ? . . . .
84. Lucina campaniensis d'Orb
85. Trigonia aliformis Park. .....
86. Pectunculus ventruosus Gein. . . .
87. Pectunculus Lens Nils
88. Area (confer Area Raulini d'Orb.) .
89. Cucullaea glabra Sow. ......
90. Cucullaea propinqua Reüss ....
91. Pinna diluviana 8chloth
92. Myoconcha gracilis Dr
93. Mytilus Gallienei d'Orb
94. Mytilus (confer Mytilus lanceolatus) Sow
95. Modiola siliqua Math.
96. Modiola radiata Münst. Goldf. . .
97. Modiola semiornata d'Orb
98. Avicula pectiniformis Gein
99. Avicula triloba Roem
100. Perna cretacea Reüss
101. Perna lanceolata Gein. ......
365
Systematisches Verzeichniss
aller Versteinerungen in der Kreidemulde
von Löwenberg
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102. Inoceramus Cuvieri Sow. . . .
103. Inoceramus Brongniarti Sow.
104 Inoceramus latus Mant,? . . .
105. Inoceramus mytiloides Mant. ? .
106. Pecten sp ind
107. Pecten orbicularis Nils
108. Pecten virgatus Nils
109. Pecten serratus Nils
110. Pecten asper Lam
111. Pecten decemcostatus Goldf.
112. Pecten aequicostatus Sow. . . .
113. Pecten quinqueco Status Sow. . .
114. Pecten quadrico status Sow. . .
115. Pecten Dresleri Dr
116. Lima plana Roem
117. Lima Hoperi Mant
118. Lima aspera Mant
119. Lima granulata Nils
120. Lima canalifera Goldf. . . .
121. Spondylus spinosus Sow. . . .
122. Plicatula Roemeri d'Orb. . . .
123. Ostrea semiplana Sow
124. Ostrea hippopodium Nils. ? . .
125. Ostrea Larva Lam
126. Exogyra columba Lam
127. Exogyra lateralis Nils
128. Rhynchonella plicatilis Sow.
129. Rhynchonella Marlini Bronn . .
130. Rhynchonella sp. ind
131. Biradiolites cornu pastoris d'Orb
132. Cyphosoma granulosum Goldf.?
133. Nucleolites carinatus Goldf. . .
134. Micraster cor anguinum Lam. .
135. Micraster lacunosus Goldf. . .
136. Holaster sub orbicularis Defr. .
137. Asterias Schuhii Cotta ....
138. Asterias tuberculifera Dr. . . .
139. Micrabacia coronula d'Orb. . .
140. Heteropora dichotoma Goldf. .
141. Eschara dichotoma Goldf. . .
142. Scyphia radiala Mant
143. Scyphia heteromorpha Reuss
144. Manon megastoma Roem. . . .
366
Erklärung iler Abbildungen.
Die Figuren sind in natürlicher Grösse, wo nicht Anderes angegeben ist.
Tafel VIII.
Lobenzeichnung eines Ammonites Orbignyanus von 200 Mm.
Durchmesser, von Kesselsdorf.
Ammonites subtricarinatus von Ullersdorf bei Naumburg a. Q.,
Ansicht einer einzelnen Kammerwand.
Ammonites subtricarinatus von Kesselsdorf, in halber natür-
licher Grösse.
Lobenzeichnung desselben, um ein Drittel vergrössert.
Asterias tuberculifera von Hockenau bei Löwenberg, a ein
einzelnes Randtäfelchen von der Seite gesehen, in doppelter
Grösse.
Tafel IX.
Turritella inique - ornata von Neu -Warthau, um die Hälfte
vergrössert.
2 u. 3. Omphalia ventricosa von Giersdorf.
4 u. 5. Omphalia undulata von Giersdorf.
6. Omphalia ornata von Wenig-Rakwitz.
7. Dieselbe jung von Sirgwitz.
8 u. 9. Actaeonella Beyrichii von Giersdorf.
10. Dieselbe mit grösstentheils erhaltener Schale von Kieslingswalde.
11. Dieselbe jung von Giersdorf.
12. Pterodonta inflata, Steinkern von Giersdorf.
13. Cyrena cretacea von Sirgwitz. a Ansicht von oben , b hin-
tere, c vordere Seitenansicht.
14. Cardium tubuliferum mit grösstentheils erhaltener Schale von
Kieslingswalde, a Durchschnitt eines Fragments der äusseren
Schale vergrössert, b Oberfläche der äusseren Schale ver-
grössert.
15. Cardium Ottoi a Maximum der Grösse nach einem Indivi-
duum von Quedlinburg, b Maximum der Grösse bei Individuen
aus nordschlesischem Ueber-Quader.
16. Myoconcha gracilis von Neu -Warthau a Ansicht von oben,
b hintere Seitenansicht. In doppelter Grösse.
17. Pecten Dresleri vom Vorwerksbusch, in doppelter Grösse.
Figur 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
Figur 1.
367
4. Die vulkanischen Gesteine des Roderberges in
chemischer und geognostischer Beziehung.
Von Herrn R. JVJitscherlich in Berlin.
Hierzu Tafel X.
Der Roderberg und Rolandseck sind schon häufiger Gegen-
stand der Bearbeitung gewesen, und es haben sich ausgezeichnete
Gelehrte mit diesem in geognostischer Beziehung so höchst in-
teressanten und an Naturschönheit so reichen Gebiete beschäftigt.*)
Nur die specielle Aufgabe, in chemischer Beziehung die bei-
den so nahe liegenden und schon ihrer äusseren Struktur nach
so verschiedenen Basalte zu untersuchen , kann mich rechtferti-
gen diese noch ein Mal aufgenommen zu haben, da deren Ana-
lysen bisher noch nicht bekannt geworden sind.
Durch den Fortbau des Steinbruches, der an dem nördlichen
Abhänge des Roderberges nach Mehlem zu liegt (a auf Taf. X.),
war ein Basaltgang aufgeschlossen, der mir hinreichend frisches
Material bot, um die Analysen mit Zuversicht in Angriff zu neh-
men. Die früheren Basaltaufschlüsse auf dem Roderberg in der
Grube am nördlichen Abhänge im innern Krater (b) boten keine
sichere Garantie für diesen Nachweis, da wegen der bei weitem
poröseren Beschaffenheit die Zersetzung vorgeschritten und schon
an dem äusseren Aussehn zu bemerken war.
Den Basalt, den ich zu den Versuchen benutzte, nahm ich
aus dem innern Theil des Ganges. Das äussere Ansehn ist
durchaus ähnlich dem Niedermendiger Mühlstein-Basalte, dieselbe
homogene Masse ohne ausgeschiedene Krystalle, derselbe feste
und doch poröse Basalt mit den unzähligen Blasenräumen, die
*) Geognostischer Führer in das Siehengebirge von v. Dechen, Ober-
Berghauptmann. Mit mineralogisch - petrographischen Bemerkungen von
Dr. vom Rath. Bonn 1861.
Die Entstehung und Ausbildung der Erde von Nöggerath. Stutt-
gart 1847.
Der vulkanische Roderberg bei Bonn von Carl Tuomae. Bonn 1835.
368
sich in tausendfältig verschiedenen Windungen durch die ganze
Masse hindurchziehen, und nur selten mit fremden zeolithartigen
Mineralien oder Kalkspath angefüllt sind.
Den Basalt von Rolandseck nahm ich aus dem Eisenbahn-
durchschnitt, wo die einzelnen Säulen von einer Linie fächerför-
mig sich ausbreitend ein sehr interessantes Profil von dem dor-
tigen Basalte darbieten. Er besteht aus einer festen schwarzen
Grundmasse mit porphyrartig ausgeschiedenen Olivin-, sehr selten
Augit-Krystallen, auch kommen erstere im Vergleich zu andern
Basalten seltener darin ausgeschieden vor. ,
Beide Basalte wirken in Folge ihres Gehaltes an Magnet-
eisenstein auf die Magnetnadel ein, der vom Roderberge weniger
als der von Rolandseck. Das spec. Gewicht von ersterem be-
trägt 3,12, das des letzteren 2,88.
Um mich möglichst kurz mit der Beschreibung der allge-
meinen Situation fassen zu können und doch ein ganz klares
Bild von den einzelnen Punkten zu geben, habe ich mich bemüht
eine Karte nach der Natur zu entwerfen, die ohne eingehendere
Erklärung diesen Anforderungen entspricht.
Zu diesem Zwecke befolgte ich die Methode meines Vaters,
indem ich die Generalstabskarte mit Parallelhorizontalen zu Grunde
legte und aus Furniren, deren Dicke genau dem Höhen-Abstande
derselben entsprach, die einzelnen Parallelhorizontalen ausschnitt,
und dann einzeln aufeinander klebte; ich erhielt dadurch ein
treppenartiges Gefüge, das mit Wachs ausgefüllt die General-
stabskarte treu plastisch darstellte. Dieses formte ich mir in
Gyps um, da es sich in demselben besser als in Wachs arbeiten
lässt, ging mit demselben auf den Roderberg, und hatte dort
noch Manches zu verbessern um ein ganz richtiges Bild zu er-
halten, da, wenn auch die Höhen und die Tiefen genau stimm-
ten, doch die einzelnen Parallelhorizontalen mit ziemlicher Will-
kür ausgefüllt waren. Um meinem Ziele näher zu kommen,
ein ganz naturgetreues Bild zu geben, vervollständigte ich das
Modell nach meiner eigenen Anschauung, indem ich zu den ein-
zelnen Punkten hinging und das Fehlende nachtrug.
Von diesem verbesserten Modelle machte ich eine Matrize,
in der ich die Häuser, Wege und Namen ausstach, und von
dieser wieder mehrere Abgüsse. Die Photographie, die ich dann
von dem Modelle anfertigen liess, gab ein vollkommen zweckent-
sprechendes Bild, das der Tafel X. zu Grunde liegt. Dem Künst-
369
ler war durch diese Photographie und das Modell ein Roderberg
im Kleinen gegeben , und es war dadurch der Willkür seiner
Ausführung kein Spielraum gelassen, da er ein Vorbild in Hän-
den hatte, nach dem er sich genau richten konnte.
Die geognostischen Verhältnisse.
Die älteste Formation des Roderberges ist die Grauwacke,
| sie steht noch jetzt auf dem südöstlichen Abhänge zu Tage und
ist auf der Höhe selbst in der Grube c oben auf dem Krater von
i v. Dechen wiedergefunden worden ; auch ist sie nur mit 1 Fuss
tiefen Gerollen nicht weit von diesem Punkte auf dem nordwest-
lichen Abhänge bedeckt. Dieselbe gehört zu der unteren Abthei-
lung des Devon, der sogenannten Koblenzer Grauwacke, sie
streicht in der ganzen Umgegend von Südwesten nach Nordosten
und fällt mit 45 Grad gegen Südosten ein; selbst in der Nähe
des Kraterrandes, wie in der Grube c ist dasselbe Streichen und
Fallen zu beobachten, so dass der Ausbruch des Roderberges
wie das Hervorquellen des Basaltes von Rolandseck keine Schich-
tenveränderung hervorgerufen haben.
Die Grauwacke wird von drei verschiedenen Rheinablage-
rungen bedeckt; den ältesten Rheingeschieben, welche fast aus-
schliesslich aus erbsen- bis faustgrossen Quarz- und Grauwacken-
geröllen bestehen; dem Lös, der den innern Theil des Kraters
ausfüllt und den Abhang nach dem Rhein zu auf höchst eigen-
thümlich hügelartige Weise bildet, und auf der andern Seite nach
Nieder-Bachem zu ebenfalls den Rücken des Berges ausmacht;
und endlich von den jüngsten Rheingeschieben, welche im Ver-
gleich zu den ältern höher liegenden Gerollen eine bei weitem
grössere Mannigfaltigkeit der Geschiebe zeigen, denn sie enthal-
ten neben der älteren Ablagerung auch Buntsandstein, Muschel-
kalk, Braunkohlensandstein, Basalt, Trachyt, Melaphyr- und
Mandelstein-Bruchstücke, die meist ihren Ursprungsort noch deut-
lich erkennen lassen.
Der Basalt von Rolandseck hat nur die Grauwacke durch-
brochen, und es scheint, dass der Ausbruch des Roderberges beim
Beginn der Ablagerung der älteren Geschiebe stattgefunden hat,
da der Krater des Roderberges vom Lös erfüllt ist, und die
Schlacken auch schon von den ältern Geschieben bedeckt sind,
wie dies auf dem Kraterrande und in der Sandgrube am Ab-
370
hange nach Mehlem hin zu beobachten ist, wo die Schlacken
mit den untersten Lagen der älteren Geschiebe wechsellagern.
Die Ausdehnung des Basaltes sowie die der Schlacken des !
Roderberges erhellt aus der Karte. Eigentümlich erscheint nur «
das jenseits des Thaies von der übrigen Schlackenablage ge- i
trennte Vorkommen, di j Schlacken gehen gewiss unter dem Thale
hindurch fort, sind aber für das Auge und eine oberflächliche i
Untersuchung nicht sichtbar, da sie von Lös tief bedeckt werden. |
Von den auf der Karte angegebenen Formationen bleiben mir
jetzt nur noch einige Worte über die Tuffbildungen und das
Trachytconglomerat zu sagen übrig; erstere sind namentlich we-
gen des allmäligen Ueberganges aus den Schlacken in den Tuff
interessant. Wir können bei ihnen die unregelmässig übereinan-
der liegenden Schlacken vermengt mit Kieselgeröllen, dann Schich-
ten in denselben beobachten ; diese werden auffallender, die ein-
zelnen Schlackenstücke werden kleiner, backen mehr und mehr
zusammen, erhalten einen weisslichen Ueberzug, und gehen so
allmälig in den eigentlichen Tuff über. Das Trachytconglomerat,
das einen gleichen Ursprung mit dem auf der andern Seite des
Rheines liegenden Trachytconglomerat hat, ist ein zerstörter und
durch Wasser zusammengeschwemmter Trachyt, der sich an den
vor den Fluthen des Rheines geschützten Stellen erhalten hat.
Er besteht aus einer kurzbröcklichen Trachytmasse, in der oft
faustgrösse abgerundete Trachytgerölle eingeschlossen sind.
Die chemische Untersuchung.
Auf das fein gepulverte Mineral Hess ich 3 Wochen die
stärkste Salzsäure (spec. Gewicht 1,195) im zugeschmolzenen
Glasrohie im Wasserbade einwirken. Der Rückstand enthält das
unzersetzte Mineral und die Kieselsäure; letztere brachte ich in
Lösung, indem ich den Rückstand noch feucht mit einer Lösung
kochte , die etwa die zehnfache Menge an krystallisirtem kohlen-
sauren Natron und etwa die doppelte bis dreifache Menge an
Aetznatron enthielt. Die angewandte Aetznatronlösung enthielt
5 pCt. Natron. Aus der heiss filtrirten Lösung wurde die Kiesel- \
säure bestimmt. Das von dieser befreite und von der Salzsäure
nicht zersetzte Mineral brachte ich durch Fluss- und Salzsäure
in Lösung. Von beiden Auflösungen, sowohl von der durch 1
Einschluss mit Salzsäure erhaltenen, wie von der letzteren machte ich
besondere Analysen nach den besten jetzt bekannten Methoden.
371
Der fein geschlämmte Basalt löste sich auch ohne vorheriges
Einschliessen mit concentrirter Salzsäure in der Mischung von
K verdünnter Fluor- und Salzsäure auf. Da ich bei den Einzel-
r analysen zu weiter keinem Resultat zur leichteren Bestimmung
der mineralogischen Zusammensetzung gekommen war, benutzte
e ich den Aufschluss durch Fluss- und Salzsäure nicht allein zur
e Bestimmung der Oxyde des Eisens durch Titriren mit überman-
i. , gansaurem Kali bei allen Analysen, sondern nahm auch eine
i ■ gleiche Lösung direkt zur Gesammtanalyse des Nieder-Mendiger
i i Gesteins. Die Kieselsäure bestimmte ich mit einer besonderen
'j Menge, indem ich das Mineral mit kohlensaurem Natron und
f Kali zu gleichen Theilen aufschloss.
Ferner hatte ich vorher viele Versuche angestellt mit ver-
dünnter Schwefelsäure, dann mit Salpetersäure einzelne Minera-
lien auszuziehen , um wo möglich Nephelin darin zu entdecken,
■ doch wurde ich durch Vorversuche, die ich an einzelnen reinen
i Stücken der Mineralien vornahm, bald zur Einsicht der Unaus-
führbarkeit dieser Methode geführt, denn die zeolithartigen lösten
sich nicht vollständig in den Säuren auf, und die andern wur-
den theilweise immer doch von den Säuren angegriffen, so dass
ich auf diesem Wege zu keinem genauen Resultate kommen
konnte.
Beide Gesteine sowohl das Rolandsecker als das Roderber-
ger gelatinirten stark nach der Einwirkung mit diesen Säuren.
Selbst das Ausziehen des Magneteisensteins mit dem Magnete,
so sorgfältig ich auch den Basalt vorher pulverisirt hatte, gab
keine genauen Resultate, da ich bei den verschiedenen Malen,
die ich ausführte, immer verschiedene Werthe erhielt.
Durch die ausserordentlich lange dreiwöchentliche Einwir-
kung mit concentrirter Salzsäure im zugeschmolzenen Glasrohre
und in einem immer kochend gehaltenen Wasserbade erhielt ich
mehr von den Basalten in Lösung als irgend einer meiner Vor-
gänger.
Ich hoffte durch ein noch längeres Einwirken endlich das
ganze Gestein zersetzt zu erhalten, doch selbst bei einem sechs-
wöchentlichen Erhitzen bei 100 Grad C. blieb stets ein unzer-
setzter Rückstand.
Das Resultat der Gesammtanalysen ist folgendes:
372
Rolandseck.
A. In Salzsäure löslich = 87,80 pCt.
B. In Salzsäure unlöslich = 9,44 pCt.
C. Addition von A. und B.
Angewandte Substanz = 3,23 Grammen.
A.
B.
C.
SiO2
= 39,32
4,85
44,17
TiO2
= 1,03
0,43
1,46
AI* O3
= 13,47
1,22
14,69
Fe2 O3
11,90
0,43
jFe203 =
(FeO ==
6,78
4,82
CaO
= 9,40
1,02
10,42
MgO
= 8,90
0,57
9,47
KO
= 1,55
0,20
1,75
NaO
= 2,23
0,72
2,95
Glühverlust = 2,50
Summa ,= 99,01.
Sauersto ff mengen.
SiO2
= 20,416
2,52
22,936
TiO2
= 0,402
0,1678
0,5698
A1203
= 6,3057
0,5711
6,8768
Fe2 O3
= 3,570
0,129
Fe2 03 =
FeO =
2,0340
1,0710
CaO
= 2,6857
0,2914
2,9771
MgO
== 3,5573
0,2278
3,7851
KO
== 0,2632
0,033
0,2962
NaO
= 0,5755
0,1857
0,7613
RO:R2 03 :Si02 = 8,891 : 8,9108 : 23,506.
Sauerstoff-Quotient = 0,757.
Aus dieser Zusammensetzung ergiebt sich, dass die Analyse
sich der Reihe der als eigentliche Basalte analysirten Gesteine
anschliesst, und wir daher das Rolandsecker Gestein ebenfalls zu
den Basalten rechnen müssen.
Zum Vergleich mag mir erlaubt sein hier die Analyse des
Basaltes bei Engelhaus in der Nähe von Karlsbad von Rammels-
berg anzuführen; aus der allgemeinen Uebersicht der Basalte,
die Roth in seinem Buche*) giebt, geht die Uebereinstimmung
meiner Analyse mit den Basalten noch deutlicher hervor.
*) Die Gesteinsanalysen in tabellarischer Uebersicht und mit kriti-
schen Erläuterungen von Justus Roth. Berlin 1861.
373
Die Analyse von Rammelsberg ist folgende
Si O2
45,73
O =
24,39
AI2 O3
10,43
4*90
3,49
1,05
FpO
12,69
2,82
0,12
0,03
9,93
_
2,84
Mg 0
11,30
4,52
KaO
1,43
0,24
NaO
1,87
0,48
PO5
0,44
SrO
0,04
Glühverlust
3,14
Roderberg.
Angewandte Substanz = 4,408,
A = 93,07 pCt.
B = 5,80 pCt.
A.
B.
SiO2
39,13
= 3,03
TiO2
2,86
= 0,39
AI2 O3
14,17
= 0,50
Fe2 O3
13,40
= 0,47
CaO
11,77
== 0,50
MgO
5,54
= 0,38
KO
2,86
= 0,15
NaO
3,34
== 0,38
Fe2 03 =
FeO m
Glühverlust ==
C.
42,16
3,25
14,67
9,05
4,82
12,27
5,92
3,01
3,72
0,46
. Summa — 99,33.
Sauerstoffmengen.
SiO2
TiO2
AI2 O3
Fe2 O3 =
CaO =
MgO =
KO =
NaO =
RO:R203
Fe2 03 =
FeO =
20,3173 = 1,5732
1,1161 =0,1522
6,6334 =f 0,234
4,020 0,141
3,3628 = 0,1428
2,2143 = 0,1518
0,4856 = 0,0254
0,8620 == 0,0981
: SiO2 & 8,4138 : 9,5824 : 23,159.
Sauerstoff-Quotient — 0,777.
Aus dieser Zusammensetzung ergiebt sich, dass das Roder-
berger Gestein zu den Nephelindoleriten (Nephelinfels) zu rech-
nen ist.
= 21,8905
== 1,2683
6,8674
2,7150
1,0710
3,5056
2,3661
0,5110
0,9601
374
Interessant ist ebenfalls die Uebereinstimmung mit der po-
rösen Mühlsteinlava von Nieder-Mendig , von der ich gleichfalls
Analysen anstellte, deren Resultat folgendes ist:
O menge
SiO2
—
48,240
—
25,0475
TiO2
—
2,890
1,1560
A1203
—
17,430
8,1596
Fe2 O3
—
7,217
—
2,1651
FeO
=
1,170
=±
0,2599
MnO
—
0,375
—
0,0842
Ca O
v^a kj
o,uyo
4 "7 AC\(i
1 ,/ 4Uo
MgO
3,990
1,5946
KO
4,620
0,7845
NaO
4,280
1,1047
PO5
0,470
Glühverlust
2,780
Summa
99,555.
2 03 : SiO2
5,5687 :
10,324
: 26,203
Sauerstoff-Quotient = 0,607.
Spec. Gewicht = 2,95.
Zum Vergleich mag hier die Analyse von Heidepriem von
dem Nephelindolerite des Löbauer Berges folgen (s. diese Zeit-
schrift Bd. II. S. 149, 1850):
O menge
SiO2 =
42,12
22,46
0,22
TiO2 =
0,54
A12 03 ==
14,35
6,70
Fe2 O' =
13,12
3,94
MnO =
0,18
0,04
CaO =
13,00
3,71
MgO =
6,14
2,46
KO =
2,18
0,37
NaO =
4,11
1,06
PO5 =
1,65
CICa ==
0,04
Fl Ca =
0,27
HO =
3,42
Summa
101,12.
: SiO2 =f
6,98:
10,64
22,25.
Sauerstoff-Quotient = 0,792. (Ohne Apatit und Titanit ber.)
Derselbe giebt die procentische Zusammensetzung der ein-
zelnen Mineralien wie folgt an: 32,61 Nepheliu, 45,38 Augit,
4,00 Magneteisen, 3,91 Apatit, 3,42 Wasser, Olivin.
375
j Ich glaubte bei meinen Analysen auf die procentische Zu-
sammensetzung der einzelnen Mineralien nicht weiter eingehen
zu dürfen , die doch immer nur eine spekulative Berechnungs-
weise bei Gesteinsarten wie Basalt und Nephelinfels bleiben kann,
weil sie eine so mannigfaltige mineralogische und die einzelnen
Mineralien eine so verschiedene chemische Zusammensetzung
haben.
5. Ueber eine Vesuvian-Schlacke.
Von Herrn R. Mitscherlich in Berlin.
Da ich vor einiger Zeit eine sehr charakteristische, schön
krystallisirte Schlacke aus den Hohöfen von Hörde erhalten hatte,
so unterwarf ich dieselbe einer Analyse, anschliessend an die
bereits über diesen Gegenstand vorhandenen Arbeiten über künst-
liche Mineralien von meinem Vater, Forbes, Berthier, Kar-
sten, Rammelsberg, Hausmann, Percy, Miller und Bothe.
Die Schlacke hat eine grosse äussere Aehnlichkeit mit der von
Bote als Humboldtilithschlacke analysirten von der Bettinger
Schmelze bei Lebach*).
Die grosse Uebereinstimmung der zum zwei- und einaxigen
System gehörigen Krystalle; der nur unbedeutende Unterschied
im specifischen Gewicht (das bei von mir untersuchter Schlacke 2,95
beträgt); der glasartige Glanz; die grünlich graue Farbe der Kry-
stalle, die nach den Rändern zu abnimmt und die Krystalle an
den Kanten durchscheinend macht, dies alles schien mir auf die-
selbe Mineralspecies hinzudeuten, doch ergab die Analyse eine
grosse Uebereinstimmung mit dem Vesuvian.
Das feingepulverte Mineral wurde von Salzsäure vollständig
*) Journal für praktische Chemie von Erdmann und Werther
Bd. 78. S. 224.
376
zersetzt, die Entwicklung von Schwefelwasserstoff bei der Auf-
lösung war auffallend und ziemlich lange anhaltend.
Das Resultat der Analyse ist folgendes:
0 menge
SiOa = 34,263
= 17,795
A1203 == 15,600
= 7,301
Fe2 03 = 1,118
= 0,335
MnO = 3,525
= 0,792
CaO = 39,486
= 11,282
MgO = 2,562
= 1,007
KO = 1,714
= 0,290
Na 0 = 0,327
= 0,080
S = 1,084
Summa = 99,679.
RO :R2 03 : SiO2 = 13,451:7,636:17,795.
Dieses Sauerstoffverhältniss kommt der von Rammelsberg
aufgestellten Formel
9R2Si + 2R> Si3
sehr nahe, wo der Sauerstoff des Kalkes (MgO Mn O KO NaO),
der Thonerde (Fe2 O3), der Kieselsäure sich verhält wie 3:2:5.
Nehmen wir den Schwefel an die ganze Menge des Kali und
Natrons gebunden an, so erhalten wir ein richtiges Verhältniss,
wenn wir es als Sesquisulfuret betrachten oder, da dieses von
vielen Chemikern nicht angenommen wird, als eine Mischung
von gleichen Theilen einfach und dreifach Schwefelkalium (na-
trium). Nehmen wir den Schwefel an Calcium gebunden an,
so hätten wir 3,71 Kalk in Abzug zu bringen. Im ersteren
Falle hätten wir demnach 0,37 Sauerstoff von 13,451 RO in
Abzug zu bringen, im letzteren Falle 1,06. Die obige Formel
RO: R2 O3 : SiO2 würde dann sein 13,081 resp. 12,391 : 7,636 :
17,795. Jedenfalls können wir die resultirende Schwefelverbin-
dung nur als eine mechanische Verunreinigung des Minerals be-
trachten.
377
6. Ueber einige neue Forschungen auf dem Gebiete
des Vulkanismus.
Von Herrn E. Kluge in Chemnitz.
Meine Arbeit über die Periodicität vulkanischer Erscheinun-
gen naht sich nun ihrem Abschlüsse. Ich theile daraus vorläufig
einige Resultate mit. Was zuerst die Gesetze der Aggregation
der Vulkane anbelangt, so glaube ich, lassen sich die von
L. v. Buch aufgestellten Centraivulkane oder Vulkan-
gruppen nicht halten; auch nicht in der Bedeutung, welche
ihnen Fr. Hoffmann und Darwin unterlegten. Ich halte sie
für weiter nichts als für Theile von reihenförmigen Systemen,
deren übrige Glieder nicht den Spiegel des Meeres erreichen;
eine Ansicht, zu der ich wesentlich durch die Berücksichtigung
submariner Eruptionen gelangt bin. Würde man z. B. Kamt-
schatka bis in ein gewisses Niveau in die Tiefe des Meeres ver-
senken, so würden die Reihenvulkane jener merkwürdigen Halb-
insel ganz denselben Anblick darbieten wie die Galapagos in
Verbindung mit den submarinen Eruptionskanälen an der west-
amerikanischen Küste. Dafür, dass die Centraivulkane auf
Kreuzungspunkten zweier oder mehrerer Spalten sich aus-
gebildet haben, habe ich keine Beweise finden können, indem
wohl sich oberirdisch eine Spalte nachweisen lässt, das Dasein
einer zweiten aber mindestens sehr problematisch bleibt.
Grossen Werth lege ich bei den reihenförmigen Systemen auf
die bogenförmige Gestalt derselben; sie scheint mir für die
Genesis der Vulkane von wesentlicher Bedeutung zu sein, indem
sie so constant wiederkehrt, dass man die geraden Reihen als
eine Ausnahme betrachten kann. Selbst manche der letzteren
lassen sich, wenn man sie durch die submarinen Eruptionspunkte
ergänzt (Chile), oder in ihre einzelnen Hauptglieder zerlegt (Mittel-
amerika) auf eine bogenförmige Gruppirung zurückführen. Der
Bogen schliesst entweder mit seiner concaven Seite einen Theil
eines der grossen oceanischen Becken ab, denselben gewisser-
Zeits. d. d. geol. Ges. XV. 2. 25
378
maassen zu einem Binnenmeere gestaltend, wie die Vulkane der
Antillen, Aleuten, die verschiedenen Systeme Ostasiens, oder er
umgiebt mit derselben eine grössere Continentalmasse wie die
australische Reihe, die Vulkangruppen West- Afrikas, die Vulkane
der Sunda- Inseln und Molukken (um das continentale Borneo
und Celebes) u. s. w.
Von den 355 in historischer Zeit thätigen Eruptionsheerden
liegen 115, also ein Drittel, auf den Continenten und 240 oder
zwei Drittel auf der Inselwelt oder dem Meeresboden. (Alexander
v. Humboldt, der allerdings den Begriff Vulkan anders auffasst,
giebt Kosmos Bd. IV. S. 450 ein ganz ähnliches Verhältniss
= 70 : 155.) Auch die Zahlen der einzelnen Eruptionen ver-
halten sich in ähnlicher Weise; es fanden 453 auf den Conti-
nenten und 875 auf Inseln oder dem Meeresboden statt.
Fast die nämlichen Zahlen erhalten wir bezüglich der Erup-
tionsstätten, wenn wir die nördliche Halbkugel mit der südlichen
und die östliche mit der westlichen vergleichen. Wir finden auf
der nördlichen Halbkugel 238, auf der südlichen 117, auf der
östlichen 235 und auf der westlichen 120 Lokalitäten, an wel-
chen Eruptionen stattfanden. Für die Zahl der einzelnen Erup-
tionen ändert sich das Verhältniss. Es ereigneten sich nämlich
auf der nördlichen Halbkugel 984, auf der südlichen 344, auf
der östlichen 1023 und auf der westlichen 305 Ausbrüche. Wäh-
rend daher bezüglich der Eruptionsstätten das Verhältniss der
nördlichen Halbkugel zur südlichen und das der östlichen zur
westlichen wie 2:1 ist, gestaltet es sich hier ungefähr wie 3:1.
Diese Aenderung dürfte jedoch nur eine scheinbare, durch die
genauere Aufzeichnung der Eruptionen Italiens und Islands in
früheren Jahrhunderten hervorgerufene sein; denn lassen wir diese
bis zum 15. Jahrhunderte weg, oder nehmen wir als Maassstab
der Vergleichung nur das 19. Jahrhundert heraus, aus welchem
die Aufzeichnung von Eruptionen für alle Punkte gleichmässiger
vorhanden ist, so gestaltet sich analog den Eruptionsheerden das
Verhältniss der Eruptionen der nördlichen Halbkugel zu denen
der südlichen und das der östlichen zu denen der westlichen
ebenfalls wie 2:1.
Ein ganz anderes Bild der Vertheilung erhalten wir aber,
wenn wir die Eruptionsstätten wie die Eruptionen nach den
grossen Wasserbecken, um welche sie sich gruppiren, ordnen.
Es fanden statt
379
am und im atlantischen Ocean 239 Eruptionen an 65 Punkten,
mittelländischen Meere 378 „ „ 36 „
stillen Ocean*) 636 „ „ 218 „
indischen und rothen Meere 45 „ „17 „
Asowschen und caspischen Meere 27 „ „ 15 „
Diejenigen Gebiete der Erde, auf welchen sich gegenwärtig
die vulkanische Thätigkeit am energischsten entfaltet, sind der
Raum zwischen dem südöstlichen Asien und Australien, von
10 Grad südl. Br. bis 15 Grad nördl. Br. und 100 bis 130 Grad
östl. Länge von Paris, ferner das den südasiatischen Inseln bei-
nahe diametral entgegengesetzte Centraiamerika und die vulka-
nischen Ketten von Kamtschatka und den Aleuten. Grosse
Energie des Vulkanismus findet also überall da
statt, wo grosse Kontinente ihrer Verbindung ent-
gegengehen oder erst kürzlich (im geologischen Sinne)
entgegengegangen sind. Der Grund für diese Thatsache
scheint mir in dem grossen doppelten Drucke auf eine nachgiebige
Unterlage zu liegen, dessen Wirkungen sich zwischen beiden
Druckstellen, also an den Punkten des geringsten Widerstandes
als Hebung äussern müssen. Ob die dabei durch Verdichtung
erzeugte Wärme allein hinreichend ist, um die feurigen Aus-
bruchserscheinungen zu erklären , ob chemische oder elektro-
magnetische Processe dabei thätig sind, oder der Pyriphlegeton
in die Höhe gequetscht wird, dürfte schwer sicher zu entscheiden
sein. Gegen die letztere Annahme sprechen allerdings ganz er-
hebliche Gründe, auf die ich in meiner ausführlicheren Arbeit
zurückkommen werde.
Diese Eigentümlichkeit in der Lage der Vulkane erstreckt
sich aber nicht blos auf die Verbindungslinien grosser Continente,
sondern es wiederholt sich die Erscheinung, dass sich die Erup-
tionsschlünde namentlich gern da anzusiedeln pflegen, wo sich
grössere Ländermassen mit ihren Spitzen berühren noch in klei-
nerem Maassstabe an ziemlich vielen Punkten und sie erscheint
dann um so auffallender , weil dergleichen Vulkane bisweilen
ausser aller Verbindung mit andern Vulkanreihen oder
-Gruppen stehen, also ganz isolirt auftreten. Beispiele hierfür
liefern die Nordinsel mit dem Ras Mussendom und die Inseln
Anjam , Ladedj und Polior in der Strasse von Ormus , die vul-
*) Sunda-Inseln, Molukken und Philippinen miteingerechnet.
25*
380
kanischen Inseln im rothen Meere in der Bab-el-Mandeb-Enge,
Cracatao zwischen Java und Sumatra, die kleinen Inselvulkane
zwischen den grossen japanischen Inseln, die Insel Tsinmura bei
Korea, die Insel Pamanzi zwischen dem Continente Afrikas und
den Vulkanen auf der Nordspitze Madagaskars, Ferdinandea, der
Inselvulkan zwischen der Rook - Insel und Neu-Britannien, die
Cap-Insel in der Torres-Strasse zwischen dem Cap-York und
Neu-Guinea, die submarinen Eruptionsschlünde in der seichten
Bass-Strasse, auf der Bahama-Bank, ferner zwischen Martinique
und Guadeloupe, zwischen den Azoren und dem Festlande Afri-
kas und viele andere.
In enger Beziehung zu dieser eben geschilderten Eigenthüm-
lichkeit in der Lage der Vulkane, vielleicht der Grundursache
nach dasselbe Phänomen, steht die Erscheinung, dass sich die
Vulkane selten auf dem höchsten Rücken einer Gebirgs-
kette erheben, sondern ihre Basis meist am Fusse oder we-
nigstens in tieferen Niveaus derselben haben, während sich hinter
ihnen aus älteren Felsarten bestehende Gebirgszüge vorfinden.
In solchem Verhältnisse stehen der Vesuv und die phlegräischen
Felder zu den Apenninen, der Aetna zu den sicilianischen Ge-
birgen, die kamtschadalischen Vulkane zu dem kamtschadalischen
Mittelgebirge. Eine eben solche Lage behaupten ferner die zahl-
reichen vulkanischen Pics der Halbinseln Camarines" und Aljäska,